Bundessozialgericht, Beschluss vom 03.03.2014, Az. B 10 LW 16/13 B

10. Senat | REWIS RS 2014, 7431

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Gegenstand

Alterssicherung der Landwirte - Altersrente - gesetzliches Erfordernis der Hofabgabe - Nichtzulassungsbeschwerde - Beschwerdebegründung - Revisionszulassung durch BSG


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 10. Juli 2013 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Die [X.]eteiligten streiten über die Gewährung von Altersrente der Alterssicherung der Landwirte.

2

Der 1944 geborene Kläger entrichtete als Inhaber eines großen landwirtschaftlichen [X.]etriebes mit einer Gesamtfläche von ca 344 ha langjährig [X.]eiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse. Unter dem 9.8.2011 schloss der Kläger mit zwei weiteren [X.]ern einen [X.]svertrag zum Zweck der gemeinsamen [X.]ewirtschaftung des zuvor von ihm geführten landwirtschaftlichen [X.]etriebes. Als Einlagen hatte der Kläger in die [X.] unter anderem die in seinem Eigentum bzw Nießbrauch befindlichen Flächen und Wirtschaftsgebäude und die Pachtrechte "zur Nutzung" einzubringen. Er sollte im Gegenzug einen jährlichen Vorabgewinn von 56 360 Euro, jährlich 3 % vom Schätzwert des "eisern überlassenen Inventars" sowie 10 % des verbleibenden Gewinns im steuerrechtlichen Sinn erhalten. Von der Geschäftsführung und Vertretung der [X.] war er vertraglich ausgeschlossen.

3

Den am 11.10.2011 gestellten [X.] des [X.] lehnte die [X.]eklagte mit [X.]escheid vom 23.11.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 7.2.2012 ab, weil es an der nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte [X.]) erforderlichen [X.]etriebsabgabe fehle.

4

Mit Urteil vom 1.11.2012 hat das [X.] die Klage abgewiesen. Der Gesetzgeber habe mit der Einführung des § 21 Abs 8 S 2 [X.] lediglich bei langjährig bestehenden [X.]en deren [X.]er Einzelunternehmern gleichstellen, jedoch keine weitere Abgabeform eröffnen wollen.

5

Das L[X.] Niedersachsen-[X.]remen hat die [X.]erufung mit Urteil vom 10.7.2013 zurückgewiesen, weil, bezogen auf den vom Kläger bis zum 31.8.2011 als Einzelunternehmer geführten landwirtschaftlichen [X.]etrieb, keiner der in § 21 [X.] abschließend normierten Abgabetatbestände vorgelegen habe. Eine analoge Anwendung des § 21 Abs 8 S 2 [X.] scheitere am Fehlen einer planwidrigen Gesetzeslücke. Wie die [X.] zeigten, habe der Gesetzgeber mit der Regelung nicht die Anforderungen an die Aufgabe eines landwirtschaftlichen Einzelunternehmens erleichtern wollen.

6

Mit seiner gegen die Nichtzulassung der Revision durch das L[X.] erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger die grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache geltend. Der Norm des § 21 Abs 8 S 2 [X.] lasse sich nicht entnehmen, dass im Zeitpunkt des Eintritts der Abgabefiktion eine entsprechende [X.] bereits bestanden haben müsse. Die Ungleichbehandlung des [X.] mit Unternehmern in bestehenden landwirtschaftlichen Unternehmen im Hinblick auf die Abgabefiktion in § 21 Abs 8 S 2 [X.] verstoße zudem gegen Art 3 Abs 1 GG.

7

II. [X.] ist unzulässig, weil der Kläger eine grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G nicht hinreichend dargetan hat (§ 160a Abs 2 [X.] [X.]G).

8

Grundsätzliche [X.]edeutung iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein [X.]eschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter [X.]erücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt (vgl [X.][X.] [X.] 1500 § 160 [X.]7; [X.][X.]E 40, 158 = [X.] 1500 § 160a [X.]1; [X.][X.] [X.] 1500 § 160a [X.] 7, 13, 31, 59, 65).

9

Diese Anforderungen verfehlt die [X.]egründung der Nichtzulassungsbeschwerde. Sie legt bereits nicht dar, warum sich die Antwort auf ihre Frage,

        

liegt eine Abgabe im Sinne des § 11 Abs 3 [X.] iVm § 21 Abs 8 S 1 und 2 [X.] des Unternehmens der Landwirtschaft für den Landwirt vor, wenn er zum Zwecke der gemeinsamen [X.]ewirtschaftung seines zuvor als Einzelunternehmer geführten landwirtschaftlichen [X.]etriebes mit weiteren [X.]ern eine [X.] bürgerlichen Rechts gründet, der Landwirt als Einlage in die [X.] die in seinem Eigentum bzw Nießbrauch befindlichen Flächen und Wirtschaftsgebäude und die Pachtrechte einbringt und er an der [X.] nicht als (Mit)Unternehmer beteiligt ist, dh er nicht am Risiko eines Verlustes beteiligt ist, er unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg ähnlich wie ein Verpächter die im [X.]svertrag vorgesehene Vergütung für die Überlassung der ihm gehörenden [X.]etriebsflächen und -einrichtungen erhält, er nicht der Unternehmensführung angehört und auch nicht über Vertretungsmacht verfügt,

nicht bereits unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Nach § 21 Abs 8 S 1 iVm S 2 [X.] gilt ein Unternehmen der Landwirtschaft, das von mehreren Unternehmern gemeinsam betrieben wird, [X.] dann als abgegeben, wenn der Unternehmer aus der Unternehmensführung ausgeschieden ist und er keine Vertretungsmacht für das Unternehmen mehr hat. Durch die Verwendung des Partizip Perfekts sowie der Wendung keine … mehr setzt die Vorschrift damit nach ihrem eindeutigen Wortlaut voraus, dass der begünstigte landwirtschaftliche Unternehmer zunächst der Unternehmensführung angehört bzw Vertretungsmacht für das Unternehmen innegehabt und diese Rechtspositionen anschließend aufgegeben hat. Dies war beim Kläger nach den in der [X.]eschwerdebegründung angeführten Feststellungen des L[X.] nicht der Fall, weil er bereits bei der Gründung des gemeinsamen Unternehmens nicht der Geschäftsführung des Unternehmens angehörte und keine Vertretungsmacht besaß. Seine Rechtsansicht, nach seinem Verständnis lasse sich § 21 Abs 8 S 2 [X.] nicht entnehmen, dass im Zeitpunkt des Eintritts der Abgabefiktion eine entsprechende [X.] bestanden haben müsse, postuliert ohne nähere [X.]egründung und ohne Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des [X.][X.] eine dem klaren Wortlaut entgegenstehende Auslegung. Das genügt nicht, um die Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage hinreichend substantiiert darzulegen (vgl [X.][X.] [X.] 1500 § 160a [X.] 59).

Soweit der Kläger methodisch in Wirklichkeit eine analoge Anwendung der Vorschrift anstreben sollte - darauf lässt sein Hinweis auf den Gleichheitsgrundsatz aus Art 3 Abs 1 GG schließen - fehlt es für eine substantiierte Darlegung der Klärungsbedürftigkeit ebenfalls an der Auseinandersetzung mit der bisher ergangenen Rechtsprechung und der veröffentlichten Literatur (vgl [X.][X.], [X.]eschluss vom 11.6.2002 - [X.] RA 216/01 [X.] -, juris; grundsätzlich zu den Voraussetzungen einer Analogie vgl etwa [X.][X.], [X.]eschluss vom [X.] - [X.] 10 EG 18/12 [X.] -, juris).

Das L[X.] hat seine Ablehnung einer Analogie wegen der nach seiner Ansicht fehlenden planwidrigen Regelungslücke unter anderem auf ein Urteil des [X.][X.] (vom [X.] - [X.] 10 LW 1/09 R, [X.] 4-5868 § 13 [X.] 5) gestützt. Danach kann von dem gesetzlichen Erfordernis der Hofabgabe weder durch Gesetzesauslegung noch durch richterliche Rechtsfortbildung abgesehen werden. Daher hätte es einer substantiierten Darlegung bedurft, warum die Voraussetzungen der Abgabefiktion des § 21 Abs 8 S 2 [X.] - anders als die Vorschrift des § 21 Abs 8 S 1 [X.] in ihrer Auslegung durch die zitierte Rechtsprechung des [X.][X.] - [X.]edürfnis und Auslegungsspielraum für eine analoge Anwendung lassen. Dies gilt umso mehr, als der Gesetzgeber seit der genannten Entscheidung des [X.][X.] ua die Reichweite von § 21 Abs 8 S 2 [X.] über den Kreis von [X.]G[X.]-[X.]ern auf die [X.]er von Personenhandelsgesellschaften und die Mitglieder juristischer Personen ausgedehnt hat (Art 4 [X.] 5 [X.]uchst c LSV-Neuordnungsgesetz vom 12.4.2012, [X.]G[X.]l I 579), ohne indes den Anwendungsbereich der Norm auch auf die Konstellation des erstmaligen Eintritts eines Landwirts in ein Unternehmen zu erweitern, wie es der Kläger für erforderlich hält. Zudem betont die Kommentarliteratur, die Sonderregelung nach § 21 Abs 8 S 2 [X.] sei von ihrer Motivation nicht dafür gedacht, bisherigen Einzelunternehmen die Flucht aus den ihnen zur Verfügung stehenden Abgabeformen zu ermöglichen ([X.] - Komm, Stand Januar 2013, § 21 [X.] 4.6). Auch mit dieser, gegen die vom Kläger gewünschte Analogie sprechenden Ansicht setzt sich die [X.]egründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht auseinander.

Schließlich hat der Kläger auch die Entscheidungserheblichkeit der von ihm aufgeworfenen Rechtsfragen nicht hinreichend dargelegt. [X.]begründung stellt den zur [X.]eurteilung der Entscheidungserheblichkeit relevanten Sachverhalt nicht geordnet und nachvollziehbar dar, sondern verweist insoweit nahezu vollständig auf den Tatbestand des L[X.]-Urteils. Das [X.][X.] muss aber grundsätzlich allein aufgrund des Vorbringens der [X.]eschwerdebegründung in der Lage sein zu beurteilen, ob die Revision zuzulassen ist oder nicht; es ist nicht Aufgabe der Revisionsinstanz, sich den für die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde erforderlichen Sachverhalt selbst aus dem Urteil des L[X.] bzw den Gerichts- und Leistungsakten herauszusuchen (vgl [X.][X.] [X.]eschluss vom 3.11.1999, [X.] 7 [X.] 152/99 [X.]).

[X.] ist daher ohne Hinzuziehung [X.] zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 [X.] [X.]G).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 [X.]G.

Meta

B 10 LW 16/13 B

03.03.2014

Bundessozialgericht 10. Senat

Beschluss

Sachgebiet: LW

vorgehend SG Aurich, 1. November 2012, Az: S 9 LW 1/12, Urteil

§ 21 Abs 8 S 2 ALG, § 160 Abs 2 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 03.03.2014, Az. B 10 LW 16/13 B (REWIS RS 2014, 7431)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7431

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