Bundesgerichtshof, Beschluss vom 02.07.2014, Az. 4 StR 176/14

4. Strafsenat | REWIS RS 2014, 4381

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Gegenstand

Konkurrenzen: Tatbeteiligung mehrerer Personen an einer Deliktserie


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 19. September 2013, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist,

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des [X.] in zwölf Fällen und der Beihilfe zum Wohnungseinbruchdiebstahl schuldig ist;

b) hinsichtlich der Einzelstrafen in den Fällen II.1 bis 7 und 10 bis 14 der Urteilsgründe sowie im [X.] aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen [X.] in 19 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision wendet sich der Angeklagte gegen die Verurteilung. Das Rechtsmittel führt zu einer Änderung des Schuldspruchs und in deren Folge zu einer [X.]; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Der Schuldspruch wegen mittäterschaftlich begangenen [X.] im Fall II.1 der Urteilsgründe hat keinen Bestand. Die zu diesem Fall getroffenen Feststellungen, nach denen der Angeklagte entsprechend einer tags zuvor erfolgten Verabredung die Täter eines [X.] ohne feststellbare Beteiligung an der [X.] mit seinem Pkw in die Nähe des [X.] fuhr, sie dort absetzte und einen der Täter nach der Tat wieder abholte, belegen - anders als in den weiteren abgeurteilten Fällen, in denen die [X.] mit rechtsfehlerfreien Erwägungen eine mittäterschaftliche Tatbeteiligung des Angeklagten angenommen hat - lediglich die Förderung fremden Tuns. Umstände, die nach den in der Rechtsprechung des [X.] zur Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe entwickelten Grundsätzen (vgl. [X.], Beschluss vom 4. Dezember 2012 - 2 StR 395/12, [X.]R StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 36; Urteil vom 15. Januar 1991 - 5 [X.], [X.]St 37, 289, 291) bei wertender Betrachtung für eine mittäterschaftliche Beteiligung des Angeklagten an dieser Tat sprechen könnten, lassen sich den Urteilsgründen nicht entnehmen.

3

2. Die Annahme von jeweils selbständigen, real konkurrierenden Taten des [X.] in den Fällen II.2 und 3, [X.] bis 7, [X.] und 11 sowie II.12 bis 14 der Urteilsgründe hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.

4

Sind an einer Deliktserie mehrere Personen als Mittäter beteiligt, ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei der Umfang des erbrachten [X.]. Leistet ein Mittäter für alle oder einige [X.] einen individuellen, nur diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten - soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt - als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Fehlt es an einer solchen individuellen Tatförderung, erbringt der Täter aber im Vorfeld oder während des Laufs der [X.], durch die alle oder mehrere [X.] seiner Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden, sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 [X.], [X.]St 49, 177, 182 f.; Beschlüsse vom 22. Dezember 2011 - 4 StR 514/11, [X.], 146; vom 30. Juli 2013 - 4 StR 29/13, [X.], 641).

5

In den Fällen II.2 und 3, [X.] bis 7, [X.] und 11 sowie II.12 bis 14 der Urteilsgründe hat die [X.] eine individuelle, nur jeweils diese Taten fördernde Mitwirkung des Angeklagten nicht festgestellt. Sein Tatbeitrag erschöpft sich nach der Sachverhaltsdarstellung im angefochtenen Urteil vielmehr jeweils darin, seinen Tatgenossen an den verschiedenen Tattagen mit dem Pkw in zur Begehung von [X.] geeignet erscheinende Wohngebiete zu fahren, ihn dort abzusetzen und nach Begehung von mehreren Einbrüchen in Wohnungen in [X.] wieder abzuholen. Die Fälle II.2 und 3, [X.] bis 7, [X.] und 11 sowie II.12 bis 14 der Urteilsgründe, in denen der vom Angeklagten in [X.] abgesetzte und später wieder abgeholte Tatgenosse jeweils zwei bzw. drei Wohnungseinbrüche beging, sind daher für den Angeklagten konkurrenzrechtlich jeweils zu einheitlichen Taten des [X.] zusammenzufassen.

6

3. Da ergänzende tatsächliche Feststellungen, welche eine mittäterschaftliche Tatbegehung im Fall der Urteilsgründe oder eine andere Beurteilung der Konkurrenzfrage rechtfertigen könnten, nicht zu erwarten sind, ändert der Senat den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich der Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

7

Die Schuldspruchänderung hat die Aufhebung der [X.] in den Fällen bis 7 und 10 bis 14 sowie der Gesamtstrafe zur Folge. Die den aufgehobenen [X.]n und der Gesamtstrafe zu Grunde liegenden tatsächlichen Feststellungen können bestehen bleiben. Ergänzende, zu den bisherigen nicht im Widerspruch stehende Feststellungen durch den neuen Tatrichter bleiben möglich. Der Senat weist darauf hin, dass die für die konkurrenzrechtlich einheitlichen Taten des [X.] neu festzusetzenden Einzelstrafen auf Grund des Verschlechterungsverbots des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO die Summe der bisherigen Einzelstrafen, die im angefochtenen Urteil jeweils für die fehlerhaft als selbständige Taten bewerteten Fälle verhängt worden sind, nicht übersteigen dürfen (vgl. [X.], Beschluss vom 19. November 2002 - 1 StR 313/02, [X.]R StPO § 358 Abs. 2 Nachteil 12 mwN; [X.], 7. Aufl., § 358 Rn. 30 mwN).

VRi'in[X.] Sost-Scheible
befindet sich im Urlaub und    
ist daher gehindert zu
unterschreiben.

     

     

     

Cierniak

     

Cierniak    

     

Mutzbauer

     

Bender

     

Quentin    

     

Meta

4 StR 176/14

02.07.2014

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Dortmund, 19. September 2013, Az: 44 KLs 14/13

§ 25 Abs 2 StGB, § 27 StGB, § 52 Abs 1 StGB, § 53 StGB, § 244 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 02.07.2014, Az. 4 StR 176/14 (REWIS RS 2014, 4381)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4381

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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