Bundesfinanzhof, Urteil vom 27.07.2023, Az. IV R 15/23 (IV R 39/16), IV R 15/23, IV R 39/16

4. Senat | REWIS RS 2023, 6223

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Gegenstand

(Teilwert gemäß § 5a Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes a.F. als neue Bemessungsgrundlage der Absetzung für Abnutzung)


Leitsatz

NV: Nach dem Wechsel von der Gewinnermittlung nach der Tonnage zum Betriebsvermögensvergleich sind die Wirtschaftsgüter, die unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dienen, mit dem Teilwert anzusetzen und auf der Grundlage dieses Werts für die Zeit deren betriebsgewöhnlicher Restnutzungsdauer abzuschreiben (Bestätigung der Urteile des Bundesfinanzhofs vom 25.10.2018 - IV R 35/16, BFHE 263, 22, BStBl II 2022, 412 und vom 17.12.2020 - IV R 14/20 (IV R 42/16); so jetzt auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 10.07.2023, BStBl I 2023, 1486, Rz 32).

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 16.06.2016 - 6 K 235/14 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

Tatbestand

A.

1

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), die [X.], ist eine Einschiffsgesellschaft. Sie wurde in 2017 aufgelöst. Zur Liquidatorin wurde die V-GmbH bestellt. Die Liquidatorin der Klägerin wurde ebenfalls aufgelöst; zu ihrer Liquidatorin wurde die N-GmbH bestellt. Noch im [X.] wurde die Liquidation der Klägerin beendet und die Klägerin am [X.] im Handelsregister gelöscht. [X.] (Streitjahr) waren circa 400 Anleger unmittelbar oder mittelbar an der Klägerin beteiligt.

2

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin war ausschließlich der Betrieb des [X.] "…" (im Folgenden: Handelsschiff) im internationalen Verkehr. Das Handelsschiff wurde im März 1998 von einer [X.] Werft an eine Bestellergesellschaft abgeliefert und nach einem circa sechswöchigen Betrieb von der Klägerin erworben. Die Anschaffungskosten der Klägerin betrugen … €. Die Klägerin ermittelte ihren steuerlichen Gewinn in den Erhebungszeiträumen 1998 und 1999 durch Betriebsvermögensvergleich nach den §§ 4, 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Dabei schrieb sie das Handelsschiff ausgehend von einer elfjährigen Nutzungsdauer degressiv ab. Ab dem Wirtschaftsjahr 2000 optierte die Klägerin zur Gewinnermittlung nach der Tonnage nach § 5a [X.] Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt --[X.]--) stellte gemäß § 5a Abs. 4 EStG auf den 31.12.1999 einen Unterschiedsbetrag für das Handelsschiff in Höhe von … DM (… €) fest.

3

Mit Beginn des [X.] wechselte die Klägerin von der Gewinnermittlung nach der Tonnage zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach den §§ 4, 5 EStG zurück und nahm in ihrer Steuerbilanz auf den 31.12.2011 [X.]en gemäß § 5a Abs. 6 EStG hinsichtlich des Schiffs vor, durch welche die in dem betreffenden Wirtschaftsgut des Anlagevermögens enthaltenen stillen Reserven aufgedeckt wurden. Die Höhe der [X.] bestimmte sich dabei auf der Grundlage der mit dem [X.] getroffenen tatsächlichen Verständigung vom [X.] über den Teilwert des Schiffs zum 31.12.2011, der mit x.[X.] € angesetzt wurde.

4

In der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für das Streitjahr vom 10.04.2014 erhöhte die Klägerin den handelsbilanziellen Gewinn unter anderem um die Beträge aus der Auflösung des [X.] wegen des [X.] zur Gewinnermittlung nach § 5 EStG (1/5 per annum) in Höhe von … € sowie um Beträge aus der Auflösung des [X.] wegen Verkäufen in Höhe von … € und verminderte ihn um eine Abschreibung auf das Seeschiff wegen der [X.] bei einer Restnutzungsdauer von fünf Jahren um x.[X.] € (= Teilwert x.[X.] € ./. Schrottwert x.[X.] € = x.[X.] € x 1/5).

5

Mit Bescheid für 2012 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ([X.]) vom 07.08.2014 stellte das [X.] die laufenden Einkünfte der Klägerin unter Außerachtlassung des in der Erklärung geltend gemachten Abschreibungsbetrags fest. Zur Begründung führte das [X.] an, dass durch die [X.] nach § 5a Abs. 6 EStG kein zusätzliches Abschreibungsvolumen generiert werde. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 07.10.2014).

6

Dagegen erhob die Klägerin Klage. Während des Klageverfahrens wurde der [X.] 2012 mehrfach geändert, erfuhr jedoch in Bezug auf die hier streitige Frage keine Änderung. Im [X.] 2012 vom (zuletzt) 30.05.2016 wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von … € ausgewiesen; er enthielt einen (laufenden) "Gewinn aus [X.]" in Höhe von … € und "Einkünfte aus Ergänzungsbilanzen" in Höhe von ./. … €.

7

In dem über den Gewerbesteuermessbescheid für 2012 geführten Klageverfahren vor dem [X.] ([X.]) [X.] (Aktenzeichen 6 K 78/15) verständigten sich die Beteiligten im Erörterungstermin am 03.05.2016 darüber, dass die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer für das Handelsschiff 24 Jahre betrage und diese im Zeitpunkt des [X.] zur Gewinnermittlung durch [X.] nicht neu zu schätzen sei. Danach ergebe sich [X.] die [X.] für das Handelsschiff gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG eine Absetzung für Abnutzung ([X.]) in Höhe von [X.] €. Die Bemessungsgrundlage für die [X.] belaufe sich auf x.[X.] € (= Teilwert x.[X.] € ./. Schrottwert x.[X.] €). Hieraus resultiere bei einer Restnutzungsdauer von zehn Jahren der vorbezeichnete jährliche [X.]-Betrag. Allerdings seien bei einer Aufstockung auf den Teilwert die Ergänzungsbilanzen entsprechend zu korrigieren, um eine doppelte Abschreibung in der [X.] und in den Ergänzungsbilanzen zu vermeiden. Daher betrage das Ergebnis aus den Ergänzungsbilanzen nicht wie festgestellt ./. … €, sondern … €.

8

Ferner verständigten sich die Beteiligten in der das vorliegende Verfahren betreffenden mündlichen Verhandlung vor dem [X.] am 16.06.2016 darüber, dass sich der Schrottwert für das Handelsschiff zum 31.12.2011 auf 270 € je Tonne belaufe.

9

Mit Beschluss vom 04.02.2016 hat das [X.] nach § 60 Abs. 3 der [X.]sordnung ([X.]O) die im und nach dem Streitjahr ausgeschiedenen Gesellschafter notwendig beigeladen.

Die Klage, mit welcher die Klägerin in der mündlichen Verhandlung beantragte, die laufenden Einkünfte in Höhe von … € um [X.] € ([X.]) auf ./. [X.] € herabzusetzen, war teilweise erfolgreich. Das [X.] änderte den [X.] 2012 vom 30.05.2016 dahin, "dass der Gewinn aus [X.] in Höhe von … € um (…) € niedriger auf ./. (…) € festgestellt wird und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf (…) € festgestellt werden". Im Übrigen wies es die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, dass die Bemessungsgrundlage der [X.] für das Handelsschiff nach § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG der gemäß § 5a Abs. 6 EStG zum 31.12.2011 anzusetzende Teilwert in Höhe von x.[X.] € (…), gekürzt um den auf den 31.12.2011 ermittelten Schrottwert in Höhe von … € (= 270 € je Tonne x … Tonnen) sei. Hieraus resultiere bei einer Restnutzungsdauer von zehn Jahren eine jährliche [X.] in Höhe von [X.] €. Um diesen Betrag seien die laufenden Einkünfte zu reduzieren. Über die Auswirkungen dieser Abschreibung auf die bisher in den Ergänzungsbilanzen vorgenommenen Abschreibungen sei [X.] das [X.]-- nicht zu entscheiden, weil die Ergänzungsbilanzeinkünfte mit der Klage nicht angegriffen worden seien.

Dagegen richtet sich die vom [X.] eingelegte Revision. Es rügt eine Verletzung materiellen Rechts.

Das [X.] beantragt,
das [X.]-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Die Beigeladenen haben sich im Revisionsverfahren weder in der Sache geäußert noch Anträge gestellt.

Die nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertretene --vom [X.] beigeladene-- X-GmbH & Co. KG (seit 2016: [X.] (haftungsbeschränkt) & Co. KG; nachfolgend [X.]) ist während des Revisionsverfahrens handelsrechtlich durch Liquidation vollbeendet worden. Nach ihrem Handelsregisterauszug wurde die Beendigung der Liquidation der [X.] am [X.] in das Handelsregister eingetragen. Anhaltspunkte dafür, dass sie noch über Aktivvermögen verfügt, bestehen nicht.

Nachdem zwei Versuche des erkennenden Senats, den Rechtsstreit auf der Grundlage des im Parallelverfahren betreffend den [X.] 2012 ergangenen Urteils des Senats vom 25.10.2018 - IV R 35/16 ([X.], 22, [X.] 2022, 412) außergerichtlich beizulegen, fehlgeschlagen waren, wurden die prozessualen Rechtsnachfolger der [X.] --die im Rubrum genannten Beigeladenen zu 14. bis 30.-- ermittelt. Diese Personen sind vor der Ladung zur mündlichen Verhandlung durch ein Schreiben der Senatsvorsitzenden um Mitteilung gebeten worden, ob sie den Rechtsstreit innerhalb einer bestimmten Frist aufnehmen wollen. Zugleich wurden sie darauf hingewiesen, dass der erkennende Senat die Nichtabgabe der Aufnahmeerklärung als fehlende Aufnahmebereitschaft werten und dann den Rechtsstreit durch Ladung zur mündlichen Verhandlung fortsetzen werde. Keiner der prozessualen Rechtsnachfolger hat innerhalb der gesetzten Frist die Aufnahme des Rechtsstreits erklärt.

Beim erkennenden Senat ist noch das den [X.] der Klägerin betreffende Revisionsverfahren anhängig. In diesem Verfahren hat die Klägerin die Revision eingelegt.

Entscheidungsgründe

B.

Die Revision des [X.] ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O).

I. Der erkennende Senat ist durch die zivilrechtliche Vollbeendigung der [X.] nicht daran gehindert, in der Sache zu entscheiden. Das Revisionsverfahren war zwar dadurch zunächst kraft Gesetzes bis zur Aufnahme durch die Rechtsnachfolger unterbrochen (§ 155 Satz 1 [X.]O i.V.m. § 239 Abs. 1 der Zivilprozessordnung --ZPO--). Im Streitfall haben aber die vom erkennenden Senat ermittelten prozessualen Rechtsnachfolger der [X.] nicht innerhalb der ihnen gesetzten Frist erklärt, den Rechtsstreit aufnehmen zu wollen. Des besonderen Verfahrens nach § 239 Abs. 2 ZPO bedarf es in einem solchen Fall nicht. Vielmehr kann zur mündlichen Verhandlung geladen werden. Erscheinen [X.] wie im [X.] die ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladenen Rechtsnachfolger dann nicht zum Termin, so kann das Gericht --wie geschehen-- in der Sache entscheiden (vgl. Urteil des [X.] --[X.]-- vom 20.11.2014 - IV R 1/11, [X.], 28, [X.], 34, Rz 11).

II. Die Klägerin ist als Revisionsbeklagte weiterhin als Beteiligte des Revisionsverfahrens zu behandeln. Denn sie ist trotz ihrer durch Liquidation erfolgten zivilrechtlichen Vollbeendigung weiterhin beteiligtenfähig (§ 121 Satz 1, § 57 Nr. 1 [X.]O).

Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist eine Personengesellschaft --trotz zivilrechtlicher Vollbeendigung durch [X.] steuerrechtlich solange als existent anzusehen, wie noch [X.] gegen sie oder von ihr geltend gemacht werden und das Rechtsverhältnis zu den Finanzbehörden nicht endgültig abgewickelt ist (z.B. [X.]-Beschluss vom 13.02.2018 - IV R 37/15, Rz 23, m.w.N.). Ein solches Steuerrechtsverhältnis der Personengesellschaft zu den Finanzbehörden besteht bei den sogenannten Betriebssteuern (zum Beispiel Gewerbesteuermessbetrag und Gewerbesteuer, Umsatzsteuer). Danach bleibt eine Personengesellschaft, die während eines den [X.] betreffenden Klage- oder Revisionsverfahrens zivilrechtlich vollbeendet wird, weiterhin gemäß § 57 Nr. 1 [X.]O beteiligtenfähig, solange noch Streit über eine Betriebssteuer besteht; § 155 Satz 1 [X.]O i.V.m. § 239 ZPO greift nicht ein.

So verhält es sich im Streitfall. Das Revisionsverfahren IV R 15/23 (IV R 39/16) betrifft zwar nur den [X.] 2012. Daneben führt die Klägerin aber noch das beim erkennenden Senat anhängige --den [X.] 2013 betreffende-- Revisionsverfahren. Somit ist die Klägerin auch in dem vorliegenden Revisionsverfahren IV R 15/23 (IV R 39/16) weiterhin beteiligtenfähig.

III. Die Revision des [X.] ist begründet.

Gegenstand des Verfahrens ist die im [X.] 2012 festgestellte Höhe des laufenden [X.]s und der [X.] (dazu 1.). Die Vorentscheidung ist aufzuheben, weil das [X.] verfahrensfehlerhaft die Höhe der [X.] als selbständige Feststellung nicht geprüft hat (dazu 2.). Die Sache ist nicht spruchreif (dazu 3.). Im Übrigen ist der erkennende Senat mangels Entscheidungserheblichkeit nicht verpflichtet, sich eine Überzeugung hinsichtlich der Frage zu bilden, ob § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG i.d.[X.] vom 02.06.2021 --[X.]-- ([X.], 1259), der die rückwirkende Geltung des § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG i.d.[X.] anordnet, verfassungswidrig und das Verfahren gegebenenfalls nach § 74 [X.]O i.V.m. Art. 100 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) auszusetzen ist.

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die im [X.] 2012 festgestellte Höhe des laufenden [X.]s der Klägerin und die Höhe der festgestellten [X.].

a) Nach ständiger Rechtsprechung kann ein [X.] nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung ([X.]) eine Vielzahl selbständiger und damit auch selbständig anfechtbarer Feststellungen enthalten, die eigenständig in Bestandskraft erwachsen können.

aa) Solche selbständigen Feststellungen sind zum Beispiel die Höhe des laufenden [X.]s sowie dessen Verteilung auf die Mitunternehmer und die Höhe eines Sonderbetriebsgewinns beziehungsweise einer Sondervergütung (z.B. [X.]-Urteil vom 17.04.2019 - IV R 12/16, [X.]E 264, 306, [X.] 2019, 745, Rz 19, m.w.N.). Ebenso ist der Ergänzungsbilanzgewinn, der mitunternehmerbezogen den laufenden [X.] korrigiert, eine gesondert festzustellende und selbständig anfechtbare Besteuerungsgrundlage ([X.]-Urteil vom 16.12.2021 - IV R 7/19, [X.]E 275, 179, [X.] 2023, 378, Rz 26).

bb) Keine selbständige Besteuerungsgrundlage sind hingegen die Beträge aus der Auflösung von [X.] nach § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 bis 3 EStG ([X.]-Urteil vom 01.10.2020 - IV R 4/18, [X.]E 271, 154, Rz 26). Diese Beträge sind --betreffen sie Wirtschaftsgüter des [X.]svermögens-- Teil des laufenden [X.]s ([X.]-Urteil vom [X.], [X.]E 266, 305, [X.] 2023, 750, Rz 28). Die gegebenenfalls rückwirkend anzuwendenden Neuregelungen in § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG i.d.[X.] haben hierauf keinen Einfluss. Denn diese Änderungen regeln --zum Teil abweichend von dem [X.]-Urteil vom [X.] ([X.]E 266, 305, [X.] 2023, 750)-- die Frage, ob festgestellte [X.] im Falle des Ausscheidens des Mitunternehmers oder der Reduzierung der mitunternehmerischen Beteiligung aufzulösen sind. Dies ändert jedoch nichts daran, dass aufzulösende [X.] Teil des laufenden [X.]s sind.

b) Im Streitfall ist --entgegen der Auffassung des [X.]-- auch die Höhe der [X.] Gegenstand des Klage- und Revisionsverfahrens geworden.

aa) Aus der Zusammenschau des [X.] vom 06.11.2014, des vor dem [X.] streitgegenständlich gewordenen [X.]s 2012 vom 30.05.2016 und des in der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2016 zuletzt gestellten Klageantrags ergibt sich, dass die Klägerin jedenfalls die Höhe des laufenden [X.]s angegriffen und diesen damit zum Gegenstand des Klage- und Revisionsverfahrens gemacht hat.

bb) Hierdurch sind zugleich die [X.] Gegenstand des [X.]-Verfahrens geworden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass diese Einkünfte --wie vorstehend ausgeführt-- eine gesondert festzustellende Besteuerungsgrundlage im Sinne des § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a [X.] sind. Selbst wenn die Klägerin diese gesondert festgestellte Besteuerungsgrundlage nicht mit ihrer Klage angegriffen haben sollte, steht das ihrer Prüfung im Streitfall nicht entgegen. Denn eine nicht angefochtene Besteuerungsgrundlage ist gleichwohl in die Prüfung einzubeziehen, wenn die Änderung einer anderen --ausdrücklich angefochtenen-- Besteuerungsgrundlage zwangsläufig, im Sinne einer untrennbaren Verknüpfung, Auswirkungen auch auf die nicht angefochtene Besteuerungsgrundlage hat ([X.]-Urteil vom 17.12.2020 - IV R 14/20 (IV R 42/16), Rz 30).

So verhält es sich im Streitfall. Denn mit dem Ansatz des [X.] zum 31.12.2011 ist untrennbar die Auflösung der bis dahin geführten [X.] verbunden. Der Ansatz des [X.] führt daher zwangsläufig dazu, dass im Gewinn der Klägerin für das Streitjahr enthaltene [X.], die auf einer ratierlichen Auflösung der für das Handelsschiff bilanzierten Mehrwerte beruhen, nicht mehr berücksichtigt werden können (dazu ausführlich [X.]-Urteil vom 17.12.2020 - IV R 14/20 (IV R 42/16), Rz 31). Im Übrigen hat sich die Klägerin im Klageverfahren nicht gegen diese Zwangsläufigkeit gewandt (vgl. zu diesem Gesichtspunkt für die Bestimmung des Gegenstands des Verfahrens [X.]-Urteil vom 03.09.2020 - IV R 29/19, Rz 42). Im Gegenteil ging sie davon aus, dass bei einer Zuschreibung auf den Teilwert die [X.] zu korrigieren sind.

2. Das Urteil des [X.] ist aufzuheben.

Das [X.] hat zwar die in der [X.] für das Handelsschiff nach § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG vorzunehmende AfA und die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf den laufenden [X.] für das Streitjahr zutreffend ermittelt (dazu a). Es hat aber gegen die Grundordnung des Verfahrens verstoßen, weil es nicht darüber entschieden hat, wie sich der Teilwertansatz als AfA-Bemessungsgrundlage auf die [X.] auswirkt (dazu b).

a) Entgegen der vom [X.] im Revisionsverfahren ursprünglich vertretenen Rechtsauffassung hat das [X.] die AfA für das Handelsschiff zutreffend ermittelt. Es hat zu Recht für das Handelsschiff als Bemessungsgrundlage den Teilwert (…: x.[X.] €) abzüglich des Schrottwerts (x.[X.] €) zugrunde gelegt und eine zehnjährige Nutzungsdauer berücksichtigt. Hieraus ergibt sich eine jährliche AfA in Höhe von [X.] €.

aa) Der Entscheidung des Streitfalls ist weiterhin § 5a Abs. 6 EStG in der vor Änderung durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (WElektroMobFördG) vom 12.12.2019 ([X.], 2451) geltenden Fassung (EStG a.F.) zugrunde zu legen. Nach § 5a Abs. 6 Satz 2 EStG i.d.[X.] sind zwar für Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens den weiteren AfA unverändert die ursprünglichen Anschaffungs- und Herstellungskosten zugrunde zu legen. Diese Bestimmung ist aber nach § 52 Abs. 10 Satz 5 EStG i.d.[X.] erst für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.2018 beginnen. Danach bleibt im Streitfall § 5a Abs. 6 EStG a.F. anwendbar.

bb) Der [X.] hat bereits in dem Urteil vom 25.10.2018 - IV R 35/16 ([X.]E 263, 22, [X.] 2022, 412) entschieden, dass beim [X.] zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich das Handelsschiff nach § 5a Abs. 6 EStG a.F. mit dem Teilwert anzusetzen ist. Er hat diese Rechtsauffassung in dem [X.]-Urteil vom 17.12.2020 - IV R 14/20 (IV R 42/16) bestätigt.

cc) Das [X.] hat die hiergegen zunächst erhobenen Einwände in der mündlichen Verhandlung am 27.07.2023 nicht länger aufrechterhalten und sich der Rechtsansicht des erkennenden Senats angeschlossen (vgl. jetzt auch das Schreiben des [X.] vom 10.07.2023, [X.], 1486, Rz 32). Der erkennende Senat sieht daher an dieser Stelle von einer weiteren Begründung ab.

b) Das [X.] hat jedoch gegen die Grundordnung des Verfahrens verstoßen, weil es das Klagebegehren, an welches es nach § 96 Abs. 1 Satz 2 [X.]O gebunden ist, unterschritten hat. Denn es hat versäumt, die im [X.] 2012 enthaltenen [X.], auch wenn sie eine selbständig anfechtbare Feststellung darstellen, als zwingende Folge des [X.] nach § 5a Abs. 6 EStG a.F. zu eliminieren, soweit diese auf der ratierlichen Auflösung der in den [X.] ausgewiesenen Mehrwerte für das Handelsschiff beruhen (vgl. dazu auch [X.]-Urteil vom 17.12.2020 - IV R 14/20 (IV R 42/16), Rz 34).

Der Ansatz des [X.] des Handelsschiffs in der [X.] ersetzt die Anschaffungs- und Herstellungskosten der [X.]. Damit entfällt die Grundlage für die Bilanzierung von Mehr- oder Minderanschaffungskosten einzelner [X.]er in [X.], die auf das Handelsschiff entfallen. Diese [X.], die Teil der Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft sind, sind daher im Rahmen der letzten (Schatten-)Bilanzierung aufzulösen. Im Streitfall waren diese [X.] in der letzten Schatten([X.]s-)bilanz auf den 31.12.2011 aufzulösen. Die [X.] spiegelt nach Ansatz des [X.] den gesamten als Anschaffungs- und Herstellungskosten geltenden Betrag wider, an dessen Abschreibung alle [X.]er (nur noch) entsprechend ihrem Anteil am Gewinn teilhaben können. Zur weiteren Begründung verweist der Senat auf seine Ausführungen in dem [X.]-Urteil vom 25.10.2018 - IV R 35/16 ([X.]E 263, 22, [X.] 2022, 412, Rz 45 ff.).

In dem Unterschreiten des Klagebegehrens liegt ein Verfahrensfehler, den der [X.] auch ohne ausdrückliche Rüge von Amts wegen zu beachten hat ([X.]-Urteil vom 18.08.2005 - II R 68/03, [X.]/NV 2006, 360, unter II.1.).

3. Die Sache ist nicht spruchreif.

Das [X.] hat --aus seiner Sicht zu [X.] bisher keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, welche im angefochtenen [X.] 2012 enthaltenen [X.] auf einer ratierlichen Auflösung (Abschreibung) der in den [X.] ausgewiesenen Mehrwerte für das Handelsschiff beruhen. Es hat zwar in seinem Urteil auf die Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 14.06.2016 verwiesen, in welcher die [X.] aufgeführt sind (vgl. [X.] in der [X.]-Akte zum Aktenzeichen 6 K 235/14). In der bloßen Bezugnahme auf das klägerische Vorbringen liegt allerdings noch nicht die Feststellung, dass sämtliche dort ausgewiesenen [X.] dem Grunde und der Höhe nach ausschließlich auf der Abschreibung auf die Mehrwerte für das Handelsschiff in bis zum 31.12.2011 gebildeten (positiven) [X.] beruhen.

Dem [X.] wird hiermit die Gelegenheit gegeben, im zweiten Rechtsgang die erforderlichen Feststellungen zu treffen.

4. Der erkennende Senat ist in dem vorliegenden Revisionsverfahren mangels Entscheidungserheblichkeit nicht verpflichtet, sich eine Überzeugung hinsichtlich der Frage zu bilden, ob § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG i.d.[X.], der die rückwirkende Geltung des § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG i.d.[X.] anordnet, verfassungswidrig und das Verfahren gegebenenfalls nach § 74 [X.]O i.V.m. Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG auszusetzen ist.

Denn auf die Gültigkeit eines Gesetzes kommt es bei der Entscheidung im Sinne des Art. 100 Abs. 1 GG grundsätzlich nur dann an, wenn sich unterschiedliche Entscheidungsformeln ergeben. Maßgeblich ist, wie der Tenor der Entscheidung bei Gültigkeit der Norm und wie er bei deren Verfassungswidrigkeit zu fassen ist (Dederer in [X.]/[X.]/[X.], [X.]. z. GG, Art. 100 Rz 159). Hätte das Gericht in beiden Fällen dieselbe Entscheidung zu fällen, ist die Vorlage unzulässig (Beschluss des [X.] vom 31.01.1978 - 2 BvL 8/77, [X.] 47, 146, unter [X.] [Rz 51]).

Im Streitfall ist das [X.]-Urteil unabhängig von der Frage der Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Geltung des § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG i.d.F des [X.] aufzuheben und der Rechtsstreit an das [X.] zurückzuverweisen. Dies ergibt sich schon daraus, dass das [X.] noch tatsächliche Feststellungen hinsichtlich der [X.] (-verluste) zu treffen hat. Ebenso hat das [X.] bisher keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, ob [X.]er der Klägerin vor dem oder im Streitjahr unentgeltlich ausgeschieden sind.

5. Für den zweiten Rechtsgang weist der [X.] auf Folgendes hin:

a) Die im Streitfall vom [X.] gegebenenfalls durchzuführende Reduzierung der [X.] (was einer Erhöhung der [X.] entspricht) verstößt nicht gegen das Verböserungsverbot (z.B. [X.]-Urteil vom 20.01.2005 - IV R 22/03, [X.]E 209, 108, [X.] 2005, 559, unter II.5.).

b) Eine notwendige Beiladung nach § 60 Abs. 3 [X.]O derjenigen [X.]er, deren [X.] sich infolge des Ansatzes des [X.] des Handelsschiffs in der [X.] zum 31.12.2011 und der damit verbundenen Auflösung der in [X.] ausgewiesenen --auf das Handelsschiff entfallenden-- Mehr- oder Minderanschaffungskosten ändern, ist nicht erforderlich.

Eine eigene Klagebefugnis des Mitunternehmers nach § 48 Abs. 1 Nr. 5 [X.]O besteht gegen den selbständig anfechtbaren Ergänzungsbilanzgewinn, der den laufenden [X.] korrigiert, nur dann, wenn dieser Gewinn allein aus Gründen streitig ist, die den Mitunternehmer betreffen ([X.]-Urteil vom 16.12.2021 - IV R 7/19, [X.]E 275, 179, [X.] 2023, 378, Rz 28). Im Streitfall ist der Grund für die Änderung der [X.] aber nicht der Sphäre des Mitunternehmers zuzuordnen. Nach dem Ansatz des [X.] spiegelt die [X.] den gesamten als Anschaffungs- und Herstellungskosten geltenden Betrag wider, an dessen Abschreibung alle [X.]er (nur) entsprechend ihrem Anteil am Gewinn teilhaben können. Die Änderung des jeweiligen Ergänzungsbilanzgewinns ist daher nur Folge eines Grundes, der den Bereich der gemeinschaftlichen Einkunftserzielung durch die [X.] betrifft (Ansatz des [X.] in der [X.]).

c) Sollten vor dem und im Streitjahr [X.]er unentgeltlich aus der Klägerin ausgeschieden sein, bleibt es der Klägerin unbenommen, vor dem [X.] im zweiten Rechtsgang eine weitere Reduzierung des laufenden [X.]s zu beantragen. Dieses Begehren kann aber nur dann erfolgreich sein, wenn die in § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG i.d.[X.] angeordnete rückwirkende Geltung des § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG i.d.[X.] verfassungswidrig ist. Insoweit verweist der erkennende Senat auf den zu dieser Frage ergangenen Vorlagebeschluss des [X.] Hamburg vom 24.11.2022 - 6 K 68/21 (Aktenzeichen beim [X.]: 2 BvL 5/23).

6. [X.] beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

IV R 15/23 (IV R 39/16), IV R 15/23, IV R 39/16

27.07.2023

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend FG Hamburg, 16. Juni 2016, Az: 6 K 235/14, Urteil

§ 5a Abs 6 EStG 2009, § 7 Abs 1 EStG 2009, § 180 Abs 1 S 1 Nr 2 Buchst a AO, § 155 S 1 FGO, § 239 Abs 1 ZPO, § 239 Abs 2 ZPO, § 5a Abs 4 S 5 EStG 2009 vom 02.06.2021, § 5a Abs 4 S 6 EStG 2009 vom 02.06.2021, § 52 Abs 10 S 4 EStG 2009 vom 02.06.2021, Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 96 Abs 1 S 2 FGO, EStG VZ 2012, Art 1 Nr 3 AbzStEntModG, Art 1 Nr 21 Buchst a AbzStEntModG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 27.07.2023, Az. IV R 15/23 (IV R 39/16), IV R 15/23, IV R 39/16 (REWIS RS 2023, 6223)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 6223

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