Bundesfinanzhof, Beschluss vom 23.04.2020, Az. II B 80/19

2. Senat | REWIS RS 2020, 3448

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Gegenstand

Grunderwerbsteuer bei Verlängerung eines Erbbaurechts


Leitsatz

NV: Wird ein Erbbaurecht gegen Vereinbarung eines Erbbauzinses verlängert, ist grunderwerbsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage der kapitalisierte Erbbauzins für die Verlängerungszeit .

Tenor

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom [X.] - 7 K 75/19 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Inhaber eines im Jahre 1960 bestellten Erbbaurechts, das zunächst am 30.09.2040 auslief. Durch [X.] mit der Grundstückseigentümerin wurde das Erbbaurecht bis zum 30.09.2096 verlängert. Gleichzeitig wurde mit Wirkung vom 01.10.2016 ein Erbbauzins von 3.992 € p.a. nebst [X.] vereinbart.

2

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --[X.]--) setzte mit [X.] vom 21.09.2017 zunächst für die Laufzeit vom 11.08.2017 bis zum 10.10.2040 Grunderwerbsteuer in Höhe von 2.536 € fest. Auf entsprechenden Hinweis erhöhte das [X.] im Rahmen der Einspruchsentscheidung vom [X.] die Grunderwerbsteuer auf 3.542,90 €. Dem lag nunmehr eine Laufzeit vom 01.10.2040 bis zum 30.09.2096 und eine Bemessungsgrundlage von 70.858 € (3.992 € * Vervielfältiger 17,750 für 56 Jahre nach § 13 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes --[X.]-- i.V.m. Anlage 9a zum [X.]) ohne Abzinsung zugrunde.

3

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht ([X.]) hat unter Berufung auf das Urteil des [X.] ([X.]) vom 18.08.1993 - II R 10/90 ([X.]E 172, 122, [X.] 1993, 766) in der Verlängerung des Erbbaurechts einen grunderwerbsteuerpflichtigen Tatbestand i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr. 1 des [X.]es (GrEStG) bejaht. Auch die Bemessungsgrundlage sei zutreffend berechnet, nämlich mit dem Vielfachen des [X.]. Insbesondere sei nicht etwa eine Differenzberechnung in der Weise vorzunehmen, dass lediglich der kapitalisierte Betrag für die bisherige Laufzeit (80 Jahre) von dem kapitalisierten Betrag für die Gesamtlaufzeit (146 Jahre) abzuziehen sei.

4

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) im Hinblick auf die Differenzberechnung geltend. Zwar habe der [X.] in seinem Urteil in [X.]E 172, 122, [X.] 1993, 766 die Frage bereits anders beantwortet. Es bestehe aber Anlass, diese Rechtsauffassung noch einmal zu überprüfen, nachdem bereits der vormalige Vorsitzende des beschließenden Senats sich hiermit kritisch auseinandersetze (Viskorf in [X.], [X.], 19. Aufl., § 2 Rz 189).

Entscheidungsgründe

II.

5

Die Beschwerde ist unbegründet. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor.

6

1. Grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des [X.] zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein. Ist die Rechtslage eindeutig, bedarf es keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Das gilt auch dann, wenn sie bereits durch den [X.] geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den [X.] geboten erscheinen lassen (vgl. [X.]-Beschluss vom 22.11.2018 - II B 51/18, [X.]/NV 2019, 205, Rz 11).

7

2. So verhält es sich im Streitfall.

8

a) Ist ein Erbbaurecht i.S. des § 1 Abs. 1 des [X.] ([X.]), dem eine Erbbauzinsverpflichtung i.S. des § 9 Abs. 1 [X.] gegenübersteht, Gegenstand eines grunderwerbsteuerpflichtigen Erwerbsvorgangs, so ist Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer die auf die vereinbarte Laufzeit des Erbbaurechts [X.]. Das steht dem Grunde nach zwischen den Beteiligten nicht im Streit.

9

Entsprechendes gilt, wenn Gegenstand des Erwerbsvorgangs das verlängerte Erbbaurecht ist. In diesem Falle ist der auf die Laufzeit der Verlängerung des Erbbaurechts kapitalisierte Erbbauzins als Wert der Gegenleistung der Bemessung der Grunderwerbsteuer zugrunde zu legen. Dies hat der [X.] in seinem Urteil in [X.]E 172, 122, [X.] 1993, 766 (unter II.2., a.E.) ausdrücklich entschieden.

b) Diese Berechnungsweise ist folgerichtig und gibt insofern keinen Anlass, die Rechtsfrage erneut einer revisionsrechtlichen Prüfung zu unterziehen. Sie baut auf der [X.] selbst auf. Die Verlängerung des Erbbaurechts steht ebenso wie die Übertragung eines bestehenden Erbbaurechts und die Bildung (Bestellung) eines Erbbaurechts der Übereignung (§ 1 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 GrEStG) gleich.

c) Wegen des Zeitbezugs des Erbbaurechts ist die seitens des [X.] thematisierte Frage des [X.] nicht mehr erheblich. Für diejenige Zeit, auf die sich die Verlängerung des Erbbaurechts bezieht, findet auch bürgerlich-rechtlich die Abspaltung des Erbbaurechts von dem Eigentum nicht anders statt als dies bei einer Neubestellung des Erbbaurechts der Fall gewesen wäre, denn ohne Verlängerung endet das Erbbaurecht ohne Zutun der Parteien. Es trifft deshalb nicht zu, dass die Situation von vornherein auf Kontinuität angelegt wäre. Dies gilt nur bis zum Auslaufdatum der jeweiligen Erbbaurechtsbestellung, gerade nicht darüber hinaus.

d) Bürgerlich-rechtlich und demzufolge auch steuerrechtlich stellt es einen erheblichen Unterschied dar, ob die Gesamtlaufzeit durch eine einmalige langfristige Erbbaurechtsbestellung oder durch Verlängerung(en) entsteht. Im ersten Falle sind die Vertragsparteien von vornherein für die Gesamtlaufzeit gebunden. Im zweiten Falle haben sie zu jedem Auslaufdatum die Wahl, ob und zu welchen Bedingungen sie das Erbbaurecht verlängern. Es stünde dazu im Widerspruch, wenn Verlängerungen über den Zeitraum von 101 Jahren hinaus, von dem an der Vervielfältiger nach Anlage 9a zum [X.] bei 18,600 verharrt, stets zu einer Bemessungsgrundlage von 0 € führten.

e) Die von dem Kläger geltend gemachte Kritik im Schrifttum (Viskorf in [X.], a.a.[X.], § 2 Rz 189) an dem Urteil in [X.]E 172, 122, [X.] 1993, 766 greift nicht. Es heißt dort: "Fraglich sein kann allenfalls, ob bei verlängerter [X.] der kapitalisierte Betrag der neuen Laufzeit … oder nur die Differenz zwischen dem kapitalisierten Betrag der nunmehrigen Gesamtlaufzeit und dem kapitalisierten Betrag der ursprünglichen Laufzeit anzusetzen ist." Die Wortwahl "allenfalls" ist keine Kritik, zumal auch keine konkreten Aspekte gegen die Entscheidung und für die Differenzberechnung ausgeführt sind. Vielmehr nimmt der Autor im Folgenden auf das Urteil des [X.] vom 10.04.2014 - 8 K 3046/11 GrE (Entscheidungen der Finanzgerichte 2014, 1220) Bezug, das die Berechnung ebenso vornimmt wie das [X.] und das [X.] im [X.]. Das zeigt, dass der Autor diese Herangehensweise, nicht die Differenzberechnung, für zutreffend hält.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

4. Von einer weiteren Begründung wird nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]O abgesehen.

Meta

II B 80/19

23.04.2020

Bundesfinanzhof 2. Senat

Beschluss

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 2. Oktober 2019, Az: 7 K 75/19, Urteil

§ 1 Abs 1 Nr 1 GrEStG 1997, § 2 Abs 2 Nr 1 GrEStG 1997, § 13 BewG 1991, § 1 ErbbauV, § 9 ErbbauV, Anl 9a BewG 1991

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 23.04.2020, Az. II B 80/19 (REWIS RS 2020, 3448)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3448

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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