Bundesfinanzhof, Beschluss vom 06.02.2019, Az. VIII B 23/18

8. Senat | REWIS RS 2019, 10618

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Gegenstand

Zur Entscheidung auf der Grundlage des Gesamtergebnisses des Verfahrens


Leitsatz

NV: Zum Gegenstand des Verfahrens gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO gehören alle rechtserheblichen Umstände tatsächlicher Art, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren; das FG darf weder Umstände, die zum Gegenstand des Verfahrens gehören, ohne zureichenden Grund ausblenden, noch darf es seine Überzeugung auf Umstände gründen, die nicht zum Gegenstand des Verfahrens zählen. Das FG muss hierzu insbesondere den Inhalt der vorgelegten Akten und das Vorbringen der Beteiligten (quantitativ) vollständig und (qualitativ) einwandfrei berücksichtigen .

Tenor

Die Beschwerde der Kläger wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 10. Januar 2018  5 K 2630/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Gründe

1

Die [X.]eschwerde ist unbegründet.

2

Die Revision ist nicht wegen der gerügten Verfahrensfehler (§ 115 [X.]bs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --[[X.].]O--) zuzulassen.

3

1. Die Kläger und [X.]eschwerdeführer (Kläger) machen zu Unrecht geltend, das Finanzgericht ([[X.].]) habe entgegen der Verpflichtung aus § 96 [X.]bs. 1 Satz 1 [[X.].]O den Streitfall nicht auf der Grundlage des Gesamtergebnisses des Verfahrens entschieden. Dem [[X.].] ist kein solcher Verfahrensfehler unterlaufen.

4

a) Gemäß § 96 [X.]bs. 1 Satz 1 [[X.].]O hat das [[X.].] seine Überzeugung nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu bilden, also den gesamten konkretisierten Prozessstoff zugrunde zu legen. Zum Gegenstand des Verfahrens gehören alle rechtserheblichen Umstände tatsächlicher [X.]rt, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren; das [[X.].] darf weder Umstände, die zum Gegenstand des Verfahrens gehören, ohne zureichenden Grund ausblenden, noch darf es seine Überzeugung auf Umstände gründen, die nicht zum Gegenstand des Verfahrens zählen (Urteil des [[X.].] --[X.]FH-- vom 12. Dezember 2013 [[X.].], [[X.].] 2014, 693, Rz 26). Das [[X.].] muss insbesondere den Inhalt der vorgelegten [X.]kten und das Vorbringen der [X.]eteiligten (quantitativ) vollständig und (qualitativ) einwandfrei berücksichtigen ([[X.].] vom 18. November 2013 III [X.] 45/12, [[X.].] 2014, 342, Rz 40).

5

b) § 96 [X.]bs. 1 Satz 1 [[X.].]O ist danach z.[X.]. verletzt, wenn das [[X.].] seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde legt, der dem schriftlich festgehaltenen Vorbringen der [X.]eteiligten nicht entspricht oder wenn eine nach den [X.]kten klar feststehende Tatsache oder sonst Teile des Gesamtergebnisses des Verfahrens unberücksichtigt geblieben sind (vgl. z.[X.]. [[X.].] vom 28. Februar 2018 V [X.] 145/16, [[X.].] 2018, 636, Rz 3; vom 8. [X.]ai 2017 [X.] [X.] 78/16, [[X.].] 2017, 1061; in [[X.].] 2014, 342, Rz 40).

6

c) Soweit die Kläger mit der [X.]eschwerde vorhandene Unrichtigkeiten, Unklarheiten im Tatbestand und dessen Unvollständigkeit rügen, können diese behaupteten Fehler mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht geltend gemacht werden ([[X.].] in [[X.].] 2014, 342, Rz 41, m.w.N.). Die Kläger konnten und haben insoweit beim [[X.].] einen Tatbestandsberichtigungsantrag gemäß § 108 [X.]bs. 1 [[X.].]O gestellt, den das [[X.].] mit [X.]eschluss vom 27. Februar 2018 abgelehnt hat.

7

d) Soweit die Kläger sich konkret darauf berufen, das [[X.].] habe den Vortrag zur [X.]eziehung des [[X.].] zum [X.]andanten [X.] sowie eine [X.]andatsvermittlung in [X.] durch zwei [X.]undestagsabgeordnete bei der Entscheidungsfindung qualitativ nicht einwandfrei erfasst, ist dem nicht zu folgen.

8

aa) So hat das [[X.].] auf Seite 5 des Urteils im Tatbestand für die Reise des [[X.].] nach [X.] vom 17. September bis 21. September des Streitjahres 2010 erwähnt, dass der Kläger Herrn [X.] im Gebäude des [X.] ("[X.]andat im [X.]undestagsgebäude/Dr. [X.]") getroffen habe. Das [[X.].] hat die Reise nach [X.] ab dem 17. September als ausschließlich beruflich eingeordnet. Es ist somit trotz der [X.]usführungen auf Seite 14 des Urteils, der [X.]andant [X.] sei in [X.] ansässig, nicht ersichtlich, dass das [[X.].] das Vorbringen der Kläger nicht einwandfrei erfasst haben könnte. Denn die mit der [X.]eschwerde gerügten [X.]usführungen auf Seite 14 des Urteils erfolgten im Rahmen der Würdigung, in welchem Umfang Kosten für die [X.]er Wohnung des [[X.].] abzugsfähig seien und nehmen auf den Vortrag des [[X.].] [X.]ezug, dass sich das Hauptbüro der Kanzlei in [X.] und damit in der Nähe der Wohnorte bestimmter [X.]andanten befunden habe.

9

bb) Soweit mit der [X.]eschwerde geltend gemacht wird, das [[X.].] habe den Vortrag nicht einwandfrei erfasst, zwei [X.]undestagsabgeordnete hätten dem Kläger ein [X.]andat in [X.] vermittelt, wird bereits nicht schlüssig erläutert, warum das [[X.].] insoweit den klägerischen Vortrag nicht wahrgenommen und das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht berücksichtigt haben soll. [X.]uf Seite 9 des Urteils gibt das [[X.].] den Vortrag des [[X.].] wieder, dass wiederholt ein [X.]andant in [X.] aufgesucht worden sei. [X.]uf Seite 14 des Urteils führt das [[X.].] wie schon erwähnt aus, die Wohnung der Kläger in [X.] habe das Hauptbüro der Kanzlei des [[X.].] gebildet und sich in der Nähe zum [X.]andanten [X.] in [X.] befunden. Ein [X.]ezug zu konkret nicht anerkannten [X.]etriebsausgaben des [[X.].] im Streitjahr wird in der [X.]eschwerde nicht dargelegt, sondern dort nur "beispielsweise" auf die vom [[X.].] unvollständig erfassten Umstände des Streitfalls [X.]ezug genommen.

e) Letztlich hat das [[X.].] den von den Klägern dargelegten Sachverhalt vollständig wahrgenommen, das Gesamtergebnis des Verfahrens bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt und nur die berufliche und private Veranlassung der geltend gemachten [X.]ufwendungen anders als die Kläger gewürdigt. Ein Verstoß gegen § 96 [X.]bs. 1 Satz 1 [[X.].]O liegt aber nicht bereits deshalb vor, weil das [[X.].] den ihm vorliegenden Vortrag und [X.]kteninhalt nicht entsprechend der klägerischen Vorstellungen würdigt (vgl. z.[X.]. [[X.].] vom 5. [X.]pril 2017 I[X.] [X.] 18/17, [[X.].] 2017, 918, Rz 3). Insoweit handelt es sich um die [X.]ehauptung materiell-rechtlicher Fehler des [[X.].] durch die Kläger, die im [X.]eschwerdeverfahren grundsätzlich unbeachtlich sind ([[X.].] vom 24. [X.]pril 2015 VIII [X.] 100/14, [[X.].] 2015, 1107, Rz 9).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 [X.]bs. 2 [[X.].]O.

Meta

VIII B 23/18

06.02.2019

Bundesfinanzhof 8. Senat

Beschluss

vorgehend FG Köln, 10. Januar 2018, Az: 5 K 2630/14, Urteil

§ 96 Abs 1 S 1 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 06.02.2019, Az. VIII B 23/18 (REWIS RS 2019, 10618)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 10618

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