Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.09.2012, Az. VIII ZB 31/12

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 3337

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 31/12

vom

11. September 2012

in dem Rechtsstreit

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2
-
Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat am 11. September
2012
durch den Vorsitzenden [X.], die Richterin Dr.
Hessel sowie die Richter Dr.
Achilles,
Dr.
Schneider und Dr. Bünger
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des [X.] wird der Beschluss der 1.
Zivilkammer des [X.] vom 6. Juni 2012 hinsichtlich der Kostenentscheidung und insoweit aufgehoben, als die Berufung des [X.] als unzulässig verworfen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Entschei-dung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird

Gründe:
I.
Der Kläger erwarb im Jahre 2009 von der [X.] zu 1, einer
Kraft-fahrzeughändlerin, einen aus [X.] eingeführten Pkw
F.

. In dem von dem [X.] zu 2 ausgefüllten Übergabeprotokoll
ist aufgeführt, dass dem Kläger mit dem Fahrzeug ein -
für die Zulassung benötigtes -
soge-nanntes [X.]
([X.])
sowie ein Serviceheft und ein Bordbuch übergeben würden. Statt des [X.]s erhielt der Kläger jedoch nur eine sogenannte [X.], welche fehlerhafte Daten enthielt. [X.]
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se Daten waren vom Landratsamt R.

in die für das Fahrzeug erteilte Zulassungsbescheinigung übernommen worden, obwohl ein vorgeschriebener Abgleich mit den Daten des [X.] ergeben hätte, dass sie unzutreffend waren. Die für den Kläger zuständige Kraftfahrzeugzulassungs-stelle in D.

verweigerte im Hinblick auf die fehlerhaften Daten und die feh-lende COC-Bescheinigung zunächst die Zulassung des Fahrzeugs auf den Klä-ger. Die Zulassung erfolgte erst,
nachdem der Kläger ein Gutachten des TÜV eingeholt
hatte.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger von den [X.] Schadensersatz in Höhe von 905,43

sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 83,70

. Der Kläger stützt seinen Schadensersatzan-spruch neben der verspäteten Zulassung des Fahrzeuges darauf, dass er das Serviceheft und das Bordbuch nur in [X.] Sprache erhalten habe und die
Beschaffung entsprechender deutscher
Unterlagen
ebenso wie die [X.] auf eigene Kosten habe vornehmen müs-sen;
zudem stehe
ihm keine vollständige "F.

-Garantie"
zu.
Das Amtsgericht hat der Klage im Hinblick auf den Schadensersatzan-e-richtlicher
Rechtsanwaltskosten und Zinsen stattgegeben und die Klage im Üb-rigen abgewiesen. Das Amtsgericht
hat die Berufung im Tenor
seiner Entschei-dung
ohne Einschränkung
zugelassen
und hierzu
in den Entscheidungsgründen ausgeführt:
"Auf Antrag des [X.] war die Berufung gem.
§
511 Abs. 2 Nr. 2, Abs.
4 Nr. 1, Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtspre-chung zuzulassen.
Soweit ersichtlich ist von der obergerichtlichen Rechtsprechung bisher die Frage der Zurechnung einer fehlerhaften behördlichen Leistung ge-mäß §
278 BGB nämlich noch nicht entschieden worden."

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4
-
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt.
Nach Rücknahme der Berufung der [X.]
hat das Berufungsgericht die Berufung des [X.] als unzulässig verworfen und dies damit begründet, das Amtsge-richt habe die Berufung nur beschränkt auf die Frage der Zurechnung einer [X.] behördlichen Leistung zugelassen. Hierin liege eine Beschränkung auf
die Haftung der [X.] dem Grunde nach.
Wegen der abtrennbaren Berech-tigung der vom Amtsgericht nicht zugesprochenen Schadenspositionen, auf die sich die Berufung des [X.] gründe, sei die Berufung jedoch nicht zugelassen worden.
Dagegen richtet sich
die Rechtsbeschwerde des
[X.].

II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist kraft Gesetzes statthaft (§
522 Abs.
1 Satz
4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und im Übrigen auch form-
und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 575 ZPO). Sie ist nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert. Der angefochtene [X.] verletzt das Verfahrensgrundrecht des [X.] auf Gewährung wir-kungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechts-staatsprinzip). Dieses verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. dazu [X.] 77, 275, 284; 74, 228, 234; [X.], [X.], 814, 815; [X.], NJW 2003, 281; [X.],
NJW 1991, 3140; Senatsbeschlüsse
vom 27. Sep-tember 2005 -
VIII ZB 105/04, [X.], 3775 unter [X.]; vom 13. März 2012
-
VIII [X.], juris Rn. 10; [X.], Beschlüsse vom 23. Oktober 2003 -
V [X.], [X.], 367, unter [X.] bb; vom 4. Juli 2002 -
V [X.], [X.]Z 151, 4
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5
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221, 227; vom 5. November 2002 -
VI [X.], NJW 2003, 437 unter II 3 b). Indem das Berufungsgericht zu Unrecht von einer beschränkten Zulassung der Berufung ausgegangen ist,
hat es dem Kläger den Zugang zur Berufungs-instanz ungerechtfertigt verwehrt.
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das Berufungsgericht hat die Berufung zu Unrecht nach § 522 Abs. 2
ZPO als unzulässig verworfen.
a) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass das Amtsgericht eine nach §
511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO auszusprechende Zu-lassung der Berufung auf Teile des [X.] beschränken kann. Die [X.] muss nicht im Tenor des Urteils angeordnet sein, sondern kann sich auch aus den Entscheidungsgründen ergeben. Dies setzt allerdings
voraus, dass das Gericht die Möglichkeit einer Nachprüfung in einem [X.] hinreichend klar und eindeutig auf einen abtrennbaren Teil [X.] Entscheidung begrenzt hat ([X.], Beschluss vom 2. Juli 2009 -
V
[X.], NJW-RR 2009, 1431 Rn. 11; vgl. für die Revision:
Senatsurteile vom 12.
Mai 2010 -
VIII ZR 96/09, NJW 2010, 3015 Rn. 18; vom 27. Januar 2010
-
VIII ZR 159/09, [X.], 163 Rn. 14; vom 28. Oktober 2009 -
VIII ZR 164/08, [X.], 733 Rn. 11; [X.], Urteile vom 7. Dezember 2010 -
XI [X.], NJW 2011, 1278 Rn. 23; vom 13. November 2009 -
V [X.], NJW-RR 2010, 1432 Rn. 8 f.; vom 29. Januar 2003 -
XII [X.], [X.]Z 153, 358, 360 ff.).
An einer solchen eindeutigen Beschränkung der [X.] fehlt es hier.
b) Zwar stellt sich die vom Amtsgericht als bislang nicht geklärt angese-hene Frage der Zurechnung einer fehlerhaften behördlichen Leistung nur inso-weit, als der Kläger einen Schadensersatzanspruch im Hinblick auf die verzö-6
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gerte Zulassung des Fahrzeuges geltend macht. Soweit der Kläger Ersatzan-sprüche im Hinblick auf die Umstellung des Bordcomputers, den Erwerb deut-scher Unterlagen und die nicht umfassende Herstellergarantie geltend macht, kommt es auf diese Rechtsfrage dagegen nicht an. Dies könnte dafür sprechen, dass das Amtsgericht die Berufung auch nur beschränkt zulassen wollte. Denn wenn die Rechtsfrage, zu deren Klärung das Gericht die Berufung zugelassen hat, bei -
wie hier -
mehreren Streitgegenständen nur für einen von ihnen erheb-lich ist, ist in der Angabe dieses Zulassungsgrundes regelmäßig die eindeutige Beschränkung der Zulassung auf diesen Anspruch zu sehen (vgl. [X.], [X.] vom 2. Juli 2009 -
V [X.], aaO Rn. 13 f.; vgl. zur Revision:
[X.], Urteil vom 29. Januar 2003 -
XII [X.], aaO; Senatsurteile vom 12.
Mai 2010 -
VIII ZR 96/09, aaO; vom 27. Januar 2010 -
VIII ZR 159/09, aaO; vom 28.
Oktober 2009 -
VIII ZR 164/08, aaO; jeweils mwN).
Gleichwohl verbleiben hier durchgreifende Zweifel, ob das Amtsgericht eine derartige Beschränkung der [X.] vornehmen oder nicht vielmehr nur eine Begründung für seine Zulassungsentscheidung geben wollte, ohne zugleich die Zulassung auf den durch die Rechtsfrage betroffenen Teil des Streitgegenstandes beschränken zu wollen
(vgl. dazu [X.], Urteil vom 29.
Januar 2003 -
XII [X.], aaO; Senatsurteil vom 12. Mai 2010 -
VIII ZR 96/09, aaO Rn. 19). Denn
das Amtsgericht
hat
im ersten, durch einen Absatz vom nachfolgenden Text getrennten Satz seiner Ausführungen zur Zulassung der Berufung ausdrücklich darauf abgestellt, dass es die Berufung auf Antrag des [X.] zugelassen habe. Da dem Kläger der [X.], für den die im zweiten Satz bezeichnete Rechtsfrage Bedeutung hat,
jedoch zuge-sprochen worden ist, hätte eine hierauf beschränkte Zulassung der Berufung nur den [X.] die Möglichkeit eröffnet, die Rechtssache zur Überprüfung durch das Berufungsgericht zu stellen. Der Antrag des [X.] auf Zulassung der Berufung bezog sich indes
ausdrücklich auch auf den vom [X.]
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gewiesenen Teil der Klageforderung. Die Bezugnahme auf den Antrag des Klä-gers
spricht
deshalb dafür, dass
das Amtsgericht
ihm im begehrten Umfang
den
Zugang zur Berufungsinstanz ermöglichen
wollte. Dies zeigt sich auch darin, dass das Amtsgericht
durch Beschluss vom 18.
Januar 2012
eine Anhörungs-rüge
des [X.]

321a ZPO) unter Verweis darauf, dass die Berufung gegen das Urteil zugelassen worden sei, als unzulässig zurückgewiesen hat.
Denn eine derartige Zurückweisung erfordert, dass das Amtsgericht
von einer [X.] seiner Entscheidung durch den Kläger ausgegangen ist.
3. Nach alledem kann der angefochtene Beschluss
hinsichtlich der [X.] der Berufung keinen Bestand haben. Er ist daher insoweit und im Kos-tenpunkt aufzuheben, und die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Be-rufungsgericht zurückzuverweisen
(§ 577 Abs. 4 ZPO).
[X.]
Dr. Hessel
Dr. Achilles

Dr. Schneider
Dr. Bünger

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 28.10.2011 -
1 C 2/10 -

LG [X.], Entscheidung vom 06.06.2012 -
1 [X.]/11 -

11

Meta

VIII ZB 31/12

11.09.2012

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.09.2012, Az. VIII ZB 31/12 (REWIS RS 2012, 3337)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3337

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VIII ZB 104/11

VIII ZR 96/09

VIII ZR 159/09

XI ZR 348/09

1 C 2/10

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