Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.02.2005, Az. X ZR 123/03

X. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 4878

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 22. Februar 2005 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

BGB § 123 Abs. 1

Zur Anfechtung wegen Arglist, wenn das zugesandte Angebotsschreiben zur Irreführung geeignete Angaben hinsichtlich der Entgeltlichkeit und der Laufzeit des abzuschließenden [X.] enthält.

[X.], [X.]. v. 22. Februar 2005 - [X.] - [X.] AG [X.]

- 2 - [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 22. Februar 2005 durch [X.] Melullis, [X.] und [X.], die Richterin Mühlens und den [X.]

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das am 16. Juli 2003 verkündete [X.]eil der 23. Zivilkammer des [X.] wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist ein Unternehmen, das Veranstaltungen der [X.] organisiert und mit Technik ausstattet. Die Beklagte unterhält im [X.] ein Firmenverzeichnis, in das sich interessierte Unternehmen eintra-gen lassen können. - 3 - Unter dem 7. März 2001 übersandte die Beklagte unter anderem der Klägerin ein mit "Online Verlag" und "Offerte" überschriebenes und als "Eintra-gungsantrag und Korrekturabzug" bezeichnetes Angebot "zur Aufnahme in un-ser bundesdeutsches [X.] im [X.]". In dem Schreiben hieß es dann weiter: "Bitte wählen Sie aus unserem Angebot die von Ihnen gewünschte Eintragungsform und senden Sie uns den [X.] bis spätestens 30.04.2001 zurück." Als Eintragungsformen konnten ein Grundein-trag, ein hervorgehobener Eintrag, ein hervorgehobener Eintrag mit Firmenlogo und ein zusätzlicher Verweis auf die [X.]-Homepage angekreuzt werden. Während bei den anderen ankreuzbaren Einträgen ein Betrag als Aufpreis an-gegeben war, war der Preis für den [X.] nur anschließenden, kleiner gedruckten Hinweisen zu entnehmen, wo es u.a. hieß: "Die Richtigkeit der o-ben aufgeführten Firmendaten sowie die Aufnahme in das Firmenverzeichnis zum Preis von jährlich 845,-- • netto für den [X.] wird durch Unter-schrift bestätigt." Auf der Rückseite des Schreibens waren die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der [X.] abgedruckt. Unter der mit "Eintragungs-zeitraum" überschriebenen Nr. 2 hieß es: "Die Laufzeit des Vertrages beträgt zwei Jahre."
Die Klägerin sandte das Schreiben mit Unterschriften vom 30. April 2001 und ihrem Firmenstempel versehen an die Beklagte zurück, nachdem sie den [X.] an der dafür vorgesehenen Stelle angekreuzt und ihr Unterneh-men betreffende Angaben ergänzt hatte, die bisher gefehlt hatten oder falsch angegeben waren. Die Beklagte berechnete das Entgelt für einen einjährigen [X.] und mahnte die sich ergebende Summe von 1.917,11 DM später bei der Klägerin an. Hierauf zahlte die Klägerin. - 4 - Mit Schreiben vom 18. September 2001 focht die Klägerin den Vertrag mit der [X.] wegen arglistiger Täuschung an. Hierzu behauptet sie, sie sei aufgrund der Gestaltung des Anschreibens davon ausgegangen, daß es sich um ein Formular eines Telefonbuchverlags handele, der sich nach [X.]ei-lung der [X.] mit ihr in Verbindung setzen würde, weil sie ihre [X.] bei der [X.] gewechselt habe. Bei Ankreuzen des "[X.]s" und Unterzeichnung des Schreibens habe sie gemeint, eine kostenlose Lei-stung zu erhalten. Außerdem sei sie über die Laufzeit des [X.] getäuscht worden. Erst nach Erhalt der Rechnung und der darauf folgenden Mahnung habe sie erkannt, daß sie einen entgeltlichen Vertrag über zwei Jahre [X.] habe. Den angemahnten Betrag habe sie bezahlt, um einer gerichtli-chen Auseinandersetzung aus dem Wege zu gehen. Erst danach habe sie Rechtsrat eingeholt.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin Feststellung der Unwirksamkeit des [X.] vom 30. April 2001 sowie Rückzahlung des berechneten Betrags nebst Zinsen begehrt.
Das angerufene Amtsgericht hat diese Klage abgewiesen. Die von der Klägerin hiergegen eingelegte Berufung ist erfolglos geblieben.
Die Klägerin verfolgt nunmehr mit der Revision ihr Klagebegehren wei-ter.
Die Beklagte tritt diesem Rechtsmittel entgegen.

- 5 - Entscheidungsgründe:

Die zugelassene und auch sonst zulässige Revision der Klägerin bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1. Das [X.] hat eine arglistige Täuschung der Klägerin durch die Beklagte verneint, weil das von der [X.] verwendete Angebotsschreiben alle für die Entschließung des Angebotsempfängers maßgeblichen Angaben enthalte und diese bei einem Studium des Schriftstücks mit der gebotenen Aufmerksamkeit hätten erkannt werden können. Das bekämpft die Revision vergeblich.
a) § 123 Abs. 1 BGB erlaubt die Anfechtung einer Willenserklärung, wenn der Betreffende zu deren Abgabe durch arglistige Täuschung bestimmt worden ist. Das setzt voraus, daß er sich bei Abgabe seiner Willenserklärung über einen Umstand geirrt hat, weil ein anderer eine Täuschungshandlung be-gangen hat, sowie daß der Irrtum den Entschluß zur Abgabe der [X.] veranlaßt hat, wobei es ausreicht, wenn die Täuschungshandlung eine von mehreren Ursachen ist und die Entschließung lediglich beeinflußt hat ([X.] 83, 283, 291 - Hartmetallkopfbohrer; [X.], 309, 314). Die [X.] kann in Angaben bestehen, die Tatsachen vorspiegeln, [X.] oder - bei Bestehen einer Aufklärungspflicht - verschweigen (vgl. [X.].[X.]. v. 18.03.2003 - [X.], [X.], 702, 703 - Gehäusekon-struktion). Sofern sie nur geeignet ist, den entstandenen Irrtum hervorzurufen und hierdurch den Entschluß zur Abgabe der Willenserklärung zu beeinflus-sen, kommt als Täuschungshandlung aber auch jede andere Handlung in [X.] 6 - tracht, wenn der Handelnde sich der Eignung bewußt ist ([X.], [X.]. v. 28.11.1984 - IV ZR 81/83, [X.], 156) oder jedenfalls mit der Möglichkeit rechnet, der Gegner werde bei Kenntnis die Willenserklärung nicht oder nicht mit dem gewünschten Inhalt abgeben ([X.] 83, 283, 291 - Hartmetallkopfboh-rer, m.w.N.), und er gleichwohl die Handlung mit dem Willen vornimmt, den Irr-tum hervorzurufen und den Gegner zur Abgabe der Willenserklärung zu veran-lassen. Denn dann ist der - bereits bei bedingtem Vorsatz gegebene - Täu-schungswille vorhanden, der die Arglist im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB kenn-zeichnet (vgl. [X.].[X.]. v. 03.02.1998 - [X.], [X.], 650, 651 - [X.]).
b) Was die hiernach erforderlichen Voraussetzungen anbelangt, ist im Streitfall der revisionsrechtlichen Überprüfung zunächst zugunsten der Klägerin zugrunde zu legen, daß sie dem Irrtum erlegen ist, kein Angebot zu einem ent-geltlichen Vertrag über eine Laufzeit von zwei Jahren erhalten zu haben und mit der Unterzeichnung der "Offerte" keine Zahlungsverpflichtung und keine Bindung über zwei Jahre einzugehen. Denn das Berufungsgericht hat weder das Gegenteil festgestellt, noch die entsprechende Behauptung der Klägerin als nicht bewiesen angesehen.
c) Ferner hat der [X.]at davon auszugehen, daß das Anschreiben der [X.] geeignet war, diesen Irrtum bei der Klägerin hervorzurufen und hier-durch deren Entschließung zur Unterzeichnung des Angebots zu beeinflussen. Denn das Berufungsgericht hat nicht nur darauf hingewiesen, nicht zu verken-nen, daß die "Offerte" durch ihre Gestaltung erhebliches Irreführungspotential enthalte; es hat auch seinen weiteren Überlegungen zugrunde gelegt, daß ein unaufmerksamer Leser, wie es die Klägerin gewesen sei, Gefahr laufe, im Hin-- 7 - blick auf die Entgeltlichkeit des [X.]s und die Laufzeit des [X.]-verhältnisses einem Irrtum zu unterliegen. Die hiermit vom Berufungsgericht angenommene Eignung, jedenfalls bestimmte Adressaten, zu denen auch die Klägerin gehört, zu täuschen und auf diese Weise zu beeinflussen, reicht aus, weil das Anfechtungsrecht nach § 123 Abs. 1 BGB nicht ausgeschlossen ist, wenn der dem Irrtum Unterlegene die wahre Sachlage aus Fahrlässigkeit nicht kannte (st. Rspr., z.B. [X.], [X.]. v. 28.04.1971 - VIII ZR 258/69, NJW 1971, 1795, 1798 m.w.N.; [X.]. v. 28.09.1988 - VIII ZR 160/87, NJW 1989, 287, 288). Bedenken, die erforderliche Eignung der weiteren revisionsrechtlichen Über-prüfung des angefochtenen [X.]eils zugrunde zu legen, bestehen auch nicht deshalb, weil das Berufungsgericht seine Annahme einer zur Irreführung und zur Beeinflussung geeigneten Handlung nicht weiter als soeben angegeben begründet hat. Denn [X.] sind insoweit seitens der [X.] nicht erhoben. In der Revisionserwiderung spricht diese vielmehr selbst davon, daß ihr Anschreiben Darstellungsmängel enthalte.
d) Schließlich ist ohne weiteres davon auszugehen, daß der Irrtum der Klägerin auf dem Anschreiben der [X.] und dessen Irreführungseignung beruht und hierin eine Ursache für den Entschluß der Klägerin liegt, das Schreiben zu unterzeichnen und zurückzuschicken. Der Hinweis des [X.], der Irrtum der Klägerin beruhe nicht auf der "Offerte", sondern auf einer Unaufmerksamkeit der Klägerin, die der in eigener Angelegenheit anzuwendenden Sorgfalt zuwiderlaufe, kann das nicht in Frage stellen. Er [X.] lediglich, daß auch die Klägerin ihrerseits eine Ursache für ihren Irrtum gesetzt hat. Das schließt - wie die Revision zu Recht ausführt - eine arglistige Täuschung jedoch nicht aus. Da es Ziel des § 123 Abs. 1 BGB ist, daß einem auf [X.] beruhenden Verhalten begegnet werden kann, muß - 8 - vielmehr auch der anfechten können, der dem [X.] die Irreführung leicht gemacht hat (vgl. [X.], aaO).
e) Die Beantwortung der Frage, ob die Klägerin ein Anfechtungsrecht nach § 123 Abs. 1 BGB hat, hängt mithin davon ab, ob die Beklagte die "Offer-te" in dem Bewußtsein, daß sie sich in der geschehenen Weise zur Irreführung und Beeinflussung eignet, und mit dem Willen, den Adressaten zu täuschen, der Klägerin zugesandt hat. Da es hierbei ausschließlich um Gegebenheiten geht, die zum subjektiven Bereich menschlichen Handelns gehören, sind diese Voraussetzungen regelmäßig dem unmittelbaren Beweis nicht zugänglich. Auf das Wissen und Wollen des Anfechtungsgegners muß vielmehr in aller Regel aus den objektiv feststellbaren Umständen des jeweiligen Falls geschlossen werden (vgl. [X.].[X.]. v. 15.01.1985 - X ZR 16/83, [X.], 673).
(1) In Fällen, in denen - wie hier - eine Täuschung durch ein Anschrei-ben in Frage steht, bietet vor allem dessen Inhalt und Aufmachung Anhalts-punkte. Enthält das Schreiben objektiv unrichtige Angaben, wird insoweit re-gelmäßig bereits hieraus auf den erforderlichen subjektiven Tatbestand [X.] werden können ([X.].[X.]. v. 03.02.1998 - [X.], [X.], 650, 651 - [X.]). Bei Aufmachung eines Ange-botsschreibens in Art einer Rechnung (typische Rechnungsmerkmale; Angabe einer Zahlungsfrist), bei dem kleingedruckte Hinweise auf den [X.] völlig in den Hintergrund treten, hat die Rechtsprechung das ebenfalls angenommen ([X.]St 47, 1; [X.] NStZ-RR 2002, 47; AG Bü-ckeburg [X.]. 2004, 326; vgl. aber auch [X.] NStZ-RR 2000, 7). Der Schluß auf den erforderlichen [X.] wird ferner dann häufig - 9 - möglich sein, wenn erkennbar für den Adressaten wichtige Umstände ver-schwiegen sind, obwohl eine Offenbarungspflicht besteht.
Keiner dieser Sachverhalte ist hier jedoch zu beurteilen. Das Berufungs-gericht hat hinsichtlich des Anschreibens der [X.], das angesichts seiner einleitenden Bezeichnung "Offerte" und der weiteren Angabe, man möge aus einem Angebot auswählen, den Angebotscharakter nicht verbirgt, festgestellt, daß es alle für die Entschließung des Angebotsempfängers maßgeblichen An-gaben enthält. Auch die Revision zieht nicht in Zweifel, daß sämtliche [X.], über welche die Klägerin sich nach ihrer Behauptung geirrt hat, vollständig und richtig angegeben sind.
(2) Damit rückt vor allem in den Blickpunkt die Frage, ob aus der Art und Weise, wie diese Umstände in dem Anschreiben dargestellt sind, auf den er-forderlichen [X.] der [X.] geschlossen werden kann. Deren Beantwortung ist jedoch entgegen der der Revision zugrundeliegenden [X.] in keiner Hinsicht vorgegeben. Insbesondere kann ein Täuschungswille nicht schon deshalb ohne weiteres angenommen werden, weil die Darstellung zur Irreführung geeignet ist. So kann eine irreführende Darstellung [X.] auch auf einem bloß ungeschickten Vorgehen bei der Formulierung be-ruhen, das allein nicht Ausdruck einer arglistigen Täuschung ist ([X.].[X.]. v. 03.02.1998 - [X.], [X.], 650, 651 - Krankenhausmüllentsor-gungsanlage). Bei lediglich irreführender Darstellung wird es deshalb vor allem darauf ankommen, wie stark die maßgeblichen Punkte verzerrt oder entstellt wiedergegeben sind und ob vom Absender wegen des Grades der Verzerrung oder Entstellung hätte erwartet werden können, daß Adressaten die wahren Umstände nicht richtig oder nicht vollständig erkennen können. [X.] 10 - falls wird eher darauf geschlossen werden können, daß das Schreiben tatsäch-lich in der Erwartung, daß die Adressaten sich irren, und in dem Bewußtsein und mit dem Willen zu täuschen, abgesandt wurde, als wenn das Schreiben nur eine geringe Irreführungsgefahr in sich birgt.
[X.] Die hiernach erforderliche Abwägung im Einzelfall ist Sache des [X.]. Das Berufungsgericht hat sie im Streitfall ersichtlich dahin getroffen, daß die von ihm angenommene Irreführungsgefahr nicht von solchem Gewicht sei, daß auf eine arglistige Täuschung geschlossen werden könne oder gar müsse. Denn das Berufungsgericht hat, und zwar entgegen der auf § 547 Nr. 6 ZPO gestützten Rüge der Revision sowohl hinsichtlich der Entgeltlichkeit als auch hinsichtlich der Laufzeit des angebotenen [X.], schon eine Entstel-lung von Tatsachen verneint angesichts des Umstands, daß das Anschreiben der [X.] den kaufmännischen Verkehr betreffe, der beinhalte, sich vor rechtsverbindlicher Unterzeichnung eines Schriftstücks erschöpfend - auch was das sogenannte Kleingedruckte anbelange - vergewissert zu haben, [X.] Wirkungen hierdurch hervorgerufen werden.
(4) Als tatrichterliche Würdigung ist die solchermaßen begründete Ver-neinung des erforderlichen [X.]s bei der [X.] nur daraufhin zu überprüfen, ob sie vollständig und rechtlich möglich sowie nicht gegen Denk-, Natur- oder Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr., z.B. [X.], [X.]. v. 11.02.1987 - [X.], NJW 1987, 1557, 1558), wenn der [X.] insoweit Mängel rügt (§§ 551 Abs. 3 Nr. 2 b, 557 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Einen solchen Rechtsfehler zeigt die Revision jedoch nicht auf. Die Schlußfolgerung des Berufungsgerichts liegt vielmehr im Rahmen der dem Tatrichter nach § 286 ZPO übertragenen Bewertung und Tatsachenfeststellung. Denn daß für den - 11 - [X.] der in den nachfolgenden Hinweisen genannte Preis von jährlich 845,-- • netto zu zahlen ist, ist durch ein Sternchen sowohl beim [X.] als auch bei den Hinweisen in einer gebräuchlichen Form der Verweisung auf der Vorderseite des Anschreibens der [X.] dokumentiert und über die zweijährige Laufzeit verhalten sich die - wie ebenfalls durchaus üblich - auf der Rückseite wiedergegebenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der [X.], die auch nicht etwa in besonders kleinem Druck gehalten oder wegen ihres Umfangs besonders unübersichtlich sind. Soweit die Revision sich auf ein Ur-teil des [X.] vom 15. März 2001 bezieht, welches ein gegenüber der [X.] vom [X.] München I am 23. August 2000 ausgesprochenes Verbot zum Gegenstand hat, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des [X.] für die Eintragung in ein Firmenverzeichnis mit dem auch der Klägerin zugesandten Formular zu werben, kann dem Berufungsge-richt nicht vorgeworfen werden, die im Rahmen des § 3 UWG a.F. getroffene Einschätzung einer in hohem Maße bestehenden Irreführung nicht zur Kenntnis genommen zu haben. Das Berufungsgericht hat diese Einschätzung eines an-deren Gerichts lediglich nicht für im Streitfall entscheidungserheblich gehalten, wie seinem Hinweis entnommen werden kann, es brauche nicht entschieden zu werden, ob die "Offerte" den Bestimmungen des Gesetzes gegen den [X.] Wettbewerb unterfalle, weil das im Hinblick auf § 123 Abs. 1 BGB ohne Belang sei. Auch diese Wertung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, weil ein wettbewerbsrechtliches Verbot bereits ergehen kann, wenn eine zu [X.]zwecken begangene Handlung zur Irreführung geeignet ist (vgl. z.B. [X.]/Hefermehl, [X.]recht, 22. Aufl., § 3 UWG Rdn. 25 m.w.N.) und § 3 UWG a.F. anders als § 123 Abs. 1 BGB einen Täuschungswil-len auf seiten des Werbenden nicht voraussetzt. - 12 - Auch aus dem Umstand, daß die Beklagte trotz des vom [X.] München I ausgesprochenen gerichtlichen Verbots die Versendung ihres [X.]angebots an die Klägerin vorgenommen hat, mußte das Berufungsgericht im Streitfall nicht auf eine Arglist der [X.] schließen. Ein auf § 3 UWG a.F. gestütztes gerichtliches Verbot - auch wenn es wie hier (nur) im Wege einstweiliger Verfügung ergangen und noch anfechtbar ist - kann allerdings durchaus als Anzeichen genommen werden, daß der gleichwohl weiterhin in der untersagten Weise im Wettbewerb Auftretende den im konkreten Fall ein-getretenen Irrtum jedenfalls billigend in Kauf genommen und daher insoweit mit [X.] gehandelt hat. Denn durch ein auf § 3 UWG a.F. gestütztes gerichtliches Verbot wird dem [X.] normalerweise die [X.] seiner Handlung, Irrtum zu erregen, vor Augen geführt, so daß im [X.] angenommen werden kann, er nehme jedenfalls in Kauf, daß sich hier die vom Gericht festgestellte Gefahr realisiert und der Irrtum tatsäch-lich eintritt. Ein solcher auf Arglist hinweisender Normalfall ist vorliegend [X.] nicht gegeben, weil das Anschreiben der [X.] auch Gegenstand einer wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzung in [X.] war und das [X.] [X.] - anders als das [X.] München I - durch am 11. Oktober 2000 verkündetes [X.]eil den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen hatte. Bei Absendung der Offerte vom 7. März 2001 lagen der [X.] also zwei widerstreitende [X.]eile vor, was die [X.] des Anschreibens anbelangt. Unter diesen Umständen ist es im Ergebnis aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, daß das [X.] das Verhalten der [X.] nicht als Ausdruck einer arglistigen Täuschung der Klägerin gewertet hat. - 13 - 2. Die Abweisung der Klage begegnet auch nicht etwa deshalb rechtli-chen Bedenken, weil die Rechtsprechung nach den Grundsätzen des [X.] bei [X.]schluß eine Verantwortlichkeit bereits dann anerkennt, wenn eine [X.] auch nur fahrlässig einen zum [X.]schluß führenden Irr-tum der anderen [X.] veranlaßt hat (vgl. z.B. [X.], [X.]. v. 07.02.1968 - VIII ZR 139/66, NJW 1968, 985, 987; [X.]. v. 26.09.1997 - [X.], [X.], 302, 303 ff.) und die [X.]erfüllung dann unter dem Gesichtspunkt eines Schadensersatzanspruchs verweigert werden kann (vgl. z.B. [X.], [X.]. v. 11.05.1979 - [X.], NJW 1979, 1983 m.w.N.; [X.]. v. 26.09.1997 aaO). Denn ein solcher Gegenanspruch kann gemäß § 254 BGB bei überwiegendem Mitverschulden des Geschädigten entfallen. Ein solches einer Schadenser-satzpflicht der [X.] entgegenstehendes eigenes Verschulden der Klägerin hat das [X.] ersichtlich mit seinen Hinweisen bejahen wollen, daß es einerseits gerade im kaufmännischen Verkehr Sache jeder [X.] sei, sich vor Leistung einer rechtsverbindlichen Unterschrift erschöpfend vergewissert zu haben, welche Wirkungen durch die Unterzeichnung hervorgerufen werden, und daß andererseits der Inhalt des Angebots der [X.] unschwer erkennbar gewesen sei. Die Revision befaßt sich mit einem Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo nicht und erinnert gegen diese Bewertung des beiderseitigen Verhaltens nichts.
3. Das angefochtene [X.]eil ist entgegen der insoweit erhobenen Rüge der Revision ferner nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil es Ausführungen zu einem Rücktrittsrecht der Klägerin nach § 13 a UWG a.F. nicht enthält. Dieses Rücktrittsrecht setzt nicht nur eine zur Irreführung geeignete Werbeangabe voraus; die Werbung muß - kumulativ - unwahr sein, also eine oder mehrere Tatsachen unrichtig angeben oder verschweigen. Das Berufungsgericht hat - 14 - das für den Streitfall verneint. Die Revision legt nicht dar, daß Gegenteiliges geltend gemacht gewesen sei. Besondere Ausführungen zu § 13 a UWG a.F. erübrigten sich deshalb.
4. Ein entscheidungserheblicher Rechtsfehler des angefochtenen [X.]eils ergibt sich schließlich auch nicht daraus, daß das Berufungsgericht weder auf die Regelung der Entgeltlichkeit des [X.]s noch auf die eine Laufzeit von zwei Jahren beinhaltende Klausel in dem Angebotsschreiben der [X.] § 3 [X.] angewandt hat. Die Entgeltlichkeit hat das Berufungsgericht nicht als überraschend angesehen, weil der durchschnittliche [X.] nicht damit rechne, auch nur den [X.] in das [X.] der [X.] kostenlos zu erhalten. Gegen diese im Rah-men des § 286 ZPO mögliche Bewertung bringt die Revision nichts vor. Was die Klausel über die Laufzeit des angebotenen [X.] anbelangt, hat das Berufungsgericht weder diese selbst noch ihre Aufnahme in die auf der [X.] abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der [X.] als un-gewöhnlich angesehen. Mit dem Hinweis, daß hierdurch sogenannte essentia-lia negotii nicht an versteckter Stelle genannt seien, hat das Berufungsgericht insoweit auch eine Begründung gegeben, so daß die Berufung der Revision auf § 547 Nr. 6 ZPO hier ebenfalls von vornherein ins Leere geht. Soweit die Revision noch als übersehen rügt, daß derjenige, dem ein jährlicher Preis für eine Leistung genannt werde, grundsätzlich nicht damit rechne, daß die [X.] des [X.] zwei Jahre betrage, argumentiert sie damit, daß das nach § 13 a UWG a.F. neben der Ungewöhnlichkeit der Klausel notwendige Überraschungsmoment im Streitfall nicht fehle. Hierauf kommt es jedoch nicht an, wenn der Tatrichter - wie hier das Berufungsgericht hinsichtlich der Laufzeit von zwei Jahren - in Anwendung des § 286 ZPO bereits die Ungewöhnlichkeit - 15 - der Klausel verneint. Abgesehen davon kann die Frage, ob die [X.] [X.]bestandteil geworden ist, sowohl hinsichtlich des auf § 123 Abs. 1 BGB bzw. § 13 a UWG a.F. gestützten Begehrens nach Feststellung der Un-wirksamkeit des [X.] als auch hinsichtlich des nur das Entgelt für das erste [X.]jahr betreffenden Rückzahlungsbegehrens dahinstehen. - 16 - 5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.] [X.]

Mühlens [X.]

Meta

X ZR 123/03

22.02.2005

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.02.2005, Az. X ZR 123/03 (REWIS RS 2005, 4878)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4878

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