Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.05.2013, Az. 10 AZR 325/12

10. Senat | REWIS RS 2013, 5836

ARBEITSRECHT BUNDESARBEITSGERICHT (BAG) ARBEITSZEIT ARBEITSVERTRAG

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Gegenstand

Umfang der Arbeitszeit beim Fehlen einer ausdrücklichen Vereinbarung - betriebsübliche Arbeitszeit - Annahmeverzug


Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 9. Februar 2012 - 4 [X.] 1025/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Umfang der [X.] der Klägerin und über Vergütungsansprüche.

2

Die Klägerin ist - nach Vorbeschäftigung bei einem anderen Konzernunternehmen - seit dem 1. Januar 2006 bei der [X.] bzw. deren Rechtsvorgängerin als außertarifliche Mitarbeiterin beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom 28. Dezember 2005 lautet auszugsweise:

        

„2. Vergütung

        

(1)     

Die übertragene Aufgabe ist dem Band 1 im Sinne der Betriebsvereinbarung der [X.] zur Vergütung für nicht leitende außertariflich beschäftigte Mitarbeiter ([X.]) der [X.] zugeordnet.

        

(2)     

Als Vergütung erhalten Sie für die Erfüllung Ihrer Aufgabe:

                 

a)    

ein festes Jahresgehalt in Höhe von € 67.920,00 brutto, zahlbar in zwölf gleichen Teilen, jeweils monatlich nachträglich in Höhe von € 5.660,00 brutto. Davon sind zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses € 5.622,00 (99,33 %) pensionsfähig.

                 

b)    

ein festes, nicht ruhegeldfähiges Bruttomonatsgehalt, zahlbar ab Mitte November,

                 

c)    

eine variable, individuelle Vergütung bis max. 1,56 Monatsgehälter gemäß Ziffer 2, Absatz 2 a). Die individuelle Vergütung wird auf Basis der Betriebsvereinbarung über die Zielerreichung der [X.] ermittelt;

                 

d)    

eine variable, vom Unternehmenserfolg abhängige Vergütung bis max. 0,6 Monatsgehälter gemäß Ziffer 2, Absatz 2 a). Die Höhe der variablen Unternehmensvergütung ist von dem Unternehmenserfolg abhängig. Näheres regelt die Betriebsvereinbarung AT-Vergütung der [X.].

        

…       

        
        

(5)     

Im Rahmen Ihrer Aufgabenstellung sind Sie verpflichtet, auch außerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit tätig zu werden. Mit der Vergütung gemäß Ziffer 2 ist die gesamte Tätigkeit für die [X.] abgegolten; darüber hinausgehende Zulagen und Zuschläge werden nicht gewährt.“

3

Das aktuelle Jahresgehalt der Klägerin beläuft sich auf ca. [X.] Euro brutto. [X.] erhält sie ein monatliches Grundgehalt iHv. 6.225,00 Euro brutto.

4

Die Betriebsvereinbarung 2009 zur Erfassung und Regelung der Arbeitszeit zwischen der [X.] und dem Betriebsrat vom 31. März 2009 (im Folgenden: [X.]) lautet auszugsweise:

        

Präambel:          

        

Ziel dieser Betriebsvereinbarung ist eine moderne Gestaltung der Arbeitszeit, um den Anforderungen des [X.] Rechnung zu tragen und den Mitarbeitern eine flexible Einteilung der Arbeitszeit zu ermöglichen. Diese Betriebsvereinbarung erfordert eine hohe Verantwortung der Führungskräfte und Mitarbeiter. Die Regelungen dieser Betriebsvereinbarung sind von Führungskräften und Mitarbeitern uneingeschränkt und aktiv umzusetzen. Dazu wird eine intensive Kooperation zwischen Führungskräften, Mitarbeitern und dem Betriebsrat vorausgesetzt.

        

§ 1 Geltungsbereich            

        

Diese Betriebsvereinbarung gilt für alle Mitarbeiter (Tarif- und [X.]) der Gesellschaft am Standort Es mit Ausnahme der Leitenden Angestellten gemäß § 5 Absatz 3, 4 [X.] sowie Auszubildenden, Werksstudenten, Praktikanten und Diplomanden.

        

§ 2 Arbeitszeit/Arbeitszeitrahmen/Servicezeit            

        

1.    

Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für [X.] bestimmt sich nach dem jeweils geltenden Tarifvertrag (z. [X.].: Manteltarifvertrag Tarifgruppe R) und beträgt derzeit 38 Stunden für Vollzeitmitarbeiter (ohne Ruhepausen und Zeiten z. B. zur Verlängerung von Pausen, für Arztbesuche oder sonstige private Wegezeiten). Für [X.] gelten die jeweils vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten.

        

2.    

Die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit erfolgt in der Regel auf die Wochentage Montag bis Freitag jeweils zwischen 6:00 Uhr und 20:00 Uhr. Die Mitarbeiter können die Lage der Arbeitszeit innerhalb dieses Rahmens unter Berücksichtigung der betrieblichen Erfordernisse und der Servicezeit gemäß nachfolgender Ziffer 3 in Abstimmung mit dem Vorgesetzten frei wählen.

        

…       

        

§ 3 Zeiterfassung            

        

1.    

[X.] (z. B. ‚Kommen’- und ‚Gehen’-Zeiten) aller Mitarbeiter werden elektronisch erfasst. Jeder Mitarbeiter hat täglich vor Arbeitsbeginn mit seiner Servicekarte an einem der Zeiterfassungsgeräte oder durch Passieren der Zutrittskontrolle eine ‚[X.]’ und bei Arbeitsende eine ‚Gehen-Buchung’ durchzuführen.

        

2.    

Ist eine Nutzung der Zeiterfassungsgeräte bei Arbeitsbeginn und/oder Arbeitsende nicht möglich, ist der Mitarbeiter verpflichtet, seine Arbeitszeiten über [X.] ([X.]) bis zum dritten Arbeitstag des Folgemonats zu erfassen. Dieses System ist darüber hinaus für die Kontrolle und ggf. Aktualisierung oder Korrektur der Arbeitszeitdaten zu nutzen.

        

3.    

[X.] der Mitarbeiter können von dem Vorgesetzten jederzeit eingesehen werden.

        

…       

        

§ 5 Gleitzeit            

        

1.    

Für jeden Mitarbeiter wird ein [X.] eingerichtet und geführt. Davon ausgenommen sind nur [X.], die gemäß Ziffer II. 2., 3. und 5. der Bonus-Betriebsvereinbarung vom 12. Februar 2008 in Verbindung mit Anlage 2 zur Bonus-Betriebsvereinbarung der Vergütungsgruppe ‚Commercial’ angehören. Für diese [X.] wird kein [X.] geführt und kein [X.] gebildet; die Arbeitszeiten werden lediglich dokumentiert.

        

…       

        
        

3.    

Das [X.] von [X.]n erfasst die Differenz aus IST-Arbeitszeit inklusive Mehrarbeit und regelmäßiger Arbeitszeit.

        

…       

        
        

§ 7 [X.] [X.]            

        

1.    

Das [X.] für [X.] (§ 5 Ziffer 1) wird auf der Basis der derzeit gültigen tariflichen Wochenarbeitszeit (38 Stunden) geführt. Die jeweils gültige tarifliche Wochenarbeitszeit wird ausschließlich zum Zweck der Führung des [X.]s herangezogen. Eine entsprechende Festlegung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit für [X.] erfolgt damit nicht.

        

2.    

Zeitguthaben sollen vorrangig durch Freizeit ausgeglichen werden.

        

3.    

Soweit das [X.] ein Zeitguthaben von 180 Stunden oder eine Zeitschuld von 80 Stunden erreicht, ist der Vorgesetzte verpflichtet, mit dem Mitarbeiter gemeinsam mit dem Betriebsrat sowie einem Vertreter von [X.] ein Gespräch zu führen und Maßnahmen zu vereinbaren, die ein weiteres Anwachsen des [X.], insbesondere die Überschreitung eines [X.] von 220 Stunden, oder der Zeitschuld verhindern. Die Inhalte des Gesprächs sind von dem Vorgesetzten zu protokollieren. Das Protokoll ist [X.] und dem Betriebsrat zuzuleiten.

        

…       

        
        

5.    

Zum 31.12. eines Kalenderjahres bestehende Zeitguthaben entfallen ersatzlos. Etwaige Zeitschulden werden in vollem Umfang auf das nächste Kalenderjahr übertragen und sind auch in diesem Jahr abzubauen.“

5

Mit E-Mail vom 8. Oktober 2010 wies die Beklagte die Klägerin an, mindestens 7,6 Stunden täglich zu arbeiten. Mit Schreiben vom 10. November 2010 forderte die Beklagte die Klägerin auf, eine Wochenarbeitszeit von 38 Stunden einzuhalten, und wies darauf hin, dass sie beginnend mit dem Monat November 2010 einen Teil des Gehalts einbehalten werde, bis das Arbeitszeitkonto ausgeglichen sei.

6

Im Dezember 2010 arbeitete die Klägerin insgesamt 19,8 Stunden im Betrieb. Für diesen Monat zahlte die Beklagte der Klägerin 2.144,56 Euro brutto. Vom 1. bis 19. Januar 2011 arbeitete die Klägerin insgesamt 5,51 Stunden. Vom 20. bis 31. Januar 2011 hatte die Klägerin Urlaub. Für Januar 2011 zahlte die Beklagte der Klägerin 3.346,43 Euro brutto.

7

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, weder im Arbeitsvertrag noch in der [X.] sei ein bestimmter Umfang der Arbeitszeit festgelegt. Zumindest bestünden erhebliche Zweifel daran, dass der Arbeitsvertrag eine Verpflichtung zur Einhaltung der betriebsüblichen Arbeitszeit enthalte, sodass zugunsten der Klägerin § 305c Abs. 2 BGB Anwendung finden müsse. Das Maß für ihre Arbeitsleistung sei nicht eine bestimmte Arbeitszeit, sondern die Erfüllung der ihr übertragenen Tätigkeiten. Sie sei ihrer Pflicht, ihr zugewiesene Aufgaben zu bewältigen, stets nachgekommen. Die Beklagte habe sie jedoch nicht oder doch nicht in ausreichendem Maße mit Aufträgen betraut, weshalb im fraglichen Zeitraum Annahmeverzug bestanden habe.

8

Die Klägerin hat beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass sie keine arbeitsvertragliche Verpflichtung zur Ableistung einer 38-Stunden-Woche hat;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.277,83 Euro nebst fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 2.878,57 Euro nebst fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Klägerin sei zur Ableistung einer 38-Stunden-Woche verpflichtet. Das folge aus dem Arbeitsvertrag der Parteien. Da die Klägerin die geschuldete Arbeitsleistung auch im streitgegenständlichen Zeitraum nicht in vollem Umfang erbracht habe, bestehe der erhobene Vergütungsanspruch nicht.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

[X.]ie Revision ist unbegründet. [X.]ie Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. [X.]ie Klage ist zulässig, aber unbegründet.

I. [X.]ie Klage ist zulässig. [X.]as gilt auch für den negativen Feststellungsantrag, der allerdings der Auslegung bedarf.

1. Nach dem Wortlaut des [X.] bezieht sich das Begehren auf die von der [X.] in Anspruch genommene arbeitsvertragliche Verpflichtung zur Ableistung einer 38-Stunden-Woche. Gegenstand des Streits der Parteien ist danach allein der vertraglich festgelegte zeitliche Umfang der Arbeitspflicht, nicht aber die - gegebenenfalls auch kollektivrechtlich beeinflusste (§ 87 Abs. 1 Nr. 2, 3 [X.]) - Wirksamkeit etwaiger Einzelweisungen zur Verteilung der Arbeitszeit.

2. Mit diesem Inhalt ist der Feststellungsantrag zulässig. Eine Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken ([X.] 18. Januar 2012 - 10 [X.] 779/10 - Rn. 22; 19. Oktober 2011 - 4 [X.] 811/09 - Rn. 13). [X.]er - hier streitige - Umfang der Leistungspflicht des Arbeitnehmers ist zulässiger Inhalt einer Feststellungsklage (vgl. [X.] 21. Juni 2011 - 9 [X.] 236/10 - Rn. 29, [X.]E 138, 148). [X.]ie gerichtliche Entscheidung ist geeignet, die Streitfrage endgültig zu klären und weitere Prozesse über diesen Streitpunkt zu vermeiden (vgl. zu diesem Gesichtspunkt [X.] 12. Juli 2006 - [X.]/04 - Rn. 16; [X.]/[X.] ZPO 29. Aufl. § 256 Rn. 7b).

II. [X.]ie Klage ist nicht begründet.

1. [X.]ie Klägerin ist zur Arbeitsleistung im Umfang von 38 Wochenstunden am vereinbarten [X.]ienstort verpflichtet. [X.]ies ergibt sich nicht aus der [X.]; deren § 7 Ziff. 1 stellt ausdrücklich klar, dass die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für [X.] durch die [X.] nicht festgelegt wird. Eine entsprechende Verpflichtung der Klägerin haben die Parteien jedoch im Arbeitsvertrag vereinbart. [X.]as ergibt die Auslegung des Vertrags.

a) Bei den Bestimmungen des Arbeitsvertrags handelt es sich nach der von der Revision nicht angegriffenen rechtlichen Wertung des [X.] (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). [X.]afür begründet bereits das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. [X.] 17. August 2011 - 5 [X.] 406/10 - Rn. 11, [X.]E 139, 44; 1. März 2006 - 5 [X.] 363/05 - Rn. 20 ff., [X.]E 117, 155), der keine der Parteien entgegengetreten ist. Allgemeine Vertragsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. [X.]abei sind nicht die [X.] des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der [X.]. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der [X.] verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten. [X.]ie Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt einer vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung ([X.] 14. November 2012 - 10 [X.] 783/11 - Rn. 16).

b) [X.]ie Auslegung des Arbeitsvertrags nach diesen Grundsätzen führt - wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben - zu dem Ergebnis, dass die Klägerin verpflichtet ist, die im Betrieb der [X.] übliche Arbeitszeit für Vollzeitkräfte einzuhalten.

aa) [X.]urch den Arbeitsvertrag vom 28. [X.]ezember 2005 haben die Parteien ein Vollzeitarbeitsverhältnis begründet. [X.]ie Vertragsbestimmungen enthalten keine Vereinbarung über ein [X.]. Bei Fehlen einer [X.] wird im Zweifel ein Vollzeitarbeitsverhältnis begründet ([X.] 21. Juni 2011 - 9 [X.] 236/10 - Rn. 52, [X.]E 138, 148; 8. Oktober 2008 - 5 [X.] 715/07 - Rn. 19). Für ein Vollzeitarbeitsverhältnis spricht auch der vertraglich eingeräumte Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen pro Jahr (Ziff. 3 des Arbeitsvertrags).

bb) Eine genaue Bezifferung des Umfangs der Arbeitszeit enthält der Arbeitsvertrag nicht. Gleichwohl war für einen redlichen und verständigen Arbeitnehmer erkennbar, dass durch den Arbeitsvertrag eine Verpflichtung zur Arbeitsleistung im Umfang der [X.]n Arbeitszeit für [X.] begründet werden sollte.

(1) Wird im Arbeitsvertrag keine ausdrückliche Vereinbarung über die [X.]auer der Arbeitszeit getroffen, so ist anzunehmen, dass die Parteien die [X.] vereinbaren wollen (vgl. [X.] 9. [X.]ezember 1987 - 4 [X.] 584/87 - [X.]E 57, 130; [X.]/Preis 13. Aufl. § 611 BGB Rn. 653; [X.]/[X.]. 14. Aufl. § 45 Rn. 49; [X.]/[X.] (2011) § 611 Rn. 544; [X.]/[X.] 3. Aufl. § 36 Rn. 81; [X.]/[X.] § 297 Rn. 14; zur Lage der Arbeitszeit: [X.] 23. Juni 1992 - 1 [X.] 57/92 - zu II 2 der Gründe). [X.]ies entspricht dem [X.]n verständiger und redlicher Vertragspartner. Ein Mitarbeiter, der einen Arbeitsvertrag über ein Vollzeitarbeitsverhältnis abschließt, muss bei Fehlen einer ausdrücklichen arbeitsvertraglichen Regelung zum Umfang der Arbeitszeit mangels anderweitiger Anhaltspunkte redlicherweise davon ausgehen, dass er in gleichem Umfang wie andere Vollzeitarbeitnehmer des Arbeitgebers zur Arbeitsleistung verpflichtet und für ihn daher der [X.] Umfang der für [X.] geltenden Arbeitszeit maßgeblich ist.

(2) Auch der Arbeitsvertrag der Parteien spricht nicht für die Auffassung der Klägerin, ihre Tätigkeit sei von der Bindung von Arbeitszeit frei. Zwar fehlt es an einer ausdrücklichen Festlegung des zeitlichen Umfangs der zu leistenden Arbeit. Gemäß Ziff. 2 Abs. 5 Satz 1 des Arbeitsvertrags ist die Klägerin jedoch im Rahmen ihrer Aufgabenstellung verpflichtet, auch außerhalb der [X.]n Arbeitszeit tätig zu werden. [X.]amit ist eine mittelbare Bindung an die [X.] vorausgesetzt. [X.]as ergibt sich aus dem erkennbaren Zweck der in Ziff. 2 getroffenen Regelung. Wie schon die Überschrift zeigt, betrifft sie unmittelbar die Vergütung, also eine Leistungspflicht der [X.] und nicht der Klägerin (vgl. auch [X.] 8. Oktober 2008 - 5 [X.] 715/07 - Rn. 18). Mit der vereinbarten Vergütung soll die gesamte Tätigkeit - auch soweit sie die [X.] übersteigt - abgegolten sein. Es handelt sich um eine Abrede zur pauschalierten Vergütung von Überstunden. Unbeschadet der Frage, ob eine derartige Abrede wirksam ist (vgl. [X.] 1. September 2010 - 5 [X.] 517/09 - Rn. 15 mwN, [X.]E 135, 250), bietet sie jedenfalls keinerlei Grund für die Annahme, es sei nicht wenigstens Arbeitsleistung im Umfang der [X.]n Arbeitszeit geschuldet.

cc) Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, die vertragliche Regelung der Arbeitszeit sei unklar, weshalb die [X.] nicht vereinbart sei (§ 305c Abs. 2 BGB, vgl. dazu [X.] 14. November 2012 - 10 [X.] 783/11 - Rn. 17). [X.]ie Klägerin legt bereits nicht dar, welche Arbeitszeitregelung nach ihrem Verständnis die hier maßgebliche Klausel treffen soll. Ein Verständnis dahin gehend, nach dem Vertrag sei eine Messung ihrer Arbeitsleistung in [X.]abschnitten von vornherein ausgeschlossen, liegt fern.

(1) [X.]er Vertrag bietet keine Anhaltspunkte für die Auffassung der Klägerin, sie schulde allein die Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben und sei vertraglich nicht zur Arbeitsleistung in einem bestimmten zeitlichen Umfang, sondern gegebenenfalls auch nur wenige Tage im Monat - etwa in dem von der Klägerin im [X.]ezember 2010 und Januar 2011 erbrachten Maße - verpflichtet. Nach der Präambel des mit „[X.]“ überschriebenen Vertrags wird durch ihn ein „Arbeitsverhältnis“ begründet. [X.]er Arbeitnehmer schuldet nicht die Erbringung von einzelnen Tätigkeiten oder ein bestimmtes Ergebnis. Nicht der Erfolg, sondern die [X.] ist das wesentliche Maß für die Arbeitsleistung ([X.]/Preis § 611 BGB Rn. 641; [X.]/Müller-Glöge 6. Aufl. § 611 Rn. 18). [X.]as gilt auch für außertarifliche Angestellte; auch sie entgehen nicht der Notwendigkeit, ihre Arbeitsleistung „in der [X.]“ zu erbringen ([X.] [X.]er außertarifliche Angestellte S. 75; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/Keil/
Schliemann Außertarifliche Angestellte S. 47). [X.]er zeitbezogene Charakter der geschuldeten Arbeitsleistung lag - insbesondere für eine [X.]in - auf der Hand. Gemäß Ziff. 2 Abs. 2 Buchst. a des Arbeitsvertrags erhält die Klägerin ein monatliches und damit nach [X.]abschnitten bemessenes Grundgehalt, das den wesentlichen Teil ihrer Vergütung ausmacht. [X.]ie Vereinbarung und Erreichung von Zielen, die im Übrigen ebenfalls nur „in der [X.]“ erarbeitet werden können, ist lediglich für die Höhe der variablen Vergütung gemäß Ziff. 2 Abs. 2 Buchst. c des Arbeitsvertrags relevant.

(2) Auch die [X.] spricht nicht für die Auffassung der Klägerin. Vielmehr zeigt § 5 Ziff. 3 [X.], dass auch für außertarifliche Angestellte eine regelmäßige Arbeitszeit gelten muss. Ansonsten hätte die dort getroffene Anordnung, derzufolge das [X.] die [X.]ifferenz aus IST-Arbeitszeit einschließlich Mehrarbeit und „regelmäßiger Arbeitszeit“ erfasst, keinen Anwendungsbereich.

(3) [X.]ie Behauptung der Klägerin, bei der [X.] werde das Konzept der Vertrauensarbeitszeit angewendet, ist nicht zielführend. Abgesehen von dem Umstand, dass der Arbeitsvertrag keinerlei Anhaltspunkte für die Richtigkeit dieser Behauptung enthält, entfällt durch die Vereinbarung von Vertrauensarbeitszeit nicht die Pflicht des Arbeitnehmers, Arbeitszeit in einem nach Stunden bemessenen Umfang abzuleisten. [X.]ie Einhaltung dieser Verpflichtung wird lediglich nicht kontrolliert ([X.] 24. Mai 2012 - 2 [X.] 124/11 - Rn. 34; [X.]/Vogelsang ArbR-Hdb. § 160 Rn. 34).

(4) Auch die Bedeutung des in Ziff. 2 Abs. 5 des Arbeitsvertrags verwendeten Begriffs der „[X.]n Arbeitszeit“ unterliegt entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin keinen Zweifeln. Zwar trifft es zu, dass die [X.] in einem Betrieb nicht zwingend für alle Arbeitnehmer einheitlich sein muss, sondern abhängig von dem jeweils vertraglich geschuldeten regelmäßigen Umfang der Arbeitsleistung für verschiedene Arbeitnehmergruppen unterschiedlich sein kann (vgl. [X.] 24. April 2007 - 1 [X.] - Rn. 16 mwN, [X.]E 122, 127). [X.]ie Klägerin behauptet indes selbst nicht, dass eine andere als die von der [X.] als maßgeblich angesehene Arbeitszeit von 38 Wochenstunden, sei es auch nur für einzelne Gruppen von Arbeitnehmern, [X.] wäre.

[X.]) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht daraus, dass die Arbeitszeit nicht ausdrücklich im Arbeitsvertrag vereinbart wurde. Ob darin ein Verstoß gegen § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 [X.] zu sehen ist, wofür einiges spricht, kann dahinstehen. Jedenfalls führt ein Verstoß gegen die Nachweispflicht nicht zur Unwirksamkeit der betreffenden Vereinbarung.

c) [X.]ie [X.] für Vollzeitkräfte ist die in dem jeweiligen Betrieb von [X.] regelmäßig geleistete Arbeitszeit (vgl. [X.] 24. April 2007 - 1 [X.] - Rn. 16 mwN, [X.]E 122, 127). Bei tarifgebundenen Arbeitgebern ist dies regelmäßig die tarifliche Arbeitszeit (vgl. [X.] 21. Juni 2011 9 [X.] 236/10 - Rn. 52, [X.]E 138, 148; 8. Oktober 2008 - 5 [X.] 715/07 - Rn. 20). Auch § 2 Ziff. 1 [X.] bestimmt, dass sich die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von [X.]n im Betrieb der [X.] nach dem jeweils geltenden Tarifvertrag richtet. Gemäß § 4 Ziff. 1.1 [X.] beträgt die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für Vollzeitkräfte 38 Stunden. [X.]ie tarifliche Arbeitszeit ist danach [X.]. Sie gilt deshalb auch für außertarifliche Angestellte, mit denen eine andere Arbeitszeit nicht vereinbart ist.

2. [X.]ie [X.] sind ebenfalls unbegründet. [X.]ie Beklagte hat sämtliche Vergütungsansprüche der Klägerin für die Monate [X.]ezember 2010 und Januar 2011 bereits erfüllt. [X.]arüber hinausgehende Vergütungsansprüche für diese Monate bestehen nicht.

a) Im [X.]ezember 2010 arbeitete die Klägerin insgesamt 19,8 Stunden. Am 24. und 31. [X.]ezember werden die Mitarbeiter der [X.] bezahlt von der Arbeitsleistung freigestellt (§ 8 Ziff. 4 [X.]). Vom 1. bis 19. Januar 2011 arbeitete die Klägerin insgesamt 5,51 Stunden. Vom 20. bis 31. Januar 2011 hatte sie Urlaub.

b) Unter Berücksichtigung eines Bruttomonatsgehalts iHv. 6.225,00 Euro, der auf der Grundlage einer 38-Stunden-Woche im jeweiligen Monat zu leistenden Arbeitsstunden und der bereits geleisteten Zahlungen stehen der Klägerin daher für [X.]ezember 2010 und Januar 2011 keine weiteren Zahlungsansprüche zu.

aa) Ausgehend von den Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts iVm. § 614 BGB gilt im Arbeitsverhältnis der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“. Verlangt der Arbeitnehmer gemäß § 611 BGB Arbeitsvergütung für Arbeitsleistungen, hat er deshalb darzulegen und - im Bestreitensfall - zu beweisen, dass er Arbeit verrichtet oder einer der Tatbestände vorgelegen hat, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regelt ([X.] 18. April 2012 - 5 [X.] 248/11 - Rn. 14 mwN).

bb) [X.]ass die Klägerin über die bereits vergüteten Arbeitsstunden hinaus weitere erbracht hätte, ist nicht erkennbar.

(1) [X.]ie Klägerin hat selbst nicht vorgetragen, im maßgeblichen [X.]raum über die im [X.]erfassungssystem der [X.] ausgewiesenen [X.]en hinaus Arbeitsleistungen für die Beklagte erbracht zu haben. [X.]ie pauschale Behauptung, die [X.]erfassung der [X.] habe im Jahr 2010 nicht immer reibungslos funktioniert, lässt nicht erkennen, ob und gegebenenfalls welche tatsächliche Arbeitsleistungen der Klägerin nicht aufgezeichnet worden sein sollen.

(2) [X.]ie Klägerin kann die von ihr begehrte Vergütung auch nicht gemäß § 615 Satz 1 BGB iVm. § 611 Abs. 1 BGB wegen Annahmeverzugs verlangen. [X.]er Arbeitgeber kommt nur dann in Annahmeverzug, wenn er die ihm angebotene Arbeitsleistung nicht annimmt (§ 293 BGB). Voraussetzung ist ein zur Erfüllung taugliches Angebot. [X.]ie Leistung muss gemäß § 294 BGB so, wie sie geschuldet ist, tatsächlich angeboten werden ([X.] 13. Juni 2007 - 5 [X.] 564/06 - Rn. 18, [X.]E 123, 98). [X.]ie Klägerin ist - wie sie nicht in Abrede stellt - mangels entgegenstehender Verabredungen mit der [X.] verpflichtet, ihre Arbeitsleistung an ihrem [X.]ienstort (früher [X.], zuletzt Es) zu erbringen. Eine Tätigkeit von zu Hause aus ist nicht vereinbart. [X.]ie Klägerin hat selbst nicht behauptet, dass sie - außerhalb der im [X.]erfassungssystem der [X.] ausgewiesenen und bereits vergüteten [X.]en - ihre Arbeitsleistung im Betrieb der [X.] tatsächlich angeboten hat.

c) [X.]ie Klägerin kann die von ihr begehrte Vergütung auch nicht unter Verweis auf die in der [X.] enthaltene Regelung über das Arbeitszeitkonto verlangen.

aa) Allerdings regelt § 7 [X.] die Führung eines [X.] mit [X.] Lohnzahlung. [X.]arin liegt eine wechselseitige Vorschussvereinbarung ([X.]/Müller-Glöge § 614 Rn. 2). Ein nicht ausgeglichenes Arbeitszeitkonto weist, je nach Stand, Vorleistungen der einen oder der anderen Seite aus. Ein negatives [X.]guthaben bedeutet bei gleichbleibender, nach der regelmäßigen Arbeitszeit des Arbeitnehmers bemessener Vergütung einen Vorschuss des Arbeitgebers ([X.] 13. [X.]ezember 2000 - 5 [X.] 334/99 - zu II 2 a der Gründe; [X.]/Müller-Glöge § 611 Rn. 1058).

bb) Verlangt der Arbeitnehmer auf der Grundlage einer Vereinbarung über ein Arbeitszeitkonto eine verstetigte Vergütung für einen bestimmten [X.]raum, obwohl er die geschuldete Arbeitsleistung in dem betreffenden [X.]raum nicht in vollem Umfang erbracht hat, ist sein Vortrag daher nur dann schlüssig, wenn er erkennen lässt, dass er einen Vorschuss und nicht eine bereits verdiente Vergütung verlangt. [X.]as setzt insbesondere voraus, dass sich dem Vortrag des Arbeitnehmers entnehmen lässt, dass er zur Nachleistung der im betreffenden [X.]raum geschuldeten, aber freiwillig nicht erbrachten Arbeitsleistung verpflichtet und daher mit einer entsprechenden Belastung des [X.] mit Minusstunden einverstanden ist.

cc) [X.]iese Anforderungen liegen nicht vor. [X.]ie Klägerin stellt jegliche Verpflichtung zur Ableistung eines in [X.]abschnitten bemessenen Mindestmaßes an Arbeit in Abrede. Sie erkennt auch keine Verpflichtung zur Nachleistung von Arbeitsstunden entsprechend der Gleitzeitregelung. Sie hat bereits vor Beginn des Verfahrens ausdrücklich erklärt, dass sie mit einer Belastung des [X.] mit Minusstunden nicht einverstanden ist. Sie verlangt somit keinen Vorschuss im Sinne der [X.] über das [X.], sondern eine nach ihrer Rechtsauffassung bereits verdiente Vergütung, der nach ihrer Auffassung eine Pflicht zu nach Stunden zu messender Arbeitsleistung - sei es in der Vergangenheit oder in der Zukunft - nicht gegenübersteht.

III. [X.]ie Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    [X.]    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Thiel    

        

    Petri    

                 

Meta

10 AZR 325/12

15.05.2013

Bundesarbeitsgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Essen, 30. Juni 2011, Az: 3 Ca 111/11, Urteil

§ 615 S 1 BGB, § 611 Abs 1 BGB, § 305c Abs 2 BGB, § 305 BGB, § 294 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.05.2013, Az. 10 AZR 325/12 (REWIS RS 2013, 5836)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5836


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 10 AZR 325/12

Bundesarbeitsgericht, 10 AZR 325/12, 15.05.2013.


Az. 3 Ca 111/11

Arbeitsgericht Essen, 3 Ca 111/11, 30.06.2011.


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Referenzen
Wird zitiert von

2 Sa 253/17

10 Ca 995/14

6 Sa 149/19

10 Sa 1194/15

11 Sa 556/20

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