Bundessozialgericht, Beschluss vom 17.10.2017, Az. B 6 KA 5/17 C

6. Senat | REWIS RS 2017, 3844

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Vertragsarzt - Beanstandung der inhaltlichen Bewertung seines Vorbringens kann nicht mit einer Anhörungsrüge angegriffen werden - Gegenvorstellung nur noch gegen abänderbare Entscheidung des Gerichts


Tenor

Die Anhörungsrüge sowie die Gegenvorstellung des Klägers gegen den Beschluss des [X.] vom 28. Juni 2017 - [X.] [X.] 81/16 B - werden zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Der Kläger i[X.]t Verwalter über den Nachla[X.][X.] de[X.] 2009 ver[X.]torbenen Dr. M, der in den [X.]treitbefangenen [X.]/1993 bi[X.] III/1997 al[X.] Laborarzt zur vertrag[X.]ärztlichen Ver[X.]orgung zugela[X.][X.]en war. Die Beklagte forderte mit Be[X.]cheiden vom 25.5.1998 und 16.7.1998 da[X.] ge[X.]amte in den [X.]treitbefangenen Quartalen erzielte Honorar von Dr. M in Höhe von 16 310 396,80 DM zurück, weil er [X.]eine vertrag[X.]ärztliche Tätigkeit nicht in freier Praxi[X.] au[X.]geübt habe. Den Wider[X.]pruch hiergegen wie[X.] die Beklagte mit Wider[X.]pruch[X.]be[X.]cheid vom 10.12.1998 zurück. Da[X.] [X.] hat die Klage mit Urteil vom 24.7.2008 abgewie[X.]en, da[X.] L[X.] hat mit Urteil vom [X.] die Berufung zurückgewie[X.]en. Die Nichtzula[X.][X.]ung[X.]be[X.]chwerde de[X.] [X.] hat der [X.] mit Be[X.]chlu[X.][X.] vom 28.6.2017 zurückgewie[X.]en. Gegen die[X.]en Be[X.]chlu[X.][X.] richten [X.]ich die Anhörung[X.]rüge [X.]owie die hilf[X.]wei[X.]e erhobene Gegenvor[X.]tellung de[X.] [X.].

2

II. Die Anhörung[X.]rüge de[X.] [X.], über die der [X.] ohne mündliche Verhandlung und dement-[X.]prechend ohne Mitwirkung [X.] ent[X.]cheiden kann (§ 12 Ab[X.] 1 Satz 2 iVm § 124 Ab[X.] 3 [X.]G; [X.] dazu B[X.] SozR 4-1500 § 178a [X.] Rd[X.] 16 f; B[X.] SozR 4-1500 § 178a [X.] Rd[X.] 7 f), hat keinen Erfolg, denn [X.]ie i[X.]t - ihre Zulä[X.][X.]igkeit unter[X.]tellt - jedenfall[X.] unbe-gründet.

3

Für die Zulä[X.][X.]igkeit einer Anhörung[X.]rüge i[X.]t erforderlich, da[X.][X.] ein Recht[X.]mittel oder ein anderer Recht[X.]behelf gegen die angegriffene Ent[X.]cheidung nicht gegeben i[X.]t (§ 178a Ab[X.] 1 Satz 1 [X.] 1 [X.]G), da[X.][X.] die Rüge innerhalb von zwei Wochen nach Kenntni[X.] einer Verletzung de[X.] rechtlichen Gehör[X.] erhoben (§ 178a Ab[X.] 2 Satz 1 [X.]G) und da[X.][X.] eine ent[X.]cheidung[X.]erhebliche Gehör[X.]verletzung dargelegt wird (§ 178a Ab[X.] 2 Satz 5 [X.]G). Die er[X.]ten beiden Vorau[X.][X.]etzungen [X.]ind erfüllt. Ander[X.] verhält e[X.] [X.]ich mit der dritten Vorau[X.][X.]etzung. E[X.] i[X.]t bereit[X.] zweifelhaft, ob der Kläger mit [X.]einem Vorbringen die Möglichkeit einer Verletzung [X.]eine[X.] An[X.]pruch[X.] auf rechtliche[X.] Gehör (Art 103 Ab[X.] 1 GG, § 62 [X.]G) durch den Be[X.]chlu[X.][X.] de[X.] [X.][X.] vom 28.6.2017 [X.]chlü[X.][X.]ig dargetan hat. Die Rüge i[X.]t jedenfall[X.] unbegründet.

4

Art 103 Ab[X.] 1 GG verpflichtet eben[X.]o wie § 62 [X.]G die Gerichte, die Au[X.]führungen der [X.] zur Kenntni[X.] zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Da[X.] Gebot der Gewährung rechtlichen Gehör[X.] [X.]oll al[X.] Proze[X.][X.]grundrecht [X.]icher[X.]tellen, da[X.][X.] die Ent[X.]cheidung frei von Fehlern ergeht, die ihren Grund in unterla[X.][X.]ener Kenntni[X.]nahme und Nichtberück[X.]ichtigung de[X.] Sachvortrag[X.] der Beteiligten haben könnten. Die[X.]e[X.] Gebot verpflichtet die Gerichte allerding[X.] nicht, der Recht[X.]an[X.]icht eine[X.] der Beteiligten zu folgen (vgl [X.] vom 4.9.2008 - 2 BvR 2162/07, 2 BvR 2271/07 - [X.]K 14, 238, 241 f, unter Hinwei[X.] auf [X.]E 64, 1, 12 und [X.]E 87, 1, 33 = [X.]-5761 Allg [X.]; eben[X.]o [X.] vom 20.7.2011 - 1 BvR 3269/10 - Juri[X.] Rd[X.] am Ende). Die Gerichte [X.]ind auch nicht verpflichtet, jede[X.] Vorbringen der Beteiligten au[X.]drücklich zu be[X.]cheiden; [X.]ie mü[X.][X.]en nur da[X.] we[X.]entliche, der Recht[X.]verfolgung oder Recht[X.]verteidigung dienende Vorbringen in den Ent[X.]cheidung[X.]gründen verarbeiten ([X.]tR[X.]pr de[X.] [X.], [X.] zB [X.] vom 20.2.2008 - 1 BvR 2722/06 - [X.]K 13, 303, 304 = Juri[X.], dort Rd[X.] 9 ff [X.]; [X.]K 7, 485, 488). Ein Ver[X.]toß gegen die Pflicht zur Berück[X.]ichtigung von Vorbringen i[X.]t dann anzunehmen, wenn [X.]ich die[X.] au[X.] den be[X.]onderen Um[X.]tänden de[X.] Falle[X.] ergibt (vgl [X.]E 22, 267, 274; 96, 205, 216 f), zB wenn ein Gericht da[X.] Gegenteil de[X.] Vorgebrachten annimmt, den Vortrag eine[X.] Beteiligten al[X.] nicht exi[X.]tent behandelt (vgl [X.]E 22, 267, 274) oder wenn e[X.] auf [X.] de[X.] Tat[X.]achenvortrag[X.] zu einer Frage, die für da[X.] Verfahren von zentraler Bedeutung i[X.]t, nicht eingeht, e[X.] [X.]ei denn, der Tat[X.]achenvortrag i[X.]t nach der materiellen Recht[X.]auffa[X.][X.]ung de[X.] Gericht[X.] unerheblich ([X.]E 86, 133, 146). Ein [X.]olcher Fall i[X.]t hier nicht gegeben.

5

Der Kläger macht geltend, [X.]ein An[X.]pruch auf rechtliche[X.] Gehör [X.]ei dadurch verletzt worden, da[X.][X.] der [X.] nicht berück[X.]ichtigt habe, da[X.][X.] der er[X.]te Band der Akten zum Verfahren [X.] [X.] 662/05 nicht mehr vorhanden [X.]ei. Zu die[X.]em Vortrag de[X.] [X.] hat der [X.] [X.]ich in [X.]einem Be[X.]chlu[X.][X.] inde[X.] au[X.]drücklich geäußert und ihn al[X.] unzureichend für die Darlegung eine[X.] Verfahren[X.]fehler[X.] iS de[X.] § 160 Ab[X.] 2 [X.] [X.]G ange[X.]ehen. Soweit der Kläger meint, [X.]ein Vortrag [X.]ei [X.]chlü[X.][X.]ig und die Zula[X.][X.]ung der Revi[X.]ion geboten gewe[X.]en, bean[X.]tandet er die inhaltliche Bewertung [X.]eine[X.] Vorbringen[X.] durch den [X.], die mit einer Anhörung[X.]rüge nicht angegriffen werden kann. Da[X.] gleiche gilt für die von ihm vertretene Auffa[X.][X.]ung, der [X.] habe die Darlegung[X.]anforderungen im [X.]ozialgerichtlichen Verfahren verkannt. Mit neuem [X.]achlichen Vortrag, mit dem er eine Überra[X.]chung[X.]ent[X.]cheidung de[X.] L[X.] rügt, kann der Kläger im Verfahren der Anhörung[X.]rüge nicht gehört werden. Schließlich i[X.]t eine Über[X.]pannung der Darlegung[X.]anforderungen nach den Maß[X.]täben de[X.] § 160a Ab[X.] 2 Satz 3 [X.]G (vgl dazu [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 12. Aufl 2017, § 160a Rd[X.] 16 ff mit zahlreichen Nachwei[X.]en) weder [X.]ub[X.]tantiiert dargelegt noch er[X.]ichtlich.

6

Der Gegenvor[X.]tellung, die der Kläger hilf[X.]wei[X.]e gegen den Be[X.]chlu[X.][X.] de[X.] B[X.] vom 28.6.2017 erhebt, i[X.]t ebenfall[X.] nicht [X.]tattzugeben. Eine Gegenvor[X.]tellung kann nur noch gegen eine abänderbare Ent[X.]cheidung de[X.] Gericht[X.] erhoben werden (vgl BVerwG Be[X.]chlu[X.][X.] vom 3.5.2011 - 6 KSt 1/11- [X.] 310 § 158 VwGO [X.] 13; [X.] Be[X.]chlu[X.][X.] vom 6.12.2011 - [X.]/11 - [X.]/NV 2012, 438 Rd[X.] 1; B[X.] Be[X.]chlu[X.][X.] vom [X.] - B 4 [X.] 194/17 B - Juri[X.]; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]G, § 178a Rd[X.] 12 [X.]). Die Gegenvor[X.]tellung i[X.]t nämlich kein ge[X.]etzlich geregelter Recht[X.]behelf, und e[X.] i[X.]t au[X.]ge[X.]chlo[X.][X.]en, ge[X.]etzlich geregelte Bindung[X.]wirkungen einer Ent[X.]cheidung ohne gegenläufige ge[X.]etzliche Grundlage zu übergehen (vgl [X.]E 122, 190, 203). Im Übrigen käme, die Statthaftigkeit de[X.] Recht[X.]behelf[X.] unter[X.]tellt, eine Änderung nur in Betracht, wenn die Ent[X.]cheidung offen[X.]ichtlich dem Ge[X.]etz wider[X.]prechen oder grobe[X.] proze[X.][X.]uale[X.] Unrecht enthalten würde (vgl [X.] Be[X.]chlu[X.][X.] vom 6.12.2011 - [X.]/11 - [X.]/NV 2012, 438 Rd[X.] 1; B[X.] Be[X.]chlu[X.][X.] vom [X.] AL 12/09 C - Juri[X.] Rd[X.] [X.]). Da[X.] i[X.]t nicht der Fall.

7

Die Ko[X.]tenent[X.]cheidung beruht auf einer ent[X.]prechenden Anwendung de[X.] § 193 [X.]G (vgl Be[X.]chlu[X.][X.] vom 28.6.2017 - B 6 [X.] 81/16 B).

Meta

B 6 KA 5/17 C

17.10.2017

Bundessozialgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KA

vorgehend SG München, 24. Juli 2008, Az: S 39 KA 662/05, Urteil

§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 178a Abs 1 S 1 Nr 1 SGG, § 178a Abs 2 S 1 SGG, § 178a Abs 2 S 5 SGG, § 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 17.10.2017, Az. B 6 KA 5/17 C (REWIS RS 2017, 3844)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 3844

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1 BvR 3269/10

IX S 19/11

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