10. Senat | REWIS RS 2021, 2510
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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Behandlung von Anträgen auf Berichtigung des Tatbestands von BFH-Urteilen
1. NV: Über einen Antrag auf Berichtigung des Tatbestands eines BFH-Urteils entscheidet der Senat unter Mitwirkung aller Richter, die bei dem Urteil mitgewirkt haben, d.h. grundsätzlich in der Besetzung von fünf Richtern. Dies gilt auch dann, wenn der Antrag unzulässig ist.
2. NV: Ein Antrag auf Berichtigung des Tatbestands eines Revisionsurteils ist grundsätzlich wegen Fehlens des erforderlichen Rechtsschutzinteresses unzulässig. Eine Ausnahme gilt, wenn der Antrag eigene tatsächliche Feststellungen des Revisionsgerichts (etwa zu den Sachentscheidungsvoraussetzungen) oder die Wiedergabe der Revisionsanträge oder sonstiger Prozesserklärungen der Beteiligten in der Revisionsinstanz betrifft.
3. NV: Ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Tatbestandsberichtigungsantrag ergibt sich auch nicht daraus, dass gegen ein Revisionsurteil eine Verfassungsbeschwerde eingelegt werden soll.
Der Antrag der Kläger auf Berichtigung des Tatbestands des Urteils des [X.] vom 19.05.2021 - [X.]/19 wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.
1. Der Senat entscheidet über den Antrag in der Besetzung von fünf Richtern.
Zwar entscheidet der [X.] ([X.]) bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung grundsätzlich in der Besetzung von drei Richtern (§ 10 Abs. 3 Halbsatz 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Gemäß § 108 Abs. 2 Satz 3 FGO wirken bei der Entscheidung über einen [X.]santrag aber [X.] mit, die beim Urteil mitgewirkt haben. Da das Urteil, dessen Tatbestand berichtigt werden soll, in der Besetzung von fünf Richtern ergangen ist, gilt dasselbe auch für die hier zu treffende Entscheidung. Dies entspricht der Rechtsprechung sowohl des [X.] (Beschlüsse vom 20.12.1983 - VII R 33, 34/82, und vom 08.05.2003 - IV R 63/99, [X.]E 202, 216, [X.] 2003, 809, insbesondere Leitsatz 2) als auch des [X.] (BVerwG) im Beschluss vom 12.03.2014 - 8 [X.] 16/12 (Rz 2), wobei alle vorstehend zitierten Entscheidungen zu unzulässigen [X.] ergangen sind.
2. Der Antrag auf Berichtigung des Tatbestands ist unzulässig, weil es an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse fehlt.
a) Das Verfahren der [X.] dient dazu, nachteilige Rechtsfolgen aus einer Anwendung des § 118 Abs. 2 FGO (Bindungswirkung tatsächlicher Feststellungen im Urteil eines Finanzgerichts) bzw. des § 314 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 155 Satz 1 FGO (Beweiskraft des Tatbestands für das mündliche Vorbringen der Beteiligten) zu verhindern (vgl. [X.]-Beschluss in [X.]E 202, 216, [X.] 2003, 809, unter 1.a, b; Beschluss des [X.] vom 27.06.1956 - IV ZR 317/55, Neue Juristische Wochenschrift 1956, 1480).
In [X.] trifft der [X.] aber grundsätzlich keine eigenen tatsächlichen Feststellungen, sondern ist gemäß § 118 Abs. 2 FGO selbst an die Feststellungen der Vorinstanz gebunden.
Daher ist ein [X.]santrag gegen Urteile von [X.] grundsätzlich nur dann zulässig, wenn er eigene Feststellungen des [X.] betrifft. Dies kann etwa bei Feststellungen zu den für die Beurteilung von [X.] erheblichen Tatsachen (z.B. im Rahmen der Prüfung der fristgemäßen Einreichung von Rechtsmittel- oder Begründungsschriften) sowie bei der Wiedergabe der Revisionsanträge oder sonstigen [X.] der Beteiligten in der Revisionsinstanz der Fall sein (vgl. [X.]-Beschluss vom 15.05.2007 - II R 2/05, [X.]/NV 2007, 1530, unter 1.; BVerwG-Beschluss vom 12.03.2014 - 8 [X.] 16/12, Rz 7 ff.).
b) Vorliegend liegt keiner der Ausnahmefälle vor, in denen ein [X.]santrag gegen ein Revisionsurteil ausnahmsweise zulässig sein kann.
Das Vorbringen der Kläger ist darauf gerichtet, die Wiedergabe ihrer schriftsätzlichen materiell-rechtlichen Ausführungen in einem Punkt zu korrigieren und in einem anderen Punkt zu erweitern. Damit geht es weder um eigene tatsächliche Feststellungen des [X.] zu [X.] noch um [X.] in der Revisionsinstanz noch um das mündliche Vorbringen der Beteiligten.
Auch für ein anschließendes Verfahren der Verfassungsbeschwerde entfaltet der Tatbestand eines Revisionsurteils keine Beweiskraft, weil das Prozessrecht der Verfassungsbeschwerde keine Anordnung einer solchen Bindungswirkung enthält (vgl. [X.]-Beschlüsse vom 20.12.1983 - VII R 33, 34/82; vom 01.10.2002 - VII B 43/02; vom 14.02.2005 - VII S 11/04 (PKH), und vom 09.10.2008 - V R 45/06, [X.]/NV 2009, 39, m.w.N.).
3. Das [X.]sverfahren ist in Ermangelung eines ausdrücklichen [X.] gerichtsgebührenfrei ([X.]-Beschluss in [X.]/NV 2007, 1530, unter 4.).
Meta
21.09.2021
Beschluss
vorgehend BFH, 19. Mai 2021, Az: X R 33/19, Urteil
§ 108 FGO, § 118 Abs 2 FGO, § 314 ZPO, § 10 Abs 3 FGO
Zitiervorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 21.09.2021, Az. X S 22/21 (REWIS RS 2021, 2510)
Papierfundstellen: REWIS RS 2021, 2510
Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.
Bundesfinanzhof, X S 22/21, 21.09.2021.
Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 1140/21, 07.11.2023.
Bundesfinanzhof, X S 15/21, 22.09.2021.
Bundesfinanzhof, X R 33/19, 19.05.2021.
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
Unzulässiger Antrag auf Berichtigung des Tatbestands
2 C 6/11 (Bundesverwaltungsgericht)
Tatbestandsberichtigung; Revisionsurteil; Beurkundungsfunktion des Tatbestandes
Offensichtliche Unzulässigkeit eines Ergänzungsbeschlusses - Kostenfreiheit für Entscheidung über Ergänzungsbeschluss
2 C 36/16 (Bundesverwaltungsgericht)
Unzulässiger Tatbestandsberichtigungs- und -ergänzungsantrag zu einem Revisionsurteil
8 C 16/12 (Bundesverwaltungsgericht)
Zur urkundlichen Beweiskraft des Tatbestands; Rechtsschutzbedürfnis bei Tatbestandsberichtigungsantrag erforderlich