Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.12.2022, Az. I R 11/20

1. Senat | REWIS RS 2022, 9015

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Gegenstand

Zur Besteuerung von Stock Options im Fall des Ansässigkeitswechsels


Leitsatz

1. Werden einem Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses Stock Options gewährt, fließen die daraus resultierenden geldwerten Vorteile erst zum Zeitpunkt der Ausübung der Option zu (Bestätigung der Rechtsprechung, vgl. Senatsurteile vom 24.01.2001 - I R 100/98, BFHE 195, 102, BStBl II 2001, 509, und I R 119/98, BFHE 195, 110, BStBl II 2001, 512).

2. Die geldwerten Vorteile aus der Ausübung der Stock Options werden --ungeachtet der Besteuerung zum Zeitpunkt der Optionsausübung-- zeitraumbezogen gewährt und sind deshalb anteilig dem Erdienenszeitraum zuzuordnen. Nach dem Veranlassungsprinzip geht es dabei grundsätzlich um den Zeitraum zwischen der Gewährung der Stock Options und deren erstmaliger Ausübbarkeit. Eine abschließende Beurteilung ist aber nur anhand der konkreten Vereinbarungen bei Gewährung der Stock Options sowie der sonstigen Umstände des Einzelfalls möglich.

3. Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten richtet sich eine etwaige abkommensrechtliche Freistellung der Einkünfte nach der Tätigkeit im Erdienenszeitraum. Soweit Art. 15 Abs. 1 Satz 1 DBA-USA 1989/2008 an eine "in einem Vertragsstaat ansässige Person" anknüpft, ist dagegen allein die Ansässigkeit i.S. des Art. 4 DBA-USA 1989/2008 zum Zeitpunkt des Zuflusses der Einkünfte maßgeblich.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom [X.] - 6 K 488/17 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Die Beteiligten streiten über die steuerlichen Folgen der Ausübung von [X.] im Fall eines Ansässigkeitswechsels.

2

Im Jahr 2011 (Streitjahr) hatten die miteinander verheirateten und zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) ihren Wohnsitz in der [X.] ([X.]).

3

Von Juni 2001 bis zum 15.04.2005 war der Kläger als "President" der in den [X.] ([X.]) ansässigen [X.], die zu einer Sparte der inländischen [X.] gehörte, tätig. Während dieses Zeitraums hatten die Kläger ihren Wohnsitz im Inland aufgegeben und in die [X.] verlagert. Der Kläger hielt sich während eines Drittels seiner außerhalb der [X.] vorgenommenen Dienstreisen in [X.] auf, um dort der Konzernspitze von seiner Tätigkeit zu berichten ([X.] dort nicht länger als 60 Tage pro Kalenderjahr). Das Gehalt des [X.] ging zu Lasten der [X.]. Ab Mai 2005 war der Kläger wieder im Inland tätig; seine Familie kehrte im August 2005 nach [X.] zurück.

4

Zum 01.04.2003 waren dem Kläger von der [X.] 45 000 nicht handelbare [X.] gewährt worden, die er ab dem 01.04.2005 zu 50 % und ab dem 01.04.2006 zu 100 % ausüben durfte. Im Streitjahr übte der Kläger 10 000 dieser Optionen aus und erzielte einen Überschuss in Höhe von … €. Bezogen auf den Zeitraum 01.04.2003 bis 31.03.2005 entfielen hiervon nach seiner [X.] Steuererklärung … € auf Arbeitstage in den [X.]. Dieser Teil der Einkünfte wurde in den [X.] der Besteuerung unterworfen.

5

Der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt --[X.]--) behandelte die nicht in den [X.] besteuerten Einkünfte in Höhe von … € im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 20.03.2015 (in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.03.2017) als im Inland steuerpflichtige Einkünfte.

6

Das Finanzgericht (FG) [X.] gab der hiergegen gerichteten Klage mit Urteil vom [X.] - 6 K 488/17 statt und unterstellte diese Einkünfte lediglich dem sog. Progressionsvorbehalt. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) zur Besteuerung von [X.] (Senatsurteile vom 24.01.2001 - I R 100/98, [X.]E 195, 102, [X.] 2001, 509; I R 119/98, [X.]E 195, 110, [X.] 2001, 512; [X.]-Urteil vom 19.12.2006 - VI R 24/01, [X.]/NV 2007, 881) sei für die Frage der Ansässigkeit nicht auf das Jahr des Zuflusses (damit das Streitjahr), sondern auf die Ansässigkeit des [X.] in den [X.] in dem Zeitraum zwischen der Gewährung der Optionen und deren erstmaliger Ausübbarkeit abzustellen. Daraus folge, dass das Besteuerungsrecht für die streitigen Einkünfte nach Art. 15 und 21 des Abkommens zwischen der [X.] und den [X.] zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29.08.1989 i.d.F. der Bekanntmachung der Neufassung vom 04.06.2008 ([X.], 612, [X.], 784) --DBA-[X.] 1989/2008-- nicht [X.] zustehe.

7

Das [X.] macht mit der Revision die Verletzung materiellen Rechts geltend und beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

9

Die Revision des [X.] ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und mangels Spruchreife zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat für die Anwendung des Art. 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] 1989/2008 zu Unrecht auf die Ansässigkeit des [X.] in [X.] während seiner Tätigkeit für die [X.] abgestellt.

1. Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Einkünfte des [X.] aus den [X.] nach nationalem Recht steuerpflichtig sind.

Die Kläger waren gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG) unbeschränkt steuerpflichtig. Nach den bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) hatten sie seit 2005 --und damit auch im [X.] ihren Wohnsitz (wieder) im Inland und unterlagen daher mit sämtlichen Einkünften i.S. des § 2 Abs. 1 EStG der inländischen Einkommensteuer.

Zu diesen Einkünften gehören auch die Einkünfte des [X.] aus den am 01.04.2003 von dem ausländischen Arbeitgeber im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses gewährten [X.]. Der verbilligte Erwerb der Aktien führt zu einem geldwerten Vorteil i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG und damit zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Diese Einkünfte sind dem Kläger zum Zeitpunkt der Ausübung der Option --und damit im [X.] nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG zugeflossen (s. allgemein die ständige Senatsrechtsprechung, vgl. Urteile in [X.], 102, [X.] 2001, 509, und in [X.], 110, [X.] 2001, 512). Hierüber besteht zwischen den Beteiligten zu Recht kein Streit, so dass der Senat von weiteren Ausführungen absieht.

2. Rechtsfehlerhaft hat das [X.] dahin erkannt, für die Prüfung der abkommensrechtlichen Besteuerungsbefugnisse nach Art. 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] 1989/2008 komme es auf die Ansässigkeit des [X.] in [X.] während seiner Tätigkeit für die [X.] an, so dass sämtliche Einkünfte des [X.] aus den [X.] --und nicht nur die auf Tätigkeiten in [X.] entfallenden Einkünfte-- von der inländischen Besteuerung freizustellen seien. Vielmehr ist [X.] Ansässigkeitsstaat i.S. des Art. 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] 1989/2008.

a) Nach Art. 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] 1989/2008 können Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird in dem anderen Vertragsstaat ausgeübt. Wird die Arbeit dort ausgeübt, können die dafür bezogenen Vergütungen nach Art. 15 Abs. 1 Satz 2 [X.] 1989/2008 im anderen Staat besteuert werden. Wenn die Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 2 [X.] 1989/2008 erfüllt sind, können die Vergütungen allerdings ungeachtet des Abs. 1 nur im Ansässigkeitsstaat besteuert werden. Bezieht eine in [X.] ansässige Person Einkünfte nach Art. 15 [X.] 1989/2008, die in [X.] besteuert werden können, sind sie nach Art. 23 Abs. 3 Satz 1 Buchst. a [X.] 1989/2008 [X.]. § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG unter Progressionsvorbehalt von der Bemessungsgrundlage der [X.] Steuer auszunehmen.

b) Das [X.] hat als Ausgangspunkt zutreffend auf die beiden Grundsatzurteile des Senats zur Besteuerung von [X.] für Arbeitnehmer verwiesen (Urteile in [X.], 102, [X.] 2001, 509, und in [X.], 110, [X.] 2001, 512). Danach sollen die Aktienoptionen grundsätzlich nicht Leistungen des Arbeitnehmers in der Vergangenheit abgelten, sondern als "Anreiz-Lohn" dienen, um eine besondere Erfolgsmotivation für die Zukunft zu schaffen. Dementsprechend sind die geldwerten Vorteile aus der Ausübung solcher Aktienoptionen --ungeachtet der Besteuerung zum Zeitpunkt der Optionsausübung-- zeitraumbezogen gewährt worden. Sie sind anteilig dem [X.] zuzuordnen und nach Maßgabe des einschlägigen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ([X.]) ggf. von der [X.] Steuer freizustellen. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.

c) In der Folge kommt es für die Anwendung des Art. 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] 1989/2008 zunächst auf den Ort der [X.] während des [X.]s an. Dieser befindet sich dort, wo sich der Arbeitnehmer zur Ausübung seiner Tätigkeit physisch aufgehalten hat (ständige Senatsrechtsprechung, z.B. Urteil vom 16.01.2019 - I R 66/17, [X.], 1067, m.w.N.).

d) Zu Unrecht hat das [X.] auch für das Kriterium der Ansässigkeit auf den [X.] abgestellt. Für Art. 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] 1989/2008, der an eine "in einem Vertragsstaat ansässige Person" anknüpft, ist stattdessen allein die Ansässigkeit i.S. des Art. 4 [X.] 1989/2008 zum Zeitpunkt des Zuflusses maßgeblich.

aa) Welche Rechtsfolgen ein Ansässigkeitswechsel vor dem Zeitpunkt der tatsächlichen Ausübung der Option (als Zuflusszeitpunkt) hat, ist bisher umstritten. Der Rechtsprechung des [X.] lässt sich hierzu keine abschließende Entscheidung entnehmen (vgl. Senatsurteile in [X.], 102, [X.] 2001, 509, und in [X.], 110, [X.] 2001, 512; [X.]-Urteile in [X.]/NV 2007, 881; vom 19.12.2006 - VI R 136/01, [X.]E 216, 251, [X.] 2007, 456).

Das [X.] ist in einer früheren Entscheidung davon ausgegangen, dass es auf die Ansässigkeit während des [X.]s ankommt (Urteil vom 24.11.2014 - 6 K 4033/13, Entscheidungen der Finanzgerichte 2015, 410, Revision als unzulässig verworfen durch Senatsbeschluss vom 09.03.2016 - I R 79/14, [X.]/NV 2016, 1039; gl.A. wohl auch [X.]/[X.] in [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., Art. 15 Rz 78).

Nach der [X.] ist stets derjenige Staat als Ansässigkeitsstaat i.S. der Verteilungsnorm des Art. 15 des Musterabkommens der [X.] ([X.] --[X.]-MustAbk--) anzusehen, in dem der Steuerpflichtige zum Zeitpunkt der Einkünfteerzielung ansässig und damit abkommensberechtigt ist ([X.]/[X.] in [X.] [X.] Art. 15 Rz 49). Hiervon geht grundsätzlich auch die [X.] in ihrem Report vom 23.08.2004 zu "[X.]" aus, wenn in [X.] 37 ff. für den Fall des Ansässigkeitswechsels die Problematik der "Multiple Residence Taxation" bzw. der "Residence-Residence Double Taxation" aufgeworfen wird. Zwar wird hier der Fokus auf die Besonderheit unterschiedlicher Besteuerungszeitpunkte in den [X.] gelegt. Insbesondere in [X.] 41 wird aber ausgeführt, dass es auf die Ansässigkeit im Zeitpunkt des Zuflusses ankomme, um die den einzelnen Tätigkeitsstaaten zugeordneten Einkünfte nach Art. 15 [X.]-MustAbk zu verteilen.

bb) Für die Anwendung des Art. 15 [X.] 1989/2008 kommt es auf die Ansässigkeit zum Zeitpunkt der tatsächlichen Ausübung der Option (Zufluss) an.

Dies folgt bereits daraus, dass sich gerade zu diesem konkreten Zeitpunkt die Frage stellt, ob die nationale Besteuerung abkommensrechtlich eingeschränkt wird. Damit kommt es für den persönlichen Abkommensschutz, der nach Art. 1 Abs. 1 [X.] 1989/2008 die Ansässigkeit in einem oder beiden Vertragsstaaten voraussetzt, auf diesen und nicht auf einen früheren Zeitpunkt an. Nichts anderes kann dann aber auch für die weitere Anwendung der abkommensrechtlichen Regelungen gelten. Die Frage, ob der Steuerpflichtige in einem Vertragsstaat ansässig ist, ist mit der Frage, welcher Staat im Rahmen der abkommensrechtlichen Regelungen als Ansässigkeitsstaat gilt, einheitlich im Zeitpunkt der konkreten Anwendung des [X.] 1989/2008 zu beantworten.

Darüber hinaus setzt Art. 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] 1989/2008 voraus, dass Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person bezogen werden. Dadurch wird die Frage der Ansässigkeit mit dem Bezug der Einkünfte verknüpft. Beide Tatbestandsmerkmale müssen für die Anwendung des Art. 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] 1989/2008 gleichzeitig erfüllt sein. Zu welchem Zeitpunkt die Einkünfte bezogen werden, ist dagegen nicht im Abkommen geregelt. Insofern kommt es auf das nationale Recht an, d.h. im Streitfall auf den Zeitpunkt des Zuflusses des geldwerten Vorteils bei Ausübung der Option (hier: im Streitjahr).

Die Maßgeblichkeit der Ansässigkeit zum Zeitpunkt der Ausübung der Option steht auch im Einklang mit dem Senatsurteil vom [X.] - I R 102/99 ([X.]E 194, 69, [X.] 2001, 195). Dort ging es zwar nicht um einen Ansässigkeitswechsel im Rahmen der Gewährung von [X.], sondern um einen nachträglichen Lohnzufluss, der einen Zeitraum betraf, in dem der Steuerpflichtige (noch) im ausländischen Tätigkeitsstaat ansässig war. Für die Anwendung des [X.] hat der Senat aber auch insofern ausdrücklich auf die Verhältnisse (und damit auch die Ansässigkeit) zum Zeitpunkt des Zuflusses der Einkünfte abgestellt.

3. Indem das [X.] rechtsfehlerhaft den [X.] als entscheidend für die Bestimmung der Ansässigkeit angesehen hat, ist es von [X.] --statt [X.]-- als Ansässigkeitsstaat i.S. des Art. 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] 1989/2008 ausgegangen. Die Vorentscheidung ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen. Die Sache ist nicht spruchreif, da das [X.] --auf Grundlage seiner Rechtsauffassung [X.] keine Feststellungen zu den Vereinbarungen getroffen hat, die der Gewährung der [X.] zugrunde lagen. Entsprechendes gilt für das konkrete Verhältnis der während des [X.]s in [X.], in [X.] und in [X.] ausgeübten Tätigkeiten. Dem [X.] wird aufgegeben, diese Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachzuholen.

a) Ausgehend von einer Ansässigkeit des [X.] in [X.] wird das inländische Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus den [X.] nach Art. 15 Abs. 1 [X.]. Art. 23 Abs. 3 Satz 1 Buchst. a [X.] 1989/2008 nur insoweit eingeschränkt, als die Tätigkeit im [X.] in [X.] ausgeübt worden ist. Für die Beschäftigungstage, an denen der Kläger auf Dienstreise in [X.] oder in [X.] war, steht das Besteuerungsrecht dagegen [X.] zu. Auf Art. 15 Abs. 2 [X.] 1989/2008 kommt es insoweit nicht an.

b) Nach dieser Maßgabe wird zunächst entscheidend sein, auf welchen [X.] sich die [X.] beziehen.

Das [X.] ist --im Einklang mit den [X.] davon ausgegangen, dass dazu auf den Zeitraum zwischen der Gewährung der [X.] und deren erstmaliger Ausübbarkeit abzustellen ist. Auch wenn der Senat in seinen Urteilen in [X.], 102, [X.] 2001, 509 und in [X.], 110, [X.] 2001, 512 auf die Tätigkeit "bis zur Optionsausübung" verwiesen hatte, ist dies grundsätzlich nicht zu beanstanden.

Zwar soll der Steuerpflichtige mit den [X.] grundsätzlich auch über den Zeitpunkt der erstmaligen Ausübbarkeit der Option hinaus an das Unternehmen gebunden werden (s. z.B. [X.]/[X.] in [X.] [X.] Art. 15 Rz 56c). Entscheidend ist aber, dass er ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Ausübbarkeit wie ein Investor frei über die Ausübung der Option entscheiden kann ([X.] in [X.]/[X.], [X.], 7. Aufl., Art. 15 Rz 51; [X.], Internationales Steuerrecht --IStR-- 2005, 8, 10). Insofern ist es unter Berücksichtigung des Veranlassungsprinzips regelmäßig gerechtfertigt, als [X.] den Zeitraum zwischen der Gewährung der [X.] und ihrer erstmaligen Ausübbarkeit anzusehen (vgl. auch Schreiben des [X.] vom 03.05.2018, BStBl I 2018, 643, Rz 247; Eimermann in [X.] [X.] Art. 15 Rz 18; [X.]-Musterkommentar --[X.]-MustKomm-- in Nr. 12.7 und 12.9 zu Art. 15 [X.]-MustAbk). Soweit aus den [X.] in [X.], 102, [X.] 2001, 509 und in [X.], 110, [X.] 2001, 512 abgeleitet werden könnte, der [X.] sei in der Regel bis zum Zeitpunkt der Ausübung der Option auszudehnen, wird hieran nicht festgehalten.

Eine abschließende Bemessung der Dauer des [X.]s ist aber letztlich nur anhand der konkreten Vereinbarungen bei Gewährung der [X.] sowie den sonstigen Umständen des Einzelfalls möglich (so tendenziell auch [X.] in [X.], [X.]/[X.], 3. Aufl., Art. 15 [X.] Rz 74 f.). Hierzu fehlen Feststellungen des [X.]. Insbesondere sind Vereinbarungen denkbar, nach denen eine schon [X.] --aber bisher noch nicht ausgeübte-- Option mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verfällt. Aus einer solchen Vereinbarung könnte ggf. der Schluss gezogen werden, dass sich der [X.] bis zur tatsächlichen Ausübung der Option verlängert (differenzierend Nr. 12.9 [X.]-MustKomm zu Art. 15 [X.]-MustAbk). Dies gilt zumindest dann, wenn es auf das konkrete Arbeitsverhältnis ankommt, d.h. der Verfall nicht bei Weiterbeschäftigung durch eine Konzerngesellschaft vermieden wird. Umgekehrt könnten die Umstände des Einzelfalls auch zu einer Verkürzung des [X.]s führen, z.B. wenn das konkrete Arbeitsverhältnis endet, ohne dass eine --zu diesem Zeitpunkt noch nicht [X.]-- Option verfällt (s.a. [X.], a.a.O., und Nr. 12.8 [X.]-MustKomm zu Art. 15 [X.]-MustAbk).

c) Sobald der [X.] feststeht, ist vom [X.] festzustellen, zu welchen Anteilen der Kläger in diesem Zeitraum in [X.], in [X.] und in [X.] tätig war. Zwar geht das [X.] --ebenso wie die [X.] von den in der [X.] Steuererklärung ermittelten Beträgen aus, wonach der geldwerte Vorteil aus der Ausübung der [X.] zu … € auf Tätigkeiten in [X.] und zu … € auf die Tätigkeiten in [X.] und in den [X.] entfiel. Auf Grundlage der Rechtsauffassung des [X.] kam es hierauf aber nicht an. Dementsprechend hat das [X.] diese Aufteilung bisher weder geprüft noch abschließend festgestellt.

d) Im Übrigen wird das [X.] im zweiten Rechtsgang zu berücksichtigen haben, dass Art. 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] 1989/2008 nicht nur Einkünfte für Tätigkeiten in den Vertragsstaaten, sondern auch Einkünfte für Tätigkeiten in [X.] erfasst (Tcherveniachki in [X.]/[X.], a.a.O., Art. 21 Rz 65; [X.]/[X.] in [X.] [X.] Art. 15 Rz 4; wohl auch [X.] in [X.]/[X.]/Grotherr/[X.], [X.], Art. 21 [X.]-[X.] Rz 71 und 78; a.A. [X.]/[X.], [X.], 500, 502). Die Auffangvorschrift des Art. 21 [X.] 1989/2008 kommt deshalb nicht zur Anwendung.

Soweit der Kläger seine Tätigkeit im [X.] in [X.] ausgeübt hat, sind vom [X.] auch etwaige [X.] mit diesen [X.] zu beachten. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen ist zwar zu vermuten, dass bei einer dem Art. 15 Abs. 2 [X.]-MustAbk entsprechenden Regelung das Besteuerungsrecht beim Ansässigkeitsstaat [X.] verbleiben wird. Für eine abschließende Beurteilung (im Sinne einer Aufteilungsquote) bedarf es allerdings weiterer Ermittlungen. Dies betrifft insbesondere die Frage, in welchen [X.] sich der Kläger während seiner Dienstreisen aufgehalten hat.

e) Ggf. wird das [X.] auch die Tarifermäßigung des § 34 Abs. 1 [X.]. Abs. 2 Nr. 4 EStG berücksichtigen müssen.

4. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O.

5. Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten im schriftlichen Verfahren (§ 121 Satz 1 [X.]. § 90 Abs. 2 [X.]O).

Meta

I R 11/20

21.12.2022

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 21. Mai 2019, Az: 6 K 488/17, Urteil

§ 19 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009, Art 4 DBA USA 1989/2008, Art 15 Abs 1 S 1 DBA USA 1989/2008, § 11 Abs 1 S 1 EStG 2009, EStG VZ 2011

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.12.2022, Az. I R 11/20 (REWIS RS 2022, 9015)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 9015

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