Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.06.2020, Az. IV ZR 212/19

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 11566

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[X.]:[X.]:BGH:2020:030620UIVZR212.19.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IV ZR 212/19
Verkündet am:

3. Juni 2020

Heinekamp

Amtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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Der IV. Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], den Richter [X.], die Richterinnen [X.] und [X.] im schriftlichen Ver-fahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 13. Mai 2020

für Recht erkannt:

Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des [X.] -
7.
Zivilsenat
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vom 11.
Juli 2019 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als auf die Be-rufung der Klägerin das Urteil des [X.]

18.
Zivilkammer
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vom 19.
Dezember 2018 teilweise [X.] und die Beklagte verurteilt worden ist, an die Klägerin 2.096,65

Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.
Juni 2016 zu zahlen. Die Berufung der Klägerin wird auch insoweit zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 2.096,65

Von Rechts wegen
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Tatbestand:

Die Klägerin fordert von der [X.] aus ungerechtfertigter Be-reicherung Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge und Heraus-gabe von Nutzungen.

Die Parteien schlossen im Jahr 2004 einen Vertrag über eine Ren-tenversicherung mit Kapitalwahlrecht im Erlebensfall und Todesfallleis-tung ab Rentenbeginn (sechzehnfacher Jahresbetrag der garantierten Rente abzüglich bereits gezahlter, ab Rentenbeginn garantierter Renten) nach dem sogenannten [X.] des §
5a [X.] in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden: §
5a [X.] a.F.) ab.

Mit Schreiben vom 20.
April 2015 erklärte die Klägerin den [X.] gemäß §
5a [X.] a.F.

Im März 2017 kündigte die Klägerin den Versicherungsvertrag und erhielt einen Rückkaufswert in Höhe von 14.735,30

Mit der Klage verlangt sie Rückzahlung ihrer auf den Vertrag ge-leisteten Beiträge abzüglich Risikokosten und Rückkaufswert sowie [X.] von Nutzungen, insgesamt 7.973,12

gerichtlicher Rechtsanwaltskosten und Zahlung von Verzugszinsen.

Die Klägerin meint, die Widerspruchsfrist nach §
5a [X.] a.F. sei wegen formaler und inhaltlicher Mängel der Widerspruchsbelehrung so-wie wegen Unvollständigkeit der Verbraucherinformation nicht in Gang gesetzt worden.

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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat ihr unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Klägerin in Höhe von 2.096,65

stattgegeben. Mit der Revision [X.] die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg.

[X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung

soweit für die Revision der
[X.] relevant -
ausgeführt, der Kläge-rin stehe ein Anspruch auf Erstattung geleisteter Prämien sowie Heraus-gabe gezogener Nutzungen aus §§
812 Abs.
1 Satz
1, 818 Abs.
1 BGB in Höhe von insgesamt 2.096,65

noch im [X.] wirksam ausüben können. Zwar sei der Klägerin eine formell und inhaltlich ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilt worden. Aber die ihr überlassene Verbraucherinformation nach §
10a [X.] in der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gültigen Fassung (im Folgenden: [X.] a.F.) sei unvollständig gewesen. Es fehle die nach Ab-schnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) bis d) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. erforder-liche Angabe über das Ausmaß, in dem Rückkaufswerte garantiert [X.].

I[X.] Hiergegen wendet sich die Revision zu Recht.

1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts konnte die nach dessen revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen 7
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ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht belehrte Klägerin den [X.] nicht wegen Unvollständigkeit der Verbraucherinformation noch im [X.] wirksam erklären.

a) Der Beginn der in §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F. bestimmten vier-zehntägigen Widerspruchsfrist gemäß §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F. setzt zwar unter anderem voraus, dass dem Versicherungsnehmer die [X.] nach §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F., darunter auch die [X.] nach §
10a [X.] a.F., vollständig vorliegen.

aa) Die der Klägerin überlassene Verbraucherinformation war aber nicht, wie das Berufungsgericht meint, deshalb unvollständig, weil eine Angabe dazu fehlte, ob und in welchem Umfang Rückkaufswerte über-haupt garantiert wurden. Zu der notwendigen Verbraucherinformation nach §
10a Abs.
1 [X.] a.F. gehörten bei Lebensversicherungen und [X.] mit [X.] gemäß Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. die Angabe der [X.] und nach Buchst. d) dieser Bestimmung Angaben über das [X.], in dem Rückkaufswerte garantiert sind. Im Streitfall fehlt es an ga-rantierten [X.] im Sinne von Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) und d) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. Nach den vom Berufungsgericht zum Inhalt des abgeschlossenen Versicherungsvertrages getroffenen Fest-stellungen hat die Beklagte der Klägerin keine Rückkaufswerte in [X.] Höhe vertraglich zugesagt. Darüber hat die Beklagte entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts in der im Versicherungsschein enthaltenen Verbraucherinformation ausreichend informiert. Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht von der im Versicherungsschein enthaltenen Übersicht aus, in deren vierter Spalte der "Rückkaufswert plus Überschußbeteiligung"
ausgewiesen wird. Im vierten Absatz vor dieser Tabelle wird der Rückkaufswert einschließlich Überschussbeteili-12
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gung als "Zeitwert" der Versicherung zum Zeitpunkt der Kündigung [X.], dessen Höhe von mehreren Faktoren abhänge, vor allem von der Zinsentwicklung auf dem Kapitalmarkt. Weiter wird erläutert, der in Spalte 4 genannte Wert sei "auf Basis der heutigen [X.] ermittelt". Daran schließt sich der ausdrückliche Hinweis an: "Er kann nicht garantiert werden." Wird einem Versicherungsnehmer -
wie hier
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ausdrücklich mitgeteilt, dass in einer nachfolgenden Übersicht auf-geführte Rückkaufswerte auf der Basis der zur Zeit der Ausstellung des Versicherungsscheins maßgeblichen Berechnungsgrundlagen ermittelt wurden und nicht garantiert werden können, ist er darüber informiert, dass Rückkaufswerte "überhaupt nicht", auch nicht teilweise garantiert werden. Zudem sind in der Übersicht die Überschriften zu den Spalten 2 und 3 durch [X.] mit dem Zusatz versehen "Diese Beträ-ge garantieren wir", während die Überschrift zu der Spalte 4 durch [X.] um den Hinweis "Diese Beträge können wir nicht garantieren"
ergänzt wird. Auch damit hat die Beklagte eindeutig mitge-teilt, dass die in Spalte 4 aufgeführten Rückkaufswerte nicht garantiert sind. Im Übrigen verpflichtet §
10a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F. in Verbindung mit Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) und d) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts den Versicherer nicht anzugeben, dass es im Hinblick auf den abgeschlossenen Vertrag an einer Garantie von [X.] fehlt. Dies hat der Senat mit dem nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Urteil vom 11.
Dezember 2019 in dem Verfahren [X.] ([X.], 208 Rn.
13
ff.), in dem es um eine nahezu gleich gestaltete Verbraucherinformation derselben [X.] wie hier ging, entschieden und im Einzelnen ausgeführt.

bb) Die Einwände der Klägerin gegen diese Entscheidung geben dem Senat keinen Anlass zu einer Änderung seiner Rechtsauffassung.

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Soweit die Klägerin beanstandet, dass die vierte Spalte der [X.] "Rückkaufswerte plus Überschussbeteiligung" und damit summierte Beträge ausweise, bedenkt sie nicht, dass der in §
176 Abs.
3 Satz
1 [X.] a.F. als Zeitwert der Versicherung definierte Rückkaufswert die Überschussbeteiligung miteinschließt. Sieht der Versicherungsvertrag -
wie im Streitfall
-
eine Überschussbeteiligung vor, welche die Höhe der Rückkaufswerte beeinflusst, fordert Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) der Anla-ge Teil
D zum [X.] a.F. entgegen der Auffassung der Revisionserwide-rung nicht die Angabe von [X.] ohne Berücksichtigung der Überschussbeteiligung (Senatsurteil vom 11.
Dezember 2019 aaO Rn.
24).

b) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe das [X.]srecht noch im [X.] wegen Unvollständigkeit der [X.] wirksam ausüben können, stellt sich nicht aus ande-ren Gründen als richtig dar (§
561 ZPO).

Weder war ein auf die Todesfallleistung entfallender Beitragsanteil gemäß Abschnitt
I Nr.
1 Buchst.
e) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. ein-zeln auszuweisen (Senatsurteil vom 11.
Dezember 2019 aaO Rn.
26) noch war
eine Information über die Frist, während der der Antragsteller an den Antrag gebunden sein soll (Abschnitt
I Nr.
1 Buchst.
f) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F.), bei einem Vertragsschluss nach dem Policenmo-dell -
anders als beim Antragsmodell

erforderlich
(Senatsurteil vom 11.
Dezember 2019 aaO Rn.
27). Hiergegen erhebt die Klägerin zu Recht keine Einwände.

2. Die Frage, ob das [X.] mit den Lebensversicherungs-richtlinien der [X.] unvereinbar ist, ist hier nicht ent-scheidungserheblich. Auch im Falle einer unterstellten Gemeinschafts-15
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rechtswidrigkeit des [X.]s ist es der ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht belehrten und informierten Klägerin nach [X.] und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages über mehr als zehn Jahre auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereiche-rungsansprüche herzuleiten (vgl. im Einzelnen zu den Maßstäben: [X.] vom 16.
Juli 2014 -
IV ZR 73/13, [X.], 102
Rn.
32 ff.).

[X.]
[X.]
[X.]

[X.]
[X.]

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 19.12.2018 -
18 [X.]/18 -

O[X.], Entscheidung vom 11.07.2019 -
7 U 35/19 -

Meta

IV ZR 212/19

03.06.2020

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.06.2020, Az. IV ZR 212/19 (REWIS RS 2020, 11566)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11566

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IV ZR 8/19

IV ZR 73/13

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