Bundesarbeitsgericht, Zwischenurteil vom 15.05.2013, Az. 5 AZR 252/12 (A)

5. Senat | REWIS RS 2013, 5838

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Gegenstand

Insolvenzverwalter - Aufnahme des Rechtsstreits - Insolvenzforderung - Zwischenurteil


Tenor

Die von dem Insolvenzverwalter erklärte Aufnahme des durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten unterbrochenen Rechtsstreits wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

[X.]ie [X.]arteien streiten über restliche Vergütung und Aufwendungsersatz.

2

[X.]er 1970 geborene Kläger ist [X.] Staatsangehöriger mit Wohnsitz in [X.] und der [X.] nicht mächtig. Er war bei der Beklagten vom 24. Juli 2009 bis zum 31. März 2011 als Kraftfahrer im internationalen Transport zu einer Bruttomonatsvergütung von 900,00 Euro nebst [X.] beschäftigt. Nach in [X.] Sprache geführten Einstellungsverhandlungen unterzeichnete der Kläger einen von der Beklagten vorformulierten, in [X.] abgefassten Arbeitsvertrag, der folgende Regelung enthält:

        

„§ 12 Ausschlussfristen

        

1.    

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden.

        

2.    

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb eines Monats nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

        

3.    

[X.]ie Fristen beginnen mit dem Zugang der Erklärung bei der anderen Vertragspartei.“

3

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung mit Schreiben vom 13. April 2011 hat der Kläger mit der am 12. Mai 2011 eingereichten und der Beklagten am 19. Mai 2011 zugestellten Klage Entgelt für den Monat [X.]ezember 2010 sowie [X.]n für Fahrten in dem Zeitraum März bis September 2010 verlangt. Er hat geltend gemacht, die von § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB angeordnete Nichtanwendung des § 305 Abs. 2 und Abs. 3 BGB auf Arbeitsverträge sei mit Unionsrecht nicht vereinbar. Einem außerhalb der [X.] tätigen [X.] Staatsangehörigen sei der Inhalt der arbeitsvertraglichen [X.] zumindest auch in seiner Muttersprache mitzuteilen. [X.]er Beklagten sei bekannt gewesen, dass er der [X.] nicht mächtig ist.

4

[X.]er Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 900,00 Euro brutto und 3.870,00 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf [X.]rozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 4.770,00 Euro seit dem 31. März 2011 zu zahlen.

5

[X.]ie Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, der Kläger habe die ihm zustehenden Beträge erhalten. Im Übrigen seien die streitgegenständlichen Forderungen nach § 12 Arbeitsvertrag verfallen. Zu einer Übersetzung des Arbeitsvertrags ins [X.] sei sie nicht verpflichtet gewesen, zumal der Kläger eine solche nicht verlangt habe.

6

[X.]as Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. [X.]as [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

7

[X.]as [X.] hat mit Beschluss vom 11. März 2013 über das Vermögen der Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt [X.], [X.], zum Insolvenzverwalter bestellt. Gleichzeitig hat das Amtsgericht verfügt, Insolvenzforderungen bis zum 13. Mai 2013 anzumelden. [X.]en Berichts- und [X.]rüfungstermin hat es auf den 27. Mai 2013 bestimmt.

8

Mit Schriftsatz vom 10. April 2013 hat der Insolvenzverwalter über den [X.]rozessbevollmächtigten der Schuldnerin mitteilen lassen, er nehme das Revisionsverfahren auf.

Entscheidungsgründe

9

I. Die vom Insolvenzverwalter erklärte Aufnahme des durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten gemäß § 240 Satz 1 ZPO unterbrochenen Rechtsstreits ist nicht wirksam.

Nach § 240 Satz 1 ZPO bestimmen sich die Voraussetzungen, unter denen ein infolge Insolvenzeröffnung unterbrochener Rechtsstreit aufgenommen werden kann, nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften. Diese differenzieren hinsichtlich der Berechtigung, einen unterbrochenen Rechtsstreit aufzunehmen, danach, ob der Rechtsstreit die Insolvenzmasse betrifft (§§ 85, 86 [X.]) oder es sich um eine Insolvenzforderung handelt (§ 87 [X.]).

Die vom Kläger aus dem zum 31. März 2011 beendeten Arbeitsverhältnis geltend gemachten Forderungen sind keine Masseverbindlichkeiten (§§ 53 ff. [X.]), sondern Insolvenzforderungen. Insolvenzgläubiger (§ 38 [X.]) können nach § 87 [X.] ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen, also im Wege der Anmeldung nach den §§ 174 ff. [X.]. Es obliegt der Entscheidung des [X.], ob er seine in den Vorinstanzen erfolglos geltend gemachten Forderungen nunmehr zur Tabelle anmeldet und im Falle ihres Bestreitens durch den Insolvenzverwalter die Feststellung nach § 179 Abs. 1 ZPO betreibt. Zu diesem Zwecke müsste der Kläger nach § 180 Abs. 2 [X.] - unter Änderung seines bisherigen [X.] - den unterbrochenen Rechtsstreit aufnehmen. Nur wenn für die Forderung des [X.] ein vollstreckbarer Titel vorliegen würde, obläge es dem bestreitenden Insolvenzverwalter nach § 179 Abs. 2 [X.], den Widerspruch durch Aufnahme des hiesigen Revisionsverfahrens zu verfolgen.

II. Dem Insolvenzverwalter sind die durch die unberechtigte Aufnahme verursachten Kosten aufzuerlegen (vgl. [X.] 15. Oktober 2004 - V ZR 100/04 - zu A der Gründe mwN; [X.] in [X.]/[X.] 34. Aufl. § 240 ZPO Rn. 8).

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Ilgenfritz-Donné    

        

    A. [X.]    

                 

Meta

5 AZR 252/12 (A)

15.05.2013

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Zwischenurteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Kaiserslautern, 18. August 2011, Az: 5 Ca 356/11, Urteil

§ 240 S 1 ZPO, § 87 InsO, § 38 InsO, § 179 Abs 1 InsO, § 180 Abs 2 InsO, § 179 Abs 2 InsO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Zwischenurteil vom 15.05.2013, Az. 5 AZR 252/12 (A) (REWIS RS 2013, 5838)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5838

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