Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.07.2011, Az. I ZR 162/10

I. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 4458

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I
ZR
162/10
Verkündet am:
21.
Juli 2011
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 24.
März
2011
durch [X.] [X.] und [X.], Prof. Dr.
Büscher, Dr.
Kirchhoff und Dr.
Koch
beschlossen:
[X.]
Das Verfahren wird ausgesetzt.
I[X.]
Dem Gerichtshof der [X.] werden zur Auslegung der Richtlinie 2001/29/[X.]
des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 22.
Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des [X.] und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesell-schaft (ABl. L
167 vom [X.], S.
10) folgende Fragen vorgelegt:
1.
Ist die Richtlinie bei der Auslegung des nationalen Rechts bereits für Vorfälle zu berücksichtigen, die sich nach dem Zeitpunkt des [X.] der Richtlinie am 22.
Juni 2001, aber vor dem Zeitpunkt ihrer Anwendbarkeit am 22.
Dezember 2002 ereignet haben?
2.
Handelt es sich bei Vervielfältigungen mittels Druckern um [X.] mittels beliebiger fotomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung im Sinne von Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a der Richtlinie?
3.
Für den Fall, dass die zweite Frage bejaht wird: Können die [X.] der Richtlinie an einen gerechten Ausgleich für Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht nach Art.
5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie unter Berücksichtigung des [X.] auf Gleichbehandlung aus Art.
20 der
[X.] auch dann erfüllt sein, wenn nicht die Hersteller, Importeure und Händler der Drucker, sondern die Hersteller, Importeure und Händler eines anderen Geräts oder mehrerer anderer Geräte einer zur [X.] entsprechender Vervielfältigungen geeigneten Gerätekette Schuldner der angemessenen Vergütung sind?
-
3
-
Gründe:
[X.] Die Parteien streiten darüber, ob Drucker und Plotter -
bei einem [X.] handelt es sich um ein Ausgabegerät, mit dem insbesondere graphische Darstellungen wiedergegeben werden können -
zu den nach § 54a Abs. 1 [X.] aF vergütungspflichtigen [X.]n gehören.
Die Klägerin nimmt als einzige Verwertungsgesellschaft in [X.] die urheberrechtlichen Befugnisse der ihr angeschlossenen Wortautoren und ihrer Verleger wahr. Sie ist im vorliegenden Rechtsstreit auch im Auftrag der [X.] tätig, deren Aufgabe in der Wahrnehmung der urheberrechtlichen Nutzungsrechte an Fotografien, Bildwerken und Grafi-ken aller Art besteht. Die Beklagte
importiert und vertreibt Drucker und Plotter.
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Auskunft über die Art und Anzahl der durch sie oder auf sie verschmolzene Unternehmen seit dem 1.
April 2001 im Inland veräußerten oder sonst in Verkehr gebrachten Drucker und Plotter, die einen ASCII-Code verarbeiten, über die Leistung dieser Geräte sowie über ihre inländischen Bezugsquellen in Anspruch. Sie begehrt zudem die Feststel-lung, dass die Beklagte ihr für jedes Gerät einen Betrag gemäß dem von ihr zusammen mit der [X.] aufgestellten und im [X.] (Nr.
63 v.
30.3.2001, S.
5667) veröffentlichten Tarif zu zahlen hat.
Das [X.] hat den [X.] in vollem Umfang und dem Feststellungsantrag dem Grunde nach stattgegeben ([X.],
[X.], 378 = [X.], 262). Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg (O[X.],
[X.], 943 = ZUM 2005, 565). Auf die Revision der [X.] hat der [X.] das Berufungsurteil aufgehoben,
das landgerichtliche Ur-1
2
3
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-
4
-
teil abgeändert und die Klage abgewiesen
(Urteil vom 6.
Dezember
2007
-
I
ZR
94/05, [X.], 359 -
Drucker und Plotter
I).
Das [X.] hat diese Entscheidung aufgehoben und die Sache an den [X.] zurückverwiesen
([X.], [X.] vom 30.
August 2010 -
1
BvR
1631/08, [X.], 999).
Die Beklagte verfolgt im erneuten Revisionsverfahren ihren Klageabwei-sungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
I[X.] Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung der Richtlinie 2001/29/[X.]
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.
Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwand-ten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. Nr.
L
167 vom [X.], S.
10; im Folgenden: Richtlinie)
ab. Vor einer Entscheidung über das [X.] ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art.
267 Abs.
1 Buchst.
b und Abs.
3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der [X.] einzuholen.
1. Die Vergütungspflicht für [X.] ist zwar durch das am 1.
Januar 2008 in [X.] getretene Zweite Gesetz zur Regelung des [X.] in der Informationsgesellschaft vom 26. Oktober 2007 ([X.] I,
[X.]) neu geregelt worden (§§
54 ff. [X.]). Für den Streitfall ist jedoch die alte Rechtslage maßgeblich.
2. Gemäß §
54a Abs.
1 [X.]
aF hat der Urheber eines Werkes, wenn nach der Art des Werkes zu erwarten ist, dass es nach §
53 Abs.
1 bis 3 [X.]
aF durch Ablichtung eines Werkstücks oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung vervielfältigt wird, gegen den Hersteller (§
54a Abs.
1 Satz 1 [X.]
aF) sowie gegen den Importeur und den Händler (§
54a Abs.
1 Satz 2 [X.]
aF) 5
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5
-
von Geräten, die zur Vornahme solcher Vervielfältigungen bestimmt sind, [X.] auf Zahlung einer angemessenen Vergütung für die durch die Veräuße-rung oder ein sonstiges Inverkehrbringen der Geräte geschaffene Möglichkeit, solche Vervielfältigungen vorzunehmen. Gemäß §
54g Abs.
1 [X.]
aF kann der Urheber von den nach § 54a Abs.
1 [X.] aF zur Zahlung der Vergütung Verpflichteten Auskunft verlangen. Der Zahlungsanspruch nach § 54a Abs.
1 [X.] aF und der Auskunftsanspruch nach §
54g Abs.
1 [X.] aF können ge-mäß §
54h Abs.
1 [X.] nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend ge-macht werden.
3. Die
Klägerin
und die [X.], in deren Auftrag die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit ebenfalls tätig wird, sind als Verwertungsgesellschaf-ten
nach §
54h Abs.
1 [X.]
aF befugt, den Zahlungsanspruch nach §
54a Abs.
1 [X.]
aF und den Auskunftsanspruch nach §
54g Abs.
1 [X.]
aF gel-tend zu machen. Die Klägerin kann von
der Beklagten, die Drucker und Plotter importiert und vertreibt, danach hinsichtlich der seit dem 1.
April 2001 in [X.] gebrachten Geräte dem Grunde nach Zahlung einer angemessenen [X.] und Auskunftserteilung beanspruchen, wenn Drucker und Plotter
zu den nach §
54a Abs.
1 [X.]
aF vergütungspflichtigen [X.]n
ge-hören. Das setzt voraus, dass diese Geräte zur Vornahme von Vervielfältigun-gen nach § 53 Abs.
1 bis 3 [X.] aF durch Ablichtung eines Werkstücks oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass die Vergütungspflicht nur solche Vervielfältigungshandlungen erfasst, die nach der -
Art.
5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie umsetzenden -
Schrankenregelung des §
53 [X.] aF vom Ausschließlichkeitsrecht des Urhebers ausgenommen sind. Vervielfältigungshandlungen, die nicht unter die Schrankenregelung fallen und daher eine Urheberrechtsverletzung darstellen, sind nicht Gegenstand des Vergütungsanspruchs nach §
54a Abs.
1 [X.] aF.
10
-
6
-
4. Die Klägerin stützt ihre Ansprüche auf das Inverkehrbringen von Dru-ckern durch die Beklagte seit dem 1.
April 2001. Deshalb stellt sich vorab die Frage, ob die Richtlinie bei der Auslegung des nationalen Rechts bereits für Vorfälle zu berücksichtigen ist, die sich nach dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens am 22.
Juni 2001, aber vor dem Zeitpunkt ihrer Anwendbarkeit am 22.
Dezem-ber 2002 ereignet haben.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] müssen es die Gerichte der Mitgliedstaaten bereits ab dem Zeitpunkt des [X.] einer Richtlinie soweit wie möglich unterlassen, das innerstaatliche Recht auf eine Weise auszulegen, die die Erreichung des mit dieser Richtlinie verfolgten Zieles nach Ablauf der Umsetzungsfrist ernsthaft gefährden würde ([X.], Urteil vom 4.
Juli 2006 -
C-212/04, [X.]. 2006, I-6057 = NJW 2006, 2465 Rn.
123 -
Adeneler/[X.]). Die Richtlinie 2001/29/[X.] ist nach ihrem Art.
14 am Tag ihrer Veröffentlichung im [X.], also am 22.
Juni 2001, in [X.] getreten. Danach wäre die Richtlinie bereits ab die-sem Zeitpunkt
bei der Auslegung des nationalen Rechts zu berücksichtigen.
Die Richtlinie berührt jedoch nach ihrem Art.
10 Abs.
2 Handlungen und Rechte nicht, die vor dem 22.
Dezember 2002 abgeschlossen bzw. erworben wurden. Das könnte dafür sprechen, dass die Richtlinie bei der Beurteilung der Frage, ob die geltend gemachten Ansprüche wegen eines Inverkehrbringens von Druckern vor dem 22.
Dezember 2002 begründet sind, für die Auslegung des nationalen Rechts nicht von Bedeutung ist (vgl. [X.], Urteil vom 30.
Januar 2008 -
I
ZR
131/05, [X.], 786 Rn.
40 = [X.], 1229 -
Multifunkti-onsgeräte; vgl. aber [X.] [Kammer], [X.], 999
Rn.
54; ZUM 2011, 313 Rn.
26).
11
12
13
-
7
-
5. Zum Grund eines
Vergütungsanspruchs stellen sich zwei Fragen zur Auslegung von Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a der Richtlinie.
a) Zunächst stellt sich die Frage, ob es sich bei Vervielfältigungen mittels Druckern um Vervielfältigungen mittels beliebiger fotomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung im Sinne von Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a der Richtlinie handelt.
Vervielfältigungen durch Ablichtung eines Werkstücks oder in einem Ver-fahren vergleichbarer Wirkung im Sinne von §
54a Abs.
1 [X.] aF stellen
Ver-vielfältigungen mittels beliebiger fotomechanischer Verfahren oder anderer Ver-fahren mit ähnlicher Wirkung im Sinne von §
53 Abs.
1 Satz
2 Fall 2 [X.] aF und §
53 Abs.
2 Satz
2 Nr.
1 [X.] aF dar. Bei einer Ablichtung handelt es sich um ein fotomechanisches Verfahren. Der Begriff der Vervielfältigungen mittels beliebiger fotomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung in §
53 Abs.
1 Satz
2 Fall 2 [X.] aF und §
53 Abs.
2 Satz
2 Nr.
1 [X.] aF stammt aus Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a der Richtlinie. Er ist deshalb in Übereinstimmung mit dieser Bestimmung auszulegen.
Nach Ansicht des [X.]s kommt es bei der Beantwortung der Frage, ob es sich bei Vervielfältigungen mittels Druckern
um Vervielfältigungen mittels beliebiger fotomechanischer
Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung im Sinne von Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a der Richtlinie handelt, darauf an, innerhalb welcher Geräteketten Drucker (Plotter) zur Vornahme von Vervielfälti-gungen verwendet werden. Allein mit einem Drucker können keine Vervielfälti-gungen angefertigt werden. Dazu sind Drucker nur im Zusammenwirken mit anderen Geräten -
wie insbesondere innerhalb der Geräteketten [X.]/Drucker und Scanner/[X.]/Drucker -
in der Lage.
14
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-
8
-
aa) Mit einer aus [X.] und Drucker bestehenden Gerätekombination [X.] jedenfalls keine fotomechanischen Vervielfältigungen vorgenommen wer-den. Unter fotomechanischen Verfahren sind Verfahren der Fotokopie zu [X.]. Mit einer aus [X.] und Drucker bestehenden Funktionseinheit können keine Fotokopien wie mit einem herkömmlichen Fotokopiergerät angefertigt werden.
Es erscheint auch zweifelhaft, ob mit einer nur aus [X.] und Drucker zu-sammengesetzten Funktionseinheit Vervielfältigungen mittels anderer Verfah-ren mit ähnlicher Wirkung wie fotomechanische
Verfahren erstellt werden [X.]. Diese Zweifel beruhen auf dem Umstand, dass mit einer solchen Geräte-kombination nur digitale Vorlagen -
beispielsweise Texte oder Bilder, die aus dem [X.] heruntergeladen werden oder auf der Festplatte des [X.] abge-speichert sind -
vervielfältigt werden können.
(1) Die Regelung des Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a der Richtlinie erfasst aller-dings nach Auffassung des [X.]s nicht nur fotomechanische, sondern auch andere -
insbesondere digitale -
Vervielfältigungsverfahren. Sie setzt eine dem fotomechanischen Verfahren ähnliche Wirkung und nicht ein dem fotomechani-schen Verfahren ähnliches Verfahren voraus.
(2) Es erscheint jedoch fraglich, ob zur Bestimmung der Verfahren mit ähnlicher Wirkung wie fotomechanische Verfahren allein darauf abgestellt wer-den kann, ob bei diesen Verfahren -
wie bei fotomechanischen Verfahren -
im Ergebnis Vervielfältigungen auf Papier oder einem ähnlichen Träger entstehen. Dagegen spricht, dass Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a der Richtlinie ohnehin nur Ver-vielfältigungen auf Papier oder einem ähnlichen Träger erfasst. Die weitere Vo-raussetzung des Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a der Richtlinie, dass es sich dabei um Vervielfältigungen mittels beliebiger fotomechanischer Verfahren oder anderer 18
19
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-
9
-
Verfahren mit ähnlicher Wirkung handelt, wäre sinnlos und überflüssig, wenn darunter Verfahren zu verstehen wären, mit denen gleichfalls Vervielfältigungen auf Papier oder einem ähnlichen Träger hergestellt werden.
(3) Die Regelung des Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a der Richtlinie könnte daher dahin auszulegen sein, dass es sich bei den anderen Verfahren mit ähnlicher Wirkung wie fotomechanische
Verfahren um Verfahren zur Vervielfältigung von analogen Vorlagen auf analogen Trägern handelt. Die Vorschrift des Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a der Richtlinie würde dann nur Verfahren zur Vervielfältigung von Druckwerken betreffen, also Verfahren, die -
wie das Verfahren der Repro-graphie -
bewirken, dass von einem analogen Werkstück (etwa einem Buch) analoge Vervielfältigungsstücke (vor allem auf Papier) entstehen.
Dafür könnte auch folgende Überlegung sprechen: Nach [X.] 37 der Richtlinie, der sich auf Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a der Richtlinie [X.], sollen die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, eine Ausnahme oder Beschränkung für die Reprographie vorzusehen. Gemäß Erwägungsgrund 38 der Richtlinie, der die in Art.
5 Abs.
2 Buchst.
b der Richtlinie geregelte Privat-kopie betrifft, sollen die Mitgliedstaaten die Möglichkeit erhalten, unter Sicher-stellung eines gerechten Ausgleichs eine Ausnahme oder Beschränkung in [X.] auf das Vervielfältigungsrecht für bestimmte Arten der Vervielfältigung von Ton-, Bild-
und audiovisuellem Material zu privaten Zwecken vorzusehen; dabei soll zwischen digitalen und analogen (privaten) Vervielfältigungen unterschie-den werden, weil sich analoge (private) Vervielfältigungen auf die Entwicklung der Informationsgesellschaft nicht nennenswert auswirken, digitale (private) Vervielfältigungen hingegen eine weitere Verbreitung finden und größere wirt-schaftliche Bedeutung erlangen dürften. Diese Erwägungen könnten darauf hindeuten, dass mit der Reprographie, die nach Erwägungsgrund 37 der [X.] keine größeren Hindernisse für den Binnenmarkt schafft und für die daher 22
23
-
10
-
nach Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a der Richtlinie Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht vorgesehen werden können, die Verviel-fältigung von analogen Vorlagen auf analogen Trägern gemeint ist.
[X.]) Wird ein Drucker in Kombination mit einem Scanner und einem [X.] verwendet, können damit nach Ansicht des [X.]s Vervielfältigungen mittels anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung wie fotomechanische Verfahren vor-genommen werden.
Die aus Scanner, [X.] und Drucker gebildete Funktionseinheit kann wie ein herkömmliches Fotokopiergerät dazu eingesetzt werden, von analogen Werkstücken analoge Vervielfältigungsstücke herzustellen, sei es dass die Vor-lage originalgetreu auf Papier oder einem ähnlichen Träger wiedergegeben wird oder dass sie vor dem Ausdrucken im [X.] formatiert oder sonst bearbeitet wird. Dabei ist es unerheblich, dass die einzelnen Geräte ihre dem fotomechanischen Verfahren entsprechende Vervielfältigungsfunktion nur im Zusammenwirken mit anderen Geräten erfüllen können. Entscheidend ist, dass der Vorgang funktio-nal einer Vervielfältigung im fotomechanischen Verfahren entspricht.
Der [X.] hat deshalb in der Vergangenheit auch Vervielfältigungen mit-tels Readerprintern, mit deren Hilfe auf Mikrofilm oder Mikrofiche verkleinertes Schriftgut lesbar gemacht und ausgedruckt werden kann ([X.], Urteil vom 28.
Januar 1993 -
I
ZR
34/91, [X.]Z 121, 215
-
Readerprinter), Telefaxgeräten -
sei es mit festem Vorlagenglas, sei es mit [X.] oder [X.] ([X.], Urteil vom 28.
Januar 1999 -
I
ZR
208/96, [X.]Z 140, 326
-
Telefaxgerä-te)
-, Scannern ([X.], Urteil vom 5.
Juli 2001 -
I
ZR
335/98, [X.], 246
= [X.], 219 -
Scanner) und Multifunktionsgeräten ([X.], Urteil vom 30.
Januar 2008 -
I
ZR
131/05, [X.], 786 = [X.], 1229 -
Multi-24
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26
-
11
-
funktionsgeräte) als Vervielfältigungen angesehen, die in einem Verfahren
mit vergleichbarer Wirkung wie dem Verfahren der Ablichtung erfolgen.
b) Für den Fall, dass die vorige Frage bejaht wird, stellt sich die weitere Frage, ob die Anforderungen der Richtlinie an einen gerechten Ausgleich für Ausnahmen oder Beschränkungen
in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht nach Art.
5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie unter Berücksichtigung des Grundrechts auf Gleichbehandlung aus Art.
20 der [X.] auch dann erfüllt sein können, wenn nicht die Hersteller, Importeure und Händler der Drucker, son-dern die Hersteller, Importeure und Händler eines anderen Geräts oder mehre-rer anderer Geräte einer zur Vornahme entsprechender Vervielfältigungen ge-eigneten Gerätekette Schuldner der Finanzierung einer angemessenen Vergü-tung sind.
Sollten Vervielfältigungen, die durch Geräteketten mittels Druckern vor-genommen werden, als Vervielfältigungen mittels beliebiger fotomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung im Sinne von Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a der Richtlinie anzusehen sein, wären diese Vervielfältigungen nach §
54a Abs.
1 [X.] aF vergütungspflichtig. Der [X.] hat bislang die [X.] vertreten, es sei grundsätzlich nur dasjenige Gerät einer solchen [X.] nach §
54a Abs.
1 [X.] aF zur Vornahme von Vervielfältigungen durch Ablichtung eines Werkstücks oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung bestimmt und damit vergütungspflichtig, das am deutlichsten dazu be-stimmt sei, zusammen mit den anderen Geräten wie ein Vervielfältigungsgerät eingesetzt zu werden. In der aus einem Scanner, einem [X.] und einem Drucker bestehenden Funktionseinheit sei dies der Scanner. Während fast jeder [X.] im Rahmen einer solchen Funktionseinheit benutzt werde, kämen [X.] und Drucker häufig auch ohne Scanner zum Einsatz ([X.], [X.], 246, 247

Scanner; [X.], 359 Rn.
12 -
Drucker und Plotter
I). Nach Ansicht des 27
28
-
12
-
[X.]s ist diese Auffassung mit Art.
5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie und Art.
20 der [X.] vereinbar.
aa) Nach Art.
5 Abs.
2 und 3 der Richtlinie können die Mitgliedstaaten in bestimmten Fällen
Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf das Verviel-fältigungsrecht vorsehen. Die Richtlinie unterscheidet dabei Fälle, in denen die Einschränkung des [X.] nur zulässig ist, wenn die Rechtsin-haber
einen gerechten Ausgleich erhalten (Art.
5 Abs.
2 Buchst.
a, b und [X.]), von den übrigen Fällen, in denen es den Mitgliedstaaten freisteht, einen gerechten Ausgleich vorzusehen (Art.
5 Abs.
2 Buchst.
c und d, Abs.
3 Buchst.
a bis o der Richtlinie; vgl. Erwägungsgrund 36 der Richtlinie).
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ist grundsätzlich der Endnutzer als Schuldner des angemessenen Ausgleichs zu betrachten. Den Mitgliedstaaten steht es jedoch frei, eine Vergütung zu Lasten derjenigen
Personen einzuführen, die dem Endnutzer Anlagen, Geräte und Me-dien zur Vervielfältigung zur Verfügung stellen, da diese Personen den Betrag der Vergütung in den vom Endnutzer entrichteten Preis einfließen lassen [X.] ([X.], Urteil vom 21.
Oktober 2010 -
C-467/08, [X.], 50 Rn.
43-50 -
Padawan/[X.]; Urteil vom 16.
Juni 2011 -
C-462/09, juris Rn.
18-29

Stichting/Opus). Da die Bestimmungen der Richtlinie nicht ausdrücklich die Frage regeln, wer den gerechten Ausgleich zu zahlen
hat, steht den Mitglied-staaten bei der Bestimmung der vergütungspflichtigen Person ein weites Er-messen zu ([X.], Urteil vom 16.
Juni 2011 -
C-462/09, juris Rn.
23 -
Stichting/Opus).
Daraus folgt nach Ansicht des [X.]s, dass die Richtlinie diejenigen Mit-gliedstaaten, die sich in zulässiger Weise dafür entschieden haben, den gerech-ten Ausgleich über ein System der Gerätevergütung zu finanzieren, grundsätz-29
30
31
-
13
-
lich nicht dazu verpflichtet, sämtliche Hersteller, Importeure und Händler der Geräte einer Gerätekette, die zur Vornahme von auszugleichenden Vervielfälti-gungen benutzt wird, zur Finanzierung des gerechten Ausgleichs in Anspruch zu nehmen. Vielmehr steht es den Mitgliedstaaten grundsätzlich frei, nur die Hersteller, Importeure und Händler desjenigen Geräts zur Finanzierung heran-zuziehen, das am deutlichsten dazu bestimmt ist, zusammen mit den anderen Geräten wie ein Vervielfältigungsgerät eingesetzt zu werden.
[X.]) Bei der Auslegung der Richtlinie und des ihrer Umsetzung dienenden nationalen Rechts sind allerdings nach Art.
51 Abs.
1 Satz
1 EU-Grundrechte-charta die dort aufgeführten Grundrechte zu beachten (vgl. [X.], Urteil vom 20.
Mai 2003 -
C-465/00, [X.]. 2003, [X.] = [X.], 232
Rn.
68, 80 -
Rechnungshof/[X.] u.a.; [X.] [Kammer], [X.], 1064
Rn.
20; [X.], Urteil vom 14.
Oktober 2010 -
I
ZR
191/08, [X.], 513 Rn.
20 = [X.], 762 -
AnyDVD; [X.], Charta der Grundrechte der [X.], 2010, Art.
51 Rn.
16). Zu diesen Grundrechten zählt das Grundrecht auf Gleichbehandlung nach Art.
20 der [X.].
Auch das Grundrecht auf Gleichbehandlung gebietet es nach Auffassung des [X.]s jedoch nicht, sämtliche Hersteller, Importeure und Händler der Ge-räte einer Gerätekette, die zur Vornahme von auszugleichenden Vervielfälti-gungen benutzt wird, in dem Maße zur Finanzierung des gerechten Ausgleichs zu verpflichten, in dem das jeweilige Gerät für solche Vervielfältigungen genutzt wird. Die praktischen Schwierigkeiten, das Maß der Nutzung des jeweiligen Ge-räts für solche Vervielfältigungen zu bestimmen und mehrere Schuldner zur Finanzierung des Ausgleichs in Anspruch zu
nehmen, können es rechtfertigen, allein den Hersteller, Importeur und Händler desjenigen Geräts zur [X.] heranzuziehen, das am deutlichsten dazu be-stimmt ist, zusammen mit den anderen Geräten wie ein Vervielfältigungsgerät 32
33
-
14
-
eingesetzt zu werden. Der Schuldner des Ausgleichs wird dadurch nicht unzu-mutbar belastet, da er den Betrag der Vergütung in den vom Endnutzer zu ent-richtenden Preis einfließen lassen kann. Eine andere Beurteilung wäre allenfalls dann geboten, wenn der Schuldner die Last der Vergütung nicht auf die Nutzer der Geräte abwälzen könnte und dadurch in seiner wirtschaftlichen Handlungs-freiheit -
anders als die Hersteller, Importeure und Händler der anderen Geräte -
unzumutbar beeinträchtigt wäre (vgl. [X.], [X.], 786 Rn.
35 -
Multifunk-tionsgeräte, mwN).

Bornkamm
Pokrant
Büscher

Kirchhoff
Koch
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 22.12.2004 -
17 O 392/04 -

O[X.], Entscheidung vom 11.05.2005 -
4 U 20/05 -

Meta

I ZR 162/10

21.07.2011

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.07.2011, Az. I ZR 162/10 (REWIS RS 2011, 4458)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4458

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1 BvR 1631/08

I ZR 59/10

I ZR 43/11

I ZR 28/11

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