Bundespatentgericht, Beschluss vom 14.09.2020, Az. 26 W (pat) 524/20

26. Senat | REWIS RS 2020, 181

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "GreenTec" – fehlende Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2019 109 136.1

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 14. September 2020 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie [X.] und Schödel

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

2

Green[X.]

3

ist am 15. Juli 2019 unter der Nummer 30 2019 109 136.1 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register angemeldet worden für Waren der

4

Klasse 3: Körperpflegemittel; Körperreinigungs- und Körperpflege-präparate; Haarpräparate und Haarkuren; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege für das Haar; Haarshampoos; Haarfärbemittel; Haarlotionen; Haarwässer; Sonnenschutzmittel für das Haar; Sonnenschutzmittel für die Kopfhaut;

5

Klasse 5: medizinische und veterinärmedizinische Präparate; Diätetische Präparate und Nahrungsergänzungsmittel; Arzneimittel und natürliche Heilmittel; medizinische Haarpflegemittel; medizi-nische Haarlotionen; medizinische Haarwässer; medizinische Haarwachstumspräparate; Sonnenschutzmittel für pharmazeutische Zwecke für die Kopfhaut.

6

Mit Beschluss vom 10. Dezember 2019 hat die Markenstelle für Klasse 3 des [X.] die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Anmeldezeichen sei aus den geläufigen und häufig verwendeten Werbeschlagwörtern „green“ und „[X.]“ zusammengesetzt. Das [X.] Wort „green“ bedeute „umweltfreundlich“. Die Umweltfreundlichkeit könne sich auf die Herstellung der Waren, deren Abbauprodukte im Abwasser, die verwendeten natürlichen und ökologischen Ausgangsstoffe, die Recyclingmöglichkeiten der Verpackung oder auf sonstige Gesichtspunkte beziehen. „[X.]“ werde als Kurzwort für „[X.]hnologie“ bzw. „technology“ verstanden. Es mache für den Verkehr keinen Unterschied, ob die Abkürzung „[X.]“ für „[X.]hnologie“ oder „[X.]hnik“ stehe, da beide weitgehend Synonyme seien. Das Wort „[X.]hnologie“ werde auf dem einschlägigen Warengebiet inflationär verwendet, um auf Modernität und Neuheiten sowie besondere Wirksamkeit oder Wirkmechanismen hinzuweisen. In der Gesamtbedeutung „umweltfreundliche [X.]hnologie“ sei das Anmeldezeichen für den überwiegenden Teil des angesprochenen Verkehrs geeignet, jedwede Ware, die sich durch Umweltfreundlichkeit und ein technologiebasiertes Herstellungsverfahren oder Wirkprinzip auszeichne, zu beschreiben. Der Begriff „grüne [X.]hnologie“ werde in einer großen Vielzahl von Branchen verwendet, darunter auch in der Chemie und allgemein in Produktion und Industrie.

7

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Ansicht, es handele sich um einen schutzfähigen Phantasiebegriff. Sie bestreitet, dass „[X.]“ die allgemein übliche Abkürzung für „[X.]hnologie“ oder „technology“ sei. In den von der Markenstelle zitierten Entscheidungen des [X.] zu „[X.]“ und „Fire[X.]“ sei „[X.]“ als Kurzform für „[X.]hnik“ betrachtet worden. In den vom [X.] angeführten Beschlüssen des [X.] zu „[X.]“, „[X.]“ und „[X.]“ habe es sich um in diesen speziellen Marktsegmenten bekannte und etablierte [X.]hnologien gehandelt, während umweltfreundliche [X.]hnologie allenfalls in der Energie- und Umwelttechnik, nicht aber bei Körperpflege- und Kosmetikwaren Anwendung finde. Im Kosmetikbereich weise der Begriff „[X.]hnologie“ lediglich auf den Wirkmechanismus des Produkts hin. Allenfalls bei [X.] könne die Wortkombination ein spezielles Verfahren zur Erzeugung eines grünen Haarfarbtons beschreiben. Auch die Entscheidungspraxis des [X.] (26 W (pat) 522 – Surf.[X.]; 33 W (pat) 552/10 – green follows function, 30 W (pat) 75/04 – [X.], 27 W (pat) 238/04 – [X.], 27 W (pat) 19/11 – hitec; 24 W (pat) 65/06 – [X.]) und die [X.] Voreintragungen für Waren der Klasse 3 „Simple Green“ (1157476), „green energy“ (30105874), „[X.]CLEEN“ (30 2014 001 266), „[X.]“ (30 2020 200 569.5), „[X.]“ (30 2020 208 124); „EXTREME [X.]“ (30540130), „PURE [X.]“ (30650025), „[X.]“ (30762643), „Skin[X.]“ (1150984) und „Le[X.]“ (30522721) sprächen für die Eintragungsfähigkeit des Anmeldezeichens.

8

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

9

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 3 des [X.] vom 10. Dezember 2019 aufzuheben.

Mit gerichtlichen Schreiben vom 7. Juli 2020 und 25. August 2020 ist die Anmelderin unter Beifügung von [X.] (Anlagen 1 bis 7, [X.]. 43 – 62 GA) darauf hingewiesen worden, dass das angemeldete Wortzeichen nicht für schutzfähig erachtet werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die nach §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 [X.] statthafte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens „Green[X.]“ als Marke steht in Bezug auf die beanspruchten Waren das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft entgegen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]). Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 [X.]).

a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] [X.] 2015, 1198 [X.]. 59 f. – [X.]/[X.]]; [X.], 932 [X.]. 7 – #darferdas?; [X.] 2018, 301 [X.]. 11 – [X.]; [X.] 2016, 934 [X.]. 9 – [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] [X.] 2010, 228 [X.]. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch [X.]hnik]; [X.] – #darferdas?; a. a. O. – [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] – [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.] 2004, 428 [X.]. 53 – [X.]; [X.] [X.]. 15 – [X.]).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt ([X.] [X.] 2013, 1143 [X.]. 15 – [X.] werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] [X.] 2006, 411 [X.]. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.] [X.] 2014, 376 [X.]. 11 – grill meister).

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] [X.] 2004, 674, [X.]. 86 – Postkantoor; [X.] [X.]. 8 – #darferdas?; [X.] 2012, 270 [X.]. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.] – #darferdas?; a. a. [X.]. 12 – [X.]; [X.] 2014, 872 [X.]. 21 – [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt ohne weiteres erfasst und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft sieht ([X.] – #darferdas?; a. a. O. – [X.]). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann ([X.] [X.] 2004, 146 [X.]. 32 – [X.]; [X.] [X.] 2014, 569 [X.]. 18 – [X.]); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer [X.] entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der [X.] wegführt ([X.] [X.] 2007, 204 [X.]. 77 f. – [X.]; [X.] [X.] 2014, 1204 [X.]. 16 – [X.]).

b) Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] genügt das angemeldete Wortzeichen „Green[X.]“ nicht.

Die angesprochenen inländischen Verkehrskreise haben es schon zum Anmeldezeitpunkt, dem 15. Juli 2019, als [X.] über die Beschaffenheit der Waren, nicht aber als betrieblichen Herkunftshinweis aufgefasst.

aa) Von den beanspruchten Produkten werden breite inländische Verkehrskreise angesprochen, nämlich sowohl der Endverbraucher als auch der Kosmetikfachhandel, Drogerien, Apothekenfachkreise sowie Supermärkte mit Drogeriesortiment.

bb) Das Wortzeichen „Green[X.]“ setzt sich aus dem zum [X.]n Grundwortschatz gehörenden Adjektiv „green“ für „grün“ [X.], Grund- und Aufbauwortschatz [X.], 2. Aufl. 1977, [X.], s. Anlage 1 zum zweiten gerichtlichen Hinweis) und dem Zeichenelement „[X.]“ zusammen.

aaa) Allerdings wird das Eigenschaftswort „green“ sowohl vom Durchschnittsverbraucher als auch von den Fachkreisen vor allem im Sinne von „ökologisch, umweltbewusst, umweltfreundlich, umweltverträglich, nachhaltig“ verstanden (vgl. [X.] 27 W (pat) 524/15 – start green; 33 W (pat) 552/10 – green follows function; 25 W (pat) 512/17 – [X.]; 29 W (pat) 511/16Abbildung

bbb) Der Bestandteil „[X.]“ ist die aus der [X.]n Sprache stammende und inzwischen weit verbreitete und geläufige Abkürzung für „technical, technic, tech-nology“ bzw. „[X.]hnik, technisch, [X.]hnologie“ (vgl. [X.] 30 W (pat) 514/18 – [X.]/[X.]; 26 W (pat) 58/14 – [X.]; 30 W (pat) 75/04 – [X.]; 24 W (pat) 65/06 – [X.]; 26 W (pat) 207/04 – [X.]; 33 W (pat) 177/03 – [X.] m. w. N.; 30 W (pat) 129/01 – [X.]; 29 W (pat) 121/95 – [X.]; 32 W (pat) 46/95 – [X.]; 33 W (pat) 49/00 – Fire-[X.] m. w. N.; 30 W (pat) 140/01 – [X.]). Der Verkehr kennt diese Abkürzung auch von „High [X.]“ ([X.] a. a. O. – [X.]; a. a. O. – [X.]) und „[X.]DAX“ (https://www.duden.de/suchen/dudenonline/[X.]DAX, s. Anlage 2 zum zweiten gerichtlichen Hinweis), so dass sie Bestandteil des allgemeinen Sprachgebrauchs geworden ist.

cc) Den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen hat sich daher schon zum Anmeldezeitpunkt, dem 15. Juli 2019, die Gesamtbedeutung des Wortzeichens „Green[X.]“ im Sinne von „grüne [X.]hnologie“ oder „ökologische/umweltbewusste/umweltfreundliche/umweltverträgliche/nachhaltige [X.]hnik/[X.]hnologie“ bzw. „Umwelttechnologie“ (vgl. [X.] 27 W (pat) 524/15 – start green) erschlossen, auch wenn der Gesamtbegriff lexikalisch nicht nachweisbar ist.

aaa) „[X.] [X.]hnologie“ ist ein inzwischen etablierter Begriff, unter dem beispielsweise das [X.], Bau und Reaktorsicherheit den allgemeinen technologischen Wandel zusammenfasst. Hinter dem Begriff verbirgt sich ein Trend zu mehr Umweltbewusstsein, der nahezu alle Branchen erfasst. Neben der umweltfreundlichen Energieerzeugung gehören die Kernbereiche Energie-, Rohstoff- und Materialeffizienz, grünes Bauen, nachhaltige Mobilität, grüne Logistik, Wasser-, Abfall- und Kreislaufwirtschaft sowie Finanzierung und Versicherung dazu. [X.] [X.]hnologie ist also in vielen Sektoren anzutreffen und als Querschnittsbranche aus Umwelttechnologien und -dienstleistungen zu beschreiben. Ziel ist stets die Schonung von Klima, Umwelt und Ressourcen (https://www.vaillant.de/21-grad/technik-und-trends/nachhaltige-technik-gruene-technologien-fuer-die-umwelt/#gruene_technologien; [X.]; [X.]; [X.], s. Anlagenkonvolut 3 zum zweiten gerichtlichen Hinweis).

bbb) Auch im Körper- und [X.] der vorliegend beanspruchten Waren der Klasse 3

„Körperpflegemittel; Körperreinigungs- und Körperpflegepräparate; Haarpräparate und Haarkuren; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege für das Haar; Haarshampoos; Haarfärbemittel; Haarlotionen; Haarwässer; Sonnenschutzmittel für das Haar; Sonnenschutzmittel für die Kopfhaut“

ist grüne [X.]hnologie im vorgenannten Sinne etabliert. Dies verdeutlicht der Umwelttechnik-Atlas für [X.] des [X.] unter dem Titel „Green[X.]h made in Germany 2018“ auf Seite 35 (s. erster gerichtlicher Hinweis):

„Zur [X.]hnologielinie Naturkosmetik gehören Kosmetikprodukte, für deren Herstellung auf nachwachsende Rohstoffe zurückgegriffen wird. Ein Merkmal von Naturkosmetik ist der Verzicht auf die Verwendung von Paraffinen und Silikonen sowie anderer Produkte auf Erdölbasis.“

Der Begriff „Green[X.]“ wird seit 2015 im Körper- und [X.] verwendet:

- „[X.] – [X.] MEETS HIGHTECH – [X.] Green[X.]-Konzept: Die Pflegelinie für anspruchsvolle Frauen … Das Green[X.]-Konzept von [X.] steht für naturverbundene und dermatologisch sinnvolle Hautpflege mit 95 bis 100 Prozent natürlichen Inhaltsstoffen und patentierten Hochleistungswirkstoffen. Das Konzept bietet die ideale Pflege für Frauen, die beides wollen: Naturprodukte mit Rohstoffen aus kontrolliert biologischem Anbau und eine sichtbare Wirkung. Ziel ist es, Zeichen zu setzen und nachhaltige Anbauprojekte samt deren Menschen und Machern zu unterstützen.“;

- „Das neue [X.]. [X.]® Green[X.] Make-up ist eine revolutionäre Bio-Make-up Kollektion. Sie verbindet Naturliebe, Innovation und zukunftsweisende Verfahrenstechnologie, um zeitgemäßen Respekt vor der Physiologie der Haut, der Umwelt und den Tieren zu leben (www.dr-belter-shop.de am 30.03.2017);

- „[X.] – Experte bei Haarausfall & Kopfhaut-Problemen – Green[X.] Anti-Schuppen Shampoo“ (19.10.2017).

ccc) Dies gilt aber auch für die angemeldeten (veterinär-)medizinischen Präparate, Nahrungsergänzungsmittel und Arzneimittel der Klasse 5

„medizinische und veterinärmedizinische Präparate; Diätetische Präparate und Nahrungsergänzungsmittel; Arzneimittel und natürliche Heilmittel; medizinische Haarpflegemittel; medizinische Haarlotionen; medizinische Haarwässer; medizinische Haarwachstumspräparate; Sonnenschutzmittel für pharmazeutische Zwecke für die Kopfhaut“.

Denn umweltfreundliche chemische Verfahren kommen auch bei der Herstellung von Arzneimitteln zur Anwendung. Über sie ist bereits am 26. Dezember 2017 unter dem Schlagwort „[X.] Herstellung für die Pharmaindustrie“ berichtet worden ([X.], s. Anlage 4 zum zweiten gerichtlichen Hinweis). Um Medikamente umweltfreundlicher herzustellen, haben Biochemiker Enzyme entwickelt (21. Juli 2016, [X.], s. Anlage 5 zum zweiten gerichtlichen Hinweis). Schon am 14. August 2014 ist vom [X.] die umweltschädliche Wirkung von Arzneimitteln problematisiert worden ([X.], s. Anlage 6 zum zweiten gerichtlichen Hinweis). [X.] wurden Arzneimittel für eine gesunde Umwelt gefordert: „Eine nachhaltige Pharmazie … zielt auch auf den schonenden Umgang mit Ressourcen, die effiziente Herstellung und eine möglichst emissionsarme Anwendung der Wirkstoffe an und trägt so zum Schutz der Umwelt bei.“ ([X.], s. Anlage 7 zum zweiten gerichtlichen Hinweis). [X.] [X.]hnologie hat daher schon lange vor dem Anmeldezeitpunkt auch bei pharmazeutischen Produkten eine große Rolle gespielt.

dd) Damit hat das Anmeldezeichen „Green[X.]“ schon am 15. Juli 2019 lediglich darauf hingewiesen, dass die beanspruchten Waren der Klassen 3 und 5 in einem „ökologischen, umweltbewussten, umweltfreundlichen, umweltverträglichen, nachhaltigen Verfahren“ bzw. mittels „grüner [X.]hnologie“ hergestellt worden sind.

ee) Soweit das Anmeldezeichen offen lässt, in welcher Hinsicht bei den beanspruchten Waren eine ökologische/umweltfreundliche [X.]hnologie angewendet worden ist, vermag dies nichts an der Schutzunfähigkeit zu ändern. Denn die Annahme einer beschreibenden Bedeutung setzt nicht voraus, dass die Bezeichnung feste begriffliche Konturen erlangt und sich damit eine einhellige Auffassung zum Sinngehalt herausgebildet hat. Von einem beschreibenden Begriff kann vielmehr auch dann auszugehen sein, wenn das Zeichenwort verschiedene Bedeutungen hat, sein Inhalt vage und nicht klar umrissen ist oder nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren oder Dienstleistungen beschreibt ([X.] [X.] 2004, 146 [X.]. 32 – [X.]; [X.] 2004, 680 [X.]. 38 - 42 – [X.]; [X.] [X.] 2014, 872 [X.]. 25 – [X.]; [X.] 2014, 569 [X.]. 18 – [X.]; [X.] 2013, 522 [X.]. 13 – [X.]s schönste Seiten).

ff) Auch wenn es sich bei dem Anmeldezeichen um eine Wortneuschöpfung handelt, fehlt es an einer ungewöhnlichen Änderung, die hinreichend weit von der [X.] wegführt. Weder die der [X.]n Rechtschreibung zuwiderlaufende Zusammenschreibung der beanspruchten Wortkombination „Green[X.]“ noch die sprachregelwidrige Großschreibung der beiden Anfangsbuchstaben stellen eine der Struktur nach ungewöhnliche Veränderung dar, weil der Verkehr mit der zäsurlosen Aneinanderreihung von Wörtern schon aufgrund der Domainnamen im [X.] vertraut ist, bei denen Leerzeichen unzulässig sind ([X.] [X.] 2014, 1204 [X.]. 16 – [X.]; [X.] 30 W (pat) 520/12 – [X.]; 25 W (pat) 2/16 – findwhatyoulike; 26 W (pat) 122/09 – mykaraokeradio; 29 W (pat) 104/13 – edatasystems; 33 W (pat) 511/13 – [X.]; 26 W (pat) 3/15 – dateformore), und an die willkürliche und nicht den grammatikalischen Regeln folgende Groß- und Kleinschreibung von Wörtern in der Werbung gewöhnt ist ([X.] 30 W (pat) 22/17 – Naturell; 27 W (pat) 89/11 – !Solid; 29 W (pat) 25/09 – Turkey Today).

2. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] vorliegt, kann es dahinstehen, ob das angemeldete Wortzeichen darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] für die fraglichen Waren freihaltungsbedürftig ist.

3. Schließlich rechtfertigen weder die von der Anmelderin angeführten Entscheidungen noch die Voreintragungen eine andere Beurteilung.

a) Die genannten bundespatentgerichtlichen Beschlüsse sind mit der vorliegenden Fallgestaltung nicht vergleichbar.

aa) Zunächst bezieht sich der Beschluss des [X.] zu „Surf.[X.]“ (26 W (pat) 522) nur auf die Dienstleistung „Werbung“, bei der besondere Kriterien zu berücksichtigen sind: Da es nicht den Branchengewohnheiten entspricht, [X.] durch das beworbene Produkt(sortiment) zu charakterisieren, weil die Festlegung auf einen bestimmten Inhalt eine nicht gewollte Beschränkung bedeutet, hat eine Bezeichnung nur dann beschreibenden Charakter, wenn sie die Art des Mediums oder die Branche angibt, auf die die [X.] bezogen sind ([X.] [X.] 2009, 949 [X.]. 24 – [X.]; [X.] 29 W (pat) 35/15 – Immer eine Frische voraus; 26 W (pat) 549/18 – Intermate). Bei seinen Recherchen hatte der Senat im Gegensatz zum vorliegenden Fall nicht ermitteln können, dass [X.] speziell für [X.]plattformen umweltfreundlicher Suchmaschinen oder für umweltfreundliches Surfen als Wassersportart angeboten werden.

bb) Die von der Anmelderin zitierte Entscheidung zu „green follows function“ ([X.] 33 W (pat) 552/10) ist schon deshalb nicht vergleichbar, weil es sich um einen Slogan handelt, bei dem im Gegensatz zum vorliegenden Fall jedes einzelne Wort so unbestimmt und mehrdeutig ist, dass die angesprochenen Verkehrskreise den Satz insgesamt als rätselhaft wahrnehmen und sich eine beschreibende Bedeutung für die beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35 bis 37 und 42 erst nach einigen umständlichen Gedankenschritten erschließt.

cc) Die Schutzfähigkeit der Wortmarke „[X.]“ ([X.] 30 W (pat) 75/04) mit der Bedeutung „Doppeltechnik, Doppeltechnologie“ ist mit der Begründung erfolgt, dass Beton und Betonböden in herkömmlicher Kompaktform, nicht aber als [X.] oder Hohlraumböden hergestellt würden, weshalb „[X.]“ für sie keinen im Vordergrund stehenden Begriffsgehalt aufweise. Im Gegensatz dazu stellt „[X.] [X.]hnologie“ vorliegend einen beschreibenden Begriff dar.

dd) „[X.]“ ([X.] 27 W (pat) 238/04) im Sinne von „Spitzentechnik“ konnte mit den dort beanspruchten Baumaterialien, Teppichen, sonstigen Bodenbelägen und Tapeten nicht in Verbindung gebracht werden, weshalb die Marke als beschreibende Angabe nicht in Betracht kam.

ee) Dies galt auch in der Entscheidung zu „hitec“ ([X.] 27 W (pat) 19/11) für „[X.], nämlich Programmhefte“. Dort konnten im Gegensatz zum vorliegenden Fall weder die Markenstelle noch der Senat Belege für eine beschreibende Verwendung in Bezug auf diese Waren finden.

ff) „[X.]“ ([X.] 24 W (pat) 65/06) mit der Bedeutung „Fußboden-[X.]hnik/[X.]hnologie“ enthielt mangels Bezug zu Fußböden ebenfalls keine [X.] für Waren der [X.] mit ausschließlicher Bestimmung für Wand- und Deckenheizungssysteme sowie Wand- und Deckenkühlungssysteme.

b) Schließlich führen auch die von der Anmelderin genannten Voreintragungen nicht zu einer anderen Einschätzung. Wegen der Einzelheiten wird auf den ausführlichen gerichtlichen Hinweis vom 25. August 2020 Bezug genommen.

Meta

26 W (pat) 524/20

14.09.2020

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 14.09.2020, Az. 26 W (pat) 524/20 (REWIS RS 2020, 181)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 181

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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