Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.12.2008, Az. 1 StR 322/08

1. Strafsenat | REWIS RS 2008, 298

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[X.] vom 10. Dezember 2008 [X.]St: ja [X.]R: ja [X.]: ja _____________________ DRiG § 37; § 27 Abs. 2 [X.] § 21f Abs. 1 [X.] § 192 [X.] § 180 1. Die Teilabordnung eines (Vorsitzenden) [X.]s am [X.] an ein [X.] ist nach § 37 DRiG zulässig. § 27 Abs. 2 DRiG steht dem weder unmittelbar noch in analoger Anwendung entgegen. 2. Vorsitzender eines Spruchkörpers bei einem [X.] kann auch ein Vorsitzender [X.] am [X.] sein, der an das [X.] (rück-)abgeordnet wurde. 3. Scheidet ein [X.] aus einem Spruchkörper aufgrund der Übertragung eines [X.]amtes bei einem anderen Gericht aus, ist ein [X.]. § 192 Abs. 2 [X.] nicht gegeben, wenn die [X.], die unter Beteiligung des [X.]s begonnen wurde, aufgrund einer Rückabordnung nach § 37 DRiG innerhalb der Fristen des § 229 StPO in der ursprünglichen Besetzung der [X.]bank fortgesetzt wer-den kann. 4. Die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 1 Nr. 2a [X.] kann einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil im Sinne von § 370 Abs. 1 [X.] darstellen. [X.], [X.]. vom 10. Dezember 2008 - 1 [X.] - [X.] in der Strafsache - 2 - gegen 1. 2. wegen Steuerhinterziehung - 3 - Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 10. Dezember 2008 be-schlossen: Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 13. November 2007 werden als unbegrün-det verworfen. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Gründe: Das [X.] hat die Angeklagten [X.]und [X.]wegen Steu-erhinterziehung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren bzw. zwei Jahren verurteilt, wobei die Vollstreckung der gegen den Angeklagten [X.]verhängten Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung formellen und sachli-chen Rechts. Die Rechtsmittel sind unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). Der nä-heren Erörterung bedarf lediglich Folgendes: 1 I. Die Revisionen erheben inhaltlich identische Besetzungsrügen (§ 338 Nr. 1 StPO). Folgendes Geschehen liegt zu Grunde: 2 - 4 - Zwischen dem 31. Hauptverhandlungstag (14. August 2007) und dem 32. Hauptverhandlungstag (4. September 2007) wurde die Vorsitzende Richte-rin der [X.] durch das [X.] unter dem Datum des 26. August 2007 mit Wirkung zum 1. September 2007 zur Vor-sitzenden [X.]in am [X.] München ernannt. Am 29. August 2007 verfügte der Vizepräsident des [X.]s München im [X.] mit der Vorsitzenden [X.]in deren Rückabordnung an das [X.] mit einem Viertel ihrer Arbeitskraft und mit Wirkung vom 1. September 2007 bis zum 31. Dezember 2007. Ebenfalls am 29. August 2007 beschloss das Präsidium des [X.]s München I, dass der Vorsitzenden [X.]in —im Umfang ihrer Abordnung und entsprechend dem angeordneten Zeitraum der Vorsitz der [X.] übertragenfi wird. Dieser Sachverhalt wurde den Verfahrensbeteiligten zu Beginn der Fortsetzung der Hauptverhand-lung am 4. September 2007 mitgeteilt. Einwendungen gegen die Besetzung des Gerichts wurden von keinem Verfahrensbeteiligten erhoben. Die Hauptverhand-lung wurde in der ursprünglichen Besetzung bis zum letzten [X.] fortgeführt. Dementsprechend trat der [X.], der der Hauptverhandlung ab dem 1. Hauptverhandlungstag beigewohnt hatte (§ 192 Abs. 2 [X.]), nicht in die [X.] ein. 3 Auf dieser Grundlage beanstanden die Revisionen die Besetzung der [X.] seit dem 1. September 2007. Sie rügen die Verletzung von § 27 Abs. 2 und § 37 DRiG; § 21f Abs. 1 [X.] und § 192 [X.]. 4 1. Der [X.] kann offen lassen, ob ein Verfahrensbeteiligter, der eine solche Rückabordnung mit der Revision beanstanden will, nicht in entsprechen-der Anwendung von § 338 Nr. 1 Buchst. b und § 222b StPO gehalten ist, vor dem [X.] unverzüglich nach dem Bekanntwerden der maßgeblichen 5 - 5 - Verfahrenstatsachen einen Besetzungseinwand zu erheben. Die Rüge ist [X.] unbegründet; denn die Rückabordnung der Vorsitzenden [X.]in war nämlich - auch und gerade in dieser Funktion - gesetzlich zulässig, zumindest aber nicht willkürlich. a) Ein Verstoß gegen § 27 Abs. 2 und § 37 DRiG ist nicht gegeben. 6 [X.]) Die Abordnung eines [X.]s, auch die eines (Vorsitzenden) [X.] am [X.] an ein [X.], ist zulässig, wenn die in § 37 DRiG genannten Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. [X.], DRiG 5. Aufl. § 27 Rdn. 16). Dies ist hier der Fall. Die Zustimmung des [X.]s (§ 37 Abs. 1 DRiG) lag vor und die Abordnung war auf eine bestimmte Zeit ausge-sprochen (§ 37 Abs. 2 DRiG). 7 bb) Unter den Voraussetzungen des § 37 DRiG ist auch die Teilabord-nung eines [X.]s zulässig. Sie ist gesetzlich nicht ausgeschlossen und wird auch nicht durch die Möglichkeit der Übertragung eines weiteren [X.]amtes verdrängt ([X.], DRiG 5. Aufl. § 37 Rdn. 4c). 8 cc) Demgegenüber macht die Revision vergeblich geltend, die [X.] verstoße gegen § 27 Abs. 2 DRiG. 9 (1) Diese Vorschrift sieht vor, dass eine Ämterkumulierung nur in den ge-setzlich vorgesehenen Fällen zulässig ist. In der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist dies lediglich in den Fällen von § 22 Abs. 2 [X.] oder § 59 Abs. 2 [X.] der Fall. Diese Vorschriften betreffen nur das Amtsgericht und das [X.]. § 27 Abs. 2 DRiG soll - gemeinsam mit § 27 Abs. 1 DRiG - im Interesse eines [X.]s auf Lebenszeit dessen in Art. 97 Abs. 2 Satz 1 GG verfassungsrecht-10 - 6 - lich garantiertes Recht auf Unversetzbarkeit und Unabsetzbarkeit sicherstellen. Mit Ausnahme der Abordnung nach § 37 DRiG darf kein [X.] auf Lebenszeit bei einem Gericht richterliche Aufgaben wahrnehmen, ohne dass ihm ein Rich-teramt bei diesem Gericht übertragen ist. Anderenfalls wäre der [X.] bei [X.] nicht in dem nach Art. 97 Abs. 2 Satz 1 GG erforderlichen Umfang geschützt ([X.], DRiG 5. Aufl. § 27 Rdn. 14). Eine Zustimmung des [X.]s zur Übertragung eines weiteren [X.]amtes nach § 27 Abs. 2 DRiG i.V.m. § 22 Abs. 2 resp. § 59 Abs. 2 [X.], die durch Verfügung der [X.] erfolgt ([X.]St 24, 283), ist regelmäßig nicht erforderlich ([X.]/[X.], [X.] § 22 Rdn. 13; zu Ausnahmen vgl. [X.]Z 67, 159). (2) Angesichts der unterschiedlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen von Abordnung einerseits und von Übertragung eines weiteren [X.]amtes andererseits ist eine unmittelbare Anwendung des § 27 Abs. 2 DRiG auf Fälle der Teilabordnung nicht möglich. Auch eine analoge Anwendung des § 27 Abs. 2 DRiG ist in Fällen der Teilabordnung nicht geboten (a.A. [X.], DRiG 5. Aufl. § 37 Rdn. 4c). Es ist schon fraglich, ob überhaupt eine für eine Analogie erforderliche planwidrige Regelungslücke vorliegt. Es fehlt jedenfalls auf Grund des Zustimmungserfordernisses (§ 37 Abs. 1 DRiG) und der zeitlichen Begrenzung (§ 37 Abs. 2 DRiG) bei der Teilabordnung im [X.] auf den Schutzzweck des § 27 Abs. 2 DRiG (vgl. oben [1] ) regelmäßig an einer vergleichbaren Interessenlage. Ob Besonderheiten des Einzelfalles aus-nahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, mag dahinstehen; derartige Besonderheiten liegen hier jedenfalls nicht vor. 11 [X.]) Da nach alledem ein Verstoß gegen § 27 Abs. 2 und § 37 DRiG nicht gegeben ist, bedarf es im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, ob ein solcher Verstoß überhaupt zu einer Verletzung des Grundsatzes des [X.] - 7 - chen [X.]s und somit zu einer vorschriftswidrigen Besetzung des erkennen-den Gerichts im Sinne des § 338 Nr. 1 StPO führen könnte. Hiergegen könnte sprechen, dass die Fortführung des gegenständlichen Verfahrens in der ur-sprünglich besetzten [X.]bank bei einer uneingeschränkten Rückabordnung möglich wäre. Die Wahrung des Grundsatzes des gesetzlichen [X.]s kann aber schwerlich davon abhängen, welche richterlichen Tätigkeiten der [X.] außerhalb der in Rede stehenden Hauptverhandlung wahrnimmt und ob inso-weit die Rechte des [X.]s verletzt sind. Näher nachzugehen braucht der [X.] dem unter den gegebenen Umständen nicht. b) Auch § 21f Abs. 1 [X.] ist nicht verletzt. Nach dem [X.] ist nicht ausgeschlossen, dass der Vorsitz in einem Spruchkörper durch einen Vorsitzenden [X.] eines anderen Gerichts, der zu diesem Zwecke ab-geordnet wird, geführt werden kann. Die Revision (zuletzt Schriftsatz für den Angeklagten [X.] vom 17. November 2008) meint demgegenüber unter Hinweis insbesondere auf [X.]St 31, 389; BVerwGE 106, 345; [X.] StV 2004, 366, 367, dass ein [X.] [X.] nicht ordentlicher Vorsitzender einer Kammer beim [X.] sein könne. Der [X.] teilt diese Auffassung nicht. Die genannten Entscheidungen betreffen jeweils den Fall, dass der Rich-ter - bei Beginn der Hauptverhandlung - noch nicht das Amt eines Vorsitzenden dieses Spruchkörpers erreicht hatte. Diese Fallkonstellation ist mit der [X.] nicht vergleichbar, in der der [X.] während der Hauptverhandlung in ein höheres [X.]amt befördert wurde. Danach wurde dem Sinn und Zweck des § 21f Abs. 1 [X.], wonach sichergestellt werden soll, dass die hervorgeho-bene Stellung des Vorsitzenden durch entsprechend qualifizierte [X.] aus-geübt wird ([X.]St 25, 54, 55), hier entsprochen. 13 c) Ebenso liegt auch kein Verstoß gegen die Vorschrift des § 192 [X.] 14 - 8 - vor. Aufgrund der Rückabordnung war ein Verhinderungsfall, der den Eintritt des bestellten [X.]s erfordert hätte, nicht gegeben. [X.]) Die Anordnung der Zuziehung eines [X.]s nach § 192 [X.] dient der Sicherstellung der Durchführung einer Hauptverhandlung, na-mentlich im Hinblick auf den Grundsatz der Verhandlungseinheit (§ 226 StPO) und die Unterbrechungsfristen des § 229 StPO. Die Vorschrift des § 192 [X.] bezieht sich mithin auf die konkrete Hauptverhandlung, für deren Sicherstellung die Zuziehung des [X.]s angeordnet wurde. 15 bb) Dementsprechend ist eine Verhinderung im Sinne von § 192 Abs. 2 [X.] gegeben, wenn die weitere Mitwirkung eines [X.]s nur durch die [X.], namentlich des § 229 StPO, ermöglicht werden könnte (vgl. [X.], [X.] Aufl. § 192 [X.] Rdn. 7). Ist ein [X.] demgegenüber lediglich an einzelnen Tagen nicht in der Lage, an dem Verfahren weiter mitzuwirken, kann es aber später mit ihm ordnungsgemäß fortgeführt werden, dann begründet diese zeitweise Verhinderung nicht not-wendig den Vertretungsfall ([X.] NStZ 1986, 518, 519). Demnach war vorlie-gend durch die Möglichkeit der Rückabordnung der Vorsitzenden [X.]in die Fortführung der Hauptverhandlung in der ursprünglichen Besetzung des [X.] innerhalb der Fristen des § 229 StPO sichergestellt. Ein Verhinderungs-fall im Sinne des § 192 [X.] war somit nicht gegeben. 16 d) Unabhängig von alledem hätte eine Rüge gemäß § 338 Nr. 1 StPO nur Erfolg, wenn der in Rede stehenden Besetzung eine willkürliche Verletzung der einschlägigen Bestimmungen zu Grunde liegen würde. Dies ist dann der Fall, wenn eine Maßnahme sich so weit vom Grundsatz des gesetzlichen [X.] entfernt, dass sie nicht mehr gerechtfertigt werden kann ([X.] 23, 288, 17 - 9 - 320). Aus den dargelegten Gründen war die Rückabordnung der Vorsitzenden an die [X.] jedenfalls in rechtlicher Hinsicht vertretbar. Durch die ge-wählte Vorgehensweise wurde zudem ein sachgerechter Ausgleich für die [X.] der Beförderungsentscheidung aufgetretene Interessenkollision gefun-den. Als Alternative wäre in Betracht gekommen, von der Beförderung der Rich-terin abzusehen. Damit wäre aber ein geeigneter [X.] allein deshalb von [X.] Beförderung ausgeschlossen, weil er ein fortgeschrittenes Verfahren zu Ende zu führen hat. Eine derartige Folge wäre mit dem sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden Grundsatz der Bestenauslese nicht zu vereinbaren. Weiter [X.] in Erwägung gezogen werden können, den Vorsitz des betroffenen [X.]es beim [X.] länger unbesetzt zu lassen. Dies hätte mit dem verfas-sungsrechtlich gebotenen Grundsatz kollidieren können, dass die Neubestel-lung eines Vorsitzenden ohne ungebührliche Verzögerung erfolgen muss ([X.] 18, 423, 426). Gegen eine Beförderung ohne Rückabordnung hätten im Hinblick auf die Wahrung des Rechts auf den gesetzlichen [X.] erhebli-che Bedenken bestanden. Denn dann könnte der Eindruck entstehen, mit der Wahl des Ernennungszeitpunkts hätte die Justizverwaltung während laufender Hauptverhandlung Einfluss auf die Besetzung des Spruchkörpers genommen. Mit der gewählten Vorgehensweise einer Beförderung mit sofortiger Rückab-ordnung des beförderten [X.]s war bestmöglich gewährleistet, dass die Hauptverhandlung ohne Änderung in der Zusammensetzung der [X.]bank zu Ende geführt werden konnte. Der einzige Unterschied zur vorherigen Beset-zung bestand letztlich in einer höheren Besoldung der Vorsitzenden. Die demnach vertretbare Beantwortung einer vom Gesetz nicht [X.] verstößt aber weder gegen den in Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG 18 - 10 - niedergelegten Grundsatz der Mitwirkung des gesetzlichen [X.]s, noch wird dadurch eine vorschriftswidrige Besetzung des Gerichts i.S.v. § 338 Nr. 1 StPO herbeigeführt ([X.] 29, 45, 48; [X.] NStZ 1982, 476, 477 m.w.N.). II. Hinsichtlich der übrigen Verfahrensrügen verweist der [X.] auf die zu-treffenden Ausführungen des [X.], die auch durch die [X.] (§ 349 Abs. 3 Satz 2 StPO) nicht entkräftet werden. 19 III. Auch die Sachrüge bleibt aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] ohne Erfolg. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung. Dem steht [X.] entgegen dem Vorbringen der [X.], zuletzt im Schriftsatz vom 9. Dezember 2008 - nicht entgegen, dass der [X.] in dem [X.]uss vom 6. November 2008 (Aktenzeichen [X.]/07), der in dem Beschwerdeverfahren über den Antrag der [X.]und [X.] auf Aussetzung der Voll-ziehung erging und dem der identische Lebenssachverhalt zu Grunde lag, in steuerrechtlicher Hinsicht weitere Feststellungen für erforderlich erachtete. Denn im dortigen Verfahren konnten die Feststellungen aus dem strafgerichtli-chen Urteil nicht übernommen werden, da dieses noch nicht rechtskräftig war und die Beteiligten die Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils bestritten (vgl. [X.], [X.]. vom 6. November 2008 - [X.]/07 Rdn. 37 f. m.w.N. zur finanzgerichtlichen Rechtsprechung). 20 - 11 - Darüber hinaus bemerkt der [X.] ergänzend zu den Ausführungen des [X.]: Die Verurteilung der Angeklagten wegen vollendeter Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 [X.]) begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Zwar bewirkt ein unrichtiger Feststellungsbescheid als bloßer Grundlagenbescheid keine Steuer-verkürzung; denn in dem Feststellungsbescheid werden lediglich die [X.] festgestellt, die Festsetzung der Steuern bleibt dagegen dem [X.] vorbehalten. Das [X.] ist jedoch zurecht davon [X.], dass die Angeklagten als Vertreter der Kommanditgesellschaft für die Kommanditisten einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil im Sinne von § 370 Abs. 1 [X.] erlangt haben, indem sie durch unrichtige Angaben in der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a [X.] einen Feststellungsbescheid erwirkt ha-ben, in dem für die Kommanditgesellschaft zu hohe negative Einkünfte [X.] und damit zu Unrecht Verluste zugewiesen wurden. Hierzu hat der Gene-ralbundesanwalt ausgeführt: 21 —Nach § 180 Abs. 1 Nr. 2a [X.] werden einkommensteuerpflichtige Einkünfte mehrerer Beteiligter gesondert und einheitlich [X.]. Dieser gesonderte Feststellungsbescheid stellt einen Grund-lagenbescheid (§ 171 Abs. 10 [X.]) dar und ist für die Folgebe-scheide bindend (§ 182 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Die Bindungswirkung besteht unabhängig davon, ob die Feststellungen inhaltlich recht-mäßig sind und mit Bindungswirkung hätten getroffen werden [X.] (vgl. [X.]/NV 1992, 363). Ist ein solcher [X.] bereits vor Erlass des Feststellungsbescheides bestandskräftig gewor-den, so ist er zwingend zu ändern (§ 175 Abs. 1 Nr. 1 [X.]). [X.] Bindungswirkung führt dazu, dass das für die Einkommensbe-steuerung der Anteilseigner zuständige Wohnsitzfinanzamt keine Möglichkeit hat, den Inhalt des Feststellungsbescheides zu über-prüfen. Damit ist es ausgeschlossen, dass ein Sachverhalt, über den im Feststellungsverfahren entschieden worden ist, im [X.] - verfahren in einem damit unvereinbaren Sinne anders beurteilt wird [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 182 Rdnr. 1). Das [X.] erhält von Amts wegen Kenntnis vom Fest-stellungsbescheid, so dass es einer Mitwirkung oder Antragstel-lung des Steuerpflichtigen insoweit nicht bedarf. Gerade diese Bindungswirkung rechtfertigt aber die Annahme, dass bereits der unrichtige Feststellungsbescheid den [X.] konkret gefährdet. Die Ermittlung und Feststellung der [X.] ist wesentliche Voraussetzung für die Durchführung des [X.]. Der Täter kann nun sicher sein, dass seine falschen Angaben im Feststellungsverfah-ren ohne weitere Zwischenschritte in die Festsetzung einfließen. Damit hat er einen Vorteil bereits mit der Wirksamkeit des [X.] erlangt (so auch [X.]/[X.], NStZ 1996, 217, 219).fi Dem schließt sich der [X.] an. Der in Feststellung unrichtiger [X.] mit Bindungswirkung liegende Vorteil ist ein Vorteil spezifisch steuerlicher Art, der auf dem Tätigwerden der Finanzbehörde beruht, und damit Steuervorteil (gl. [X.] in [X.]/Gast/[X.], Steuerstrafrecht 6. Aufl. § 376 [X.] Rdn. 21; Gast-de H[X.]n in [X.], [X.] 9. Aufl. § 370 Rdn. 56; [X.], [X.]-StB 2002, 92, 93; a.[X.] NStZ 2002, 518, 520; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], § 370 Rdn. 299; Sorgenfrei, [X.], 370; zum Begriff des [X.] vgl. auch [X.]St 25, 190, 202). Der Annahme eines mit dem Feststellungsbescheid erlangten [X.] steht nicht entge-gen, dass ein solcher Bescheid erst die Grundlage für die Berechnung der Steuerschuld bildet und regelmäßig noch keine abschließende Auskunft gibt, in welcher konkreten Höhe der Steueranspruch tatsächlich beeinträchtigt wird (a.[X.] [X.]O S. 521). Aus dem Umstand, dass eine Umsetzung des Grundlagenbescheids in einen Einkommensteuerbescheid noch nicht [X.] hat, ergibt sich lediglich, dass eine Steuerverkürzung noch nicht einge-treten ist; dies schließt jedoch nicht aus, die Bekanntgabe des unrichtigen Fest-stellungsbescheids als gesonderten nicht gerechtfertigten Steuervorteil zu [X.] - 13 - stehen (vgl. [X.], [X.]-StB 2002, 92, 93). Auch eine genaue betragsmäßige Bestimmung der bei einer späteren Umsetzung der festgestellten [X.] in einem [X.] eintretenden Steuerverkürzung ist nicht Voraussetzung für die Annahme eines [X.] (vgl. [X.] [X.]O S. 95; a.A. Gast-de H[X.]n [X.]O). Die Steuerhinterziehung ist zwar [X.], jedoch nicht notwendig [X.]. Wie die Vorschrift des § 370 Abs. 4 Satz 1 [X.] zeigt, genügt z.B. für eine Steuerverkürzung schon die zu niedrige Festsetzung von Steuern, also eine konkrete Gefährdung des Steueranspruchs (vgl. [X.] in [X.]/Gast/[X.], Steuerstrafrecht 6. Aufl. § 370 [X.] Rdn. 15). Die hinreichend konkrete Gefährdung des Steueranspruchs genügt auch für die Annahme eines nicht gerechtfertigten [X.]. Da hier im Hinblick auf die Bindungswirkung von Grundlagenbescheiden (§ 182 Abs. 1 Satz 1 [X.]) die für die Kommanditgesellschaft - auch der Höhe nach - [X.]en Besteuerungsgrundlagen des Gewinnfeststellungsbescheids ohne [X.] Zutun der Angeklagten oder der Kommanditisten in die [X.]e der Kommanditisten einzubeziehen waren, lag eine solche Gefährdung hier vor (vgl. [X.] [X.]O § 376 [X.] Rdn. 21 und [X.] [X.]O S. 95; einzelne Stimmen in der Literatur, z.B. [X.] in [X.]/[X.], [X.] § 370 Rdn. 118 und [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], § 370 Rdn. 299, denen der [X.] nicht folgt, sehen dagegen in einem unrichtigen Feststellungsbescheid noch keine für eine vollendete Steuerhinterziehung aus-reichende Gefährdung von [X.]). Der Umstand, dass die Angeklagten ihr angestrebtes (End-)Ziel einer Steuerverkürzung erst mit der zu niedrigen Festsetzung der Einkommensteuer in den Einkommensteuerbescheiden der Kommanditisten erreichten, steht der Annahme eines in der bindenden Feststellung unrichtiger Besteuerungsgrund-lagen liegenden [X.] nicht entgegen (a.[X.], [X.], 23 - 14 - 370, 374). Die durch die Umsetzung der festgestellten unrichtigen [X.] bei der Steuerfestsetzung in den [X.]en bewirkte Steuerverkürzung stellt lediglich einen weitergehenden Taterfolg dar, der insbe-sondere für den Zeitpunkt der [X.] und damit für den Verjährungs-beginn der Steuerhinterziehung von Bedeutung ist (vgl. [X.] wistra 1984, 142). Die Tatvollendung durch Erlangung eines bereits in der bindenden Feststellung der Besteuerungsgrundlagen liegenden [X.] wird dadurch jedoch nicht in Frage gestellt (vgl. [X.] [X.]O § 376 Rdn. 21a; a.[X.] NStZ 2002, 518, 521). Die mehrfache Verwirklichung eines tatbestandlichen Erfolgs steht im Einklang mit der Rechtsnatur der Steuerhinterziehung im [X.] als Gefährdungsdelikt (vgl. [X.] [X.]O § 370 Rdn. 15; [X.]/[X.], NStZ 1996, 217, 220). - 15 - Da im vorliegenden Fall die Kommanditisten, denen die zu hohen Verlus-te zugewiesen wurden, nach den Urteilsfeststellungen auf der Grundlage des unrichtigen Gewinnfeststellungsbescheides für die Kommanditgesellschaft [X.] veranlagt wurden, sind die Bedenken der Beschwerdeführer gegen die vom [X.] angenommene Tatvollendung auch aus diesem Grunde unbe-gründet. Mit der Umsetzung der Feststellungen des Gewinnfeststellungsbe-scheides in den Einkommensteuerbescheiden der Kommanditisten wurden [X.] die gegen Kommanditisten gerichteten [X.] verkürzt (vgl. § 370 Abs. 4 [X.]). 24 [X.]Wahl Hebenstreit [X.] Sander

Meta

1 StR 322/08

10.12.2008

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.12.2008, Az. 1 StR 322/08 (REWIS RS 2008, 298)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 298

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