Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.07.2011, Az. I ZR 29/11

I. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 4538

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I
ZR
29/11
Verkündet am:
21.
Juli 2011
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 30.
Juni
2011
durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr.
Bornkamm und [X.], Prof. Dr.
Büscher, Dr.
Schaffert
und Dr.
Koch
beschlossen:
[X.]
Das Verfahren wird ausgesetzt.
I[X.]
Dem Gerichtshof der [X.] werden zur Auslegung der Richtlinie 2001/29/[X.]
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.
Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des [X.] und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesell-schaft (ABl. L
167 vom [X.], S.
10) folgende Fragen vorgelegt:
1.
Ist die Richtlinie bei der Auslegung des nationalen Rechts bereits für Vorfälle
zu berücksichtigen, die sich nach dem Zeitpunkt des [X.] der Richtlinie am 22.
Juni 2001, aber vor dem Zeitpunkt ihrer Anwendbarkeit am 22.
Dezember 2002 ereignet haben?
2.
Handelt es sich bei Vervielfältigungen mittels Druckern um [X.] mittels beliebiger fotomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung im Sinne von Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a der Richtlinie?
3.
Für den Fall, dass die zweite Frage bejaht wird: Können die [X.] der Richtlinie an einen gerechten Ausgleich für Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht nach Art.
5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie unter Berücksichtigung des [X.] auf Gleichbehandlung aus Art.
20 der [X.] auch dann erfüllt sein, wenn nicht die Hersteller, Importeure und Händler der Drucker, sondern die Hersteller, Importeure und Händler eines anderen Geräts oder mehrerer anderer Geräte einer zur [X.] entsprechender Vervielfältigungen geeigneten Gerätekette Schuldner der angemessenen Vergütung sind?
4.
Lässt bereits die Möglichkeit einer Anwendung von technischen [X.] gemäß Art.
6 der Richtlinie die Bedingung eines gerechten Ausgleichs im Sinne des Art.
5 Abs.
2 Buchst.
b der Richtlinie entfal-len?
5.
Entfällt die Bedingung (Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a
und b der Richtlinie) und die Möglichkeit (vgl. Erwägungsgrund
36 der Richtlinie) eines ge-rechten Ausgleichs, soweit die Rechtsinhaber einer Vervielfältigung ihrer Werke ausdrücklich oder konkludent zugestimmt haben?
-
3
-
Gründe:
[X.] Die Parteien streiten darüber, ob Drucker und Plotter -
bei einem [X.] handelt es sich um ein Ausgabegerät, mit dem insbesondere graphische Darstellungen wiedergegeben werden können -
zu den nach § 54a Abs. 1
[X.] aF vergütungspflichtigen [X.]n gehören.
Die Klägerin nimmt als einzige Verwertungsgesellschaft in [X.] die urheberrechtlichen Befugnisse der ihr angeschlossenen Wortautoren und ihrer Verleger wahr. Sie ist im vorliegenden
Rechtsstreit auch im Auftrag der [X.] tätig, deren Aufgabe in der Wahrnehmung der urheberrechtlichen Nutzungsrechte an Fotografien, Bildwerken und Grafi-ken aller Art besteht. Die Beklagte
vertreibt
Drucker und Plotter, die sie in [X.] herstellt
oder aus dem Ausland nach [X.] einführt.
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen eines Teils der von ihr [X.] in Verkehr gebrachten Drucker und Plotter
auf Zahlung einer Vergütung nach §
54a Abs.
1 [X.] aF in Anspruch.

Das [X.] hat die Beklagte zur Zahlung von 519.703,71

n-schließlich Mehrwertsteuer und zuzüglich Zinsen verurteilt. Auf die Berufung der [X.] hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen ([X.],
[X.], 100
= ZUM-RD
2008,
65). Der Senat hat die Revision der Klägerin unter Hinweis auf sein Urteil vom 6.
Dezember 2007 in der Sache I
ZR
94/05 ([X.]Z
174, 359 -
Drucker und Plotter) durch Beschluss gemäß §
552a ZPO zurückgewiesen.
Das [X.] hat diese Entscheidung aufgehoben und die Sache an den [X.] zurückverwiesen
([X.], Kammerbe-1
2
3
4
5
-
4
-
schluss
vom 21.
Dezember
2010 -
1
BvR
2742/08,
CR 2011,
86
= ZUM 2011, 313).
Die Klägerin
erstrebt
im erneuten Revisionsverfahren die [X.] des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagte
beantragt, die Revision zurück-zuweisen.
I[X.] Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung der Richtlinie
2001/29/[X.]
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.
Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwand-ten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. Nr.
L
167 vom [X.], S.
10; im Folgenden: Richtlinie)
ab. Vor einer Entscheidung über das [X.] ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art.
267
Abs.
1 Buchst.
b und Abs.
3 AEUV
eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der [X.] Union
einzuholen.
1. Die Vergütungspflicht für [X.] ist zwar durch das am 1.
Januar
2008 in [X.] getretene Zweite Gesetz zur Regelung des [X.] in der Informationsgesellschaft vom 26.
Oktober 2007
(BGBl. I,
S.
2513) neu geregelt worden (§§
54
ff. [X.]). Für den Streitfall ist jedoch die alte Rechtslage maßgeblich.
2. Gemäß §
54a Abs.
1 [X.]
aF hat der Urheber eines
Werkes, wenn nach der
Art des Werkes zu erwarten
ist, dass es nach §
53 Abs.
1 bis 3 [X.]
aF durch Ablichtung eines Werkstücks oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung vervielfältigt wird, gegen den Hersteller (§
54a Abs.
1 Satz
1 [X.]
aF) sowie gegen den Importeur und den Händler (§
54a Abs.
1 Satz
2 [X.]
aF) von Geräten, die zur Vornahme solcher
Vervielfältigungen bestimmt sind, [X.] auf Zahlung einer angemessenen Vergütung für die durch die Veräuße-6
7
8
9
-
5
-
rung oder sonstiges Inverkehrbringen der Geräte geschaffene Möglichkeit, sol-che Vervielfältigungen vorzunehmen. Der Zahlungsanspruch nach §
54a Abs.
1 [X.] aF kann gemäß §
54h Abs.
1 [X.] nur durch eine [X.] geltend gemacht werden.
3. Die
Klägerin
und die VG Bild-Kunst, in deren Auftrag die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit ebenfalls tätig wird, sind als Verwertungsgesellschaf-ten
nach §
54h Abs.
1 [X.]
aF befugt, den Zahlungsanspruch nach §
54a Abs.
1 [X.]
aF geltend zu machen. Die Klägerin kann von der [X.], die Drucker und Plotter herstellt, importiert
und vertreibt, hinsichtlich der [X.] in Verkehr gebrachten Geräte dem Grunde nach Zahlung einer angemes-senen Vergütung beanspruchen, wenn Drucker und Plotter
zu den nach §
54a Abs.
1 [X.]
aF vergütungspflichtigen [X.]n gehören. Das setzt voraus, dass diese Geräte zur Vornahme von Vervielfältigungen nach §
53 Abs.
1 bis 3 [X.] aF durch Ablichtung eines Werkstücks oder in einem Verfah-ren vergleichbarer Wirkung bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass die [X.] nur solche Vervielfältigungshandlungen erfasst, die nach der -
Art.
5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie umsetzenden -
Schrankenregelung des §
53 [X.] aF vom Ausschließlichkeitsrecht des Urhebers ausgenommen sind. [X.], die nicht unter die Schrankenregelung fallen und [X.] eine Urheberrechtsverletzung darstellen, sind nicht Gegenstand des Vergü-tungsanspruchs nach §
54a Abs.
1 [X.] aF.
4. Die Klägerin
stützt ihre Ansprüche auf das Inverkehrbringen von Dru-ckern durch die Beklagte im Jahr
2001. Deshalb stellt sich vorab
die Frage, ob die Richtlinie bei der Auslegung des nationalen Rechts bereits für Vorfälle
zu berücksichtigen ist, die sich nach dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens am 22.
Juni 2001, aber vor dem Zeitpunkt ihrer Anwendbarkeit am 22.
Dezember 2002 er-eignet haben.
10
11
-
6
-
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] müssen es die Gerichte der Mitgliedstaaten bereits
ab dem Zeitpunkt des [X.] einer Richtlinie soweit wie möglich unterlassen, das innerstaatliche Recht auf eine Weise auszulegen, die die Erreichung des mit dieser Richtlinie verfolgten Zieles nach Ablauf der Umsetzungsfrist ernsthaft gefährden würde ([X.], Urteil vom 4.
Juli 2006 -
C-212/04, [X.]. 2006, I-6057 = NJW 2006, 2465
Rn.
123 -
Adeneler/ELOG).
Die Richtlinie 2001/29/[X.] ist nach ihrem Art.
14 am Tag ihrer Veröffentlichung im [X.], also am 22.
Juni 2001,
in [X.] getreten. Danach wäre die Richtlinie bereits ab die-sem Zeitpunkt bei der Auslegung des nationalen Rechts zu berücksichtigen.
Die Richtlinie berührt jedoch nach ihrem Art. 10 Abs.
2 Handlungen und Rechte nicht, die vor dem 22.
Dezember 2002 abgeschlossen bzw. erworben wurden.
Das könnte dafür sprechen, dass die Richtlinie bei der Beurteilung der Frage, ob die geltend gemachten Ansprüche wegen eines Inverkehrbringens von Druckern vor dem 22.
Dezember 2002 begründet sind, für die Auslegung des nationalen Rechts nicht von Bedeutung ist (vgl. [X.], Urteil vom 30.
Januar 2008 -
I
ZR
131/05, [X.], 786 Rn.
40 = [X.], 1229 -
Multifunkti-onsgeräte; vgl. aber [X.] [Kammer], GRUR 2010, 999
Rn.
54; ZUM 2011, 313 Rn. 26).
12
13
-
7
-
5. Nur für den Fall, dass die erste Frage zu bejahen ist, stellen sich im vorliegenden Fall dieselben weiteren Fragen zu 2 bis 5 wie im heute gleichfalls zur Vorabentscheidung vorgelegten Verfahren [X.]/11. Zur Erläuterung die-ser
Fragen wird auf das Verfahren [X.]/11 Bezug genommen.

Bornkamm
Pokrant
Büscher

Schaffert
Koch
Vorinstanzen:
LG
Düsseldorf, Entscheidung vom 29.11.2006 -
12 O 8/06 -

[X.], Entscheidung vom 13.11.2007 -
I-20 [X.]/06 -

14

Meta

I ZR 29/11

21.07.2011

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.07.2011, Az. I ZR 29/11 (REWIS RS 2011, 4538)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4538

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

I ZR 162/10 (Bundesgerichtshof)


I ZR 28/11 (Bundesgerichtshof)


I ZR 29/11 (Bundesgerichtshof)

Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH: Auslegung der Informationsgesellschaftsrichtlinie hinsichtlich ihrer zeitlichen Anwendbarkeit und ihrer Geltung für …


I ZR 162/10 (Bundesgerichtshof)

Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH: Auslegung der Informationsgesellschaftsrichtlinie hinsichtlich ihrer zeitlichen Anwendbarkeit und ihrer Geltung für …


I ZR 28/11 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 BvR 2742/08

I ZR 59/10

I ZR 43/11

I ZR 28/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.