Bundesfinanzhof, Beschluss vom 29.01.2014, Az. III B 106/13

3. Senat | REWIS RS 2014, 8299

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Gegenstand

Darlegungsanforderungen bei Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch unzureichende Befragung eines Zeugen


Leitsatz

NV: Der Beschwerdeführer genügt den Anforderungen an die Darlegung einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nicht, wenn er zwar geltend macht, das Finanzgericht habe einen Zeugen nicht näher zu einem bestimmten Geschehensablauf befragt, jedoch nicht erläutert, weshalb er trotz sachkundiger Prozessvertretung im Termin zur Beweisaufnahme nicht selbst entsprechende Fragen an den Zeugen gestellt hat .

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist die Mutter einer im September 1989 geborenen [X.]ochter ([X.]), die sich im Streitzeitraum Januar bis Dezember 2009 in einem Berufsausbildungsverhältnis zur Krankenpflegerin befand. Hieraus erzielte sie einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 12.574,74 €.

2

Die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) hob die bestehende Kindergeldfestsetzung mit Bescheid vom 4. Mai 2010 auf und forderte das bereits ausbezahlte Kindergeld von der Klägerin zurück. Sie ging dabei davon aus, dass der gesetzliche Einkünfte- und Bezügegrenzbetrag auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin geltend gemachten [X.] und Fahrtkosten der [X.] überschritten sei. Das Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg.

3

Im hiergegen geführten Klageverfahren machte die Klägerin weitere Aufwendungen der [X.] geltend, u.a. für diverse Fahrten zu Bewerbungsgesprächen über eine nach Ausbildungsende anzutretende Stelle in einem Krankenhaus. Nachdem hierzu keine Nachweise vorgelegt wurden, vernahm das Finanzgericht (FG) die [X.] und deren Vater als Zeugen. Da es danach nicht die Überzeugung gewinnen konnte, dass entsprechende Werbungskosten entstanden waren, kam es nach Abzug des [X.] in Höhe von 920 € zu Einkünften der [X.] in Höhe von 9.093,74 € und wies die Klage als unbegründet ab.

4

Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Entscheidungsgründe

5

II. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet und deshalb durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 [[X.].]O). Sofern Zulassungsgründe überhaupt in einer den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 [[X.].]O genügenden Form geltend gemacht wurden, liegen sie jedenfalls nicht vor.

6

Die Revision ist nicht wegen des von der Klägerin behaupteten [[X.].] (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 [[X.].]O) einer Verletzung der sich aus § 76 Abs. 1 Satz 1 [[X.].]O ergebenden Sachaufklärungspflicht des [[X.].] zuzulassen.

7

a) Die Klägerin rügt zum einen, eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht ergebe sich daraus, dass das [[X.].] nicht zum Ansatz höherer Kosten für die Bewerbungsbemühungen der [[X.].] gelangt sei, obwohl sie Arbeitszeitnachweise der [[X.].] vorgelegt habe, aus denen sich für die behaupteten Vorstellungsgespräche freie [[X.].]age oder Urlaubstage der [[X.].] ergeben hätten.

8

Indessen hat das [[X.].] die vorgelegten Nachweise --wie sich aus dem [[X.].]atbestand der angegriffenen Entscheidung ergibt-- zur Kenntnis genommen und gewürdigt. Dass das [[X.].] sich gleichwohl allein aus diesen Nachweisen noch keine Überzeugung über den Anfall entsprechender beruflich veranlasster Aufwendungen bilden konnte, sondern sich bei seiner Entscheidungsfindung maßgeblich auch auf die aus der Zeugeneinvernahme gewonnenen Erkenntnisse stützte, berührt im [[X.].] allein die vom [[X.].] vorgenommene Beweiswürdigung. Die Grundsätze der Beweiswürdigung sind jedoch revisionsrechtlich dem materiellen Recht zugeordnet und deshalb der Prüfung des [[X.].] ([[X.].]) im Rahmen einer Verfahrensrüge entzogen (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 76, m.w.N.).

9

b) Soweit die Klägerin zum anderen beanstandet, das [[X.].] habe trotz eines entsprechenden Beweisantritts die Zeugin [[X.].] nicht konkret dazu befragt, ob sie während der Krankheitstage vom 25. Oktober bis 31. Oktober 2009 zu Vorstellungsgesprächen gefahren sei, genügt das Beschwerdevorbringen bereits nicht den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 [[X.].]O.

aa) Wird mit der Rüge mangelnder Sachaufklärung geltend gemacht, das [[X.].] habe einen Beweisantrag übergangen, so muss u.a. dargelegt werden, dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 18. März 2013 III B 143/12, [[X.].]/NV 2013, 963).

bb) Hierzu hat die Klägerin weder Konkretes vorgetragen noch ergeben sich dazu Anhaltspunkte aus dem Sitzungsprotokoll oder den Entscheidungsgründen.

Vielmehr lässt sich dem Sitzungsprotokoll entnehmen, dass die sachkundig vertretene Klägerin im Rahmen der durchgeführten Beweisaufnahme durch ihr eigenes Verhalten zu dem nun beanstandeten Geschehensablauf beigetragen hat. Nach § 83 [[X.].]O können die Beteiligten u.a. an Zeugen sachdienliche Fragen richten. Weist das [[X.].] eine solche Frage zu Unrecht zurück, liegt darin ein Verfahrensmangel i.S. des § 119 Nr. 3 [[X.].]O (Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör), der mit der Nichtzulassungsbeschwerde gerügt werden kann. Dem in § 83 [[X.].]O eröffneten Fragerecht entspricht auf der Seite des Beteiligten in bestimmtem Umfang die Pflicht, aktiv am Prozess mitzuwirken und gegebenenfalls selbst Fragen zu stellen ([[X.].]-Beschluss vom 28. Januar 1993 [[X.].]80/92, [[X.].]/NV 1994, 108, m.w.N.).

Verzichtet ein Beteiligter (ausdrücklich oder stillschweigend) auf sein Fragerecht, führt dies grundsätzlich zum Verlust des Rügerechts (vgl. § 155 [[X.].]O i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung; z.B. Gräber/[[X.].], a.a.[[X.].], § 83 Rz 6).

Laut Sitzungsprotokoll hatte die Klägervertreterin die ihr eingeräumte Möglichkeit genutzt, [[X.].] zu einem etwaigen Bewerbungsgespräch in [X.] zu befragen, das nach der von der Klägerin eingereichten Aufstellung den einzigen im Zeitraum vom 25. Oktober bis 31. Oktober 2009 stattgefundenen Vorstellungstermin dargestellt haben soll. Weshalb es der Klägerin in diesem Rahmen nicht möglich gewesen sein soll, die nunmehr als zu Unrecht unterblieben gerügten Fragen selbst zu stellen oder eine entsprechende Fragestellung des [[X.].] anzuregen, lässt sich aus der Beschwerdebegründung nicht entnehmen.

Meta

III B 106/13

29.01.2014

Bundesfinanzhof 3. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 17. Juli 2013, Az: 8 K 8234/10, Urteil

§ 76 Abs 1 S 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO, § 83 FGO, § 155 FGO, § 295 ZPO, § 96 Abs 2 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 29.01.2014, Az. III B 106/13 (REWIS RS 2014, 8299)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8299

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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