Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.09.2013, Az. IV ZR 47/12

4. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 2438

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Gegenstand

Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes: Verfassungsmäßigkeit der unterschiedlichen Behandlung rentenferner und rentennaher Versicherter im Rahmen der Systemumstellung bei Versicherten mit berufsständischer Grundversorgung


Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 12. Zivilsenats des [X.] vom 7. Februar 2012 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger, der von der [X.] seit dem 1. November 2010 eine Zusatzrente bezieht, wendet sich im Wege der Stufenklage gegen die der Rentenberechnung zugrunde gelegte Startgutschrift, deren Neuberechnung - und hilfsweise Unverbindlichkeitsfeststellung - er begehrt. In der zweiten Stufe beantragt er, die Beklagte zu sich aus der Neuberechnung ergebenden Rentennachzahlungen zu verurteilen.

2

I. Die beklagte [X.] und der Länder ([X.]) hat die Aufgabe, Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Wege privatrechtlicher Versicherung eine zusätzliche Alters-, [X.] und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Mit Neufassung ihrer Satzung vom 22. November 2002 (BAnz. [X.] vom 3. Januar 2003) stellte die Beklagte ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31. Dezember 2001 um. Den Systemwechsel hatten die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes im Tarifvertrag Altersversorgung vom 1. März 2002 ([X.]) vereinbart. Damit wurde das frühere - auf dem Versorgungstarifvertrag vom 4. November 1966 ([X.]) beruhende - endgehaltsbezogene Gesamtversorgungssystem aufgegeben und durch ein auf einem Punktemodell beruhendes Betriebsrentensystem ersetzt.

3

Die neue Satzung der [X.] ([X.]S) enthält Übergangsregelungen zum Erhalt von bis zur Systemumstellung erworbenen [X.]en. Diese werden wertmäßig festgestellt und als so genannte Startgutschriften auf die neuen [X.] übertragen. Dabei werden Versicherte, deren Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist, in [X.] und [X.] Versicherte unterschieden. [X.] ist nur, wer am 1. Januar 2002 das 55. Lebensjahr vollendet hatte und im Tarifgebiet West beschäftigt war bzw. dem Umlagesatz des [X.] unterfiel oder [X.] in der Zusatzversorgung vor dem 1. Januar 1997 vorweisen kann. Die Anwartschaften der ca. 200.000 [X.]n Versicherten werden weitgehend nach dem alten Satzungsrecht ermittelt und übertragen (vgl. dazu Senatsurteil vom 24. September 2008 - IV ZR 134/07, [X.], 101 ff.).

4

Die Übergangsregelung der [X.]S lautet - im Wesentlichen übereinstimmend mit § 32 Abs. 1, 4 Satz 1 und § 33 Abs. 2, 4 f. [X.] - auszugsweise wie folgt:

"§ 78 Grundsätze zur Anwartschaftsübertragung

(1)

(2)

§ 79 Anwartschaften für am 31. Dezember 2001 schon und am 1. Januar 2002 noch Pflichtversicherte

(…)

(2)

(4)

(5) ."

5

Die Anwartschaften der übrigen ca. 1,7 Millionen [X.]n Versicherten berechnen sich demgegenüber nach § 32 Abs. 1, 4, § 33 Abs. 1 Satz 1 [X.], § 78 Abs. 1, 2, § 79 Abs. 1 Satz 1 [X.]S i.V.m. § 18 Abs. 2 des Betriebsrentengesetzes ([X.]; vgl. zu dieser Übergangsregelung Senatsurteil vom 14. November 2007 - [X.], [X.], 127 ff.). Nach § 18 Abs. 2 [X.] Satz 2 Buchst. f [X.] ist die - im Rahmen der Startgutschriftenerrechnung auf die Gesamtversorgung anzurechnende - Grundversorgung nach dem so genannten Näherungsverfahren zu ermitteln (vgl. dazu Senatsurteil vom 14. November 2007 aaO Rn. 102 ff.). Anders als bei [X.]n Versicherten wird insoweit keine Unterscheidung danach getroffen, ob die jeweilige Grundsicherung tatsächlich mittels einer gesetzlichen Rente oder einer anderweitigen Versorgung erfolgt.

6

II. Der am 25. Oktober 1945 geborene Kläger, ein Arzt, zählt zu den [X.]n Versicherten. Er war bis zum [X.] im öffentlichen Dienst beschäftigt und hatte seit 1977 als Versicherter der [X.] insgesamt 299 Umlagemonate zurückgelegt. Im Zuge der Systemumstellung erteilte ihm die Beklagte eine Startgutschrift über 122,50 Versorgungspunkte (das entspricht einer monatlichen [X.] von 490 €). Seit dem 1. November 2010 bezieht er neben einer berufsständischen Grundversorgung eine Zusatzrente von der [X.] in Höhe von monatlich 824,28 €. Nach dem bis zur Systemumstellung geltenden Satzungsrecht der [X.] hätte ihm unstreitig eine monatliche Zusatzrente von 879,50 € zugestanden.

7

Der Kläger sieht sich dadurch verfassungswidrig benachteiligt (Art. 3 Abs. 1 GG), dass bei der Startgutschriftenberechnung [X.]r Versicherter mit berufsständischer Grundversorgung von der Gesamtversorgung die - gemäß § 40 Abs. 2 Buchst. c) [X.]S a.F. aufgrund der Beitragsleistung des Arbeitgebers an das jeweilige Versorgungswerk ermittelte - Grundversorgung in Abzug gebracht wird, während bei [X.]n berufsständisch grundversorgten Versicherten gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 [X.]S n.F. i.V.m. § 18 Abs. 2 [X.] lediglich eine im Näherungsverfahren ermittelte fiktive gesetzliche Rente angerechnet wird. Der Kläger verweist darauf, dass diese fiktive Rentenanrechnung bei [X.]n Versicherten deutlich geringere Abzüge zur Folge habe, was bei ihm im Vergleich zu [X.]n Versicherten mit ansonsten ähnlicher Erwerbsbiographie und berufsständischer Grundversorgung zu einer Minderleistung von ca. 800 € monatlich führe. Weiter ist der Kläger der Auffassung, seine Startgutschrift müsse schon deshalb gemäß dem auch für die Startgutschriftenerrechnung [X.]r Versicherter geltenden § 18 Abs. 2 [X.] errechnet werden, weil die Übergangsregelung für [X.] Versicherte in § 79 Abs. 2 [X.]S n.F. die verfassungswidrige Regelung des § 44a [X.]S a.F. in Bezug nehme. Wegen deren Unwirksamkeit sei zumindest der Hilfsantrag begründet.

8

Die Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

9

Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Nach dessen Auffassung hat der Kläger keinen Anspruch auf Neuberechnung seiner Startgutschrift und deshalb auch keinen Anspruch auf Rentennachzahlungen; vielmehr sei die Startgutschrift zutreffend ermittelt und verbindlich. Weder die Unwirksamkeit des § 44a [X.] noch der Gleichheitssatz führten dazu, dass bei Ermittlung der Startgutschrift des [X.] § 18 Abs. 2 [X.] Anwendung finde. Die [X.] für [X.] Versicherte seien wirksam.

Zwar treffe es zu, dass § 44a [X.] ebenso wie der inhaltsgleiche, vom [X.] für verfassungswidrig erklärte (vgl. [X.], 600 ff.) § 18 [X.] a.F. mit Ablauf des 31. Dezember 2000 nicht mehr anzuwenden sei; daraus ergebe sich aber nicht die Unwirksamkeit der Startgutschrift des [X.]. Soweit die Übergangsregelung für [X.] Versicherte auf § 44a [X.] verweise, beruhe dies auf einer Grundentscheidung der Tarifvertragsparteien, den [X.]n Versicherten einen erweiterten Besitzstandsschutz in der Weise zu gewähren, dass die nach § 44a [X.] erworbenen Versicherungsrentenanwartschaften den [X.]n Versicherten als Mindestbetrag der mit der Startgutschrift zu ermittelnden [X.] erhalten bleiben sollten. In erster Linie sei aber nicht dieser Mindestbetrag, sondern die Differenz zwischen der nach den §§ 41 bis 43b [X.] ermittelten Gesamtversorgung und den Altersbezügen für die Ermittlung der dem [X.]n Versicherten zum [X.] zustehenden [X.] maßgeblich. Die Beibehaltung der früheren Mindestversorgung als bloße Untergrenze führe zu keiner verfassungswidrigen Benachteiligung.

Der Kläger könne auch nicht aus Art. 3 Abs. 1 GG wegen der von ihm beanstandeten Ungleichbehandlung berufsständisch versorgter [X.]r und [X.] Versicherter eine Meistbegünstigung in dem Sinne für sich herleiten, dass ihm ebenfalls eine Startgutschrift nach Maßgabe der Regelungen für [X.] Versicherte zu erteilen sei. Die auf eine Grundentscheidung der Tarifpartner zurückgehenden Übergangsregelungen für [X.] und -ferne Versicherte überschritten nicht den den Tarifvertragsparteien eröffneten Handlungs- und Ermessensspielraum oder die Grenze der verfassungsrechtlich zulässigen Typisierung. Die stichtagsbezogene Übergangsregelung für [X.] berufsständisch versorgte Versicherte erhalte deren bis zum [X.] erworbene Anwartschaften, schaffe für die Betroffenen somit keinen Nachteil und sei deshalb nicht mit gleichheitswidrigen Härten - oder Ungerechtigkeiten verbunden.

Die Übergangsregelung verstoße auch nicht deshalb gegen den Gleichheitssatz, weil [X.] [X.] Versicherte infolge geringerer Abzüge von der Gesamtversorgung höhere Startgutschriften erwerben könnten. Der Gestaltungsspielraum des [X.] sei bei der Gewährung von Vorteilen größer als bei der Benachteiligung von Normadressaten, weil es bei wertender Betrachtung leichter erträglich sei, wenn als Folge einer Typisierung auch Personen in den Genuss von Vorteilen kämen, die ihnen nach dem strengen Zweck der Regelung nicht gebührten, als wenn Personen von Vorteilen ausgeschlossen würden, die ihnen nach dem Zweck der Regelung zukämen.

Schon deshalb wirke sich die vom Kläger gerügte unzureichende Tatsachenfeststellung des [X.] zur Frage, wie viele Versicherte von der behaupteten Ungleichbehandlung betroffen seien, nicht aus. Im Übrigen sei das [X.] zu Recht einer bloßen Beweisanregung des [X.] auf sachverständige Klärung dieser Frage nicht nachgegangen. Der Kläger habe weder konkrete Angaben zur Größe der Gruppe insgesamt gemacht noch konkrete Anhaltspunkte für eine weitergehende Benachteiligung der [X.]n berufsständisch Versicherten im Vergleich zu den [X.]n Pflichtversicherten aufgezeigt. Das gelte auch für das Berufungsverfahren. Dem nunmehr gestellten Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens stünden die §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 1 ZPO entgegen. Der Antrag sei zudem auf eine unzulässige Ausforschung gerichtet.

Eine Härtefallkorrektur sei nicht geboten, weil die jetzige Zusatzrente des [X.] lediglich um nicht ganz 7% (55,22 €) hinter derjenigen [X.], die ihm ohne die Systemumstellung nach altem Satzungsrecht zugestanden hätte.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, soweit das Berufungsgericht auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ausgeschlossen hat.

1. Zutreffend ist es allerdings davon ausgegangen, dass die Bezugnahme auf § 44a [X.] in § 79 Abs. 2 [X.] n.F. nicht zur Unwirksamkeit der Startgutschrift des [X.] führt.

a) Der Senat hat in seinem Urteil vom 24. September 2008 ([X.], [X.], 101) entschieden und im Einzelnen begründet, dass die im Rahmen der Systemumstellung der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes in der [X.] getroffene Übergangsregelung für [X.] Versicherte (§ 32 Abs. 1, 4 Satz 1, § 33 Abs. 2, 4 ff. [X.]; § 78 Abs. 1, 2 Satz 1; § 79 Abs. 2, 4 ff. [X.]) wirksam ist. Daran ist festzuhalten.

Der Senat hat die Berechnungsweise der Startgutschriften [X.]r Versicherter im vorgenannten Senatsurteil (aaO Rn. 29 ff.) im Einzelnen dargelegt und im Ergebnis gebilligt. Darauf wird Bezug genommen.

b) Die mit der Bezugnahme auf § 44a [X.] begründeten Einwände des [X.] gegen diese Startgutschriftenermittlung greifen nicht durch.

Zwar hat das [X.] die Vorschrift des § 18 [X.] in ihrer früheren Fassung für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt ([X.] 98, 365 ff.) und darf auch die der beanstandeten Vorschrift nachgebildete Satzungsbestimmung des § 44a [X.] seit Ablauf der bis zum 31. Dezember 2000 gesetzten Übergangsfrist nicht mehr für die Errechnung von Versicherungsrenten herangezogen werden (vgl. dazu Senatsurteile vom 14. Januar 2004 - [X.], [X.], 453 unter II 1 a und b; 14. November 2007 - [X.], [X.], 127 Rn. 90). Dies führt aber nicht dazu, dass auch der Verweis auf § 44a [X.] in der Übergangsregelung des § 79 Abs. 2 Satz 1 [X.] n.F. als unwirksam erachtet und die Übergangsregelung insgesamt durch eine analoge Anwendung des § 18 Abs. 2 [X.] in der seit dem 1. Januar 2001 geltenden neuen Fassung ersetzt werden muss.

Die Verweisung auf § 44a [X.] in § 79 Abs. 2 Satz 1 [X.] n.F. bezweckt lediglich, den [X.]n Versicherten bei Ermittlung ihrer Startgutschriften eine Untergrenze für ihre bis zur Systemumstellung erdienten [X.]en in Höhe einer nach § 44a [X.] zu errechnenden Versicherungsrente zu garantieren. Insoweit unterscheidet sich die Verweisung von derjenigen des § 80 [X.] (vgl. dazu Senatsurteil vom 29. September 2010 - [X.], juris), die für die Bestimmung der Anwartschaften beitragsfrei Versicherter ausdrücklich auf die "am 31. Dezember 2001 geltende Versicherungsrentenberechnung" und mithin nur auf solche Satzungsbestimmungen verweist, die zum genannten Stichtag gültig waren. Mit der Verweisung in § 79 Abs. 2 Satz 1 [X.] n.F. wird den Versicherten hingegen Vertrauens- und Bestandsschutz gewährt; ihnen soll ungeachtet der Verfassungswidrigkeit der Satzungsbestimmung jedenfalls die danach errechnete [X.] als Mindestbetrag erhalten bleiben. Damit wurde für die [X.]n Versicherten - anders als in der Übergangsregelung für [X.] Versicherte - insbesondere auch dem Umstand Rechnung getragen, dass vor der Systemumstellung eine Verunsicherung über die Anwendbarkeit des § 44a [X.] deshalb eingetreten war, weil die Klausel ungeachtet der Entscheidung des [X.]s zu § 18 [X.] bis zur erst im November 2002 genehmigten - rückwirkenden - Satzungsumstellung auf das neue Betriebsrentensystem zum 31. Dezember 2001 nicht aufgehoben worden war (vgl. dazu Senatsurteil vom 14. November 2007 - [X.], [X.], 127 Rn. 89-95). An einer solchen Bestandsschutzregelung waren die Tarifvertragsparteien und - ihnen folgend - der Satzungsgeber aus Rechtsgründen nicht gehindert, da die Startgutschrift in erster Linie nach Maßgabe des § 40 [X.] zu ermitteln ist, weshalb die Übergangsregelung die Mängel, aus denen heraus das [X.] die Regelungen in § 18 [X.] a.F./§ 44a [X.] beanstandet hat, nicht perpetuiert. Wie das Berufungsgericht zutreffend gesehen hat, hatte das [X.] an der früheren Fassung des § 18 [X.] (und damit mittelbar auch an § 44a [X.]) in erster Linie beanstandet, dass durch die Abkoppelung der Zusatzrentenanwartschaften von den gegebenen Versorgungszusagen im Falle vorzeitigen Ausscheidens eines Versicherten aus dem öffentlichen Dienst Nachteile entstehen konnten, die auch geeignet waren, den Betroffenen vom Wechsel in einen anderen Beruf abzuhalten ([X.] 98, 365, 384 ff., 395 ff.).

Darum geht es bei der Feststellung der bis zum [X.] erworbenen [X.]en nicht. Die in § 79 Abs. 2 Satz 1 [X.] n.F. i.V.m. § 44a [X.] getroffene Mindestregelung kommt gerade Versicherten wie dem Kläger zugute, bei denen infolge einer hohen Grundversorgung im Rahmen der Startgutschriftenerrechnung hohe Abzüge vom Gesamtversorgungsbetrag vorzunehmen sind.

Die Übergangsregelung für [X.] Versicherte schreibt im [X.] das frühere Gesamtversorgungssystem der Beklagten fort, welches von dem Leistungsversprechen geprägt war, mit der Zusatzrente lediglich die Differenz zwischen einer ihrer Höhe nach an den Beamtenpensionen orientierten Gesamtversorgung und der jeweiligen Grundversorgung des Versicherten auszugleichen. Dies hätte im Falle des [X.], dessen für die Startgutschrift maßgebliche Gesamtversorgung sich auf 2.969,52 € belief, während eine Grundversorgung in Höhe von 3.115,72 € in Abzug zu bringen gewesen wäre, bedeutet, dass er zum [X.] keine Anwartschaft auf Zusatzrentenzahlungen erworben gehabt hätte. Lediglich infolge der Mindestbegrenzung aus § 44a [X.] konnte dem Kläger die erwähnte Startgutschrift über 122,50 Versorgungspunkte erteilt werden. Eine verfassungswidrige Benachteiligung liegt darin nicht.

2. Der vom Berufungsgericht erkannte Ausschluss eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG beruht auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage.

a) Die in § 79 Abs. 2 [X.] n.F. geschaffene Übergangsregelung für [X.] Versicherte stützt sich auf eine Grundentscheidung der Tarifvertragsparteien (§ 33 Abs. 2 [X.]; vgl. dazu Kiefer/Langenbrinck, Betriebliche Altersversorgung im öffentlichen Dienst, Stand: 87. EL, April 2013, § 33 [X.] A 1.2). Sie ist an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen (vgl. dazu im einzelnen Senatsurteile vom 14. November 2007 - [X.], [X.], 127 Rn. 28 ff., 58 ff.; vom 24. September 2008 - [X.], [X.], 101 Rn. 25 ff.).

b) Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts lassen eine Entscheidung darüber noch nicht zu, ob sich eine mögliche Ungleichbehandlung [X.] und [X.]r [X.]r Versicherter - nach der Klägerbehauptung insbesondere eine Schlechterstellung von aus Bestandsschutzgründen an sich besser zu stellenden [X.]n gegenüber [X.]n Versicherten - noch im Rahmen einer zulässigen Typisierung bewegt und Art. 3 Abs. 1 GG mithin nicht verletzt ist.

aa) Die vom Kläger beanstandete Übergangsregelung der [X.] hat nach der von der Revision nicht angegriffenen Feststellung des Berufungsgerichts dazu geführt, dass er aktuell eine um ca. 55 € geringere Zusatzrente von der Beklagten bezieht, als sie ihm nach dem früheren Gesamtversorgungssystem zugestanden hätte. Das belegt, dass die Übergangsregelung ihr Ziel, [X.]n Versicherten die nach altem Satzungsrecht erworbenen [X.]en weitgehend zu erhalten, im Falle des [X.] mit lediglich geringen Einschränkungen gewahrt hat.

bb) Dennoch könnte sich ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG daraus ergeben, dass sich die Übergangsregelung für [X.] [X.] Versicherte zum Teil als noch weitaus günstiger erweist, weil ihnen im Rahmen der Startgutschriftenermittlung nicht die voraussichtliche Grundversorgung, sondern lediglich eine im Näherungsverfahren zu ermittelnde fiktive gesetzliche Rente von der Gesamtversorgung abgezogen wird, was zu höheren Startgutschriften führen kann.

(1) Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz folgt - auch für die Tarifvertragsparteien (vgl. dazu [X.], 8, 16 ff.) - das Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln ([X.] 3, 58, 135; seither ständige Rechtsprechung). Das Grundrecht ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache folgender oder sonst sachlich einleuchtender Grund für die jeweilige Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (vgl. [X.] 1, 14, 52; 1, 264, 275 f.; 98, 365, 385; seither ständige Rechtsprechung). Bei einer ungleichen Behandlung von Personengruppen unterliegt der Normgeber in der Regel einer strengen Bindung. Eine unterschiedliche Behandlung ist bereits gleichheitswidrig, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können ([X.] 105, 73, 110; [X.], 835, 837).

(2) Ob die mit einer - bei der Ordnung von Massenerscheinungen und der Regelung hochkomplizierter Materien wie der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst grundsätzlich zulässigen (Senatsurteil vom 14. November 2007 aaO Rn. 62 m.w.N.; [X.] 98, 365, 385; [X.], 835, 837) - Typisierung oder Generalisierung verbundenen Härten und Ungerechtigkeiten hingenommen werden müssen, hängt zum einen von der Intensität der Benachteiligungen und der Zahl der betroffenen Personen ab. Es darf lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betroffen und die Ungleichbehandlung nicht sehr intensiv sein (vgl. [X.] 100, 59, 90; 111, 115, 137). Zum anderen kommt es auf die Dringlichkeit der Typisierung und die mit ihr verbundenen Vorteile an. Dabei ist zu berücksichtigen, wie kompliziert die geregelte Materie ist, welche praktischen Erfordernisse für sie sprechen und wie groß die Schwierigkeiten bei der Vermeidung der Ungleichbehandlung sind (vgl. u.a. [X.] 63, 119, 128; 87, 234, 255 f.; [X.], 835, 837).

(3) Im Grundsatz bestehen gegen die unterschiedliche Behandlung [X.] und [X.]r Versicherter und den für die Unterscheidung maßgeblichen Stichtag in der Übergangsregelung der §§ 33 [X.], 78, 79 [X.] keine rechtlichen Bedenken (vgl. Senatsurteil vom 24. September 2008 - [X.], [X.], 101 Rn. 30). Die unterschiedlichen Übergangsregelungen beruhen auf einer generalisierenden und pauschalierenden Betrachtung (vgl. [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.] Teil VII - Vorbem. zum [X.] Stand Juni 2002 [X.]. 4.2.5 S. 30), die das Ziel verfolgt, den [X.]n Versicherten einen weitergehenden Schutz ihres - deshalb möglichst konkret zu ermittelnden - Besitzstandes zu gewährleisten, während die etwa 1,7 Millionen [X.]n Versicherten es grundsätzlich hinnehmen müssen, dass ihre Startgutschriften im Interesse einer Vereinfachung und Beschleunigung der Systemumstellung mittels weitgehend pauschalierter Parameter ermittelt werden.

(4) Die unterschiedliche Ermittlung der abziehbaren Grundversorgung kann bei beiden Versichertengruppen indes zu Ergebnissen führen, die dem Zweck der Übergangsregelung, [X.]n Versicherten einen weitergehenden Bestandsschutz zu gewährleisten als [X.]n, entgegenstehen. Damit verbundene Härten und Ungerechtigkeiten sind nur so lange hinzunehmen, wie sie lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Versicherten betreffen und die jeweilige Ungleichbehandlung nicht sehr intensiv ist (vgl. [X.] aaO unter Rn. 61; [X.] 100, 59, 90; [X.] ZTR 2008, 374, 375; [X.] aaO). Maßgebend für die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der Übergangsregelung ist nicht, ob sie in einzelnen Fällen zu Benachteiligungen [X.]r Versicherter gegenüber [X.]n führt, vielmehr ist auf die generellen Auswirkungen der Regelung abzustellen (vgl. [X.], 31, 38; 106, 374, 383). Über die Vereinbarkeit der vom Kläger beanstandeten Ungleichbehandlung mit Art. 3 Abs. 1 GG kann deshalb - anders als das Berufungsgericht meint - ohne Klärung der tatsächlichen Auswirkungen der beanstandeten Ungleichbehandlung nicht entschieden werden.

(a) Der Kläger hat vorgetragen, die Übergangsregelung für [X.] Versicherte mit einer berufsständischen Grundversorgung könne zu wesentlich höheren Startgutschriften führen als die Übergangsregelung für [X.] Versicherte, was sich in [X.] von monatlich bis zu 800 € auswirke. Er hat weiter darauf verwiesen, dass bei der Beklagten etwa 35.000 Ärzte versichert seien und weitere Angehörige freier Berufe mit berufsständischen Grundversorgungen hinzukämen. Da dem Kläger die maßgeblichen Daten im Übrigen nicht zugänglich sind, hat er seiner Darlegungslast mit den vorgenannten Angaben zunächst genügt. Im Weiteren trifft die Beklagte eine sekundäre Darlegungslast, weil nur sie in der Lage ist, Auskunft über die Zahl der bei ihr Versicherten mit berufsständischer Grundversorgung, deren Verteilung auf die Gruppen der [X.]n und [X.]n Versicherten und darüber zu geben, in welchem Umfang sich die vom Kläger beanstandete Ungleichbehandlung auf die Zusatzrenten der begünstigten [X.]n Versicherten auswirkt.

(b) Um beurteilen zu können, in welchem Umfang es zu Härten - oder Ungerechtigkeiten kommt, ob sie nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Versicherten betreffen und wie intensiv die jeweilige Ungleichbehandlung ist, müssen die tatsächlichen Auswirkungen der beanstandeten Regelung bekannt sein. Dazu reicht es nicht, die Gruppe der insgesamt ca. 1,7 Millionen [X.]n Versicherten zur - daneben möglicherweise gering erscheinenden - Zahl der Versicherten mit berufsständischer Grundversorgung in Bezug zu setzen, denn die nach Art. 3 Abs. 1 GG gebotene Prüfung ist auch darauf zu erstrecken, ob eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können. Entscheidend ist deshalb, die Gruppe der Versicherten mit einer berufsständischen Grundversorgung in den Blick zu nehmen und danach zu fragen, für wie viele [X.] Versicherte dieser Gruppe und in welchem Umfang sich die Übergangsregelung konkret günstiger auswirkt als die Übergangsregelung für [X.] Versicherte. Dabei darf nicht allein auf die jeweiligen Startgutschriften abgestellt, sondern müssen die am Ende nach dem neuen Punktesystem voraussichtlich zu leistenden Zusatzrenten verglichen werden. Da die Systemumstellung mit weiteren Nachteilen für die Versicherten einhergehen kann, profitieren von der Anwendung des Näherungsverfahrens anstelle der Errechnung der Grundversorgung möglicherweise vorwiegend diejenigen "rentennäheren [X.]n" Versicherten, bei welchen die Startgutschrift die Höhe der Zusatzrente in besonderem Maße beeinflusst. Wie groß diese Gruppe Versicherter ist und in welchem Umfang ihr Vorteile gegenüber [X.]n Versicherten entstehen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Seine diesbezüglichen Ausführungen stützen sich auf eine bloße Vermutung.

(c) Zu Recht wendet sich die Revision gegen die Begründung, mit der das Berufungsgericht bisher von einer weitergehenden Klärung der vorgenannten Fragen abgesehen hat. Es hat ausgeführt, eine mögliche Begünstigung [X.] [X.]r Versicherter sei lediglich eine unbeabsichtigte Nebenfolge der mit dem Näherungsverfahren verbundenen Pauschalierung und der Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien sei bei der Gewährung solcher Vorteile größer als bei einer Benachteiligung von Normadressaten. Im Lichte der Wertentscheidungen des Grundgesetzes erscheine es leichter erträglich, wenn gelegentlich einer Typisierung Personen in den Genuss ihnen - nach dem Regelungszweck - nicht gebührender Vorteile kämen, als wenn Personen von ihnen zustehenden Vorteilen ausgeschlossen würden. Schon deshalb könne in Kauf genommen werden, dass ein "mäßiger Prozentsatz" von Personen solche - nach der Idee der Übergangsregelung zweckwidrigen - Vorteile erlange. Zudem werde der Gestaltungsspielraum des [X.] hier noch dadurch erweitert, dass der Übergangsregelung - gerade auch, soweit diese auf eine Meistbegünstigungsregelung verzichte - eine Grundentscheidung der Tarifvertragsparteien zugrunde liege, deren Kompromisscharakter zu berücksichtigen sei.

(d) All das macht es nicht entbehrlich, im Rahmen der nach Art. 3 Abs. 1 GG gebotenen Abwägung auch die tatsächlichen quantitativen Auswirkungen der beanstandeten Ungleichbehandlung festzustellen. Für seine Annahme, lediglich eine relativ geringe Zahl berufsständisch Versicherter (ein "mäßiger Prozentsatz") erlange Vorteile, die mit dem Grundgedanken der Systemumstellung nicht zu vereinbaren seien, fehlt aber eine ausreichende Tatsachengrundlage, weil weder die Größenordnung der von der Übergangsregelung Begünstigten noch der Umfang der Begünstigungen noch die Größe der in Bezug genommenen, nicht begünstigten Vergleichsgruppe bekannt ist.

Dem wird das Berufungsgericht nach ergänzendem - von der Beklagten im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast geschuldetem - Vortrag nachzugehen haben.

[X.]                                       [X.]                                    Felsch

               [X.]                        [X.]

Meta

IV ZR 47/12

25.09.2013

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Karlsruhe, 7. Februar 2012, Az: 12 U 157/11

Art 3 Abs 1 GG, § 33 ATV, § 78 Abs 1 VBLSa, § 78 Abs 2 VBLSa, § 79 Abs 2 VBLSa, § 79 Abs 4 VBLSa, § 79 Abs 5 VBLSa

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.09.2013, Az. IV ZR 47/12 (REWIS RS 2013, 2438)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2438

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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