Bundessozialgericht, Beschluss vom 08.10.2010, Az. B 8 SO 49/10 B

8. Senat | REWIS RS 2010, 2541

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Gegenstand

Grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage - Klärungsbedürftigkeit und -fähigkeit - Sozialhilfe - Hilfe in anderen Lebenslagen - Bestattungskosten - öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht - Revisibilität von länderrechtlichen Vorschriften


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 25. März 2010 wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag der Klägerin, ihr zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt I, O, beizuordnen, wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Im Streit ist die Übernahme von Bestattungskosten.

2

Die Klägerin veranlasste die Bestattung ihrer im Juni 2006 geschiedenen, [X.] und kinderlos verstorbenen Schwester. Die in Betracht kommenden Erben (Vater, Bruder und Klägerin) haben die Erbschaft ausgeschlagen. Den Antrag der Klägerin auf Übernahme der Bestattungskosten lehnte der Beklagte ab (bestandskräftiger Bescheid vom 13.11.2006; Widerspruchsbescheid vom [X.]). Ein Antrag nach § 44 [X.] - ([X.]) wurde vom Beklagten ebenfalls abgelehnt (Bescheid vom 3.9.2007; Widerspruchsbescheid vom 15.11.2007). Die hiergegen erhobene Klage ist ohne Erfolg geblieben (Urteil des [X.] vom 20.11.2008; Urteil des Landessozialgerichts <[X.]> Berlin-Brandenburg vom [X.]). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das [X.] ausgeführt, die Klägerin sei nach dem [X.] Bestattungsgesetz nicht "verpflichtet" iS des § 74 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - ([X.]II). Zwar sehe § 20 Abs 1 [X.] [X.] Bestattungsgesetz eine öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht der Klägerin vor, sie sei aber nach dem noch lebenden Vater nur nachrangig und damit nicht endgültig zur Kostentragung verpflichtet.

3

Mit der Beschwerde macht die Klägerin eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Der Rechtsstreit werfe die Frage auf, ob "[X.] im Sinne des § 74 [X.]II nicht nur der im Verhältnis zu anderen Bestattungs- oder Kostentragungspflichtigen vorrangig und endgültig Verpflichtete, sondern auch andere, nachrangig Verpflichtete sein können, wenn sie die Kosten der Bestattung zu tragen haben".

4

II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil der von der Klägerin geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 [X.] 1 Sozialgerichtsgesetz ) nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise dargelegt ist. Der [X.] konnte deshalb die Beschwerde ohne Zuziehung [X.] nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG iVm § 169 Satz 3 SGG entscheiden.

5

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss anhand des anwendbaren Rechts unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung - ggf sogar des Schrifttums - angeben, welche Rechtsfrage sich stellt, dass diese Rechtsfrage noch nicht geklärt ist, dass eine Klärung dieser Rechtsfrage aus Gründen der Einheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (= Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen [X.]-1500 § 160a [X.] 74 S 70 mwN).

6

Zwar formuliert die Klägerin eine konkrete Rechtsfrage, die Klärungsbedürftigkeit bzw die Klärungsfähigkeit sind allerdings nicht in der gebotenen Weise dargelegt. Soweit das [X.] eine öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht der Klägerin nach dem [X.] Bestattungsgesetz und deshalb auch die Verpflichtung zur Tragung der Kosten der Bestattung abgelehnt haben sollte, hätte zur Darlegung der Klärungsfähigkeit aufgezeigt werden müssen, dass trotz der Irrevisibilität des Landesrechts (§ 162 SGG) das [X.] (BSG) an einer eigenen Prüfung, ob die Normen des [X.] Landesrechts richtig ausgelegt worden sind (§ 202 SGG iVm § 560 Zivilprozessordnung ), nicht gehindert ist. Hierzu hätte sie vortragen müssen, dass in anderen Bundesländern inhaltlich gleiche landesrechtliche Vorschriften gelten und diese Übereinstimmung nicht zufällig, sondern bewusst und gewollt ist (vgl: [X.]-5920 § 1 [X.] 1; [X.]-5921 Art 1 [X.] 1).

7

Soweit das [X.] von einer nur nachrangigen Verpflichtung iS des § 74 [X.]II ausgegangen sein sollte und im Revisionsverfahren zu klären wäre, unter welchen Voraussetzungen auch ein nachrangig [X.] einen Anspruch nach § 74 [X.]II haben kann, fehlen jegliche Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit. Die Klägerin trägt insoweit nur vor, dass "diese Frage …. durch das BSG bislang nicht entschieden" sei. Schon angesichts der vom [X.] zitierten Entscheidung des [X.]s vom [X.] ([X.], 219 ff = [X.] 4-3500 § 74 [X.] 1) hätte sich die Klägerin aber mit dieser und den vom [X.] dort in Bezug genommenen Entscheidungen des [X.] auseinandersetzen müssen. Zudem setzt die Rechtsfrage nach ihrem Wortlaut voraus, dass der nachrangig Verpflichtete die Kosten der Bestattung zu tragen hat, wovon das [X.] nach dem eigenen Vortrag der Klägerin möglicherweise gerade nicht ausgeht (und deshalb auch die "Verpflichtung" iS von § 74 [X.]II verneint).

8

Da es sich zudem um ein Verfahren nach § 44 [X.] handelt, hätte die Klägerin darlegen müssen, ob der Bedarf (hier Schulden gegenüber dem Bestattungsunternehmen) noch besteht, ggf ob und wie der Bedarf gedeckt worden ist. Nur so ließe sich beurteilen, ob Besonderheiten des Sozialhilferechts der Gewährung von Leistungen nicht entgegenstehen ([X.], 213 ff = [X.] 4-1300 § 44 [X.] 20).

9

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ([X.]) ist ebenfalls abzulehnen. Gemäß § 73a Abs 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung kann [X.] nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dies ist hier - wie oben dargelegt - nicht der Fall.

Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Meta

B 8 SO 49/10 B

08.10.2010

Bundessozialgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: SO

vorgehend SG Neuruppin, 20. November 2008, Az: S 14 SO 105/07, Urteil

§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 162 SGG, § 74 SGB 12, BestattG BB

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 08.10.2010, Az. B 8 SO 49/10 B (REWIS RS 2010, 2541)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2541

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