Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.03.2007, Az. V ZB 77/06

V. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 4732

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[X.]BESCHLUSS [X.]vom 15. März 2007 in dem Zwangsversteigerungsverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 788 Abs. 1 Satz 1; RVG VV Nr. 1008 Lautet ein Titel auf die einzelnen Wohnungseigentümer einer Gemeinschaft, sind nur diese berechtigt, aus dem Titel zu vollstrecken. Die Notwendigkeit der für die Tätigkeit ihres Rechtsanwalts im Vollstreckungsverfahren entstehenden Mehrver-tretungsgebühr kann daher nicht mit der Begründung verneint werden, die Gebühr wäre nicht angefallen, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft als teilrechts-fähiger Verband den Vollstreckungsauftrag erteilt hätte. [X.], [X.]. v. 15. März 2007 - [X.] - [X.] AG [X.]

- 2 -Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 15. März 2007 durch den [X.] [X.] Dr. [X.], [X.] [X.], die Richterin [X.] und [X.] Czub und [X.] beschlossen: Die Kosten des [X.] trägt der
Schuldner. Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 301,60 •. Gründe: [X.] Die Gläubiger, die zusammen mit dem Schuldner eine [X.] bilden, erwirkten gegen diesen im April 2005 einen Vollstre-ckungsbescheid wegen rückständiger Wohngelder und betrieben daraus die Zwangsvollstreckung. Im September 2005 beantragte der Rechtsanwalt der Gläu-biger die Anordnung der Zwangsversteigerung des Wohnungseigentums des Schuldners. Die Anordnung sollte sich auf die Anwaltskosten für die Beantragung der Zwangsversteigerung und für eine vorangegangene Mobiliarvollstreckung ein-schließlich der jeweiligen Erhöhungsgebühr für mehrere Auftraggeber gemäß [X.] Nr. 1008 erstrecken. 1

- 3 -Mit [X.]uss vom 14. März 2006 ordnete das Vollstreckungsgericht die Zwangsversteigerung der Wohnung an; es nahm jedoch die Erhöhungsgebühren, die es für nicht erstattungsfähig hielt, von der Anordnung aus. Die hiergegen ge-richtete sofortige Beschwerde der Gläubiger ist erfolglos geblieben. 2 Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde haben die Gläubiger ihren Antrag, die Zwangsversteigerung auch wegen der Erhöhungsgebühren anzuordnen, [X.] weiterverfolgt. Nachdem eine andere Zwangsvollstreckungsmaßnahme erfolgreich war, ist der [X.] von ihnen zurückgenommen worden. Im Rechtsbeschwerdeverfahren haben die Gläubiger die Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, die Kosten des Verfahrens entsprechend § 91a ZPO dem Schuldner aufzuerlegen. Der Schuldner hat sich hierzu nicht geäußert. 3 I[X.] 1. Aufgrund der unwidersprochen gebliebenen Erledigungserklärung der Gläubiger ist über die Kosten des [X.] gemäß § 91a Abs. 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Die Vorschrift ist anwendbar, da über die Kosten besonderer Rechtsbehelfe im Zwangsversteigerungsverfahren nach den §§ 91 ff. ZPO zu be-finden ist, wenn die Beteiligten - wie Gläubiger und Schuldner hier - in einem kon-tradiktorischen Verhältnis zueinander stehen (vgl. Senat, [X.]. v. 25. Januar 2007, [X.], zur Veröffentlichung in [X.] bestimmt). Die Rücknahme des [X.]s steht der Anwendung von § 91a ZPO nicht entge-gen (Senat, [X.]O). 4 2. Die Kosten des [X.] sind dem Schuldner auf-zuerlegen, da die Rechtsbeschwerde erfolgreich gewesen wäre, wenn sich die Hauptsache nicht erledigt hätte. Das Beschwerdegericht hat zu Unrecht [X.]

- 4 -nommen, dass es sich bei den von den Gläubigern geltend gemachten Erhö-hungsgebühren gemäß [X.] Nr. 1008 um nicht notwendige und daher nach § 788 Abs. 1 ZPO nicht erstattungsfähige Kosten der Zwangsvollstreckung han-delte. a) Richtig ist zwar, dass einem Rechtsanwalt, der von der [X.] mit der Durchsetzung von Beitragsforderungen gegen einzelne Wohnungseigentümer beauftragt wird, seit der Anerkennung der Teilrechtsfähig-keit der Wohnungseigentümergemeinschaft durch die Entscheidung des Senats vom 2. Juni 2005 ([X.] 163, 154) keine Mehrvertretungsgebühr zusteht (zutref-fend [X.], 474; vgl. für die GbR: [X.], [X.]. v. 5. Januar 2004, [X.], NJW-RR 2004, 489). 6 Ist der Rechtsanwalt allerdings - wie hier - vor der Anerkennung der Teil-rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragt worden, handelt es sich bei der Mehrvertretungsgebühr grundsätzlich um notwendige Kosten der Rechtsverfolgung. Solange die Wohnungseigentümergemeinschaft als nicht rechtsfähig und damit auch als nicht parteifähig angesehen wurde, waren die Wohnungseigentümer Gläubiger der Beitragsforderungen und daher gehalten, diese selbst gerichtlich geltend zu machen. Die hierdurch ausgelöste [X.] (so zutreffend [X.] [X.], 706; [X.] [X.] 2006, 536; [X.] [X.], 970; [X.] [X.] 2006, 475; a.A. [X.] [X.] 2006, 315; vgl. für die GbR: [X.], [X.]. v. 18. Juni 2002, [X.], NJW 2002, 2958; [X.]. v. 21. September 2005, [X.], [X.], 941) war auch in Ansehung der Möglichkeit, einen Wohnungs-eigentümer das Verfahren als Prozessstandschafter führen zu lassen (vgl. Senat, Urt. v. 24. Juni 2005, [X.], NJW 2005, 3146 m.w.N.), zur Rechtsverfol-gung notwendig, denn es kann einem Gläubiger nur ausnahmsweise zugemutet werden, aus Kostengründen einen Prozess nicht selbst zu führen (vgl. [X.], [X.]. v. 18. Juni 2002, [X.], [X.]O). 7

- 5 -b) Haben die Wohnungseigentümer vor der Bekanntgabe der Entscheidung des [X.] vom 2. Juni 2005 einen vollstreckbaren Titel erwirkt, kann ihnen bei der Prüfung, ob Kosten einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme notwen-dig waren (§ 788 Abs. 1 Satz 1 ZPO), entgegen der Ansicht des [X.] auch nicht vorgehalten werden, dass keine Mehrvertretungsgebühr angefal-len wäre, wenn statt ihrer der Verband vollstreckt hätte. Dem Verband wäre es nämlich nicht ohne weiteres möglich, aus einem auf die einzelnen [X.] lautenden Titel zu vollstrecken. 8 [X.]) Die Zwangsvollstreckung darf nur beginnen, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder der ihm beigefügten Vollstre-ckungsklausel namentlich bezeichnet sind (§ 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Handelt es sich bei dem die Vollstreckung betreibenden Gläubiger und dem Titelgläubiger um unterschiedliche Rechtssubjekte, darf das Vollstreckungsgericht die [X.] daher nicht anordnen. Das gilt - da das Vollstreckungsgericht zu einer materiellen Überprüfung des Titels nicht berechtigt ist (vgl. Senat, [X.]. v. 21. September 2006, [X.], [X.], 2266, 2267) - auch dann, wenn zwei-felsfrei feststeht, dass der titulierte Anspruch nach der materiellen Rechtslage dem vollstreckenden Gläubiger zusteht (vgl. [X.]/Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 750 Rdn. 3; [X.]/[X.], 2. Aufl., § 750 Rdn. 29). 9 Aus diesem Grund hätte ein Antrag des Verbandes, die Zwangsvollstre-ckung aus dem auf den Namen der einzelnen Wohnungseigentümer lautenden Titel durchzuführen, mangels Identität zwischen Vollstreckungs- und Titelgläubiger zurückgewiesen werden müssen. Bei den im [X.] einzeln [X.] Wohnungseigentümern und der Wohnungseigentümergemeinschaft als teilrechtsfähigem Verband handelt es sich nämlich um unterschiedliche Rechts-subjekte. Entgegen der Auffassung des [X.] hat die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümer nicht dazu geführt, dass die Wohnungseigentümer mit der teilrechtsfähigen [X.]

- 6 -schaft (Verband) rechtlich identisch sind. Da das Sonder- und das Gemein-schaftseigentum nicht Teil des Vermögens des rechtsfähigen Verbandes ist, son-dern in den Händen der Miteigentümer bleibt (Senat, [X.] 163, 154, 177), exis-tieren mit dem - rechtsfähigen - Verband und der - nicht rechtsfähigen - Miteigen-tümergemeinschaft vielmehr zwei unterschiedliche Zuordnungsobjekte von Rech-ten und Verbindlichkeiten (vgl. Senat, [X.] 163, 154, 177; [X.]. v. 30. März 2006, [X.], [X.], 2187, 2188; [X.], [X.] 2006, 2, 6). [X.]) Die erforderliche Identität zwischen Titel- und [X.] lässt sich entgegen der Auffassung des [X.] auch nicht damit be-gründen, dass Rechtsprechung und Literatur es mit Rücksicht auf die geänderte Rechtsprechung zur Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft teil-weise für zulässig erachten, ein Rubrum gemäß § 319 Abs. 1 ZPO dahin zu be-richtigen, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband an die Stelle der einzelnen Wohnungseigentümer tritt (vgl. [X.] NJW-RR 2005, 1326; OLG Düsseldorf [X.], 182; [X.], [X.] 2006, 2, 10 f.; [X.], [X.] 2006, 15, 19; siehe aber auch [X.], [X.], 81, 82 f.; [X.], [X.], 730 f.; [X.], [X.], 409, 413 f.). Ob und unter welchen Voraussetzun-gen eine solche Rubrumsberichtigung möglich ist (vgl. für die WEG [X.], [X.]. v. 12. Dezember 2006, [X.], [X.], 518; für die GbR [X.], Urt. v. 15. Januar 2003, [X.], NJW 2003, 1043), bedarf hier keiner Entscheidung. Solange dem Vollstreckungsgericht keine berichtigte Fassung des Titels vorgelegt wird, muss es - wenn Titelgläubiger und [X.] nicht identisch sind - die Anordnung der Zwangsversteigerung ablehnen. Eine eigene Entschei-dung, ob der Titel berichtigt werden kann, ist dem Vollstreckungsgericht versagt, da das Verfahren nach § 319 ZPO in die Zuständigkeit des [X.] bzw. - hier - des nach § 43 WEG zuständigen Gerichts fällt. 11 c) Das Beschwerdegericht konnte die Erstattungsfähigkeit der [X.]en auch nicht mit der Begründung verneinen, die Gläubiger hätten 12

- 7 -sich zur Vermeidung dieser Kosten um eine Berichtigung des [X.] durch das Prozessgericht bemühen müssen. Hierzu waren die Gläubiger schon wegen der zeitlichen Verzögerung nicht verpflichtet, die mit der Beantra-gung der Berichtigung und der erforderlichen erneuten Zustellung des (berichtig-ten) Titels (vgl. dazu [X.], ZPO, 22. Aufl., § 750 Rdn. 32; [X.], ZPO, 5. Aufl., § 319 Rdn. 16) verbunden gewesen wäre. Der Grundsatz, dass eine Partei die Kosten niedrig zu halten hat, die sie von der Gegenseite erstattet verlangen will (vgl. [X.]/[X.], ZPO, 26. Aufl., § 91 Rdn. 12), darf nicht dazu führen, dass sie in ihren berechtigten Belangen, wie ihrem Interesse an einer schnellen Vollstreckung, beeinträchtigt wird. [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 14.03.2006 - 3 K 248/05 - [X.], Entscheidung vom 24.04.2006 - 1 T 124/06 -

Meta

V ZB 77/06

15.03.2007

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.03.2007, Az. V ZB 77/06 (REWIS RS 2007, 4732)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 4732

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