Bundessozialgericht, Beschluss vom 06.06.2023, Az. B 12 KR 34/22 B

12. Senat | REWIS RS 2023, 6023

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - Verletzung der Begründungspflicht - absoluter Revisionsgrund - Prozessurteil statt einer Sachentscheidung


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 28. Juli 2022 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit wendet sich der Kläger gegen die Höhe der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung ([X.]).

2

Der Kläger war bis zum [X.] bei der [X.]. Nach Beginn des [X.] zum 1.10.2017 stellte die [X.] die Mitgliedschaft des [X.] in der Krankenversicherung der Rentner ([X.]) zum 1.10.2017 fest. Zugleich teilte sie mit, dass die Beiträge direkt vom Rentenversicherungsträger einbehalten würden (Bescheid vom [X.]). Am 16.10.2017 legte der Kläger gegen den Bescheid Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, dass die praktizierte [X.] die gesetzlich Krankenversicherten in ihren Grundrechten verletze. Der Gesetzgeber gewähre Dritten den Leistungsschutz der [X.], ohne den vollen Kostenaufwand zu tragen. Es liege ein Beitragsmissbrauch vor. Er begehre, dass sein Beitrag 85 Euro pro Jahr weniger betrage als zuletzt festgestellt oder neu berechnet werde. Die [X.] wies den Widerspruch gegen den Bescheid vom [X.] als unbegründet zurück. In der Sachverhaltsdarstellung wird ein Schreiben vom 1.11.2017 erwähnt, mit dem die Beitragspflicht der Versorgungsbezüge des [X.] in Bezug auf die Beitragsbemessungsgrenze erläutert wird. Die [X.] wies darauf hin, dass ihr eine individuelle Beitragsreduzierung verwehrt sei. Sie sei gehalten, die Beiträge in vollem Umfang einziehen zu lassen. Dass sie Beiträge überhöht angefordert hätte, sei nicht ersichtlich, zumal im angefochtenen Bescheid gar keine konkret bezifferte Beitragsanforderung erfolgt sei (Widerspruchsbescheid vom 23.8.2018).

3

Das [X.] hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom [X.]). Das L[X.] hat die Berufung unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des [X.] zurückgewiesen. Es sei nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht vorgetragen, dass dieser durch die sich auf die Feststellung der Voraussetzung der [X.] beschränkten Regelungen des angefochtenen Bescheids sowie des Widerspruchsbescheids in seinen Rechten verletzt sein könnte. Soweit sich der Kläger gegen die ihm gegenüber erfolgte Beitragserhebung wende, sei diese nicht Gegenstand der angefochtenen Verwaltungsentscheidung. Für die Entscheidung über die Tragung und die Höhe der Beiträge zur [X.] aus der Rente sei der Rentenversicherungsträger sachlich zuständig. Die nach Ermittlung der Höhe der Versorgungsbezüge durch die [X.] gesondert ergangene Beitragsfestsetzung sei ebenfalls nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens; dem Kläger stünde es frei, sich hiergegen mit Rechtsmitteln zu wenden und dabei seine Einwände gegen den anwendbaren Beitragssatz vorzubringen. Die Zulässigkeit für eine Feststellungsklage hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der [X.] habe das [X.] zu Recht verneint; eine Feststellungsklage sei nur in Kombination mit einer Anfechtungsklage gegen die angefochtene Beitragsfestsetzung zulässig, an der es vorliegend mangele (Urteil vom 28.7.2022).

4

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil.

5

II. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des L[X.] ist teilweise unbegründet, teilweise unzulässig.

6

1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.]G vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen zur ordnungsgemäßen Bezeichnung (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G) die den Verfahrensfehler (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des L[X.] - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 2 [X.]G kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 [X.]G und auf eine Verletzung des § 103 [X.]G nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das L[X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

7

a) Der Kläger rügt ([X.] Beschwerdebegründung) als Verfahrensmangel nach § 202 Satz 1 [X.]G iVm § 547 [X.] 6 ZPO, dass das [X.] seinen Klageantrag zu 1) als "unzulässig und unbegründet" bezeichnet und das L[X.] dies trotz Rüge nicht richtiggestellt, sondern übernommen habe. Damit sei nicht erkennbar, ob ein Prozess- oder Sachurteil vorliege, sodass deshalb die Entscheidung nicht mit Gründen versehen sei, was einen absoluten Revisionsgrund darstelle.

8

Nicht oder nicht mit ausreichenden Entscheidungsgründen ist ein Urteil nur dann versehen, wenn ihm solche Gründe objektiv nicht entnommen werden können, etwa weil die angeführten Gründe objektiv unverständlich oder verworren sind, nur nichtssagende Redensarten enthalten oder zu einer vom Beteiligten aufgeworfenen, eingehend begründeten und für die Entscheidung - nach der Rechtsansicht des L[X.] - erheblichen Rechtsfrage nur ausführt, dass diese Auffassung nicht zutreffe. Eine Entscheidung ist dagegen nicht schon dann nicht mit Gründen versehen, wenn das Gericht sich unter Beschränkung auf den Gegenstand der Entscheidung einer bündigen Kürze befleißigt und nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, abgehandelt hat. Auch ist die Begründungspflicht nicht schon verletzt, wenn die Ausführungen des Gerichts zu den rechtlichen Voraussetzungen und zum tatsächlichen Geschehen aus der Sicht eines Dritten falsch, oberflächlich oder wenig überzeugend sind (vgl B[X.] Beschluss vom [X.] - 7 [X.]/84 - juris Rd[X.] 11).

9

Um darzulegen, dass das L[X.] seine Begründungspflicht verletzt hat, hätte sich der Kläger mit den Ausführungen und der Rechtsauffassung des L[X.], die der Entscheidung zugrunde liegt, näher auseinandersetzen müssen. Denn erst dadurch wäre der gebotene Umfang der Begründungspflicht deutlich gemacht worden (vgl B[X.] Beschluss vom 12.2.2004 - [X.] RA 67/03 B - juris Rd[X.] 6 f).

Allein wegen einer Abweisung als unzulässig "und" unbegründet liegt zudem noch kein Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Zwar ist eine gleichzeitige Prozess- und Sachabweisung in einem Urteil wegen der unterschiedlichen Rechtskraftwirkungen einer Sach- gegenüber einer Prozessabweisung grundsätzlich nicht zulässig. In einem solchem Fall gilt der Teil des Urteils, der sich auf die fehlende Begründetheit bezieht, als nicht geschrieben (vgl stRspr des [X.]; zB [X.] Urteil vom 4.5.2018 - [X.]/16 - juris Rd[X.] 15 mwN). Es handelt sich insoweit um nicht entscheidungserhebliche ergänzende Hinweise an die Parteien, die nicht geeignet sind, an der Rechtskraft des Urteils teilzunehmen (vgl BVerwG Beschluss vom 3.11.2016 - 3 [X.].16 - juris Rd[X.] 5).

b) Soweit der Kläger meint ([X.] Beschwerdebegründung), das Urteil des L[X.] sei auch deshalb nicht mit ausreichenden Gründen versehen, weil das Berufungsgericht nicht auf sein von ihm für wesentlich gehaltenes Vorbringen eingegangen sei, fehlt es ebenso an einer ausreichenden Darstellung und Auseinandersetzung mit der Rechtsauffassung des L[X.]. Insoweit reicht es nicht, Argumente schlagwortartig ("Unzuständigkeit der Krankenkasse" und "Regelungsgehalt der [X.]") zu benennen und auszuführen, man könne nicht erkennen warum so entschieden wurde. Für die Darlegung eines Verstoßes gegen die Gewährung rechtlichen Gehörs hätte aufgezeigt werden müssen, welcher auch nach der Rechtsauffassung des L[X.] entscheidungserhebliche Vortrag nicht zur Kenntnis genommen worden sein soll. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht nur dazu, die Darlegungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Prozessgericht muss jedoch nicht jedes Vorbringen der Beteiligten ausdrücklich bescheiden. Art 103 Abs 1 GG schützt auch nicht davor, dass ein Gericht die Rechtsansicht eines Beteiligten nicht teilt (vgl B[X.] Beschluss vom 27.3.2014 - B 9 V 69/13 B - juris Rd[X.] 15 mwN). Daher muss eine Beschwerdebegründung "besondere Umstände" aufzeigen, aus denen sich klar ergibt, dass das Gericht seinen Pflichten nicht nachgekommen ist (vgl [X.] Beschluss vom 25.3.2010 - 1 BvR 2446/09 - juris Rd[X.] 11 mwN; [X.] Urteil vom 8.7.1997 - 1 BvR 1621/94 - [X.]E 96, 205, 216 = juris Rd[X.] 44). Solche Umstände sind der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen.

c) Ein Verfahrensmangel liegt vor, wenn statt einer Sachentscheidung zu Unrecht ein Prozessurteil ergangen ist ([X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 13. Aufl 2020, § 160 Rd[X.] 19; B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] [X.] 8/19 B - juris Rd[X.] 6). Von einem fortwirkenden Verfahrensmangel ist ausnahmsweise auszugehen, wenn anstelle eines erstinstanzlichen Prozessurteils eine Sachentscheidung hätte ergehen müssen und das L[X.] das Prozessurteil des [X.] bestätigt (vgl B[X.] Beschluss vom 31.7.2017 - [X.] R 140/17 B - juris Rd[X.] 5).

Der Kläger rügt ([X.]., [X.]. Beschwerdebegründung), dass die Abweisung seines [X.]s und auch der Hilfsanträge als unzulässig verfahrensfehlerhaft sei. Die Klage sei statthaft, form- und fristgerecht und nach Vorverfahren eingelegt worden und enthalte einen konkreten [X.]. Sie könne nicht deshalb unzulässig sein, weil der materielle Anspruch gegen die [X.] angeblich nicht bestehe. Das als "Mitteilungsbescheid" bezeichnete Schreiben vom 1.11.2017 sei Teil des Widerspruchsbescheids geworden. Damit enthalte der Widerspruchsbescheid nach dem [X.] auch eine Aussage zur Beitragshöhe. Seinen Anträgen auf Beitragsreduzierung, hilfsweise Neuberechnung sei nicht entsprochen worden. Sein Antrag, den Bescheid der [X.] zu ergänzen bzw abzuändern, sei als Verpflichtungsklage auszulegen und zulässig. Daran sei das Gericht gebunden. Streitgegenstand sei der geltend gemachte Anspruch und nicht das, was - ggf abweichend - den Ausspruch der [X.] ausmache. Dass die [X.] keinen in Zahlen ausgedrückten "Ausgangsbeitrag" enthielten, sei unbeachtlich. Die geltend gemachte Beitragsreduktion um einen bestimmten absoluten Abzugsbetrag sei verständlich und vollstreckungsfähig. Die vom [X.] behauptete fehlende Passivlegitimation habe mit der Zulässigkeit nichts zu tun.

Der mit diesen Darlegungen zulässig geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor. Das L[X.] hat das [X.] bzw Feststellungsbegehren des [X.] im Ergebnis zutreffend als unzulässig angesehen. Es fehlt an einer Klagebefugnis, wenn eine Verletzung subjektiver Rechte nicht in Betracht kommt (vgl B[X.] Urteil vom 17.12.2015 - [X.] U 2/14 R - [X.] 4-2400 § 27 [X.] 7 Rd[X.] 11), insbesondere weil hinsichtlich des Klagebegehrens eine gerichtlich überprüfbare Verwaltungsentscheidung nicht vorliegt (B[X.] Urteil vom 28.10.2008 - [X.] [X.] 33/07 R - [X.] 4-1500 § 77 [X.] 1 Rd[X.] 13; B[X.] Urteil vom 17.12.2015 - [X.] U 17/14 R - [X.] 4-1500 § 54 [X.] 41 Rd[X.] 13). Soweit der Bescheid vom [X.] das Bestehen der Versicherungs- und Beitragspflicht in der [X.] im Grundsatz festgestellt hat, hat der Kläger keine Verletzung subjektiver Rechte geltend gemacht. Soweit er sich gegen die Beitragshöhe wendet, ist sein Klagebegehren mit dem Inhalt des angefochtenen Verwaltungsakts nicht kongruent. Denn der Bescheid vom [X.] trifft keine Feststellungen zur Beitragshöhe. Dies gilt auch für den Widerspruchsbescheid vom 23.8.2018. Dessen Verfügungssatz zielt allein auf die Zurückweisung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom [X.].

Das Schreiben vom 1.11.2017, das - entgegen der Behauptung des [X.] - nicht als "Mitteilungsbescheid" bezeichnet ist, enthält bei der Auslegung nach dem objektiven [X.] (vgl dazu B[X.] Urteil vom 3.4.2014 - [X.] U 25/12 R - B[X.]E 115, 256 = [X.] 4-2700 § 136 [X.] 6, Rd[X.] 15) keinen Verwaltungsakt iS des § 31 [X.]B X. Es handelt sich dem Wortlaut und der Form nach nur um eine Erläuterung. Wie sich aus § 202 Abs 1 Satz 5 [X.]B V ergibt, hat die Krankenkasse der Zahlstelle von Versorgungsbezügen und dem Bezieher von Versorgungsbezügen unverzüglich die Beitragspflicht des Versorgungsempfängers und, soweit die Summe der beitragspflichtigen Einnahmen nach § 237 Satz 1 [X.] 1 und 2 [X.]B V die Beitragsbemessungsgrenze überschreitet, deren Umfang mitzuteilen. Angesichts dieser regulären Mitteilungspflicht, die keine Ermächtigung zur Festsetzung des jeweils beitragspflichtigen Anteils enthält (B[X.] Urteil vom 17.12.2014 - [X.] KR 23/12 R - [X.] 4-2400 § 22 [X.] 4 Rd[X.] 26), kann nicht in jeder Mitteilung oder Erläuterung zum Umfang der beitragspflichtigen Versorgungsbezüge bereits ein Verwaltungsakt gesehen werden. Dass der Kläger aus dem Schreiben selbst die Beitragshöhe ableiten konnte, bedeutet nicht, dass die [X.] hierüber selbst eine verbindliche Feststellung getroffen hat.

Daran ändert sich auch nichts durch die Erwähnung des Schreibens im Widerspruchsbescheid. Diesem ist nach objektiven Gesichtspunkten nicht der Wille zu entnehmen (zu dieser Möglichkeit vgl B[X.] Urteil vom [X.] - 7 [X.] - B[X.]E 49, 291 = [X.] 4100 § 145 [X.] 1, juris Rd[X.] 11), dass mit dem Schreiben vom 1.11.2017 eine verbindliche Regelung zur Beitragshöhe getroffen werden sollte. Es wird darin weiterhin allein der Bescheid vom [X.] als angefochtene Entscheidung genannt; insoweit weist die [X.] selbst auch ausdrücklich darauf hin, dass diesem keine Regelung zur Beitragshöhe zu entnehmen sei.

Vor diesem Hintergrund kann auch den Ausführungen, dass der [X.] eine Reduzierung der Beiträge "verwehrt" sei, nicht als eigenständige Regelung iS des § 31 [X.]B X verstanden werden. Selbst wenn mit dem Widerspruchsbescheid eine - erstmalige - verbindliche Ablehnung einer reduzierten Beitragshöhe getroffen worden wäre, würde dies jedenfalls nicht zur Zulässigkeit des [X.] führen. Eine Widerspruchsbehörde (§ 85 Abs 2 [X.]G) ist funktional und sachlich unzuständig, anstelle der Ausgangsbehörde über ein erstmals im Widerspruchsverfahren geltend gemachtes Begehren "erstinstanzlich" zu entscheiden (B[X.] Urteil vom 30.3.2004 - [X.] RA 48/01 R - juris Rd[X.] 14). Das [X.] bliebe auch in einem solchen Fall mangels Klagebefugnis unzulässig, weil insoweit keine Verwaltungsentscheidung der Ausgangsbehörde der [X.] vorliegt, durch die der Kläger möglicherweise in seinen Rechten und Ansprüchen hätte verletzt sein können (§ 54 Abs 1 Satz 2 [X.]G; B[X.] Urteil vom 30.3.2004 - [X.] RA 48/01 R - juris Rd[X.] 16 ).

Dies gilt entsprechend auch für die Feststellungsklage. Denn solange der zuständige Krankenversicherungsträger nicht über die Höhe der Beiträge entschieden hat, kann der Versicherte, außer bei rechtswidriger Untätigkeit der Behörde (§ 88 [X.]G) kein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Feststellung haben (vgl B[X.] Urteil vom 17.12.2015 - [X.] U 2/14 R - [X.] 4-2400 § 27 [X.] 7 Rd[X.] 11). Dass die [X.] zum Erlass eines Verwaltungsakts über die Höhe der Beiträge bezüglich der Versorgungsbezüge befugt ist, ändert an der Unzulässigkeit hier nichts.

Auch wenn der Kläger wegen seines Klageziels einer materiellen Überprüfung der Beitragsbestimmungen der [X.] am Maßstab des Art 3 GG eine an Art 19 Abs 4 GG orientierte, wohlwollende Auslegung der [X.] fordert ([X.] Beschwerdebegründung), rechtfertigt dies hier keine von den konkreten Einzelfallregelungen losgelöste "abstrakte" Normenkontrolle. Gerade um einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zu prüfen, ist zunächst die verbindliche Festsetzung der Beitragshöhe des Betroffenen erforderlich.

d) Soweit der Kläger geltend macht, sein Begehren hätte als Untätigkeitsklage ausgelegt werden müssen (C. [X.]. Beschwerdebegründung), hat er damit einen Verfahrensmangel im Sinne eines Verstoßes gegen § 123 [X.]G wegen Verkennung des Streitgegenstands nicht zulässig dargelegt. Denn er behauptet zwar, dies beantragt zu haben, gibt aber schon nicht an, aus welchem Schriftsatz oder Formulierungen gegenüber den Gerichten dies zu folgern sei. Auch unter Berücksichtigung, dass er nicht anwaltlich vertreten war, lässt sich aus seinen mitgeteilten Anträgen in der Klage-/Berufungsinstanz keine Untätigkeitsklage iS von § 88 [X.]G eines konkreten Bescheidungsverlangens herauslesen.

Im Übrigen wird aus den im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen deutlich, dass der Kläger durchaus in der Lage war, eine Beitragsfestsetzung bezüglich der Versorgungsbezüge (Bescheid vom 27.11.2020) durchzusetzen. Diese hat er jedoch - worauf auch das L[X.] hinweist - ausdrücklich nicht als Gegenstand des Verfahrens bezeichnet.

e) Da der Kläger - wie dargestellt - keine Verletzung subjektiver Rechte durch die Feststellung der Versicherungspflicht in der [X.] geltend macht und eine verbindliche Feststellung zur Beitragshöhe nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist, kann die angegriffene Entscheidung im Ergebnis auch nicht auf der gerügten fehlenden Beiladung des Rentenversicherungsträgers ([X.]. Beschwerdebegründung) beruhen.

f) Soweit der Kläger rügt ([X.]. Beschwerdebegründung), der Tatbestand des Berufungsurteils sei fehlerhaft, ist ebenso keine Entscheidungserheblichkeit ersichtlich.

2. Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] 1 [X.]G) und der Divergenz (§ 160 Abs 2 [X.] 2 [X.]G) fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit. Insoweit ist die Beschwerde jedenfalls unbegründet.

a) Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine abstrakt-generelle Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - allgemeine Bedeutung hat und aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung einer Klärung durch das Revisionsgericht bedarf (Klärungsbedürftigkeit) und fähig (Klärungsfähigkeit) ist. Mit der Beschwerdebegründung ist daher aufzuzeigen, welche rechtliche Frage sich zu einer bestimmten Norm des Bundesrechts iS des § 162 [X.]G stellt. Hierzu ist anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung auszuführen, weshalb eine Klärung erforderlich und im angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten ist. Schließlich ist darzulegen, dass der angestrebten Entscheidung eine über den Einzelfall hinausgehende Breitenwirkung zukommt (vgl B[X.] Beschluss vom 17.4.2012 - [X.] R 347/11 B - [X.] 4-2600 § 72 [X.] 5 Rd[X.] 17 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

Der Kläger wirft unter [X.] der Beschwerdebegründung folgende Frage auf:

        

"Sind im Bereich der [X.] Versicherten mit [X.] die Krankenkassen (a) konkurrierend oder subsidiär sachlich zuständig für die Festsetzung des [X.] hinsichtlich der gesetzlichen Rente und (b) primär oder ausschließlich sachlich zuständig für die Festsetzung des [X.] hinsichtlich der [X.] oder fehlt den gesetzlichen Krankenkassen jegliche Befugnis, den [X.] der in der [X.] Versicherten aus den bezogenen Leistungen (gesetzliche Rente und [X.]) zu berechnen?"

Damit hat der Kläger schon keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Anwendung, Auslegung oder Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 [X.]G) mit höherrangigem Recht (B[X.] Beschluss vom 23.12.2015 - [X.] KR 51/15 B - juris Rd[X.] 11 mwN) formuliert. Die Bezeichnung einer hinreichend bestimmten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist aber unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (B[X.] Beschluss vom 10.9.2014 - [X.] ÜG 3/14 B - juris Rd[X.] 11 mwN).

Abgesehen davon liegt die Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Frage nicht vor. Denn die Entscheidungserheblichkeit der Frage, ob die Krankenkassen für die genannten Festsetzungen zuständig sind, hängt davon ab, welche konkreten Regelungen der angegriffene Bescheid enthält. An dieser fehlt es hier, weil die [X.] in der angegriffenen Verwaltungsentscheidung eine "Festsetzung des [X.] hinsichtlich der gesetzlichen Rente" oder "hinsichtlich der [X.]" tatsächlich nicht getroffen hat (vgl oben 1. c). Die Ausführungen des [X.], dass die [X.] seiner Meinung nach nicht gehindert sei, über den [X.] hinsichtlich der Rente und der Versorgungsbezüge zu entscheiden, dass er eine Überprüfung seines gesamten [X.]s anstrebe und hierauf einen Anspruch unmittelbar aus Art 19 Abs 4 GG habe (vgl dazu [X.] Beschwerdebegründung), tragen zur Darlegung der Entscheidungserheblichkeit im Rahmen der vorliegenden Verfahrenskonstellation nichts bei.

Soweit sich der Kläger mit seinen Ausführungen gegen die inhaltliche Richtigkeit des Urteils wendet, liegt darin kein Grund für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (vgl (vgl B[X.] Beschluss vom 25.7.2011 - [X.] KR 114/10 B - [X.] 4-1500 § 160 [X.] 22 Rd[X.] 4).

b) Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass das angefochtene Urteil des L[X.] von einer Entscheidung des B[X.], des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (Gm[X.]GB) oder des [X.] abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine solche Abweichung ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage zum Bundesrecht die angegriffene Entscheidung des L[X.] von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des B[X.], des Gm[X.]GB oder des [X.] abweicht. Insoweit genügt es nicht darauf hinzuweisen, dass das L[X.] seiner Entscheidung nicht die höchstrichterliche Rechtsprechung zugrunde gelegt hätte. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz. Sie liegt daher nicht schon dann vor, wenn das angefochtene Urteil nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das B[X.], der Gm[X.]GB oder das [X.] entwickelt hat, sondern erst dann, wenn das L[X.] diesen Kriterien auch widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe bei seiner Entscheidung herangezogen hat (vgl B[X.] Beschluss vom [X.] - B 3 P 13/04 B - [X.] 4-1500 § 160 [X.] 6 Rd[X.] 5 und B[X.] Beschluss vom 16.7.2004 - [X.] U 41/04 B - [X.] 4-1500 § 160a [X.] 4 Rd[X.] 6, jeweils mwN). Der Kläger behauptet unter [X.] der Beschwerdebegründung eine Divergenz zu mehreren B[X.]-Urteilen. Diese hat ungeachtet ihrer ordnungsgemäßen Darlegung die hier angefochtene Entscheidung aber nicht beeinflusst.

aa) In der Entscheidung vom [X.] ([X.] KR 5/05 R - juris) habe das B[X.] keinen Zweifel daran gelassen, die Träger der [X.] könnten "gegenüber den Beziehern von Versorgungsbezügen Verwaltungsakte zur Höhe der von diesen zwar zu tragenden, jedoch von der Zahlstelle der Versorgungsbezüge zu zahlenden Beiträge (§ 256 Abs 1 Satz 1 [X.]B V) erlassen". In Widerspruch dazu stünden die Ausführungen des [X.], auf die sich das L[X.] nach § 153 Abs 2 [X.]G bezogen habe, dass der [X.] die Befugnis fehle, den Beitrag zur [X.] aus den bezogenen Leistungen festzusetzen.

Insoweit fehlt es jedenfalls am [X.]. Dies ist nur dann der Fall, wenn die angefochtene Entscheidung bei Zugrundelegung des Rechtssatzes, von dem abgewichen sein soll, anders hätte ausfallen müssen (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 13. Aufl 2020, § 160 Rd[X.] 15 mwN). Auf die vom B[X.] hergeleitete Befugnis kommt es jedoch nur dann entscheidungserheblich an, wenn die [X.] die Höhe der zu zahlenden Beiträge auch tatsächlich mittels Verwaltungsakt festgesetzt oder die Befugnis dazu ausdrücklich verneint hätte. Dies ist aber nicht der Fall (vgl oben 1. c).

bb) Dasselbe gilt, soweit sich der Kläger auf weitere Entscheidungen des B[X.] vom selben Tag bezieht. Abgesehen davon, dass er weitgehend keine abstrakten Rechtssätze daraus benennt, liegt dort ein anderer Kontext zugrunde (vgl zu diesem Erfordernis B[X.] Beschluss vom 13.12.2017 - [X.] R 256/17 B - juris Rd[X.] 8). Das B[X.] hat zwar in seiner Entscheidung vom [X.] ([X.] KR 23/05 R - juris Rd[X.] 9) die Anfechtungs- und Feststellungsklage als zulässig angesehen, obwohl die [X.] nur den einschlägigen Beitragssatz festgelegt hatte. Aus den dort vorliegenden [X.]n und den Umständen ihres Erlasses hat das B[X.] aber abgeleitet, es sei objektiv erkennbar, dass eine einseitige und konkrete, verbindliche, der Rechtsbeständigkeit fähige Feststellung von der [X.] gewollt war (B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] KR 23/05 R - juris Rd[X.] 9). Daran fehlt es hier (vgl oben 1. c).

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]G).

4. [X.] beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 [X.]G.

[X.]

Meta

B 12 KR 34/22 B

06.06.2023

Bundessozialgericht 12. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Frankfurt, 15. April 2021, Az: S 18 KR 568/18, Gerichtsbescheid

§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 202 S 1 SGG, § 547 Nr 6 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 06.06.2023, Az. B 12 KR 34/22 B (REWIS RS 2023, 6023)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 6023

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2 U 2/14

1 BvR 1621/94

1 BvR 2446/09

V ZR 266/16

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