Bundespatentgericht, Beschluss vom 14.12.2011, Az. 26 W (pat) 522/11

26. Senat | REWIS RS 2011, 442

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Surf.GREEN" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 020 878.6

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 14. Dezember 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] [X.] sowie des [X.] [X.] und der Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des [X.] vom 26. April 2011 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Mit Beschluss vom 26. April 2011 hat die Markenstelle für Klasse 38 des [X.] der angemeldeten Wortmarke 30 2009 020 878.6

2

[X.].[X.],

3

die nach einer Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses in der Beschwerdeinstanz zuletzt noch Schutz für die Dienstleistung „[X.]: Werbung“ beansprucht, die Eintragung mit der Begründung versagt, dass dem im Interesse der Wettbewerber freihaltebedürftigen Zeichen, § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.], auch insoweit jegliche Unterscheidungskraft fehle, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Das Markenwort setze sich aus zwei der [X.] entstammenden Wortbestandteilen zusammen, deren Bedeutung „surf“ im Sinne von „Durchsuchen von Informationssammlungen im [X.]“ und „green“ im Sinne von „grün, umweltfreundlich“ auch von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen verstanden werde. Im Zusammenhang mit der [X.] im [X.] weise das Zeichen ausschließlich auf ein umweltfreundliches [X.]en im [X.] hin. Zu [X.] bestehe ein enger sachlicher beschreibender Bezug, weil diese üblicherweise auch von Suchmaschinen im [X.] angeboten würden. Werde das Zeichen zur Kennzeichnung dieser Dienstleistungen verwendet, werde es der Verkehr daher ausschließlich als Sachhinweis in diesem Sinne, jedoch nicht als Hinweis auf einen bestimmten Erbringer dieser Dienstleistung auffassen.

4

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Sie hält die angemeldete Wortkombination für unterscheidungskräftig und aufgrund der Gestaltung des [X.] mithilfe eines Punktes für phantasievoll. Der Wortbestandteil „[X.]“, der dadurch neben der [X.]“ wie eine Top-Level-Domain wirke, bezeichne keine solche. Im Zusammenhang mit der Dienstleistung „Werbung“ könne der Wortbestandteil “[X.]“ auch im Sinne der Sportart „[X.]en“ verstanden werden. Die Aufforderung zu umweltfreundlichem [X.]en beschreibe diese Dienstleistung weder glatt, noch bestehe zu ihr ein enger sachlicher beschreibender Bezug.

5

Die Anmelderin beantragt,

6

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des [X.] vom 26. April 2011 aufzuheben.

7

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2011 hat sie ihren Standpunkt erläutert.

II.

8

Die gem. § 66 Abs. 1, 2 [X.] zulässige Beschwerde hat nach Beschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses auch in der Sache Erfolg. Entgegen der von der Markenstelle geäußerten Rechtsansicht kann der Wortmarke „[X.].[X.]“ für die Dienstleistung „[X.]: Werbung“ das zu einer Eintragung erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

9

Unterscheidungskraft dieser Vorschrift bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen (vgl. [X.] GRUR 2006, 233, 235, Rdn. 45 - Standbeutel; [X.] GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 62 - [X.]). Die Eintragung als Marke kommt nur in Betracht, wenn ein Zeichen diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (vgl. [X.] GRUR 2003, 55, 57 f., Rdn. 51 - [X.]; [X.], 395, 397, Rdn. 18 - [X.], [X.]). Ist dies nicht der Fall, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen durch seine Eintragung ins Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. [X.] GRUR 2008, 608, 610, Rdn. 59 - [X.]; [X.] GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 26 - SAT.2; [X.] GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 60 - [X.]). Die erforderliche Unterscheidungskraft ist zum einen solchen Angaben und Zeichen abzusprechen, die einen unmittelbar beschreibenden Sinngehalt aufweisen. Aber auch anderen Angaben kann die Unterscheidungskraft fehlen, etwa wenn sie sich auf Umstände beziehen, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird (vgl. [X.], 850, Rdn. 28 - [X.]; [X.], 162 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Um das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zu überwinden, reicht nach ständiger Rechtsprechung des [X.] allerdings jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft aus (vgl. z. B. [X.], 850, Rdn. 28 - [X.]; [X.], 1002 Rn. 29 - Schuhpark).

Dem durchschnittlichen allgemeinen Endverbraucher (vgl. [X.] PROMA 24 W (pat) 145/96 - [X.]) ist ebenso wie dem durch „[X.]“ vorwiegend angesprochenen inländischen Geschäftskunden bekannt, dass das [X.] Verb 'to surf' genauso wie das inzwischen eingedeutschte Wort "surfen" sowohl die Ausübung einer Wassersportart, als auch im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung das schnelle und schnell wechselnde Herstellen von Kontakten zwischen einem eigenen Rechner (Computer) und den Angeboten von Informationen, Waren und Dienstleistungen beschreibt, die in einem Netz von nationalen und internationalen [X.] bereitgestellt werden.

Wird die Dienstleistung „Werbung“ mit „[X.].[X.]“ gekennzeichnet, stellt das Anmeldezeichen keinen ausschließlich werbeüblichen Sachhinweis dar; auch ein enger sachlicher beschreibender Bezug von „Werbung“ zu umweltfreundlichem oder „grünem“ [X.]en fehlt entgegen der von der Markenstelle getroffenen Feststellung. Üblich ist zur Beschreibung dieser Dienstleistung nur eine Bezeichnung nach der Art des Mediums oder der Branchen, auf die die Leistungen bezogen sind([X.], 949, 952, Rdn. 24 – [X.]). Anhaltspunkte für eine Änderung dieser Bezeichnungsgewohnheit sind nicht erkennbar. Zwar existieren am Markt Suchmaschinen im [X.], die von ihren Betreibern als umweltfreundlich mit der Begründung beworben werden, dass ihr Rechenzentrum mit Ökostrom betrieben oder der Betreiber für jede neue Suchanfrage Bäume schützen oder pflanzen werde. Im Rahmen seiner Recherchen sind dem Senat jedoch keinerlei [X.] bekannt geworden, die speziell für [X.]plattformen gerade dieser Suchmaschinen bzw. für umweltfreundliches [X.]en konzipiert würden und sich hierdurch von anderen [X.] unterschieden. Für die Annahme, dass [X.] speziell auf umweltfreundlich betriebene Formen der Wassersportart „[X.]en“ zugeschnitten sein könnten, fehlen ebenfalls zureichende Anhaltspunkte. Angesichts dessen ist nicht auszuschließen, dass der durch [X.] vorwiegend angesprochene Geschäftsverkehr sowie der durchschnittliche allgemeine Endverbraucher „[X.].[X.]“ zumindest auch als Hinweis auf den Erbringer von [X.] auffassen werden, wenn diese im Verkehr mit „[X.].[X.]“ gekennzeichnet werden.

Auch das von der Markenstelle zusätzlich angenommene Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] steht einer Eintragung des angemeldeten Markenwortes für „[X.]“ nicht entgegen, denn „[X.].[X.]“ beschreibt diese weder unmittelbar, noch ist die Anmeldung für diese Dienstleistung im Interesse der Mitbewerber freihaltebedürftig.

Aus diesen Gründen hat die Beschwerde Erfolg.

Meta

26 W (pat) 522/11

14.12.2011

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 14.12.2011, Az. 26 W (pat) 522/11 (REWIS RS 2011, 442)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 442

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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30 W (pat) 52/21

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