Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.03.2006, Az. IX ZB 56/05

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 4336

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[X.][X.]/05 vom 23. März 2006 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.] und [X.] Ganter, [X.], [X.] und [X.] am 23. März 2006 beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des [X.] wird der [X.]uss des 8. Zivilsenats des [X.] vom 28. Januar 2005 aufgehoben. Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gewährt. Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung über die Beru-fung des [X.] an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gründe: [X.] Das die Klage abweisende und der Widerklage stattgebende Urteil des [X.] vom 3. September 2004 ist dem Kläger am 7. September 2004 zugestellt worden. Hiergegen hat der Kläger fristgerecht Berufung eingelegt. Die Frist zur Begründung des Rechtsmittels ist auf seinen Antrag bis zum 7. Dezember 2004 verlängert worden. Die Berufungsbegrün-dung ist am 8. Dezember 2004 beim [X.], das seinen 1 - 3 - Sitz in der [X.] 3 hat, eingegangen. Am 22. Dezember 2004 hat der Klä-ger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Berufungs-begründungsfrist beantragt. Zur Begründung hat er vorgetragen: Ein in seiner Kanzlei beschäftigter Praktikant habe den [X.] am 7. Dezember 2004 gegen 15.00 Uhr im [X.] in der [X.] einem Justizwachtmeister übergeben. Der [X.] habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um einen fristgebun-denen Schriftsatz für das [X.] handele, und um sofortige Weiter-leitung an den im Hause ansässigen 8. Zivilsenat gebeten. Der [X.] habe den Schriftsatz ohne Einwendungen entgegengenommen. Diese - entgegen der üblichen Praxis gewählte - Form der Übermittlung habe der den [X.] unterzeichnende Rechtsanwalt persönlich angeordnet. 2 Mit dem angefochtenen [X.]uss hat das [X.] den Wie-dereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung des [X.] als unzu-lässig verworfen, weil dieser nicht ohne sein Verschulden verhindert gewesen sei, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten. Die Fristüberschreitung beruhe auf einer fehlerhaften Einzelweisung. Durch die Übergabe des Schrift-satzes an einen Mitarbeiter der Poststelle im [X.] sei der - zutref-fend adressierte - [X.] noch nicht beim zuständigen [X.] eingegangen. Denn es handele sich nicht um eine gemein-same Postannahmestelle auch des [X.]s. Der Umstand, dass einige Senate des [X.]s aus räumlichen Gründen im [X.] untergebracht seien, ändere daran nichts. Bei dem in der [X.] befindlichen Fach für an das [X.] adressierte Schriftsätze handele es sich um eine interne Ablage. Der Irrtum des Prozessbevollmächtig-ten 3 - 4 - über die Existenz einer gemeinsamen Postannahmestelle beruhe auf Fahr-lässigkeit, die sich der Kläger zurechnen lassen müsse. Ein mitwirkendes [X.] der Justiz an der Fristversäumung sei nicht ersichtlich. I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und zulässig (§ 574 Abs. 2, § 575 ZPO). Das Rechtsmittel ist auch begründet. 4 1. Der angefochtene [X.]uss unterliegt nicht bereits deswegen der Aufhebung, weil das Berufungsgericht seiner rechtlichen Begründung keinen Sachverhalt vorangestellt hat ([X.], [X.]. v. 20. Juni 2002 - [X.] ZB 56/01, [X.], 2648, 2649). Die tatsächlichen Grundlagen seiner Entscheidung lassen sich den [X.] in einer für die rechtliche Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht noch ausreichenden Weise entnehmen. 5 2. Dahinstehen kann, ob einzelne Wendungen der Rechtsbeschwerde-begründung dahin zu verstehen sind, im [X.] in [X.] befinde sich eine gemeinsame Postannahmestelle, an die auch das [X.] angeschlossen sei. [X.] eine solche Behauptung zu, hätte der Kläger die [X.] nicht versäumt. Die Rechtsbeschwerde macht jedoch nicht geltend, die Begründungsfrist sei gewahrt; erst recht legt sie insoweit [X.] durchgreifenden Zulässigkeitsgründe dar. Nach den Anträgen und den [X.] Ausführungen der [X.] verfolgt der Kläger vielmehr seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand weiter. 6 - 5 - 3. Mit Recht wendet sich der Kläger gegen die Annahme des Berufungs-gerichts, seinen Prozessbevollmächtigten treffe ein ihm gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden an der Fristversäumung. 7 Nach den besonderen Umständen des hier gegebenen Falles hat der Prozessbevollmächtigte die Berufungsbegründungsfrist nicht schuldhaft ver-säumt. Durch die eidesstattliche Versicherung des Praktikanten ist glaubhaft gemacht, dass dieser das Verhalten des [X.] dahin deuten durfte, die Berufungsbegründung werde noch am selben Tag beim zuständigen 8. Zivilsenat des [X.]s, der im Hause der Justiz untergebracht war, eingehen. Der [X.] hat bereits entschieden, ein Rechtsan-walt dürfe von der Möglichkeit, eine Berufungsschrift bei der Annahmestelle im Gebäude des [X.] an das [X.] ab-zugeben, so lange Gebrauch machen, als er mit Sicherheit noch einen fristge-rechten Zugang erwarten könne ([X.], [X.]. v. 12. Juli 1961 - [X.], [X.], 923, 924). Die Versicherung eines Beamten der [X.], der Schriftsatz werde noch am selben Tag der zuständigen Stelle zugeleitet, schließt ein Verschulden des darauf vertrauenden Rechtsanwalts aus ([X.], aaO S. 923 f; [X.]. v. 10. Juni 1976 - [X.], [X.], 1063, 1064). Hier muss wegen der örtlichen Gegebenheiten das Gleiche gelten. Der 8. Zivilsenat war im [X.] untergebracht. Dieser Spruchkörper war für das Berufungsverfahren zuständig und infolge der Berufungseinlegung bereits mit der Sache befasst. Dementsprechend wies die Berufungsbegründung das richtige Aktenzeichen dieses Senats aus, so dass der Schriftsatz ihm sofort zu-geordnet werden konnte. Die offene Abgabe der Berufungsbegründung unter-strich zusätzlich, dass der Schriftsatz nicht im gewöhnlichen Postgang behan-delt werden sollte. Bei einer Abgabe gegen 15:00 Uhr war es auch ohne [X.] möglich, dass die [X.] noch vor Dienstschluss der [X.] - 6 - schäftsstelle vorgelegt wurde. Unter diesen Umständen konnte der Praktikant das Verhalten des Wachtmeisters nur so verstehen, dass der ihm übergebene Schriftsatz - aufgrund der allgemeinen Organisation des Postlaufs oder auf-grund einer besonderen Zuleitung - noch am Tage der Übergabe und damit rechtzeitig beim zuständigen 8. Zivilsenat eingehen werde. 4. Die Sache ist zur Verhandlung und Entscheidung über die Berufung an das [X.] zurückzuverweisen, das auch über die Kosten dieses Verfahrens zusammen mit der Hauptsache (vgl. [X.], [X.]. v. 24. Juli 2000 - [X.], [X.], 3284, 3286) zu befinden hat. 9 [X.] Ganter [X.]

[X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 03.09.2004 - 4 O 96/04 - OLG [X.], Entscheidung vom 28.01.2005 - 8 [X.]/04 -

Meta

IX ZB 56/05

23.03.2006

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.03.2006, Az. IX ZB 56/05 (REWIS RS 2006, 4336)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 4336

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