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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
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StR 271/13
vom
26. September 2013
in der Strafsache
gegen
wegen
erpresserischen Menschenraubs u.a.
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Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung
des Generalbun-desanwalts und des Beschwerdeführers
am 26.
September 2013
gemäß § 349 Abs. 4
StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 13.
Dezember 2012 mit den [X.].
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.
Gründe:
Das [X.]
hat den Angeklagten wegen zweifachen erpresseri-schen Menschenraubs jeweils in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpres-sung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier
Jahren und sechs
Monaten verur-teilt. Die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit einer Verfah-rensrüge Erfolg. Zu Recht rügt der Beschwerdeführer den absoluten Revisions-grund des § 338 Nr. 7 StPO, weil die gesetzliche Frist, in der das vollständige Urteil zu den Akten gebracht werden muss, nicht eingehalten worden ist (§ 275 Abs. 1 Satz 2 StPO).
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I.
Der Rüge liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
An der Hauptverhandlung gegen den Angeklagten vor der 2.
Großen Strafkammer des [X.]
Erfurt nahmen als berufsrichterliche Mitglieder Vorsitzender [X.] am [X.]
sowie [X.] am [X.]
als beisitzender [X.] und Berichterstatter teil. Das ausweislich des [X.] vom 5.
April 2013 am 13.
Dezember 2012
nach sieben
Hauptverhandlungstagen verkündete
Urteil ist zwar am 30.
Januar 2013 und damit vor der am 31.
Januar 2013 ablaufenden siebenwöchigen Urteilsab-setzungsfrist bei der Geschäftsstelle eingegangen. Es war jedoch nicht [X.], weil es nur von [X.] am [X.]
unterzeichnet worden ist. Die Unterschrift des Vorsitzenden hat [X.] am [X.]
durch den
wurde zum Vor-sitzenden [X.] am [X.] in [X.] ernannt. Auf telefo-nische Nachfrage am 29. Januar 2013 teilte er mit, dass er aufgrund der [X.] im Senat unabkömmlich und zeitlich nicht in der Lage ist, das hiesige Urteil noch vor Fristablauf zu unterz
[X.] am [X.]
hat in seiner dienstlichen Erklärung vom 6.
März 2013 angegeben, dass er dem vorsitzendem [X.] am Oberlandesge-richt
einen vollständigen [X.] nach [X.] per E-Mail übersandt habe. Am 24.
Januar 2013 habe der Vorsitzende daraufhin mit ihm [X.] besprochen. Diese habe er danach eingearbeitet
und
am 29.
Januar 2013 den vorsitzenden [X.] am [X.]
in [X.] angerufen und gefragt, ob er das Urteil nochmals lesen und unterschreiben wolle. Der
Vorsit-zende
habe ihm darauf wie aus dem aus der [X.] ersichtlichen Ver-hinderungsvermerk geantwortet. In seiner dienstlichen Erklärung vom 14. März 2
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2013 hat Vorsitzender [X.] am [X.]
unter Bezugnahme auf die dienstliche Erklärung von [X.] am [X.]
ausgeführt, dass ungeachtet der dienstlich begründeten Ortsabwesenheit die hohe Belastung im Strafsenat in [X.] -
u.a. mit einem überdurchschnittlichen Anfall von [X.] und Haftprüfungen -
keinen Raum für eine rechtzeitige Lektüre und Unterzeichnung des nochmals überarbeiteten schriftlichen [X.] habe.
II.
Danach ist das Urteil nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist vollstän-dig im Sinne von § 275 Absatz 1 Satz 1 StPO zu den Akten gelangt. Vollständig zu den Akten gelangt ist ein Urteil grundsätzlich nur dann, wenn es von [X.] an der Entscheidung mitwirkenden [X.]n unterzeichnet ist (vgl. §
275 Abs.
2 Satz
1 StPO; BGHSt 26, 247, 248) bzw. eine etwaige Verhinderung unter dem Urteil ordnungsgemäß vermerkt ist (§ 275 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die Annahme von [X.] am [X.]
, dass Vorsitzender [X.] am Oberlandes-gericht
verhindert war, seine Unterschrift beizufügen, unterliegt hier durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Ausweislich der dienstlichen Erklärung hielt [X.] am [X.]
den vorsitzenden [X.] am Oberlandesge-richt
aus tatsächlichen Gründen an der Unterschriftsleistung gehindert. Dies war hier auch in Anbetracht des insoweit bestehenden Beurteilungsspiel-raums ([X.],
StPO,
56. Aufl.,
2013 § 338 Rn.
57) rechtsfehlerhaft:
Die Unterzeichnung eines Strafurteils ist ein dringliches unaufschiebba-res Dienstgeschäft (vgl. Senat, Beschluss vom 27.
Oktober 2010
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2 StR 331/10,
[X.], 358), dessen Vornahme nur ausnahmsweise wegen ande-5
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rer
Dienstgeschäfte zurückzustehen hat. Mit ihrer Unterschrift beurkunden die mitwirkenden [X.], dass der [X.] die von ihnen verantworteten Gründe der Entscheidung dokumentiert. Die von [X.] [X.]n getragenen Gründe sol-len dem [X.] eine sachgemäße Entscheidung über die [X.] eines Rechtsmittels ermöglichen. Für das Rechtsmittelgericht, nament-lich das Revisionsgericht, bilden sie die Grundlage der
rechtlichen Überprüfung des Urteils. Dieser Bedeutung der schriftlichen Urteilsgründe sowie der
Unter-schrift der an der Entscheidung mitwirkenden [X.] trägt die gesetzliche Re-gelung Rechnung. § 275 Absatz 2 Satz 1 postuliert den Grundsatz, dass das schriftliche Urteil von [X.] beteiligten Berufsrichtern zu unterzeichnen ist, [X.] der nach § 275 Absatz 2 Satz 2 StPO mögliche Verhinderungsvermerk eine Ausnahme von dieser Regel normiert. Eine nach § 275 Abs.
2 Satz 2 StPO beurkundete
Verhinderung genügt
daher nur dann den rechtlichen Anforderun-gen, wenn sie diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis
und der Bedeutung der per-sönlichen Unterschriftsleistung der mitwirkenden [X.]
Rechnung trägt.
Legt man dies zugrunde,
ist vorliegend nicht hinreichend dargetan,
dass es dem Vorsitzenden
[X.] am [X.]
nicht möglich gewe-sen sein soll, die Urteilsgründe zu lesen und zu unterzeichnen. Zwar kann die Versetzung an ein anderes Gericht -
wie hier die Versetzung an das [X.]
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im Einzelfall der Unterzeichnung des Urteils entgegenste-hen (Senat, Beschluss vom 27.
Oktober 2010 -
2 StR 331/10, [X.], 358 mwN). Auch kann die Überlastung mit anderen Dienstgeschäften grundsätzlich einen Verhinderungsgrund darstellen ([X.],
StPO,
56. Aufl.,
2013 §
275 Rn. 22 mwN). Jedoch hatte das Urteil hier mit 27 Seiten einen über-schaubaren Umfang. Einen [X.] hatte der versetzte [X.]
bereits mit dem Berichterstatter durchgesprochen, sodass eine erneute Prüfung der Ur-teilsgründe nur einen begrenzten Umfang haben konnte. Auch ist nicht ersicht-7
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lich, dass eine Übermittlung des fertiggestellten Urteils und seine Unterzeich-nung nach Durchsicht nicht auf anderem Wege hätte durchgeführt werden [X.]. Vor allem aber ist der Verhinderungsgrund nicht hinreichend dargelegt.
Dass der Vermerk von [X.] am [X.]
auf der [X.] aus Gründen der Praktikabilität notwendigerweise allgemein gehalten ist, ist an sich rechtlich nicht zu beanstanden. Da die Revision jedoch ausdrücklich geltend macht, dass die vermerkte Verhinderung auf willkürlichen, sachfremden Erwä-gungen beruht, hätte es näherer Darlegung in der dienstlichen Erklärung von Vorsitzendem [X.] am [X.]
bedurft, auf welchen Um-ständen die geltend gemachte Überlastung mit anderweitigen Dienstgeschäften beruht
(vgl. BGHSt 31, 212).
Insoweit ist die allgemein auf einen überdurch-schnittlichen Anfall mit
Haftsachen gestützte Erklärung nicht hinreichend sub-stantiiert, um dem Senat eine Überprüfung zu ermöglichen, ob bei der Annah-me der Verhinderung dem nach der gesetzlichen Regelung in §
275 Abs.
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Satz
1 StPO erforderlichen Gewicht der persönlichen Unterschriftsleistung aus-reichend Rechnung getragen wurde.
Fischer
[X.]Krehl
Ott [X.]
Meta
26.09.2013
Bundesgerichtshof 2. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.09.2013, Az. 2 StR 271/13 (REWIS RS 2013, 2412)
Papierfundstellen: REWIS RS 2013, 2412
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