Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.06.2014, Az. 27 W (pat) 65/13

27. Senat | REWIS RS 2014, 4847

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Antenne Bayern Weihnachtstrucker/Weihnachtstrucker" – zur Kennzeichnungskraft – Dienstleistungsidentität und -ähnlichkeit – teilweise unmittelbare Verwechslungsgefahr – teilweise Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt einer selbständig kennzeichnenden Stellung


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke Nr. 30 2011 055 928

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] am 17. Juni 2014 durch [X.] [X.], [X.] [X.] und und [X.] k.A. Schmid

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde des Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 41 des [X.] vom 18. Februar 2013 und vom 24. Juli 2013 aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Marke Nr. 30 2011 045 135.4 hinsichtlich folgender Dienstleistungen der angegriffenen Marke zurückgewiesen worden:

Erstellen, Verwalten (Büroarbeiten), Herausgabe, Verbreitung und Vermittlung von Werbeanzeigen sowie von Werbetexten; organisatorische Beratung auf dem Gebiet des [X.], Entgegennahme, Verbreitung von Werbeanzeigen (soweit in Klasse 35 enthalten); Werbevermarktung, nämlich Verbreitung von Werbetexten und Werbeanzeigen; Public Relations (Öffentlichkeitsarbeit); Markt- und Meinungsforschung; Werbung durch Mitteilungen an die Öffentlichkeit mit Erklärungen und Anzeigen durch alle Mittel der Verbreitung, insbesondere Erstellung und/oder Aktualisierung von Werbekonzepten und Herausgabe für Dritte, Hörfunk- und Fernsehwerbung, Kinowerbung, Plakatanschlagwerbung; Sponsoring in Form von Werbung; Vermittlung von Werbe- und Förderverträgen für Firmen und Veranstaltungen; Förderung kultureller Aktivitäten und Hilfsaktivitäten durch Werbung und Vermittlung von Werbe- und Förderverträge für Dritte;

Finanzwesen, Sammeln von Spenden für Dritte und für Wohltätigkeitszwecke;

Unterhaltung; Planung und Durchführung von Veranstaltungen unterhaltender und kultureller Art, insbesondere auf dem Gebiet der [X.]; Durchführung von Live-Veranstaltungen; Organisation und Durchführung von Wohltätigkeitsveranstaltungen; Veranstaltung von Unterhaltungsshows; Verteilung von Informationsmaterial.

In diesem Umfang wird die Marke Nr. 30 2011 055 928 gelöscht.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde der Widersprechende zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Gegen die am 13. Oktober 2011 angemeldete und am 16. Dezember 2011 eingetragene Wortmarke Nr. 30 2011 055 928

2

Antenne [X.] [X.]er

3

hat die Inhaberin der am 5. August 2011 angemeldeten und am 12. Oktober 2011 eingetragenen Wortmarke Nr. 30 2011 045 135

4

[X.]er

5

in vollem Umfang Widerspruch erhoben.

6

Die angegriffene Marke ist für folgende Dienstleistungen eingetragen:

7

[X.]asse 35:

8

Erstellen, Verwalten (Büroarbeiten), Herausgabe, Verbreitung und Vermittlung von Werbeanzeigen sowie von Werbetexten; organisatorische Beratung auf dem Gebiet des [X.], Entgegennahme, Verbreitung von Werbeanzeigen (soweit in [X.]asse 35 enthalten); Werbevermarktung, nämlich Verbreitung von Werbetexten und Werbeanzeigen; Public Relations (Öffentlichkeitsarbeit); Markt- und Meinungsforschung; Werbung durch Mitteilungen an die Öffentlichkeit mit Erklärungen und Anzeigen durch alle Mittel der Verbreitung, insbesondere Erstellung und/oder Aktualisierung von Werbekonzepten und Herausgabe für Dritte, Hörfunk- und Fernsehwerbung, Kinowerbung, Plakatanschlagwerbung; Sponsoring in Form von Werbung; Vermittlung von Werbe- und Förderverträgen für Firmen und Veranstaltungen; Förderung kultureller Aktivitäten und Hilfsaktivitäten durch Werbung und Vermittlung von Werbe- und Förderverträgen für Dritte;

9

[X.]asse 36:

Finanzwesen, Sammeln von Spenden für Dritte und für [X.];

[X.]asse 39:

Transportwesen; Verpackung und Lagerung von Waren;

[X.]asse 41:

Herausgabe, Veröffentlichung von Texten (ausgenommen Werbetexten), Plakaten (ausgenommen für Werbezwecke), Druckschriften (ausgenommen für Werbezwecke), auch gespeichert auf elektronischen Medien; Produktion von Hörfunkprogrammen; Zusammenstellung von Hörfunkprogrammen; [X.]; Erziehung, Ausbildung; Unterhaltung; Planung und Durchführung von Veranstaltungen unterhaltender und kultureller Art, insbesondere auf dem Gebiet der [X.]; Durchführung von Live-Veranstaltungen; Organisation und Durchführung von Wohltätigkeitsveranstaltungen; Veranstaltung von Unterhaltungsshows; Auskünfte über Veranstaltungen (Unterhaltung); Verteilung von Informationsmaterial.

Die Widerspruchsmarke genießt Schutz für die Dienstleistungen:

[X.]asse 35:

Organisation und Veranstaltung von Werbeveranstaltungen; Präsentation von Firmen im [X.] und anderen Medien; Zusammenstellung von Daten in Computerdatenbanken; Werbung; Aktualisierung von Werbematerial; Meinungsforschung; Öffentlichkeitsarbeit [Public Relations]; Sponsoring in Form von Werbung; Vermietung von Werbeflächen; Vermietung von Werbeflächen im [X.];

[X.]asse 36:

Sammeln von Spenden für Dritte und [X.]

[X.]asse 39:

Transportwesen; Transport zu Wasser, Land oder Luft sowie Auslieferung und Zustellung von Gütern, Waren und Paketen; Dienstleistungen einer Spedition [Güterbeförderung]; Dienstleistungen eines Fuhrunternehmers [Güterbeförderung]; Einlagerung und Einpacken von Waren; Logistik-Dienstleistungen auf dem Transportsektor.

Die Markenstelle für [X.]asse 41 hat den Widerspruch mit Beschlüssen vom 18. Februar 2013 und - im Erinnerungsverfahren - vom 24. Juli 2013 zurückgewiesen, da zwischen den Marken keine [X.] bestehe.

Nach der Begründung des [X.] halte die angegriffene Marke selbst bezogen auf identische und sehr ähnliche Dienstleistungen den notwendigen [X.] gegenüber der durchschnittlich kennzeichnungskräftigen Widerspruchsmarke ein. Insbesondere werde die angegriffene Marke als zusammengehöriger Begriff verstanden, dessen Gesamteindruck nicht durch den Bestandteil „[X.]er“ geprägt werde. [X.] träten zwar in der Regel gegenüber weiteren Bestandteilen zurück. Da die Komponente „[X.]er“ für weihnachtliche Aktionen, die durch Trucker oder gleichbedeutend Lastwagenfahrer ausgeführt werden, eher kennzeichnungsschwach sei, werde die Unternehmensbezeichnung im Gesamteindruck nicht vernachlässigt.

Auch assoziative [X.] bestehe nicht. Der kennzeichnungsschwache Bestandteil „[X.]er“ weise nicht zwingend auf die Widersprechende hin. Der Begriff „[X.]“ sei bereits in Zusammenhang der Werbemaßnahme eines bekannten Limonadenherstellers nachweisbar.

In der Begründung der hiergegen gerichteten Beschwerde wendet die [X.] ein, der Bestandteil „[X.]er“ der jüngeren Marke verfüge bezogen auf die beanspruchten Dienstleistungen über uneingeschränkte originäre Kennzeichnungskraft und präge daher den Gesamteindruck der jüngeren Marke. Hiervon sei die Markenstelle auch im Zusammenhang der Bewertung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen.

Der Bestandteil „[X.]er“ nehme in der angegriffenen Marke jedenfalls eine selbstständig kennzeichnende Stellung ein. Die Sachlage entspreche einer typischen Markenusurpation im Sinn der „[X.]“ - Rechtsprechung des [X.], da die angegriffene Marke der ältere Marke „[X.]er“ übernehme und lediglich durch die Unternehmensbezeichnung „Antenne [X.]“ ergänze. Jedenfalls rechne das Publikum die fraglichen Dienstleistungen unter diesen Umständen wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen zu. Waren- bzw. Dienstleistungsidentität sei in diesem Zusammenhang nicht zwingend erforderlich.

Der Widersprechende beantragt,

die Beschlüsse der Markenstelle für [X.]asse 41 vom 24. Juli 2013 und vom 18. Februar 2013 aufzuheben und die Marke in vollem Umfang zu löschen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Markeninhaberin führt aus, der Begriff „[X.]er“ sei eindeutig beschreibenden Inhalts. [X.] werde unter diesen Umständen durch die weiteren Zeichenelemente „Antenne [X.]“ ausgeräumt.

II.

Nachdem die Beteiligten zuletzt davon abgesehen haben, eine mündliche Verhandlung zu beantragen, und der Senat eine solche nicht für erforderlich erachtet, kann über die Beschwerde im schriftlichen Verfahren entschieden werden (§ 69 [X.]). Die Beteiligten hatten ausreichend Zeit, sich zur Sache zu äußern.

Die zulässige Beschwerde hat teilweise Erfolg. Die angegriffene Marke ist teilweise wegen [X.] nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 42 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zu löschen.

Dem Begriff der [X.] liegt eine Wechselwirkung zwischen [X.] im Einzelfall erheblichen Faktoren zugrunde, insbesondere dem Grad der [X.] der Widerspruchsmarke sowie dem Grad der Ähnlichkeit zwi-schen den Streitmarken und zwischen den damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen (vgl. [X.] GRUR 1998, 387, 389 – Sabèl/[X.]; [X.], 859, 860 – Malteserkreuz).

1. Die originäre Kennzeichnungskraft einer Marke wird durch ihre Eignung bestimmt, sich unabhängig von der Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen (vgl. [X.], 930 Rn. 27 – [X.]/[X.]). Der Grad der Kennzeichnungskraft der Marke ist jeweils bezogen auf die konkreten Waren oder Dienstleistungen, auf die der Schutz sich bezieht, festzustellen und kann für mehrere registrierte Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich zu bemessen sein (vgl. [X.], 484 Rn. 83 – [X.]). Ohne andere Anhaltspunkte ist von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen.

a) Bezogen auf die Dienstleistungen

Transportwesen; Transport zu Land sowie Auslieferung und Zustellung von Gütern, Waren und Paketen; Dienstleistungen einer Spedition [Güterbeförderung]; Dienstleistungen eines Fuhrunternehmers [Güterbeförderung]; Einlagerung und Einpacken von Waren; Logistik-Dienstleistungen auf dem Transportsektor

entbehrt das eingetragene Widerspruchszeichen jeglicher Unterscheidungskraft im Sinn von 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.], da das Zeichen lediglich die Beschaffenheit der angebotenen und zugehöriger Dienstleistungen angibt. Allerdings ist im Wider-spruchsverfahren der Eintragung der Marke Rechnung zu tragen und muss daher zugunsten der Widersprechenden ein an der untersten Grenze der Schutzfähigkeit anzusetzender Kennzeichnungsgrad zugrunde gelegt werden (vgl. [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., 14 Rn. 535).

Der [X.] „-trucker“ entspricht ungeachtet der englischsprachigen Herkunft unbestritten auch im inländischen Sprachgebrauch dem Wort „Lastkraftwagen- oder Fernfahrer“ (vgl. [X.] online). Der Ausdruck wird von den Angehörigen der Berufsgruppe selbst umfangreich verwendet (vgl. zahlreiche Truckerforen, -veranstaltungen und sonstige spezifische Online-Angebote: trucker.de, truckerladen.de) und ist der Öffentlichkeit, u.a. durch markante Wesenszüge der „Truckerkultur“ weithin bekannt.

In Zusammenhang mit dem Wortbestandteil „Weihnachten-“ bezeichnet der Begriff vorrangig den Zeitpunkt der Ausübung der Tätigkeit. Darüber hinaus wohnt dem Element „Weihnachts-“ auch eine sachliche Aussage insofern inne, als Transport- und Logistikleistungen zur [X.] spezifischen Anforderungen unterliegen (Termindruck, hohe Nachfrage, ggf. schwierige Wetterbedingungen).

Der Begriff vermittelt eine sprachübliche, sinnfällige und in Zusammenhang werblicher Ansprache des Publikums hinreichend informative Aussage zum [X.] eines derartigen Anbieters, nämlich dahin, dass diese Dienstleistungen durch einen Lastkraftwagenfahrer ausgeführt werden, der den zur [X.] gegebenen Anforderungen Rechnung trägt.

Auch die personalisierte Wortform „Trucker“ bewirkt so wenig wie andere Angaben, die nur den Funktionskreis eines beliebigen Anbieters bestimmen, eine Unterscheidung einzelner Anbieter derselben Leistungen (vgl. z.B. [X.], 30 W (pat) 71/11 –[X.]; [X.] v. 23. Januar 2014, 30 W (pat) 31/12 – [X.] FUTURE COMPANY).

b) Hinsichtlich der Dienstleistungen „Sammeln von Spenden für Dritte und [X.]“ greift dagegen keine maßgebende Einschränkung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke Platz.

In diesem Zusammenhang kommt dem Zeichenbegriff keine unmittelbar leistungsbeschreibende Bedeutung zu. Dem Ausdruck ist im Kontext dieser Dienstleistung zwar zu entnehmen, dass ein Lastkraftwagenfahrer die Annahme und/oder den Transport von Spenden übernimmt. Diese Aussage berührt allerdings lediglich die tatsächliche Ausführung einer Spendensammlung. Ob das Spendengut von einem [X.] oder dem Fahrer eines anderen Transportmittels gesammelt und transportiert wird, ist für einen Spender regelmäßig keine relevante sachliche Information. Im Vordergrund stehen insofern der Zweck und die wirtschaftliche Verantwortung für die sachgerechte Verwendung einer Spende.

Unter Einbeziehung auch des Bestandteils „Weihnachts-“, der hier vorrangig als Hinweis auf den [X.] begriffen wird, verweist das Zeichen bildhaft auf eine Spendenzuwendung und mag insofern über sprechenden Gehalt verfügen. Der Anerkennung normaler Kennzeichnungskraft steht dies aber nicht entgegen (vgl. [X.]/[X.], a.a.[X.], § 14 Rn. 563).

Zwar konnten einzelne Beispiele für sachbezogene Verwendungen von Begriffen wie Spenden-, Hilfstruck und auch [X.] ermittelt werden. Allerdings handelt es sich hier vorrangig um kennzeichenmäßige Verwendungen und um singuläre Sachangaben, die aufgrund des erläuternden Sachzusammenhangs als solche wahrgenommen werden.

2. a) Bei Gegenüberstellung der Vergleichsmarken in ihrer Gesamtheit verhindert der in der jüngeren Marke über den mit der Widerspruchsmarke übereinstimmenden Begriff „[X.]er“ hinaus enthaltene weitere Bestandteil „Antenne [X.]“ unmittelbare Verwechslungen in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht.

Im Einzelfall kann die besondere Funktion eines Bestandteils als Erstmarke das  Publikum veranlassen, im Rahmen der Würdigung des Gesamteindrucks eines Zeichens den

Die Zeichenkomponente „Antenne [X.]“ ist unbedenklich angesichts der charakteristischen Wortbildung bestehend aus „Antenne – Ortsangabe“ aus sich heraus als Unternehmenshinweis eines Radiosenders erkennbar. Das Publikum erwartet im originären Wirkungsbereich eines Radioanbieters überdies eine Mehrzahl von Zweitmarken, die zur markenmäßigen Unterscheidung verschiedener Angebote desselben Trägers dienen. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Produktion und Ausstrahlung von Rundfunkprogrammen. Insofern entspricht die  Differenzierung bestimmter Sendungsangebote der dem Publikum vertrauten Übung. Angesichts der Finanzierung privater Rundfunksender auf der Grundlage von Werbeeinnahmen pflegen Radioanbieter auch umfangreiche und differenzierte Anzeigentätigkeit zu entfalten, die überdies eng an den Programminhalt gekoppelt sein kann, so dass auch insofern mit der Verwendung von Zweitmarken gerechnet wird.

Insofern ist aus Gründen praktikabler Wiedergabe des Zeichens mit einer Verkürzung des mehrteiligen Marke auf das kennzeichnungskräftige und als eigentliche Produktbezeichnung wirkende Element „[X.]er“ zu rechnen, ohne dass Anhaltspunkte für eine Heranziehung der Erstmarke als Unterscheidungshilfe bestehen.

Abweichend verhält es sich außerhalb dieses Bereichs dem originären Tätigkeitsfeld zurechenbarer Dienstleistungen. Insofern erwartet das Publikum von einem Rundfunksender [X.]falls eine punktuelle gewerbliche Betätigung. Mit einer größeren Anzahl von Zweitmarken rechnet das Publikum in diesem Zusammenhang hier regelmäßig nicht. Gegen eine untergeordnete Bedeutung der Erstmarke spricht in diesem Zusammenhang auch, dass die Marke hier hauptsächlich im Zusammenhang von Sonderaktionen genutzt wird, zu deren Gunsten die Bekanntheit eines Radiosenders gezielt eingesetzt wird, um eine stärkere Öffentlichkeitswirkung zu erreichen. Dadurch kommt der Erstmarke hier herausgehobene Bedeutung zu und tritt auch deswegen nicht zurück.

Nach diesen Grundsätzen kann eine den Gesamteindruck prägende und damit kollisionsbegründende Stellung des Bestandteils „[X.]er“ in der Kombinationsmarke „Antenne [X.] [X.]er“ nur teilweise angenommen werden, nämlich in Bezug auf solche Dienstleistungen, die originär einem Radiosender zuzuordnen sind, nämlich [X.]assen 35 u. 41:

Herausgabe, Verbreitung von Werbeanzeigen; Entgegennahme, Verbreitung von Werbeanzeigen (soweit in [X.]asse 35 enthalten); Werbevermarktung, nämlich Verbreitung von Werbetexten und Werbeanzeigen; Werbung durch Mitteilungen an die Öffentlichkeit mit Erklärungen und Anzeigen durch alle Mittel der Verbreitung, insbesondere Erstellung und/oder Aktualisierung von Werbekonzepten und Herausgabe für Dritte, Hörfunk- und Fernsehwerbung; Förderung kultureller Aktivitäten und Hilfsaktivitäten durch Werbung

Produktion von Hörfunkprogrammen; Zusammenstellung von Hörfunkprogrammen; [X.]; Unterhaltung; Planung und Durchführung von Veranstaltungen unterhaltender und kultureller Art, insbesondere auf dem Gebiet der [X.]; Durchführung von Live-Veranstaltungen; Organisation und Durchführung von Wohltätigkeitsveranstaltungen; Veranstaltung von Unterhaltungsshows; Auskünfte über Veranstaltungen (Unterhaltung).

Nachdem der Bestandteil „[X.]er“ den Gesamteindruck der angegriffenen Marke insoweit prägt und die Zeichen im Bestandteil „[X.]er“ übereinstimmen, ist in diesem Teilbereich eine ausgeprägte Markenähnlichkeit festzustellen.

2. b) Bei hoher Markenähnlichkeit im Bereich der genannten Dienstleistungen der jüngeren Marke ist [X.] hier ausgehend von insoweit durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke jedenfalls bei mittlerer Ähnlichkeit der Dienstleistungen gegeben.

Die genannten Dienstleistungen der [X.]. 35 der angegriffenen Marke sind ohne Weiteres identisch oder sehr ähnlich gegenüber der Dienstleistung „Werbung“ der älteren Marke.

Die für die angegriffene Marke registrierten Dienstleistungen der [X.]. 41

Unterhaltung; Planung und Durchführung von Veranstaltungen unterhaltender und kultureller Art, insbesondere auf dem Gebiet der [X.]; Durchführung von Live-Veranstaltungen; Organisation und Durchführung von Wohltätigkeitsveranstaltungen; Veranstaltung von Unterhaltungsshows

weisen hinreichende Berührungspunkte zu „Organisation und Veranstaltung von Werbeveranstaltungen“ ([X.]. 35) der Widerspruchsmarke auf, da auch Werbeveranstaltungen häufig unterhaltenden Charakter haben und ggf. auch über „Showelemente“ verfügen.

Zwischen „Produktion von Hörfunkprogrammen; Zusammenstellung von Hörfunkprogrammen; [X.]“ einerseits und den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke „Organisation und Veranstaltung von Werbeveranstaltungen; Präsentation von Firmen im [X.] und anderen Medien; Werbung“ besteht trotz gewisser Berührungspunkte hinsichtlich der Art der Tätigkeit noch hinreichender Abstand. Die Zuordnung der Leistungen wird in der Öffentlichkeit trotz möglicher tatsächlicher Überschneidungen unterschieden. Die Dienstleistungen sprechen andere [X.] an, einerseits den Hörerkreis, anderseits die Aufraggeber der Werbeleistungen.

„Auskünfte über Veranstaltungen (Unterhaltung)“ liegt außerhalb des [X.] zu Dienstleistungen der Widerspruchsmarke.

Aufgrund der Prägung der angegriffenen Marke durch den Bestandteil „[X.]er“ und darauf beruhender [X.] gegenüber der Widerspruchsmarke war die angegriffene Marke daher bezogen auf

Herausgabe, Verbreitung von Werbeanzeigen; Entgegennahme, Verbreitung von Werbeanzeigen (soweit in [X.]asse 35 enthalten); Werbevermarktung, nämlich Verbreitung von Werbetexten und Werbeanzeigen; Werbung durch Mitteilungen an die Öffentlichkeit mit Erklärungen und Anzeigen durch alle Mittel der Verbreitung, insbesondere Erstellung und/oder Aktualisierung von Werbekonzepten und Herausgabe für Dritte, Hörfunk- und Fernsehwerbung; Förderung kultureller Aktivitäten und Hilfsaktivitäten durch Werbung

Unterhaltung; Planung und Durchführung von Veranstaltungen unterhaltender und kultureller Art, insbesondere auf dem Gebiet der [X.]; Durchführung von Live-Veranstaltungen; Organisation und Durchführung von Wohltätigkeitsveranstaltungen; Veranstaltung von Unterhaltungsshows

zu löschen.

3. Weiter ist möglich, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke aufgenommen wird, eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es die Wahrnehmung der zusammengesetzten Kennzeichnung dominiert oder prägt. Bei Identität oder Ähnlichkeit dieses selbständig kennzeichnenden Bestandteils mit einem Zeichen älteren Zeitrangs kann [X.] gegeben sein, weil dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen ([X.] GRUR 2005, 1042 Rn. 31 – [X.]; [X.], 322 Rn. 18 – Malteserkreuz I).

Eine selbständig kennzeichnende Stellung kommt dem Bestandteil „[X.]er“ insoweit nicht zu, als der Ausdruck bezogen auf die Dienstleistungen der [X.]. 39 nicht schutzfähig ist (siehe oben 1. a)). Zwar kann geringe Kennzeichnungskraft gegebenenfalls noch eine selbständig kennzeichnende Stellung tragen (vgl. [X.], 258, 261 – INTERCONNECT/T-InterConnect; [X.], 905, 908 – [X.]), eine schutzunfähige Angabe vermag demgegenüber keine kennzeichnende Funktion auszuüben.

Im Übrigen, d.h. bezogen auf die Dienstleistungen der [X.]assen 35, 36 und 41, soweit hier nicht der Komponente „[X.]er“ bereits prägende Bedeutung zukommt (s.o. 2.), nimmt jedoch das insoweit hinreichend kennzeichnungskräftige Zeichen „[X.]er“ innerhalb des zusammengesetzten angegriffenen Marke, in die zusätzlich die Unternehmensbezeichnung der Markeninhaberin aufgenommen worden ist, eine selbständig kennzeichnende Stellung ein.

Eine davon abweichende Bewertung ergibt sich auch nicht daraus, dass das Zeichen „Antenne [X.]“ hier außerhalb des Kerngeschäfts des Unternehmens im Bereich „Radiounterhaltung“ genutzt wird. Dies beeinflusst die Erkennbarkeit und das Verständnis als Firmenhinweis nicht. Der Umstand, dass dieses Zeichen, dessen Image hier ggf. im Bereich von Sonderaktionen genutzt wird, gleichwohl neben dem Produktzeichen herangezogen wird, kommt es hier nicht an, EUGH [X.]: „… ohne dass es die Wahrnehmung der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt ...“).

[X.] unter diesem Gesichtspunkt setzt identische oder hochgradig ähnliche Waren/Dienstleistungen voraus (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 9 Rn. 420).

Die lässt sich nur bezogen auf folgende der – nach Maßgabe von verbliebenen – Dienstleistungen feststellen:

[X.]asse 35:

Erstellen, Verwalten (Büroarbeiten), Vermittlung von Werbeanzeigen sowie von Werbetexten; organisatorische Beratung auf dem Gebiet des [X.]; Public Relations (Öffentlichkeitsarbeit); Markt- und Meinungsforschung; Kinowerbung, Plakatanschlagwerbung; Sponsoring in Form von Werbung; Vermittlung von Werbe- und Förderverträgen für Firmen und Veranstaltungen

[X.]asse 36:

Finanzwesen, Sammeln von Spenden für Dritte und für [X.];

[X.]asse 41:

Verteilung von Informationsmaterial.

Der Beschwerde war daher teilweise stattzugeben.

Zur Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bestand kein Anlass, vgl. § 71 Abs. 1 [X.].

Meta

27 W (pat) 65/13

17.06.2014

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.06.2014, Az. 27 W (pat) 65/13 (REWIS RS 2014, 4847)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4847

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