Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.02.2007, Az. XI ZB 38/05

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5050

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[X.] BESCHLUSS [X.] vom 27. Februar 2007 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein [X.]R: ja _____________________ [X.] § 2; [X.] VV Nr. 3202, 3104, [X.]. 3 Abs. 3 Für die Entstehung einer Terminsgebühr gemäß Nr. 3202 i.V. mit [X.]er-kung 3 Abs. 3 des [X.] reicht es aus, wenn bestimmte Rahmenbedingungen für eine mögliche Einigung in mehreren Parallelverfahren abgeklärt und/oder unterschiedliche Vorstellungen der Prozessparteien über die Erledigung der [X.] unter Einschluss des streitigen Verfahrens ausge-tauscht werden. [X.], Beschluss vom 27. Februar 2007 - [X.] - [X.]

LG Mannheim - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.], [X.] [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] Grüneberg am 27. Februar 2007 beschlossen: Auf die Rechtsmittel der Kläger werden der Beschluss des [X.] vom 2. Dezember 2005 aufgehoben und der Kostenfestsetzungsbe-schluss des [X.] vom 4. August 2005 - 9 O 524/03 - dahingehend abgeändert, dass die Beklagte den Klägern über die in diesem Beschluss festgesetzten Kosten hinaus weitere 787,87 • nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem [X.] seit dem 9. Mai 2005 zu erstatten hat. Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfah-ren. Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 787,87 • festgesetzt. - 3 - Gründe: [X.] 1 Die Parteien streiten über die [X.] einer Terminsgebühr. Die Kläger haben für das Berufungsverfahren die Festsetzung [X.] 787,87 • zuzüglich Zinsen gemäß Nr. 3202 i.V. mit [X.]erkung 3 Abs. 3 des [X.] (Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 [X.], im Folgenden: [X.] VV) beantragt. Zur Begründung ha-ben sie vorgetragen, vor der Berufungsrücknahme durch die Beklagte habe ihr Prozessbevollmächtigter, der außer ihnen eine größere Anzahl weiterer Fondsgesellschafter vertreten habe, mit einem Mitarbeiter der beklagten Sparkasse telefonisch die Möglichkeiten einer außergerichtli-chen Erledigung sämtlicher Verfahren unter Bildung verschiedener Fall-gruppen erörtert. Die Gespräche hätten letztlich zur Rücknahme der [X.] durch die Beklagte geführt. 2 Das [X.] hat die Festsetzung der Terminsgebühr abge-lehnt. Die sofortige Beschwerde der Kläger hatte keinen Erfolg. Zur Be-gründung seiner Entscheidung hat das [X.] im [X.] ausgeführt, die Terminsgebühr für eine außergerichtliche Bespre-chung über die Erledigung des anhängigen Verfahrens sei zwar grund-sätzlich nach §§ 103, 104 ZPO festsetzungsfähig. Die restriktiv zu inter-pretierenden Voraussetzungen für das Entstehen einer Terminsgebühr lägen aber nicht vor. Eine gebührenrelevante Besprechung könne nicht schon bei einem beiläufigen und pauschalen Vorgespräch über eine mögliche Verfahrenserledigung bejaht werden, sondern setze eine für die 3 - 4 - angestrebte Erledigung des konkreten Rechtsstreits (möglicherweise) entscheidende Unterredung voraus. Das von den Klägern angeführte [X.] erfülle diese Voraussetzungen ausgehend von der aus-zugsweise wiedergegebenen Aktennotiz nicht. Vielmehr habe es sich danach nur um ein allgemeines Sondierungsgespräch zur Vorbereitung späterer eventueller Vergleichsverhandlungen für sämtliche Parallelver-fahren ohne hinreichend konkreten Bezug zur Klage der Kläger gehan-delt. I[X.] Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet; sie führt zur Festsetzung weiterer 787,87 • zugunsten der Kläger gemäß Nr. 3202, 7008 i.V. mit [X.]erkung 3 Abs. 3 [X.] VV. 4 1. Das Beschwerdegericht hat die von den Klägern beanspruchte Terminsgebühr zu Recht nach §§ 103, 104 ZPO als festsetzungsfähig angesehen (siehe [X.], Beschlüsse vom 14. Dezember 2006 - [X.], Umdruck S. 4 f. [X.]. 8 f. und vom 20. November 2006 - [X.], Umdruck S. 4, [X.]. 6; [X.] JurBüro 2004, 249, 250; [X.], in: [X.]/ [X.], Rechtsanwaltsvergütungsgesetz 2. Aufl. [X.]. 3 [X.]. 54). Die in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung zum Teil vertretene Gegen-meinung (vgl. [X.] 2005, 516 f.; OLG Stuttgart NJW-RR 2006, 932 und [X.], 2196) überzeugt nicht. 5 - 5 - [X.]) Nach §§ 103, 104 ZPO sind grundsätzlich alle von der [X.] gemäß § 91 Abs. 1 und 2 ZPO zu tragenden Kosten des Rechtsstreits festsetzungsfähig (vgl. [X.]/[X.], 2. Aufl. § 103 [X.]. 34; Musielak/Wolst, ZPO 5. Aufl. § 103 [X.]. 6). Dazu zählt auch die Gebühr für die Mitwirkung an einer auf die Erledigung des [X.] Verfahrens gerichteten außergerichtlichen Besprechung, die einen ausreichenden Bezug zu dem jeweiligen Rechtsstreit aufweist. Der Einwand, die Voraussetzungen einer derartigen Gebühr ließen sich in der Praxis häufig nicht zuverlässig feststellen, greift nicht. Dass das for-malisierte Kostenfestsetzungsverfahren im Interesse der Rechtssicher-heit klarer und praktikabler Berechungsgrundlagen bedarf (vgl. [X.], [X.] vom 26. September 2002 - [X.], NJW 2002, 3713 und vom 28. März 2006 - [X.], [X.], 1523, 1524), bedeutet nicht, dass Kosten, die nicht ohne weiteres anhand der Gerichtsakten oder anderer Urkunden feststellbar sind, nicht festsetzungsfähig sind. Wie sich aus § 104 Abs. 2 ZPO ergibt, reicht für die Berücksichtigung einer prozessbezogenen Kostenposition deren Glaubhaftmachung aus, wobei sich der Rechtspfleger sämtlicher Beweismittel des § 294 Abs. 1 ZPO bedienen kann und muss (vgl. [X.]/[X.], [X.]O § 104 [X.]. 11; [X.], in: [X.], ZPO 22. Aufl. § 104 [X.]. 3 f.). Folgerich-tig werden z.B. durch die Terminswahrnehmung entstandene Reisekos-ten oder Verdienstausfälle der betroffenen Partei allgemein als festset-zungsfähig angesehen (vgl. [X.]/[X.], [X.]O § 91 [X.]. 23; [X.]/[X.], ZPO 26. Aufl. § 91 [X.]. 13 "Reisekosten", "[X.]"). 6 bb) Zwar hat der [X.] für die gerichtliche Festset-zung einer Vergleichs- oder Einigungsgebühr aus Gründen der [X.] - 6 - cherheit und Praktikabilität einen gerichtlich protokollierten Vergleich gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gefordert ([X.], Beschlüsse vom 26. September 2002 - [X.], NJW 2002, 3713 f. und vom 28. März 2006 - [X.], [X.], 1523, 1524). Im Unterschied dazu [X.] es für die Feststellung, ob die Voraussetzungen einer Terminsge-bühr im konkreten Streitfall vorliegen, aber in aller Regel nicht der [X.] schwieriger materiell-rechtlicher Fragen. Eine Parallele lässt sich daher entgegen der Ansicht der Beklagten nicht ziehen.
[X.]) Diese Betrachtungsweise entspricht auch dem Willen des [X.]. Mit der Anerkennung der Terminsgebühr soll das ernsthafte Bemühen des Prozessbevollmächtigten um einen Abschluss des Verfah-rens ohne Beteiligung des Gerichts honoriert und damit zugleich die au-ßergerichtliche Streitbeilegung - auch zur Entlastung der Gerichte - ge-fördert werden (vgl. BT-Drucks. 15/1971, [X.], 209). Dieser [X.] widerspräche es, wenn der Anwalt dazu veranlasst würde, entwe-der einen gerichtlichen Termin anzustreben, um damit eine Festsetzung der Terminsgebühr gemäß §§ 103 ff. ZPO sicherzustellen, oder ein eige-nes gerichtliches Verfahren über seinen materiell-rechtlichen Erstat-tungsanspruch durchzuführen. 8 2. Indessen hat das Beschwerdegericht rechtsfehlerhaft zu hohe Anforderungen an die Voraussetzungen der Terminsgebühr gestellt. 9 a) Zwar wird die Gebühr nicht schon durch ein allgemeines [X.] über die grundsätzliche Bereitschaft oder abstrakte Möglichkeit einer außergerichtlichen Erledigung ausgelöst. Vielmehr muss es sich gemäß [X.]erkung 3 Abs. 3 [X.] VV um eine auf die Erledigung des 10 - 7 - Verfahrens gerichtete Besprechung handeln. Gerade bei komplexen Sachverhalten und/oder mehreren Parallelverfahren kann es aber nach Sinn und Zweck der Vorschrift ausreichen, wenn bestimmte Rahmenbe-dingungen für eine mögliche Einigung abgeklärt und/oder unterschiedli-che Vorstellungen über die Erledigung der [X.] unter Einschluss des streitigen Verfahrens ausgetauscht werden (vgl. [X.] [X.] 2006, 536 f.; [X.] [X.], 1543 f.; [X.]-Rabe, in: [X.]/v. Eicken/[X.]/[X.]-Rabe, Rechtsanwalts-vergütungsgesetz 17. Aufl. [X.]. 3 VV [X.]. 97; [X.] [X.]Report 2005, 434; [X.], in: [X.]/[X.], Rechtsanwaltsvergü-tungsgesetz 2. Aufl. [X.]. 3 [X.]. 50). Dabei reicht es aus, wenn sich der Gesprächspartner an einer außergerichtlichen Erledigung des Rechtsstreits interessiert zeigt (vgl. [X.], Beschluss vom 20. November 2006 - [X.], Umdruck S. 4 f., juris [X.]. 7 f.; [X.] [X.] 2006, 536 f.; [X.], in: [X.]/Jungbauer/Podlech-Trappmann, [X.] [X.] Teil 3 Nr. 3.3.3 [X.]) bis (5); [X.]-Rabe, in: [X.]/v. Eicken/[X.]/[X.]-Rabe, Rechtsanwalts-vergütungsgesetz 17. Aufl. [X.]. 3 VV [X.]. 92; [X.] 2006, 106, 108). Dass der Gesetzgeber in erster Linie nur erfolgrei-che außergerichtliche Verhandlungen der Parteien honorieren wollte, ist dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift (vgl. BT-Drucks. 15/1971, [X.], 209) nicht zu entnehmen.
b) Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Beschwerdegericht - wie die Kläger zu Recht geltend machen - das Entstehen einer Ter-minsgebühr zu Unrecht verneint. Nach der Aktennotiz des Klägervertre-ters hat er in dem Telefonat mit dem Mitarbeiter der Beklagten u.a. [X.] der Beendigung der anhängigen Berufungsverfahren [X.] - 8 - hend erörtert, zu denen auch das Verfahren der Kläger zählte. Hierbei wurde von dem Mitarbeiter der Beklagten die Rücknahme sämtlicher [X.]en sowie - nach Einholung eines entsprechenden Vorstandsbe-schlusses - die Unterbreitung konkreter Vergleichsvorschläge binnen zweier Wochen in Aussicht gestellt. Danach hat sich der Klägervertreter in einer Besprechung mit dem Prozessgegner ernsthaft um eine außer-gerichtliche Erledigung des vorliegenden Rechtsstreits im Sinne der [X.] 3 Abs. 3 [X.] VV bemüht.
- 9 - II[X.] 12 Der Beschluss des [X.] war danach aufzuheben (§ 577 Abs. 4 Satz 1, 1. Halbs. ZPO). Da es keiner weiteren Feststellun-gen bedurfte, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO).
[X.] [X.] Joeres [X.] Grüneberg Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 04.08.2005 - 9 O 524/03 - [X.], Entscheidung vom 02.12.2005 - 15 W 55/05 -

Meta

XI ZB 38/05

27.02.2007

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.02.2007, Az. XI ZB 38/05 (REWIS RS 2007, 5050)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5050

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