Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.04.2020, Az. IV ZR 42/19

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 11688

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[X.]:[X.]:BGH:2020:220420UIVZR42.19.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IV ZR 42/19
Verkündet am:

22. April 2020

Heinekamp

Amtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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-
Der IV. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.], die Richterin [X.], den Richter [X.], die Richterinnen [X.] und [X.] im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 25. März 2020

für Recht erkannt:

Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des [X.] -
7.
Zivilsenat -
vom 7.
Februar 2019 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als auf die Berufung der Klägerin
das Urteil des [X.]s Stutt-gart

22.
Zivilkammer -
vom 6.
Juli 2018 teilweise [X.] und die Beklagte verurteilt worden ist, an die Klä-gerin 971,84

zentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.
Oktober 2016 zu zahlen. Die Berufung der Klägerin wird auch insoweit zurückgewiesen.

Die [X.] der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren werden wie folgt verteilt:

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der [X.] tragen die Klägerin zu 52
% und der Kläger zu 48
% mit Ausnahme der Terminsgebühr der [X.] für die Revisionsinstanz, die die Klägerin alleine trägt. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen Klägerin und Kläger jeweils selbst.
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3
-
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird wie folgt festgesetzt:

bis zum 19.
August 2019: 17.689,21

ab dem 20.
August 2019: 9.114,96

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin fordert von der [X.] aus ungerechtfertigter Be-reicherung Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge und Heraus-gabe von Nutzungen.

Die Parteien schlossen im Jahr 2002
mit Versicherungsbeginn zum 1.
Januar
2003 einen Vertrag über eine Rentenversicherung mit Kapital-wahlrecht im Erlebensfall, [X.] bei Tod vor Erlebens-fall
sowie Todesfallleistung ab Rentenbeginn (17-facher Jahresbetrag der garantierten Rente abzüglich bereits gezahlter Renten) nach dem sogenannten [X.] des §
5a [X.] in der seinerzeit gültigen [X.] (im Folgenden: §
5a [X.] a.F.) ab.

Im Februar 2016 kündigte die Klägerin den Versicherungsvertrag und erhielt einen Rückkaufswert in Höhe von 8.509,74

Mit Schreiben vom 12.
August
2016 erklärte die Klägerin den [X.] gemäß §
5a [X.] a.F.

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4
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Mit der Klage verlangt sie Rückzahlung ihrer auf den Vertrag ge-leisteten Beiträge sowie
Herausgabe von Nutzungen abzüglich des Rückkaufswertes, insgesamt 9.114,96

licher Rechtsanwaltskosten und Zahlung von Verzugszinsen.

Die Klägerin meint, die Widerspruchsfrist nach §
5a [X.] a.F. sei wegen formaler und inhaltlicher Mängel der Widerspruchsbelehrung so-wie wegen Unvollständigkeit der Verbraucherinformation nicht in Gang gesetzt worden.

Das [X.] hat die Klage der Klägerin sowie die ebenfalls auf Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge und Herausgabe von Nutzungen gerichtete Klage ihres Ehemannes abgewiesen. Das Ober-landesgericht hat der Klage der Klägerin unter Zurückweisung der [X.] Berufung in Höhe von 971,84

und die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die
Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils in [X.] auf die Klägerin, während diese mit der [X.] ihr über den zuerkannten Betrag hinausgehendes Klagebegehren weiterverfolgt. Der Kläger hat die von ihm eingelegte [X.] zurückgenom-men.

Entscheidungsgründe:

[X.] Revision der [X.]

Die Revision der [X.] hat Erfolg.

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5
-

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung

soweit für die Revision der [X.] relevant -
ausgeführt, der Kläge-rin stehe ein Anspruch auf Erstattung geleisteter Prämien sowie Heraus-gabe gezogener Nutzungen aus §§
812 Abs.
1 Satz
1, 818 Abs.
1 BGB in Höhe von insgesamt 971,84

im [X.] wirksam ausüben können. Zwar sei der Klägerin eine for-mell und inhaltlich ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilt [X.]. Aber die ihr überlassene Verbraucherinformation nach §
10a [X.] in der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gültigen Fassung (im [X.]: [X.] a.F.) sei unvollständig gewesen. Es fehle die nach Ab-schnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) bis d) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. erforder-liche Angabe über das Ausmaß, in dem Rückkaufswerte garantiert [X.].

II. Hiergegen wendet sich die Revision zu Recht.

1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts konnte die nach dessen revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht belehrte Klägerin den [X.] nicht wegen Unvollständigkeit der Verbraucherinformation noch im [X.] wirksam erklären.

a) Der Beginn der in §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F. bestimmten vier-zehntägigen Widerspruchsfrist gemäß §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F. setzt zwar unter anderem voraus, dass dem Versicherungsnehmer die [X.] nach §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F., darunter auch die [X.] nach §
10a [X.] a.F., vollständig vorliegen.

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[X.]) Die der Klägerin überlassene Verbraucherinformation war aber nicht, wie das Berufungsgericht meint, deshalb unvollständig, weil eine Angabe dazu fehlte, ob und in welchem Umfang Rückkaufswerte über-haupt garantiert wurden. Zu der notwendigen Verbraucherinformation nach §
10a Abs.
1 [X.] a.F. gehörten bei Lebensversicherungen und [X.] mit [X.] gemäß Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. die Angabe der [X.] und nach Buchst. d) dieser Bestimmung Angaben über das [X.], in dem Rückkaufswerte garantiert sind. Im Streitfall fehlt es an ga-rantierten [X.] im Sinne von Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) und
d) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. Nach den vom Berufungsgericht zum Inhalt des abgeschlossenen Versicherungsvertrages getroffenen Fest-stellungen hat die Beklagte der Klägerin keine Rückkaufswerte in [X.] Höhe vertraglich zugesagt. Darüber hat die Beklagte entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts in der im Versicherungsschein enthaltenen Verbraucherinformation ausreichend informiert. Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht von der im Versicherungsschein enthaltenen Übersicht aus, in deren sechster Spalte der "Rückkaufswert plus Überschußbeteiligung"
ausgewiesen wird. Im dritten Absatz vor die-ser Tabelle wird der Rückkaufswert einschließlich Überschussbeteiligung als "Zeitwert" der Versicherung zum Zeitpunkt der Kündigung [X.], dessen Höhe von mehreren Faktoren abhänge, vor allem von der Zinsentwicklung auf dem Kapitalmarkt. Weiter wird erläutert, der in [X.] genannte Wert sei "auf Basis der heutigen Berechnungsgrundlagen ermittelt". Daran schließt sich der ausdrückliche Hinweis an:
"Er kann nicht garantiert werden." Wird einem Versicherungsnehmer -
wie hier
-
ausdrücklich mitgeteilt, dass in einer nachfolgenden Übersicht aufgeführ-te Rückkaufswerte auf der Basis der zur Zeit der Ausstellung des Versi-cherungsscheins maßgeblichen Berechnungsgrundlagen ermittelt wurden und nicht garantiert werden können, ist er darüber informiert, dass [X.]
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kaufswerte "überhaupt nicht", auch nicht teilweise garantiert werden. [X.] sind in der Übersicht die Überschriften zu den Spalten 2 und 4 durch [X.] mit dem Zusatz versehen "Diese Beträge [X.] wir", während die Überschriften zu den Spalten 3, 5 und 6 durch [X.] um den Hinweis "Diese Beträge können wir nicht garantieren"
ergänzt werden. Auch damit hat die Beklagte ein-deutig mitgeteilt, dass die in Spalte 6 aufgeführten Rückkaufswerte nicht garantiert sind. Im Übrigen verpflichtet §
10a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F. in Verbindung mit Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) und d) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts den Versiche-rer nicht anzugeben, dass es im Hinblick auf den abgeschlossenen [X.] an einer Garantie von [X.] fehlt. Dies hat der Senat mit dem nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Urteil vom 11.
Dezember 2019 in dem Verfahren [X.] ([X.], 208 Rn.
13
ff.), in dem es um eine nahezu gleich gestaltete Verbraucherin-formation derselben [X.] wie hier ging, entschieden und im [X.] ausgeführt.

bb) Die Einwände der Klägerin gegen diese Entscheidung
geben dem Senat keinen Anlass zu einer Änderung seiner Rechtsauffassung.

(1) Soweit die Klägerin beanstandet, dass die sechste Spalte der Tabelle "Rückkaufswerte plus Überschußbeteiligung" und damit sum-mierte Beträge ausweise, muss sie einräumen, dass der in §
176 Abs.
3 Satz
1 [X.] a.F. als Zeitwert der Versicherung definierte Rückkaufswert die Überschussbeteiligung miteinschließt. Sieht der Versicherungsver-trag -
wie im Streitfall
-
eine Überschussbeteiligung vor, welche die Höhe der Rückkaufswerte beeinflusst, fordert Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. entgegen der Auffassung der Revisionser-widerung nicht die Angabe von [X.] ohne Berücksichtigung 15
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8
-
der Überschussbeteiligung (Senatsurteil vom 11.
Dezember 2019 [X.]O Rn.
24).

(2) Vergeblich rügt die Klägerin weiter eine unterbliebene [X.] der vermeintlich erforderlichen Anzahl an [X.] in Spal-te
6 der Tabelle. Dazu machten weder §
10a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F. in Verbindung mit Abschnitt
I Nr.
2 Buchst.
b) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. noch Anhang
II Buchst.
[X.] Nr.
a.9 der Dritten Richtlinie Lebensversi-cherung
Vorgaben.

[X.]) Schließlich kommt es für die Frage des Bestehens eines [X.]srechts nach §
5a [X.] a.F. nicht darauf an, ob die Angabe der Rückkaufswerte Transparenzanforderungen genügt. Ein etwaiger Trans-parenzmangel in einer Verbraucherinformation begründet kein Wider-spruchsrecht nach §
5a [X.] a.F. (Senatsurteil vom 11.
Dezember 2019 [X.]O Rn.
25).

b) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe das [X.]srecht noch im [X.] wegen Unvollständigkeit der [X.] wirksam ausüben können, stellt sich nicht aus ande-ren Gründen als richtig dar (§
561 ZPO).

[X.]) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht angenommen, dass ein auf die Todesfallleistung ([X.] bei Tod vor Erlebensfall, ab Rentenbeginn in Höhe des 17-fachen Jahresbetrages der garantierten Rente abzüglich bereits gezahlter Renten) entfallender Beitragsanteil nicht gemäß Abschnitt
I Nr.
1 Buchst.
e) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F. einzeln auszuweisen war, weil nicht mehrere selbständige Versicherungsverträge im Sinne dieser Bestimmung vorliegen (Senatsur-teil vom 11.
Dezember 2019 [X.]O Rn.
26). Ohne Erfolg verweist die Klä-17
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20
-
9
-
gerin insoweit auf Anhang
II Buchst.
[X.] Nr.
a.10 der [X.], wonach vor Abschluss des Vertrages "Informationen über die Prämien für jede Leistung, und zwar sowohl Haupt-
als auch Nebenleistungen, wenn sich derartige Informationen als sinnvoll erwei-sen",
mitzuteilen waren. Auch wenn die Richtlinie nicht zwischen Haupt-
und Nebenleistungen unterscheidet, fordert sie jedenfalls nicht, dass für die Alternative der Hauptleistung -
Kapitalleistung im Todesfall statt Ren-tenzahlung für den Erlebensfall
-
Prämien separat ausgewiesen werden.

bb) Auch eine Information über die Frist, während der der [X.] an den Antrag gebunden sein soll (Abschnitt
I Nr.
1 Buchst.
f) der Anlage Teil
D zum [X.] a.F.), war, wie der Senat mit dem Urteil vom 11.
Dezember 2019 ([X.]O Rn.
27) entschieden und im Einzelnen erläutert hat, bei einem Vertragsschluss nach dem [X.] -
anders als beim Antragsmodell
-
nicht erforderlich. Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin fest.

2. Die Frage, ob das [X.] mit den Lebensversicherungs-richtlinien der [X.] unvereinbar ist, ist hier nicht ent-scheidungserheblich. Auch im Falle einer unterstellten Gemeinschafts-rechtswidrigkeit des [X.]s ist es der ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht belehrten und informierten Klägerin nach [X.] und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages über mehr als dreizehn Jahre auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereiche-rungsansprüche herzuleiten (vgl. im Einzelnen zu den Maßstäben: [X.] vom 16.
Juli 2014 -
IV ZR 73/13, [X.], 102 Rn.
32 ff.).

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B. [X.] der Klägerin

Die [X.] der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Nach dem zur Revision der [X.] Gesagten (oben unter [X.]) konnte die Klägerin das Widerspruchsrecht
nach §
5a [X.] a.F. im [X.]
nicht mehr wirksam ausüben. Auf die von ihr angegriffenen Ausführun-gen des Berufungsgerichts zur Höhe des [X.] kommt es daher nicht an.

[X.]

[X.]

[X.]

[X.]

[X.]

Vorinstanzen:

[X.], Entscheidung vom 06.07.2018 -
22 O 44/18 -

O[X.], Entscheidung vom 07.02.2019 -
7 U 139/18 -

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Meta

IV ZR 42/19

22.04.2020

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.04.2020, Az. IV ZR 42/19 (REWIS RS 2020, 11688)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11688

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IV ZR 8/19

IV ZR 73/13

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