Bundessozialgericht, Urteil vom 16.05.2012, Az. B 4 AS 109/11 R

4. Senat | REWIS RS 2012, 6363

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Arbeitslosengeld II - Angemessenheit der Unterkunftskosten - Wohnflächengrenze für Einpersonenhaushalt in Nordrhein-Westfalen ab 1.1.2010 - sozialgerichtliches Verfahren - keine Einschränkung des Prüfungsumfangs durch Unstreitigstellen des abstrakt angemessenen Quadratmeterpreises - Amtsermittlungspflicht


Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 16. Mai 2011 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung des [X.] in der [X.] vom [X.] bis 31.7.2010.

2

Der 1970 geborene Kläger bewohnt eine 55 qm große Wohnung in [X.] Ab dem [X.] betrug die monatliche Grundmiete 270 [X.]. Die Betriebskostenvorauszahlung belief sich auf 100 [X.] monatlich sowie die Heizkostenvorauszahlung auf 53 [X.] monatlich. Die Warmwasseraufbereitung erfolgte zentral über die Heizungsanlage.

3

Die Rechtsvorgängerin des Beklagten (nachfolgend: Beklagter) gewährte dem Kläger für die [X.] vom [X.] bis 31.1.2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.], ua Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 416,21 [X.] (370 [X.] Bruttokaltmiete + 53 [X.] Heizkostenvorauszahlung abzüglich eines Warmwasserabschlages in Höhe von 6,79 [X.]). Mit Schreiben vom 22.7.2009 wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass die monatliche [X.] in Höhe von 270 [X.] sowie die monatlichen kalten Nebenkosten in Höhe von 100 [X.] den von ihm für angemessen erachteten Umfang überstiegen und forderte zur Kostensenkung auf. Der angemessene Höchstbetrag für die [X.] belaufe sich auf 213,75 [X.] (45 qm x 4,75 [X.]/qm) sowie für die kalten Nebenkosten auf 90 [X.] (45 qm x 2 [X.]/qm). Er beabsichtige, ab dem [X.] nur noch die angemessenen Unterkunftskosten zu berücksichtigen.

4

Mit Bescheid vom 13.1.2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die [X.] vom [X.] bis 31.7.2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.], wovon mtl 349,96 [X.] auf die Kosten der Unterkunft und Heizung (Nettokaltmiete 213,75 [X.] + 90 [X.] kalte [X.] Heizkosten 46,21 [X.]) entfielen. Auf den gegen die Höhe der bewilligten Kosten der Unterkunft und Heizung erhobenen Widerspruch des [X.] änderte der Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 13.1.2010 teilweise ab und gewährte - unter Berücksichtigung monatlicher Heizkosten von 46,53 [X.] (Heizkosten 53 [X.] abzüglich Warmwasser in Höhe von 6,47 [X.]) - nunmehr Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 350,28 [X.]. Im Übrigen wies er den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom [X.]).

5

Das [X.] hat den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 13.1.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.] verurteilt, dem Kläger von Februar bis Juli 2010 Leistungen nach dem [X.] unter Zugrundelegung einer angemessenen Nettokaltmiete in Höhe von 237,50 [X.] und angemessenen Betriebskosten in Höhe von 100 [X.] zuzüglich angemessener Heizkosten zu bewilligen (Urteil vom 17.11.2010). Das L[X.] hat die von dem Beklagten erhobene Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte verurteilt wird, dem Kläger weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von 33,75 [X.] monatlich für die [X.] vom [X.] bis 31.7.2010 zu bewilligen (Urteil vom 16.5.2011). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Das [X.] habe zutreffend eine Grundmiete von 237,50 [X.] monatlich als angemessen iS von § 22 Abs 1 S 1 [X.] angesehen. Es sei dabei richtigerweise von einer angemessenen Wohnungsgröße von 50 qm für einen Alleinstehenden ausgegangen. Zur Überzeugung des Senats sei die angemessene Wohnfläche im Rahmen der Produkttheorie anhand der im streitigen Bewilligungszeitraum aktuell gültigen Verwaltungsvorschriften des [X.] zur Belegung von gefördertem Wohnraum zu bestimmen. Dies entspreche der ständigen Rechtsprechung des B[X.], wonach für die Bestimmung der [X.] in Ermangelung anderweitiger Erkenntnisquellen grundsätzlich an die anerkannten Wohnraumgrößen für [X.] im [X.] Mietwohnungsbau und deshalb an die für die Belegung von gefördertem Wohnraum maßgebenden Vorschriften anzuknüpfen sei. Für die Belegung von gefördertem Wohnraum seien ab dem 1.1.2010 in [X.] die in [X.] ([X.]) angesetzten Werte maßgeblich, mithin für einen Ein-Personen-Haushalt 50 qm. Andere Erkenntnisquellen zur Bestimmung der angemessenen Wohnraumgröße im unteren Segment des Wohnungsmarktes seien nicht ersichtlich. Auch das B[X.] gehe von einer möglichen Dynamisierung der Werte als Folge von Änderungen der maßgeblichen Verwaltungsvorschriften aus. Es habe dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit eine überragende Bedeutung beigemessen und eine Heranziehung anderweitiger Verwaltungsregelungen zur Bestimmung der Wohnflächen nur dann für vertretbar angesehen, wenn aktuelle Verwaltungsvorschriften zu § 10 [X.] nicht existierten, was vorliegend jedoch nicht der Fall sei. Hierbei habe das B[X.] an die Rechtsprechung des [X.] angeknüpft. Durch die Anhebung des Wertes von 45 qm auf 50 qm im Land [X.] sei lediglich eine Anpassung an die in anderen Bundesländern übliche Praxis erfolgt. Weiter habe das [X.] den [X.] mit dem Stadtgebiet der kreisangehörigen Stadt [X.] zutreffend festgestellt. Unter Zugrundelegung dessen könne vorliegend als den [X.] widerspiegelnder, abstrakt angemessener Quadratmeterpreis ein Betrag von 4,75 [X.]/qm angesetzt werden, dessen Angemessenheit zwischen den Beteiligten unstreitig gestellt sei. Die Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 100 [X.] monatlich habe der Beklagte in voller Höhe zu übernehmen.

6

Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung von § 22 Abs 1 [X.]. Das L[X.] habe sich zur Bestimmung der angemessenen Wohnfläche zu Unrecht auf [X.] 8.2 der [X.] gestützt. Vielmehr sei auch nach Inkrafttreten der [X.] weiterhin auf die Verwaltungsvorschriften zum Wohnungsbindungsgesetz und mithin auf eine angemessene Wohnfläche für Alleinstehende von 45 qm abzustellen. Dies entspreche dem Willen des Gesetzgebers. Diesem habe bei Einführung des [X.] zum 1.1.2005 die damalige Situation vor Augen gestanden. Anhaltspunkte für eine sich am Wohnungsbauförderungsrecht orientierende Dynamisierung seien nicht ersichtlich. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die für Hilfebedürftige angemessene Wohnfläche sich mit der [X.] ändern solle, zumal § 22 Abs 1 [X.] und das [X.] unterschiedliche Zwecke verfolgten. Auch Gründe der Rechtssicherheit und Praktikabilität sprächen nicht für die Anwendung der aktuellen [X.]. Im Übrigen fehle es für die Anpassung der abstrakt angemessenen Wohnfläche an der Notwendigkeit. Im Gegensatz zu der Höhe der Regelleistung dürfte sich an der Fläche, die ein Mensch für ein menschenwürdiges Dasein benötige, nichts mehr ändern. Soweit in bestimmten Situationen ein erhöhter Wohnflächenbedarf bestehe, habe dies bereits nach altem Recht berücksichtigt werden können.

7

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des [X.] vom 17. November 2010 und des Landessozialgerichts [X.] vom 16. Mai 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält die Ausführungen der Vorinstanzen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Beklagten ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung (§ 170 Abs 2 [X.] [X.]G) begründet. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des [X.] kann der Senat nicht abschließend entscheiden, in welcher Höhe dem Kläger in der [X.] vom 1.2.2010 bis 31.7.2010 Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen.

1.a) Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 13.1.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.], mit dem der Beklagte dem Kläger im streitigen [X.]raum ua Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 350,28 [X.] (213,75 [X.] Nettokaltmiete, 90 [X.] kalte Betriebskosten, 53 [X.] Heizkosten abzüglich 6,47 [X.] Warmwasserabschlag) bewilligt hat und gegen den der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage 54 Abs 1 und 4 [X.]G) vorgeht. Da sich vorliegend nur der Beklagte mit der Berufung gegen das beide Beteiligte beschwerende Urteil des [X.] gewandt hat, war ein über die Verurteilung hinausgehender Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung schon nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.

b) Der Kläger hat den Streitgegenstand zulässigerweise auf die Leistungen der Unterkunft und Heizung beschränkt. Bei diesen handelt es sich um abtrennbare Verfügungen des Gesamtbescheids, ohne dass eine weitere Aufspaltung in die Leistungen für Unterkunft und Heizung rechtlich möglich ist (stRspr seit B[X.] Urteil vom 7.11.2006 - B 7b [X.] - B[X.]E 97, 217 = [X.]-4200 § 22 [X.], Rd[X.]8 f). Dies gilt zumindest für laufende Verfahren über vor dem 1.1.2011 abgeschlossene Bewilligungsabschnitte (B[X.] Urteil vom 13.4.2011 - [X.] [X.]/10 R - Rd[X.]1 - [X.]-4200 § 22 [X.]; Urteil des Senats vom 20.12.2011 - [X.] AS 19/11 R - Rd[X.]1 - zur [X.] vorgesehen).

2. Unter Berücksichtigung der bisherigen Ausführungen hat das B[X.] jedoch den Anspruch des [X.] auf Leistungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 [X.] [X.]B II unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen. Insoweit mangelt es jedoch an hinreichenden Feststellungen des [X.]. Das [X.] ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass durch das "Unstreitigstellen" bestimmter Teilaspekte des Anspruchs auf Leistungen der Unterkunft und Heizung - hier der abstrakt angemessenen Nettokaltmiete und den abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten - es einer weiteren Darlegung dieser Aspekte nicht bedurfte.

Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 [X.] [X.]B II). Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle (B[X.] Urteil vom 7.11.2006 - B 7b [X.]/06 R - B[X.]E 97, 231 = [X.]-4200 § 22 [X.] 3; B[X.] Urteil vom 17.12.2009 - [X.] A[X.]7/09 R - [X.]-4200 § 22 [X.] 27 , Rd[X.] 21; B[X.] Urteil vom 19.10.2010 - [X.] [X.]/10 R - [X.]-4200 § 22 [X.] 42 , Rd[X.] 20; B[X.] Urteil vom 20.12.2011 - [X.] AS 19/11 R - zur [X.] vorgesehen). Zur Festlegung der abstrakt angemessenen Leistungen für die Unterkunft ist zunächst die angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche örtliche Vergleichsraum zu ermitteln. Angemessen ist eine Wohnung weiter nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (B[X.] Urteil vom 7.11.2006 - B 7b [X.]/06 R - B[X.]E 97, 231 = [X.]-4200 § 22 [X.] 2, Rd[X.] 20; B[X.] Urteil vom 17.12.2009 - [X.] A[X.]7/09 R - [X.]-4200 § 22 [X.] 27 , Rd[X.]5, 17; B[X.] Urteil vom 20.12.2011 - [X.] AS 19/11 R , Rd[X.]4 - zur [X.] vorgesehen).

Soweit die tatsächlichen Aufwendungen des Leistungsberechtigten für seine Unterkunft die angemessene [X.] überschreiten, sind diese - falls vom Leistungsberechtigten entsprechende sachliche Gründe vorgebracht werden - solange zu berücksichtigen, wie es ihm konkret nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch Anmietung einer als angemessen eingestuften Wohnung, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs 1 [X.] [X.]B II aF, der durch die Einführung des neuen [X.] durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom [X.] - [X.] 1706 - ohne inhaltliche Änderung zu [X.] wurde; vgl B[X.] Urteil vom 19.2.2009 - [X.] A[X.]0/08 R - B[X.]E 102, 263 = [X.]-4200 § 22 [X.]9 , Rd[X.] 29; B[X.] Urteil vom 17.12.2009 - [X.] A[X.]7/09 R - [X.]-4200 § 22 [X.] 27, Rd[X.] 30).

Der Senat folgt dem [X.] bei der Festlegung der angemessenen Wohnungsgröße und des [X.]. Diese Feststellungen allein genügen allerdings nicht zur Bestimmung der angemessenen Nettokaltmiete.

3. Das [X.] ist zu Recht davon ausgegangen, dass als angemessene Wohnungsgröße für einen Ein-Personen-Haushalt eine Wohnfläche von 50 qm zu berücksichtigen ist. Bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche ist - entsprechend der vom [X.] vorgenommenen Auslegung des Landesrechts - in [X.] ab dem 1.1.2010 auf die in [X.] 8.2 der [X.] ([X.], 1) festgesetzten Werte zurückzugreifen. Diese sehen für einen Ein-Personen-Haushalt anstelle von bisher 45 qm eine Wohnfläche von 50 qm vor.

Zur Festlegung der angemessenen Wohnfläche ist auf die [X.] für [X.] im [X.] Mietwohnungsbau abzustellen (stRspr seit B[X.] Urteil vom 7.11.2006 - B 7b [X.] - B[X.]E 97, 254 = [X.]-4200 § 22 [X.] 3, Rd[X.]9; zuletzt B[X.] Urteil vom 20.12.2011 - [X.] AS 19/11 R , Rd[X.]7 - zur [X.] vorgesehen). Maßgeblich sind die im streitigen [X.]raum gültigen Bestimmungen (B[X.] Urteil vom 22.9.2009 - [X.] [X.]/08 R - Rd[X.]4 f; B[X.] Urteil vom 26.5.2011 - [X.] [X.]/09 R - Rd[X.]8; B[X.] Urteil vom 20.12.2011 - [X.] AS 19/11 R - Rd[X.]7). Die Angemessenheit der Wohnungsgröße richtete sich damit grundsätzlich nach den Werten, die die Länder aufgrund von § 10 Wohnraumförderungsgesetz vom 13.9.2001 ([X.] 2379) (bzw zu der vorherigen Vorschrift des § 5 Abs 2 [X.] ) festgelegt hatten. Maßgeblich für [X.] war damit Ziff 5.7.1 der Verwaltungsvorschriften des Landes [X.] zum [X.] ([X.]) vom [X.] in der geänderten Fassung vom [X.] (Runderlass des [X.], Kultur und Sport, Ministerialblatt für das Land [X.] vom [X.], 396, 400; vgl nur B[X.] Urteil vom 17.12.2009 - [X.] A[X.]7/09 R - [X.]-4200 § 22 [X.] 27 - Rd[X.]6; B[X.] Urteil vom 20.12.2011 - [X.] AS 19/11 R - Rd[X.]7). Zum 1.1.2010 ist im Zuge der Föderalismusreform mit dem Gesetz zur Förderung und Nutzung von Wohnraum für das Land [X.] ([X.]) (Art 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Föderalismusreform im Wohnungswesen vom 8.12.2009) das [X.] in [X.] abgelöst worden. Gleichzeitig sind mit dem Runderlass des [X.] vom [X.] ([X.], [X.], 1) zum Vollzug der Teile 4 bis 6 des [X.] [X.] erlassen worden und in [X.] getreten. Diese ersetzen die bisherigen [X.]. Nach [X.]9 [X.] der [X.] treten die [X.] mit Ausnahme der [X.] 8 bis 8b.3 und 22 und der Anlage mit Ablauf des 31.12.2009 außer [X.]. Für die Belegung von gefördertem Wohnraum (vgl § 18 [X.] [X.], der Nachfolgevorschrift zu § 27 [X.] - vgl [X.]/9394, [X.]) sind ab dem 1.1.2010 daher die in [X.] 8.2 der [X.] angesetzten Werte für Wohnflächen maßgeblich.

Dass - wie der Beklagte einwendet - der mit der Angemessenheitsprüfung verbundene Zweck im Rahmen des § 22 [X.]B II mit den Zwecken des [X.] Wohnungsbaus nicht übereinstimme, wird durch den Rückgriff auf die von den Ländern erlassenen Vorschriften zum [X.] Wohnungsbau ohnehin bewusst in Kauf genommen (vgl bereits B[X.] Urteil vom 22.9.2009 - [X.] [X.]/08 R - Rd[X.]5). Insoweit kommt dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit eine überragende Bedeutung zu. Wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, ist eine Heranziehung anderweitiger Verwaltungsregelungen zur Bestimmung der Wohnfläche nur dann vertretbar, wenn aktuelle Verwaltungsvorschriften zu § 10 [X.] nicht existieren (vgl B[X.] Urteil vom 22.9.2009 - [X.] [X.]/08 R). Dies ist auf die Situation in [X.] im streitigen [X.]raum zu übertragen. Das [X.] ist zum 1.1.2010 an die Stelle des [X.] und somit auch des § 10 [X.] getreten. Mit § 18 [X.] existiert für den Wohnungsberechtigungsschein eine Nachfolgevorschrift zu § 27 [X.] (vgl [X.]/9394, 96), der in [X.] auf die Bestimmungen der Länder zur maßgeblichen Wohnungsgröße verwies. Welche Wohnungsgröße iS des § 18 Abs 2 [X.] in der Regel angemessen ist, bestimmt nunmehr Ziffer 8.2 der [X.]. Mithin existiert eine aktuelle Bestimmung zur Wohnungsfläche im [X.] Wohnungsbau, die anzuwenden ist.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass Leistungsberechtigte nach dem [X.]B II zumindest Teil der Zielgruppe der [X.] Wohnraumförderung sind. Hierauf hat bereits der ebenfalls für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständige 14. Senat des B[X.] hingewiesen (B[X.] Urteil vom 26.5.2011 - [X.] [X.]/09 R - Rd[X.]9). Demnach folgt aus § 1 Abs 2 [X.], dass Zielgruppe der [X.] Wohnraumförderung Haushalte sind, die sich am Markt nicht angemessen mit Wohnraum versorgen können und auf Unterstützung angewiesen sind; insbesondere Haushalte mit geringem Einkommen. Hierzu gehören auch Haushalte, deren Mitglieder Leistungen nach dem [X.]B II beziehen. Nichts anderes ergibt sich aus der im Wesentlichen inhaltsgleichen Vorschrift des § 2 [X.].

Auch liegt der Schluss nahe, dass - soweit in [X.] die Vorschriften über die Wohnflächen gegenüber der bisherigen Regelung erhöht werden - eine entsprechende Anzahl kleinerer Wohnungen für Mieterhaushalte im [X.] Wohnungsbau tatsächlich nicht vorhanden ist. Hieraus folgt, dass solche Wohnungen dann aber auch nicht für Leistungsberechtigte nach dem [X.]B II zur Verfügung stehen (vgl B[X.] Urteil vom 26.5.2011 - [X.] [X.]/09 R - Rd[X.]8).

Demgegenüber ergibt sich aus der Gesetzesbegründung zu § 22 [X.]B II (BT-Drucks 15/1516, [X.]) - entgegen der Auffassung des Beklagten - nicht, dass die Ermittlung der angemessenen Wohnfläche keinen Veränderungen unterworfen werden sollte. Es heißt dort lediglich, dass die Kosten der Unterkunft und Heizung wie in der Sozialhilfe in tatsächlicher, angemessener Höhe berücksichtigt werden, wobei sie den am Maßstab der Sozialhilfepraxis ausgerichteten - angemessenen - Umfang nur dann und solange übersteigen dürfen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder zuzumuten ist, die Aufwendungen für die Unterkunft zu senken. Wie der Beklagte selbst ausführt, entsprach es der [X.]en Praxis, die durch das [X.] bestätigt wurde (vgl [X.] Urteil vom [X.] - [X.]E 92, 1, 3; [X.] Urteil vom 17.11.1994 - 5 C 11/93 - [X.]E 97, 110, 112 f), dass die Frage nach der [X.] angemessenen Wohnfläche anhand der Kriterien der Förderungswürdigkeit im [X.] Wohnungsbau nach den hierfür geltenden Vorschriften unter Rückgriff auf die Verwaltungsvorschriften der Länder zu § 5 Abs 2 WoBindG zu beantworten war. Diese Vorschriften wurden sodann zum 1.1.2002 durch das [X.] mit entsprechenden Durchführungsbestimmungen abgelöst, auf die in der Folgezeit grundsätzlich abzustellen war (vgl B[X.] Urteil vom 7.11.2006 - B 7b [X.], aaO). Nicht anders verhält es sich, wenn durch den Übergang der Gesetzeskompetenz vom [X.] auf die Länder landesrechtliche Vorschriften das [X.] abgelöst haben und entsprechende neue Durchführungsvorschriften erlassen worden sind.

Auch die Gesetzesbegründung zum Gesetz zur Ermittlung von [X.] und zur Änderung des [X.] und [X.] (BT-Drucks 17/3404, [X.]) geht grundsätzlich von der Maßgeblichkeit der aktuellen Vorschriften zum [X.] Wohnungsbau aus. Durch das Gesetz zur Ermittlung von [X.] und zur Änderung des [X.] und [X.] ([X.] 453) ist zum 1.4.2011 die Möglichkeit des Verordnungsgebers auf Grundlage des § 27 [X.]B II (idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom [X.], [X.] 1706) eine bundeseinheitliche Bestimmung angemessener Wohnungsgrößen durch Verordnung zu erlassen (vgl B[X.] Urteil vom 19.2.2009 - [X.] A[X.]0/08 R - B[X.]E 102, 263 = [X.]-4200 § 22 [X.]9, Rd[X.]8 ; Urteile vom 22.9.2009 - [X.] [X.]/08 R - Rd[X.]6 und - [X.] AS 18/09 R - B[X.]E 104, 192 = [X.]-4200 § 22 [X.] 30, Rd[X.]4 ) -, weggefallen. Stattdessen können die Länder, die [X.] und kreisfreien Städte nun durch Gesetz ermächtigt oder verpflichtet werden, durch Satzung zu bestimmen, in welcher Höhe Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in ihrem Gebiet angemessen sind (vgl § 22a [X.]B II). In der Satzung ist auch zu bestimmen, welche Wohnfläche entsprechend der Struktur des örtlichen Wohnungsmarktes als angemessen anerkannt wird (vgl § 22b [X.] [X.] [X.]B II). Nach der Gesetzesbegründung soll sich die Festlegung angemessener Wohnflächen an den Wohnflächen orientieren, die auf dem örtlichen Markt für Haushalte im [X.] ohne Transferleistungen üblich sind. In Ballungsräumen könne in der Regel davon ausgegangen werden, dass die von Personen im [X.] bewohnten Wohnungen durchschnittlich kleiner seien als die Werte der aktuellen Wohnungsbauförderung. Seien belastbare Daten hierzu nicht verfügbar, könnten der Festsetzung hilfsweise die landesrechtlichen Wohnraumförderbestimmungen zugrunde gelegt werden (vgl dazu B[X.]E 97, 254 ff = [X.]-4200 § 22 [X.] 3).

4. Nach den Feststellungen des [X.] ist die Heranziehung des Stadtgebiets der Stadt H. als maßgeblicher Vergleichsraum nicht zu beanstanden. Es handelt sich danach um einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich (zu den Anforderungen an den maßgeblichen Vergleichsraum siehe nur B[X.] Urteil vom 19.2.2009 - [X.] A[X.]0/08 R - B[X.]E 102, 263 = [X.] § 22 [X.]9, Rd[X.] 21 ).

5. Der Senat kann aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des [X.] jedoch nicht abschließend beurteilen, ob der von den Vorinstanzen zugrunde gelegte Quadratmeterpreis von 4,75 [X.] und mithin eine monatliche Nettokaltmiete von 237,50 [X.] abstrakt angemessen sind.

Eine rechtliche Einschränkung des [X.] durch das "Unstreitigstellen" bestimmter unselbstständiger Berechnungselemente innerhalb eines einheitlichen Anspruchs auf die abstrakte Rechtsfrage, welche Wohnungsgröße im Rahmen der Anwendung der Produkttheorie zugrunde zu legen ist, ist nicht möglich. Das "Unstreitigstellen" solcher Teilaspekte hat nicht zur Folge, dass das Gericht hieran gebunden ist (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] AS 58/08 R - B[X.]E 103, 153 = [X.]-4200 § 12 [X.]3, Rd[X.]2; B[X.] Urteil vom 23.8.2011 - [X.] [X.]/10 R - Rd[X.]6 - [X.]-4200 § 11 [X.] 43). Derartige Erklärungen entbinden das Gericht nicht davon darzulegen, welchen Streitstoff es nach eigener Überzeugungsbildung für maßgebend hält. Durch entsprechende Erklärungen geben die Beteiligten lediglich zum Ausdruck, dass sie von einem bestimmten Sachverhalt ausgehen und die tatsächlichen Grundlagen des Rechtsstreits insoweit aus ihrer Sicht geklärt sind. Dies steuert die Amtsermittlungspflicht des Gerichts (B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] AS 58/08 R - B[X.]E 103, 153 = [X.]-4200 § 12 [X.]3, Rd[X.]3; B[X.] Urteil vom 19.2.2009 - [X.] [X.]/07 R - B[X.]E 102, 258 = [X.]-4225 § 1 [X.], Rd[X.]0). Nur wenn die Annahme naheliegt, dass weitere oder abweichende Tatsachen für die Entscheidung des Rechtsstreits von Bedeutung sind, muss das Gericht in eine weitere Ermittlung des tatsächlichen Streitstoffs einsteigen. Von der Pflicht zur nachvollziehbaren Darlegung einzelner Anspruchselemente entbinden solche Erklärungen jedoch hingegen nicht.

Hieran fehlt es vorliegend, denn das [X.] hat es unterlassen nachvollziehbar darzulegen, warum der vom Beklagten angesetzte Quadratmeterpreis von 4,75 [X.] abstrakt angemessen ist und insofern den vom B[X.] aufgestellten Anforderungen an ein schlüssiges Konzept (vgl B[X.] Urteil vom 22.9.2009 - [X.] AS 18/09 R - B[X.]E 104, 192 = [X.]-4200 § 22 [X.] 30 , Rd[X.]8; B[X.] Urteil vom 17.12.2009 - [X.] A[X.]7/09 R - [X.]-4200 § 22 [X.] 27 , Rd[X.] 26; vgl auch B[X.] Urteil vom 18.6.2008 - [X.]/7b [X.] - Rd[X.] 7 und B[X.] Urteil vom 19.10.2010 - [X.] [X.]/10 R - [X.]-4200 § 22 [X.] 42 ) entspricht. Diese Feststellung ist jedoch - gemeinsam mit Feststellungen zur angemessenen Wohnungsgröße und zum Vergleichsraum - zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten nach § 22 Abs 1 [X.]B II unerlässlich. Dies wird das [X.] im wiederöffneten Berufungsverfahren nachzuholen haben.

Das [X.] wird abschließend auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Meta

B 4 AS 109/11 R

16.05.2012

Bundessozialgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Aachen, 17. November 2010, Az: S 5 AS 362/10, Urteil

§ 22 Abs 1 S 1 SGB 2 vom 21.12.2008, § 10 WoFG, WBFG NW 2009, WoBindGVwV NW, § 103 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 16.05.2012, Az. B 4 AS 109/11 R (REWIS RS 2012, 6363)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6363

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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