Bundessozialgericht, Beschluss vom 23.12.2013, Az. B 14 AS 91/13 B

14. Senat | REWIS RS 2013, 16

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Gegenstand

(Nichtzulassungsbeschwerde - keine ausreichende Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache - Grundsicherung für Arbeitsuchende - Leistungsausschluss für Leistungsberechtigte nach § 1 AsylbLG - Duldung - Abschiebungsverbot - Verfassungswidrigkeit)


Tenor

Die Beschwerden der [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 21. Januar 2013 werden als unzulässig verworfen.

Die Anträge der [X.], ihnen für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt [X.] beizuordnen, werden abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Im Streit stehen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] ([X.]) anstelle herabgesetzter Leistungen nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz ([X.]) für die [X.] vom 24.3. bis zum 14.7.2010. Die [X.] - Mutter (geb 1963) und Tochter (geb 1997) - sind [X.] Staatsangehörige, die auf die nach ihren Angaben erstmalige Einreise nach [X.] im Oktober 2003 zunächst um [X.] wegen der wirtschaftlichen Lage im Heimatland nachsuchten und Ende 2008 unter Verweis auf eine drohende Blutrache wegen der Beteiligung des Ehemannes der Klägerin zu 1. und [X.] der Klägerin zu 2. an einem 1990 begangenen Mord die Anerkennung als Asylberechtigte beantragten. Unter Verweis auf diesen Ablauf bezogen sie seit 2009 Leistungen nach dem [X.] nur in abgesenkter Form nach dessen § 3, weil das Asylbegehren rechtsmissbräuchlich bewusst spät gestellt worden sei. Ein deswegen mit dem Ziel der Bewilligung nicht abgesenkter Leistungen nach § 2 [X.] erhobener Rechtsstreit ruht noch beim [X.] ([X.] AY 28/09). Nachdem zwischenzeitlich unter Ablehnung der Asylanträge festgestellt worden ist, dass bei nicht auszuschließender Gefährdung wegen Blutrache ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs 7 [X.] [X.] ([X.]) bezüglich [X.] vorliegt (Bescheid vom [X.]), beziehen die [X.] nach Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis (Bescheid vom [X.]) seit dem [X.] Leistungen nach dem [X.]. Erfolglos geblieben sind sie dagegen zuletzt auch beim [X.] [X.] mit dem Begehren, diese Leistungen bereits ab Antragstellung am [X.] zu erhalten (Urteil vom [X.]). Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil haben sie beim [X.] (BSG) Beschwerde eingelegt, die sie mit grundsätzlicher Bedeutung begründen.

2

II. [X.] sind unzulässig. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ist nicht in der erforderlichen Weise dargelegt (§ 160a Abs 2 S 3 Sozialgerichtsgesetz ). Die Nichtzulassungsbeschwerde konnte deshalb ohne Zuziehung [X.] gemäß § 160a Abs 4 [X.] 2. Halbs SGG iVm § 169 SGG verworfen werden.

3

Grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 [X.] hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfrage sich stellt, dass diese noch nicht geklärt ist, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung erforderlich ist, und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt (vgl [X.] § 160 [X.] 17; [X.], 158 = [X.] 1500 § 160a [X.] 11; [X.] § 160a [X.] 7, 13, 31, 59 und 65). Dem genügt das Beschwerdevorbringen vorliegend nicht.

4

Als grundsätzlich klärungsbedürftig erachten die [X.], "ob der generelle Leistungsausschluss geduldeter Ausländer von Leistungen nach dem [X.] nach § 7 I S. 2 [X.]. 3 [X.] iVm. § 1 Abs. 1 [X.]. 4 bzw Abs. 3 [X.] mit einem nationalen Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 S. 1 [X.] verfassungswidrig ist". Das berühre Fragen grundsätzlicher Bedeutung in einer Vielzahl von Konstellationen, etwa bei dauerhaft reiseunfähigen Ausländern, [X.] minderjähriger [X.] Kinder, Ehen unter Ausländern mit nur einem Elternteil mit Aufenthaltserlaubnis oder bei längerer Dauer des Verwaltungsverfahrens zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach Feststellung eines [X.] nach § 60 Abs 7 [X.] [X.].

5

Inwieweit sich solche Fragen im hier angestrebten Revisionsverfahren stellen, ist indes nicht ausreichend dargelegt. Wie die [X.] selbst anführen, war das BSG bereits mehrfach mit der Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses von Leistungen nach dem [X.] bei [X.] nach dem [X.] befasst, und hat jeweils keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art 3 Abs 1 Grundgesetz erkannt (vgl nur [X.] [X.] AS 24/07 R - [X.], 60 = [X.] 4-4200 § 7 [X.] 10; BSG vom 16.12.2008 - [X.] AS 40/07 R - juris; BSG vom [X.] - [X.] AS 41/07 R - juris; BSG vom 21.12.2009 - [X.] [X.]/08 R - [X.] 4-4200 § 7 [X.] 14; BSG vom 15.12.2010 - [X.] KG 1/09 R - juris). [X.] gewesen wäre deshalb, dass die bezeichnete Frage erneut klärungsbedürftig geworden ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn im neueren Schrifttum bislang noch nicht berücksichtigte Argumente angeführt oder sonst erhebliche Einwände vorgebracht werden (vgl BSG [X.] 3-1500 § 160a [X.] 21 S 38, [X.] 23 S 42; BSG [X.] 3-4100 § 111 [X.] 1 S 2 f; s auch BSG [X.] 3-2500 § 240 [X.] 33 [X.]51 f, jeweils mwN), auch neuere verfassungsrechtliche Rechtsprechung - wie hier das Urteil vom 18.7.2012 (1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - [X.] 132, 134 = [X.] 4-3520 § 3 [X.] 2) - könnte dazu Anlass geben. Diesen Anforderungen genügt das Beschwerdevorbringen indes nicht.

6

Seit der Entscheidung des [X.] ([X.]) vom 18.7.2012 ist bereits geklärt, dass der Gesetzgeber, falls er bei der Festlegung des menschenwürdigen Existenzminimums die Besonderheiten bestimmter Personengruppen berücksichtigen will, bei der konkreten Ausgestaltung existenzsichernder Leistungen nicht pauschal nach dem Aufenthaltsstatus unterscheiden darf. Eine Differenzierung ist ihm danach vielmehr nur erlaubt, sofern der Bedarf dieser Personengruppen an existenznotwendigen Leistungen von dem anderer Bedürftiger signifikant abweicht und dies folgerichtig in einem inhaltlich transparenten Verfahren anhand des tatsächlichen Bedarfs gerade dieser Gruppe belegt werden kann (ebenda L[X.]). Seither steht zum einen fest, dass der Gesetzgeber bei einer Neugestaltung des [X.] - sofern er an der Differenzierung dem Grunde nach festhält - auch der Aufenthaltsdauer Rechnung zu tragen hat. Zum anderen hat das [X.] für [X.] seit dem 1.1.2011 bereits selbst übergangsweise neue Werte für die abgesenkten Leistungen nach § 3 [X.] bestimmt. Vor diesem Hintergrund hätte es besonderer Erläuterungen bedurft, welche Frage grundsätzlicher Bedeutung in dem angestrebten Revisionsverfahren zu den hier im Streit stehenden Ansprüchen für das [X.] und eine Dauer von knapp vier Monaten noch zu klären sein könnte und inwiefern dies auf der Grundlage des 2010 noch gültigen, vom [X.] aber bereits umgestalteten Rechts auch als möglich erscheinen könnte. Solches lässt die Beschwerdebegründung indes nicht erkennen; mit den Besonderheiten des Falls, der einen mit den von den [X.] geschilderten anderen, hier aber nicht zu entscheidenden Fallgestaltungen vergleichsweise kurzen [X.]raum betrifft, und den Folgen der Entscheidung des [X.] für das angestrebte Revisionsverfahren befasst sie sich im [X.] gerade nicht.

7

Den [X.] der [X.] konnte nicht stattgegeben werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung).

8

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

Meta

B 14 AS 91/13 B

23.12.2013

Bundessozialgericht 14. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Köln, 24. Juni 2011, Az: S 6 AS 4086/10, Urteil

§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 7 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB 2, § 1 Abs 1 Nr 4 AsylbLG, § 1 Abs 3 AsylbLG, § 60 Abs 7 S 1 AufenthG 2004, GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 23.12.2013, Az. B 14 AS 91/13 B (REWIS RS 2013, 16)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 16

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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1 BvL 10/10

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