Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.04.2005, Az. LwZR 8/04

Senat für Landwirtschaftssachen | REWIS RS 2005, 3771

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES UR[X.]EIL [X.] 8/04 Verkündet am: 29. April 2005 K a n i k, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Landwirtschaftssache

- 2 - Der [X.], [X.], hat auf die mündli-che Verhandlung vom 29. April 2005 durch den Vizepräsidenten des Bundes-gerichtshofes Dr. [X.] und die Richter Prof. Dr. Krüger und [X.] sowie [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der [X.] wird das [X.]eil des Landwirt-schaftssenats des [X.] vom 13. Mai 2004 aufgehoben.

Die Berufung des [X.] gegen das [X.]eil des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - [X.] vom 12. September 2003 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt der Kläger.

Von Rechts wegen [X.]atbestand:

Der Kläger war Mitglied der LPG ([X.]) "F.
" [X.]. Die Gene-ralversammlung dieser LPG beschloß am 14. Mai 1990 deren Auflösung und die Bildung der [X.] als Rechtsnachfolgerin unter Einbringung des [X.]. Die Beklagte wurde am 23. Mai 1990 in das [X.] und am 29. November 1991 in das Genossenschaftsregister eingetragen. - 3 -

Am 4. Dezember 1993 trafen die Parteien eine Darlehensvereinbarung, mit der "die gekündigten Genossenschaftsanteile (Restsumme 2.400 DM) ab 1993 ... in ein Darlehen umgewandelt" wurden. Rechte und Pflichten als [X.] der [X.] sollten damit erlöschen, das Darlehen in Raten bis 1997 zurückgezahlt werden.

Die Beklagte zahlte aufgrund der Vereinbarung an den Kläger 1998 700 DM und 1999 400 DM. Der Kläger verlangt mit der Klage die Restsumme des Darlehens in Höhe von 664,68 •, die Beklagte verlangt widerklagend Rückzahlung der geleisteten 1.100 DM (= 562,42 •).

Das Landwirtschaftsgericht hat die Klage abgewiesen und der [X.] stattgegeben. Das [X.] hat umgekehrt entschieden. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des [X.]eils des [X.]. Der Kläger [X.] die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hält die Umwandlung der LPG ([X.]) "F. " [X.]in die Beklagte für unwirksam mit der Folge, daß der Kläger keine Ge-schäftsanteile an der [X.] und somit auch keine Zahlungsansprüche bei einem Ausscheiden aus der Genossenschaft gehabt habe. Daher sei die mit Vertrag vom 4. Dezember 1993 beabsichtigte [X.] in ein Ver-- 4 - einbarungsdarlehen wirkungslos geblieben. Der von dem Kläger geltend ge-machte Anspruch bestehe daher an sich nicht, und die von der [X.] er-brachten Leistungen entbehrten des [X.]. Auf die Unwirksamkeit der Darlehensvereinbarung könne sich die Beklagte jedoch nach § 242 BGB im Hinblick auf die hier vorliegenden besonderen Umstände des Einzelfalls nicht berufen. Der damit als wirksam zu behandelnde Vertrag sei nach den [X.] über das Fehlen der Geschäftsgrundlage sodann dahin anzupassen, daß anstelle des Auseinandersetzungsguthabens an der [X.] der An-spruch des [X.] auf eine Beteiligung am Liquidationserlös der LPG zum Gegenstand der Vereinbarung gemacht werde. Diesen Anspruch habe er - wie in der mündlichen Verhandlung angeboten - an die Beklagte abzutreten. I[X.] Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.

1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des [X.]. Es hat selbst in einem Verfahren mit einem anderen Kläger festgestellt, daß die Beklagte nicht im Wege formwechselnder Umwandlung aus der LPG ([X.]) "[X.]" [X.] hervorgegangen ist. Es fehlt dazu an einer [X.] Umwandlung; beschlossen wurde eine Auflösung der LPG mit [X.] auf die Beklagte (vgl. [X.], [X.]. v. 20. Dezember 2000, [X.] 1064/00; rechtskräftig geworden durch [X.]. v. 9. November 2001, [X.] 5/01). Jene Entscheidung ist zwar für das [X.] Verfahren nicht bindend, sie ist aber in der Sache richtig (vgl. Senat, [X.], 353; 138, 372, 375) und wird auch von beiden Parteien der rechtlichen Bewertung zugrunde gelegt.
- 5 - Rechtsfehlerfrei, und von den Parteien nicht in Frage gestellt, ist ferner die Auslegung des [X.] dahin, daß es sich dabei um ein Vereinbarungsdarlehen gehandelt hat, mit dem der zugrunde gelegte Anspruch auf Auszahlung des Geschäftsguthabens (§ 74 [X.]) in einen [X.] umgewandelt werden sollte (§ 607 Abs. 2 BGB a.F.). Da der zugrunde gelegte Anspruch indes nicht bestand und auch nicht später zur Entstehung gelangt ist, blieb die Darlehensvereinbarung - wovon das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend ausgeht - wirkungslos.

Das führt zu der Entscheidung des [X.]. Der [X.] entbehrt der Grundlage, der mit der Widerklage verfolgte Anspruch ist aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB begründet.

2. Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht insoweit, als es der [X.] nach § 242 BGB verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit des Vertrages zu berufen. Dabei verkennt das Berufungsgericht nicht die Grundsätze, die die Rechtsprechung zu der Frage entwickelt hat, wann es gegen [X.]reu und Glau-ben verstoßen kann, sich auf die Unwirksamkeit eines Vertrages infolge [X.] der Form zu berufen. Es sind hierzu insbesondere zwei Fallgruppen anerkannt worden: Die Fälle der Existenzgefährdung des einen [X.]eils und die Fälle einer besonders schweren [X.]reuepflichtverletzung des anderen [X.]eils, und zwar [X.]eils mit der Maßgabe, daß hier eine Berufung auf die Nichtigkeit des Vertrages ein schlechterdings untragbares Ergebnis zur Folge hätte (Senat, [X.]Z 48, 396, 398 f.; 85, 315, 318 f., [X.]. m.w.Nachw.). Auf diese Grundsätze kann im vorliegenden Fall die Anwendung des § 242 BGB indes nicht gestützt werden.
- 6 - a) Das Berufungsgericht übersieht schon, daß es gar nicht um eine Fra-ge der treuwidrigen Berufung auf die Formnichtigkeit eines Vertrages geht. Der Darlehensvertrag ist nicht deswegen unwirksam, weil er einer Form mangelte, sondern er geht als Vereinbarungsdarlehen mangels Forderung ins Leere. [X.] diesen Mangel vermögen die Grundsätze über die treuwidrige Berufung auf die Nichteinhaltung der Form nicht hinwegzuhelfen. Das Berufungsgericht ge-langt daher zu seiner Lösung auch nur mit Hilfe einer zweiten Anwendung des § 242 BGB, nämlich mit Hilfe der Grundsätze über das Fehlen der [X.], die das [X.] einer Forderung (Anspruch auf Beteiligung am Liquidationserlös) ermöglichen soll, die dann wiederum in ein [X.] umgewandelt sein soll. Die Grundsätze vom Fehlen der Ge-schäftsgrundlage setzen aber erst einmal einen Vertrag voraus, sie schaffen ihn nicht. Sie überwinden daher nicht den Umstand, daß das Vereinbarungs-darlehen mangels umzuschaffender Forderung nicht zur Entstehung gelangt war. Zudem erlauben diese Grundsätze nicht das [X.] einer (dann in ein Darlehen umzuwandelnden) Forderung, die dem Kläger nicht gegen die Beklagte, sondern gegen die LPG zusteht. Aus einer Forderung gegen die LPG auf anteilmäßige Beteiligung am Liquidationserlös kann kein Darlehen gegen-über der [X.] vereinbart werden. Erforderlich wäre dazu eine [X.] seitens der [X.]. Anhaltspunkte dafür fehlen. Daß der Kläger verpflichtet sein soll, den Erlösanspruch an die Beklagte abzutreten, hilft über diesen Mangel nicht hinweg. Dies schafft keine Forderung gegen die Beklagte, die Grundlage einer Darlehensumschaffung sein könnte.

b) Selbst wenn man aber dem Berufungsgericht im Ansatz folgen wollte, ist die Begründung nicht tragfähig, da die Voraussetzungen für eine treuwidrige Berufung auf die Nichtigkeit des Vertrages (des Vereinbarungsdarlehens) nicht - 7 - vorliegen. Die hier dem Kläger durch die fehlgeschlagene [X.] entstandenen Nachteile gehen nicht über das hinaus, was [X.] stets in solchen Fällen an Nachteilen zu besorgen haben. Sie sind wegen ihrer [X.] auf die in Liquidation fortbestehende LPG verwiesen und müssen etwa bereits von der vermeintlichen Rechtsnachfolgerin empfangene Leistungen zurückgewähren (Senat, Beschl. v. 9. November 2001, [X.], Umdruck S. 5). Dies beruht im konkreten Fall nicht auf einer schwerwiegenden [X.]reu-pflichtverletzung der [X.]. Das Berufungsgericht verkennt bei seiner ge-genteiligen Auffassung, daß die Beklagte bei der gescheiterten Umwandlung der LPG keine Pflichten verletzt hat. Das Scheitern der Umwandlung beruht auf einem fehlerhaften Beschluß der Vollversammlung der LPG. Daß hierauf [X.] der - damals noch gar nicht existenten - [X.] in unlauterer Weise Einfluß genommen hätten, ist weder festgestellt noch ersichtlich.

Soweit das Berufungsgericht an ein Verhalten der Vorstandsmitglieder der LPG anknüpfen will, fehlt es zum einen an einem Zurechnungsgrund zu Lasten der [X.]. Daß die Vorstandsmitglieder der LPG teilweise identisch sind mit denen der [X.], läßt ihr Handeln nicht zugleich als Handeln für die Beklagte erscheinen. Die LPG und die Beklagte sind gerade nicht iden-tisch. Zudem ist die Annahme, die handelnden [X.] treffe der Vor-wurf einer groben Pflichtverletzung, nicht haltbar. Daß bei der Umwandlung von [X.] in der Zeit des [X.] Fehler begangen wurden, war nicht die Ausnahme, sondern entsprach nahezu der Regel (vgl. [X.], Agrarrecht 1998, 139 m.w.Nachw.). Grund [X.] waren in erster Linie Rechtsunsicherheit und Rechtsunkenntnis. Erst seit 1994 bildeten sich in der Rechtsprechung des [X.]s Grundlagen für die Umwandlung landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften heraus, - 8 - die für die Handelnden eine Leitlinie schufen, an der sie sich orientieren konn-ten. Angesichts dessen ist es fernliegend - sofern nicht besondere Umstände gegeben sind -, in einer fehlerhaften Umwandlung einer LPG im Jahre 1990 eine schwere [X.]reuepflichtverletzung zu erblicken.

c) Soweit das Berufungsgericht einen [X.]reueverstoß darin sieht, daß sich die Beklagte die Vorteile aus der fehlgeschlagenen Umwandlung zu eigen ge-macht und bislang nur in geringem Umfang Zahlungen an die [X.] geleistet habe, übersieht es, daß insoweit zwar Forderungen der in Liquidation befindlichen LPG weitgehend unerfüllt geblieben sind, daß darin aber nicht zugleich ein Pflichtverstoß gegenüber dem Kläger liegt. Die Revision weist zudem zutreffend darauf hin, daß die Beklagte das Vermögen der LPG nur faktisch zur Verfügung hat und es [X.] nutzt. Daraus ergeben sich entsprechende Ansprüche der Liquidationsgesellschaft, die bei der [X.] zu verwerten sind. Daß diese Forderungen nicht werthaltig sind, ist we-der festgestellt noch ersichtlich.
II[X.] Nach allem kann das angefochtene [X.]eil mit der gegebenen [X.] keinen Bestand haben. Es stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 Abs. 3 ZPO).

Eine allenfalls in Betracht zu ziehende Bestätigung des nichtigen [X.] nach § 141 BGB kann nicht angenommen werden. Zwar sind an sich Erfüllungshandlungen - die Beklagte hat zwei Raten auf das vermeintliche Darlehen gezahlt - geeignet, einen Bestätigungswillen zum Ausdruck zu bringen ([X.], [X.]. v. 2. Dezember 1982, [X.], [X.], 231, 232). Eine Bestätigung nach § 141 BGB setzt jedoch voraus, daß die - 9 - Eine Bestätigung nach § 141 BGB setzt jedoch voraus, daß die Gründe für die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts im Zeitpunkt der Bestätigung nicht mehr fort-wirken ([X.]Z 60, 102, 106 ff, 108). Daran fehlt es. Der [X.], der darin besteht, daß keine Forderung existiert, die in ein Darlehen umgewan-delt werden könnte, war im Zeitpunkt der Zahlungen der [X.] nicht entfal-len. Er besteht bis heute fort.
[X.]Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

[X.] Krüger Lemke

Meta

LwZR 8/04

29.04.2005

Bundesgerichtshof Senat für Landwirtschaftssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.04.2005, Az. LwZR 8/04 (REWIS RS 2005, 3771)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 3771

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