Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.04.2021, Az. XI R 31/20 (XI R 34/18), XI R 31/20, XI R 34/18

11. Senat | REWIS RS 2021, 6706

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Gegenstand

(Zur Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 15a UStG und Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL)


Leitsatz

Verwaltungsleistungen gegen Entgelt (z.B. Lagerung/Archivierung von Akten oder die Erledigung von Schreibarbeiten), die aufgrund vertraglicher Vereinbarungen zwischen verschiedenen Medizinischen Diensten der Krankenversicherung erbracht werden, sind weder nach § 4 Nr. 15a UStG noch nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL steuerfrei.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts ... vom [X.]   ... wegen Umsatzsteuer 2008 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Streitig ist die Steuerbefreiung von Leistungen für Medizinische [X.]ienste der Krankenversicherung ([[X.]]).

2

[X.]er Rechtsvorgänger der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war ein [[X.]] in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins (im Folgenden: Kläger) und ist mit Wirkung vom [[X.]] eine Körperschaft des öffentlichen Rechts geworden. Er war Alleingesellschafter der [[X.]], der er Räumlichkeiten vermietete.

3

Unter dem [[X.]] vereinbarten der Kläger und der [[X.]] in A ([[X.]] A), dass der Kläger die Lagerung der Gutachtenakten des [[X.]] A in Papierform und deren Betreuung gemäß den für den [[X.]] A geltenden rechtlichen Bestimmungen sowie die "optische Archivierung" ([X.]igitalisierung/elektronische Erfassung) auf Anfrage und die [[X.]]urverfügungstellung einschließlich der Versendung auf elektronischem Wege sowie Vernichtung (Entsorgung --Vernichtung des [[X.]] nach [X.]igitalisierung, Verschlagwortung und erfolgreicher Übertragung nach [[X.]] 4) übernimmt. [X.]azu heißt es: "Sollte die Finanzverwaltung ... rechtskräftig feststellen, dass ... die Umsatz-/Mehrwertsteuer für die zurückliegende [[X.]] eingefordert wird, ... wird ... vereinbart, dass der [[X.]] in A für die zurückliegenden sowie die zukünftigen Rechnungsstellungen die anfallende Mehrwertsteuer zu tragen hat. ... [X.]er [[X.]] in A trägt die Kosten der [X.]atenleitung und des Transportes der Papierakten nach [[X.]] . [X.]er [[X.]] in A stellt dem [[X.]] in [[X.]] zwei leistungsfähige Scanner zur Verfügung. ... [X.]er [[X.]] in A stellt sicher, dass die Akten in der derzeitigen Sortierung in das Archiv eingestellt werden. ... [X.]er [[X.]] in A stellt eine zentrale Verweisdatei zur Verfügung, aus der die Beratungsstellen und die [[X.]]uordnungen ersichtlich sind. ... [X.]er [[X.]] [[X.]] berät den [[X.]] in A in Angelegenheiten der optischen Archivierung seiner Papierakten. Bei marktgängigen Verbesserungen der [[X.]] hat der [[X.]] in [[X.]] den [[X.]] in A über die verbesserten Methoden zu beraten und diese nach vorheriger Absprache anzuwenden. ... [X.]er [[X.]] in A bleibt Eigentümer der Akten und der Schränke." Lagerung und [X.]igitalisierung der Akten durfte der Kläger ausdrücklich nur durch sein eigenes Personal durchführen lassen.

4

Unter dem 10.03.2006 wurde der Kläger mit dem Schreiben von Gutachten der Gutachter des [[X.]] A "nach [X.]iktat" beauftragt. [X.]er Kläger war ausdrücklich berechtigt, diese Schreibarbeiten durch Unterbeauftragung der "[[X.]]" ausführen zu lassen. [X.]ie [X.]iktate wurden dem Kläger als digitale Anhänge per [X.]atenleitung auf einen separaten, im Eigentum des [[X.]] A verbleibenden Server, der in den Räumen des [[X.]] stand, übertragen. [X.]ie Rückübertragung der geschriebenen Texte erfolgte auf demselben Weg. [X.]ie Kosten der [X.]atenleitung trug der [[X.]] A, ebenso die Kosten der Wartung des Servers. [X.]er [[X.]] A garantierte eine [[X.]] von 30 Aufträgen pro Arbeitstag. Hinsichtlich der Umsatzsteuer wurde vereinbart: "Sofern eine Mehrwert-/Umsatzsteuer fällig wird, hat der [[X.]] in A diese zusätzlich an den [[X.]] in [[X.]] zu zahlen." Man vereinbarte, dass der [[X.]] A Eigentümer der digitalen [X.]iktate bleibt und alleiniger Eigentümer der aufgrund der [X.]iktate vom [[X.]] in [[X.]] erstellten Gutachten ist.

5

[X.]er Kläger schloss im Juli 20XX einen weiteren Vertrag mit dem [[X.]] B, in dem er ebenfalls das Schreiben von Gutachten (garantierte [[X.]] von 40 Gutachten pro Arbeitstag) übernahm. [X.]em Kläger war die Unterbeauftragung der "[[X.]]" gestattet. [X.]ie Vertragsparteien gingen ausdrücklich davon aus, dass die vertraglichen Leistungen gemäß § 4 Nr. 15a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) von der Umsatzsteuer befreit seien. Sollte dennoch "eine Umsatzsteuer fällig werden", wäre sie vom [[X.]] B zusätzlich an den Kläger zu zahlen. [X.]er [[X.]] B trug die Kosten bis zum Übergabepunkt [X.] [X.]ie geschriebenen Gutachten sollte der Kläger im P[X.]F-Format zur Verfügung stellen. [X.]er [[X.]] B sollte "Eigentümer" der digitalen [X.]iktate bleiben und "alleiniger Eigentümer der aufgrund der [X.]iktate ... erstellten Gutachten" sein. In der in § 10 des Vertrags in Bezug genommenen [X.]atenschutzvereinbarung wurde vereinbart, der Kläger werde die Kontrolle durch den [X.]atenschutzbeauftragten des [[X.]] B jederzeit gestatten. Am Verfahren beteiligte Mitarbeiter seien zur Auskunft über Abläufe und Anweisungen sowie Herausgabe von Unterlagen, auch ggf. elektronisch gespeicherter, verpflichtet.

6

[X.]er Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) setzte in der Annahme, dass der Kläger mit den genannten Vorgängen steuerpflichtige Leistungen erbracht habe, zuletzt mit Änderungsbescheid vom 03.12.2013 die Umsatzsteuer für 2008 auf ... € fest. Mit Einspruchsentscheidung vom 11.02.2016 setzte das [X.] die Umsatzsteuer für 2008 auf ... € herab und wies im Übrigen den Einspruch als unbegründet zurück. [X.]ie Herabsetzung beruhte ausschließlich auf einem höheren Vorsteuerabzug, den die Beteiligten miteinander abgestimmt hatten. Im Übrigen hielt das [X.] an seiner Auffassung fest, dass eine Steuerbefreiung für die weitergehenden Umsätze nicht zu gewähren sei.

7

Mit seiner Klage wandte sich der Kläger u.a. gegen die Ablehnung der Steuerbefreiung. [X.]as Finanzgericht ([X.]) ... wies die Klage mit Urteil vom [[X.]] - ... als unbegründet ab. [X.]ie streitgegenständlichen Leistungen seien nicht von der Umsatzsteuer befreit. Insbesondere sei der Tatbestand des § 4 Nr. 15a UStG nicht erfüllt.

8

Mit der Revision wegen Umsatzsteuer 2008 rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

9

Bei unionsrechtskonformer Auslegung erfasse § 4 Nr. 15a UStG die streitgegenständlichen Leistungen. [X.]as Schreiben von diktierten Gutachten und die Archivierung von [X.] seien unerlässlicher Bestandteil der gutachterlichen Stellungnahmen. Nur auf diese Weise könne der [[X.]] seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Erstattung einer gutachterlichen Stellungnahme in ernsthafter und dauerhafter Form nachkommen. [X.]a den Versicherten das Recht zustehe, Einsicht in die über sie geführten Akten zu nehmen, müssten die von den [[X.]] geführten Gutachterakten auch für eine bestimmte [[X.]] aufbewahrt werden. [X.]iese Tätigkeiten könnten nicht losgelöst von der Haupttätigkeit, der Erstellung von Gutachten, beurteilt werden.

[X.]er Senat hat mit Beschluss vom 16.09.2020 - XI R 34/18 mit [[X.]]ustimmung der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) in dem Verfahren [X.]/19 angeordnet. Nach Ergehen des [X.]-Urteils Finanzamt [X.] vom 08.10.2020 - [X.]/19 ([X.]:C:2020:811) wurde das Verfahren unter dem Aktenzeichen XI R 31/20 (XI R 34/18) fortgesetzt.

[X.]er Kläger trägt weiter vor, auf das Erfordernis der Unmittelbarkeit der Leistungen komme es nicht an. [X.]ies ergebe sich auch aus dem [X.]-Urteil Finanzamt [X.] ([X.]:C:2020:811). [X.]er [[X.]]weck der Vorschrift, die Kosten der von Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112/[X.] über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) erfassten Kosten zu senken, spreche auch für diese Auslegung.

Unschädlich sei auch, dass er, der Kläger, als Subunternehmer die Leistungen für einen anderen [[X.]] erbracht habe, damit dieser seine Aufgaben erfüllen könne.

[X.]aneben hat der Kläger auch Revision wegen Körperschaftsteuer 2008 erhoben. [X.]ieses Verfahren wurde durch Beschluss vom 21.04.2021 - XI R 31/20 (XI R 34/18) vom vorliegenden Verfahren abgetrennt und an den [X.] des [X.] ([X.]) abgegeben (Az. V R 12/21).

[X.]ie Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil wegen Umsatzsteuer 2008 aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid für 2008 vom 03.12.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.02.2016 dahingehend abzuändern, dass die Umsatzsteuer auf 0 € festgesetzt wird.

[X.]as [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

[X.]as [X.]-Urteil Finanzamt [X.] ([X.]:C:2020:811) betreffe einen anderen Sachverhalt. [X.]ie zu beurteilenden Leistungen seien nicht vergleichbar. Gutachterliche Tätigkeiten seien im Streitfall nicht mit den Leistungen verbunden gewesen. Es lägen keine eng mit der Sozialfürsorge verbundene [X.]ienstleistungen i.S. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL vor.

[X.]er [X.] habe in seinem Urteil Finanzamt [X.] ([X.]:C:2020:811) ferner entschieden, dass eine Subunternehmertätigkeit im Auftrag einer nach nationalem Recht anerkannten [X.] Einrichtung für die eigene Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter nicht ausreiche. Im Streitfall seien die Leistungen durch die [[X.]] erbracht worden, die durch den nationalen Gesetzgeber nicht als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt worden sei. Folglich könnten diese Leistungen nicht unter die Steuerbefreiung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL fallen.

Entscheidungsgründe

II.

[X.]ie Revision ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). [X.]as [X.] hat zu Recht entschieden, dass die streitigen Leistungen des [X.] als Unternehmer steuerbar sind (dazu 1.). [X.]ie streitgegenständlichen Leistungen sind auch umsatzsteuerpflichtig. [X.]ie Verwaltungsleistungen sind weder nach § 4 Nr. 15a UStG (dazu 2.) noch nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL (dazu 3.) von der Umsatzsteuer befreit.

1. [X.]er Kläger ist Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG, da er nachhaltig und selbständig Leistungen gegen Entgelt erbracht hat. Als eingetragener Verein war er im Streitjahr eine juristische Person des Privatrechts, so dass seine Unternehmerstellung von § 2 Abs. 3 UStG a.F. unberührt ist (s. allgemein [X.]-Urteil vom [X.], [X.], 116, unter [X.], zu einem Zusammenschluss von Krankenkassen zu einer Genossenschaft). [X.]ass der Kläger als öffentliche Stelle des [X.] galt (§ 81 Abs. 3 Satz 1 des [X.] Sozialgesetzbuch i.V.m. § 35 Abs. 1 Satz 1 des [X.] und § 12 Satz 1 SGB I), führt nicht dazu, dass er für Zwecke des § 2 Abs. 3 UStG a.F. als juristische Person des öffentlichen Rechts anzusehen war.

2. Eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 15a UStG scheitert jedenfalls daran, dass die Verwaltungsleistungen nicht --wie es § 4 Nr. 15a UStG erfordert-- auf Gesetz beruhen.

a) Nach § 4 Nr. 15a UStG in der im Streitjahr geltenden Fassung sind die auf Gesetz beruhenden Leistungen der [X.] (§ 278 des [X.]) und des [X.] (§ 282 SGB V) untereinander und für die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung und deren Verbände steuerfrei. "Medizinischer [X.]ienst" sind die nach § 278 SGB V a.F. in jedem Land von den Landesverbänden der Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen, landwirtschaftlichen Krankenkassen und der Verbände der Ersatzkassen errichteten und gemeinsam getragenen Arbeitsgemeinschaften "Medizinischer [X.]ienst der Krankenversicherung" bzw. der gemäß § 282 SGB V a.F. auf [X.]ebene zur Koordinierung gebildete "Medizinische [X.]ienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen".

b) Zu den auf Gesetz beruhenden Leistungen gehören nicht die von dem Kläger auf vertraglicher Grundlage gegenüber den anderen [X.] übernommenen Leistungen.

[X.]ie auf Gesetz beruhenden Leistungen des [X.] ergeben sich aus § 275 Abs. 1 SGB V und aus §§ 18, 112 und 114 des [X.]. [X.] sind nur die auf Gesetz beruhenden Leistungen der Medizinischen [X.]ienste selbst (vgl. [X.]-Urteile vom [X.] - V R 72/99, [X.], 463, [X.], 554, unter II.3.; vom 08.10.2008 - V R 32/07, [X.], 184, [X.], 429, unter II.3.; [X.] in [X.]/Schauhoff/Achatz, Umsatzsteuerrecht für den [X.], 2019, Rz 13.26; [X.] in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4 Nr. 15a Rz 7). [X.]ie streitgegenständlichen Leistungen des [X.] sind diesem Bereich allerdings nicht zuzuordnen. Vielmehr übernimmt er Fremdaufgaben anderer Sozialleistungsträger, die als Hilfsgeschäfte einzustufen sind und die --wie das [X.] zutreffend entschieden [X.] nicht unter § 4 Nr. 15a UStG fallen (vgl. allgemein Lippross, Umsatzsteuer, 24. Aufl., S. 705; Huschens in Schwarz/Widmann/[X.], UStG, § 4 Nr. 15a Rz 14; [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 4 Nr. 15a Rz 23; [X.] in Rau/[X.]ürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr. 15a Rz 62). Solche Hilfsgeschäfte können nur im Fall von Lieferungen --die im Streitfall nicht [X.] nach § 4 Nr. 28 UStG steuerfrei sein (vgl. Lippross, a.a.[X.], S. 705). [X.]ie auf vertraglicher Grundlage erbrachten Leistungen sind aber nicht nach § 4 Nr. 15a UStG steuerfrei (so im Ergebnis auch Stadie, UStG, 3. Aufl., § 4 Nr. 15a Rz 2; wohl auch [X.] in [X.], UStG, § 4 Nr. 15a Rz 29).

3. Eine Steuerbefreiung kommt auch nicht nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL in Betracht.

a) Nach dieser Vorschrift befreien die Mitgliedstaaten "eng mit der Sozialfürsorge und der [X.] Sicherheit verbundene [X.]ienstleistungen ..., einschließlich derjenigen, die durch ... Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden".

aa) [X.]ie Steuerbefreiung knüpft an leistungs- und an personenbezogene Voraussetzungen an: Es muss sich um eng mit der Sozialfürsorge oder der [X.] Sicherheit verbundene Leistungen handeln, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen erbracht werden, die von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit im Wesentlichen sozialem Charakter anerkannt worden sind (vgl. [X.]-Urteile vom 18.08.2005 - V R 71/03, [X.], 543, [X.], 143, unter II.2.d cc, Rz 45 und 46; vom 07.12.2016 - XI R 5/15, [X.], 550; [X.]-Urteil [X.] und [X.] vom 26.05.2005 - [X.]/03, [X.]:C:2005:322, Rz 34).

bb) [X.]iese Steuerbefreiung kommt nicht "zwingend zur Anwendung". Erforderlich ist vielmehr, dass sich der Unternehmer --wie hier-- auf die Steuerbefreiung nach dem Unionsrecht beruft (vgl. z.B. [X.] vom 10.09.2002 - [X.]/00, [X.]:[X.], Rz 51; [X.] vom 15.11.2012 - [X.]/11, [X.]:[X.], Rz 32; [X.]-Urteile vom 19.10.2011 - XI R 16/09, [X.], 532, [X.], 371, Rz 24 f.; vom 16.10.2013 - XI R 19/11, [X.], 190, Rz 21; vom 29.07.2015 - XI R 35/13, [X.], 91, [X.], 797, Rz 15; vom 16.09.2015 - XI R 27/13, [X.], 252, Rz 37; [X.] vom 31.07.2019 - XI B 15/19, [X.], 1259).

b) [X.]ie Leistungen des [X.] sind aber nicht "eng mit der Sozialfürsorge und der [X.] Sicherheit verbundene [X.]ienstleistungen".

aa) [X.]ie Rechtsprechung hat diesen Tatbestandsbereich konkretisiert. So gehören dazu insbesondere Leistungen der ambulanten Pflege (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 24), namentlich die hauswirtschaftliche Versorgung (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 44; [X.]-Urteil vom 18.01.2005 - V R 99/01, [X.] 2005, 1392, unter [X.], Rz 25), das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung und das Waschen der Kleidung (vgl. [X.]-Urteil vom 22.04.2004 - V R 1/98, [X.], 514, [X.], 849, unter [X.], Rz 36), die Gestellung einer Haushaltshilfe (vgl. [X.]-Urteil vom 30.07.2008 - XI R 61/07, [X.], 134, [X.], 68, unter [X.]b, Rz 13), Leistungen der Kinderbetreuung (vgl. [X.]-Urteil [X.] vom 09.02.2006 - [X.]/04, [X.]:[X.], Rz 27), [X.] im Rahmen der Eingliederungshilfe (vgl. [X.]-Urteile in [X.], 543, [X.], 143, unter II.2.d cc (1), Rz 48; vom 01.02.2007 - V R 34/05, [X.] 2007, 1201, unter [X.], Rz 28) oder Betreuungsleistungen (vgl. [X.]-Urteile vom 17.02.2009 - XI R 67/06, [X.], 183, [X.], 967; vom 25.04.2013 - V R 7/11, [X.], 475, [X.], 976, Rz 17; in [X.], 190). In Bezug auf die Tätigkeit der [X.] hat der [X.] und nachfolgend der [X.] entschieden, dass auch das Erbringen von gutachterlichen Leistungen --selbst wenn sie im Auftrag eines [X.] erbracht werden-- eng mit der Sozialfürsorge und der [X.] Sicherheit verbundene Umsätze sind (vgl. [X.]-Urteil Finanzamt [X.], [X.]:C:2020:811, Rz 34; [X.]-Urteil vom 24.02.2021 - XI R 30/20 (XI R 11/17), zur amtlichen [X.] bestimmt, [X.]er Betrieb --[X.]B-- 2021, 1513).

bb) [X.]agegen gehören Verwaltungstätigkeiten nicht zu diesem Bereich. So hat der [X.] entschieden, dass die Gestellung von Personal keine mit der Sozialfürsorge und der [X.] Sicherheit eng verbundene [X.]ienstleistung ist (vgl. [X.] vom 22.07.2015 - V R 20/12, [X.] --UR-- 2015, 877, Rz 3; [X.]-Urteil vom 14.01.2016 - V R 56/14, [X.], 792, Rz 18; jeweils m.w.[X.]; s.a. [X.] in [X.]/Schauhoff/Achatz, a.a.[X.], Rz 13.19). Ebenfalls steuerpflichtig sind allgemeine Geschäftsführungs- und Verwaltungsleistungen (vgl. [X.]-Urteile vom 23.07.2009 - V R 93/07, [X.], 435, [X.], 735, Rz 34; in [X.], 550; [X.] vom 10.04.2019 - XI R 11/17, [X.]E 264, 478, [X.], 683, Rz 50).

cc) [X.]ie hier zu beurteilenden Leistungen des [X.] für die anderen [X.] stellen in diesem Sinne Verwaltungsleistungen dar und sind als solche daher nicht eng mit der Sozialfürsorge und der [X.] Sicherheit verbundene Umsätze. Sie werden --entgegen der Auffassung der [X.] in ähnlicher Weise wie die Leistungen eines Schreibbüros oder Unternehmens, das Akten verwaltet, erbracht.

c) [X.]es Weiteren fehlt es auch an der Unerlässlichkeit der streitigen Leistungen für die der Sozialfürsorge und der [X.] Sicherheit unterfallenden Umsätze.

aa) Nach dem [X.]-Urteil Finanzamt [X.] ([X.]:C:2020:811, Rz 31; vgl. auch [X.]-Urteil in [X.]B 2021, 1513) setzt das Leistungsmerkmal "eng mit der Sozialfürsorge und der [X.] Sicherheit verbunden" in Anbetracht der Regelung des Art. 134 Buchst. a MwStSystRL voraus, dass die betreffenden Lieferungen von Gegenständen bzw. [X.]ienstleistungen jedenfalls für die der Sozialfürsorge und der [X.] Sicherheit unterfallenden Umsätze unerlässlich sein müssen.

bb) [X.]aran fehlt es. [X.]ie Verwaltungsleistungen können auch von anderen Wirtschaftsteilnehmern erbracht werden. [X.]abei kann die erforderliche Beachtung von [X.]atenschutzregelungen auch von externen Unternehmern gewährleistet werden (vgl. dazu auch [X.]-Urteil vom 06.09.2018 - V R 30/17, [X.], 54, Rz 14). Zudem spricht auch die Tatsache, dass andere als die im Streitfall betroffenen [X.] diese Leistungen im Rahmen ihrer Aufgaben selbst erbringen, dafür, dass solche [X.]ienstleistungen durch den Kläger für die der Sozialfürsorge und der [X.] Sicherheit unterfallenden Umsätze nicht unerlässlich sind.

d) [X.]ass die medizinischen Gutachten der Vertragspartner des [X.], an deren Erstellung der Kläger als Subunternehmer mitgewirkt hat, als eng mit der Sozialfürsorge zusammenhängende Leistungen umsatzsteuerfrei sein können (vgl. dazu [X.]-Urteil in [X.]B 2021, 1513), führt im Streitfall ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung. [X.]ie hier zu beurteilenden Leistungen des [X.] an seine Vertragspartner sind insbesondere nicht Teil eines einheitlichen steuerfreien Leistungsbündels der Vertragspartner des [X.] an die Stellen, die die Gutachten in Auftrag gegeben haben; denn mehrere Leistungen können (auch unter dem Gesichtspunkt von Haupt- und Nebenleistung) nur dann zu einer einheitlichen Leistung "verschmolzen" werden, wenn die Leistungen von ein und demselben Leistenden gegenüber ein und demselben Leistungsempfänger erbracht werden (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 14.05.2014 - XI R 13/11, [X.]E 245, 424, [X.], 734, Rz 37, m.w.[X.]; vom 03.08.2017 - V R 15/17, [X.]E 258, 566, Rz 18; [X.], [X.], 289 ff.; Klenk in Rau/[X.]ürrwächter, a.a.[X.], § 4 Nr. 10 Rz 66, 80 ff.). [X.]ies ist vorliegend insoweit nicht der Fall. Empfänger der Leistungen des [X.] waren seine Vertragspartner als Gutachtenersteller.

4. Sonstige Rechtsfehler der angefochtenen Vorentscheidung sowie des angefochtenen Bescheids sind nicht ersichtlich.

5. [X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

XI R 31/20 (XI R 34/18), XI R 31/20, XI R 34/18

21.04.2021

Bundesfinanzhof 11. Senat

Urteil

§ 4 Nr 15a UStG 2005, Art 132 Abs 1 Buchst g EGRL 112/2006, § 2 Abs 1 UStG 2005, § 2 Abs 3 UStG 2005, § 81 Abs 3 S 1 SGB 10

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.04.2021, Az. XI R 31/20 (XI R 34/18), XI R 31/20, XI R 34/18 (REWIS RS 2021, 6706)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 6706

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