Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.01.2007, Az. KVR 12/06

Kartellsenat | REWIS RS 2007, 5766

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BUND[X.]SG[X.]RICHTSHOF B[X.]SCHLUSS K[X.]R 12/06 [X.]erkündet am: 16. Januar 2007 [X.] Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstellein der [X.] Nachschlagewerk: ja [X.]Z: ja [X.]R: ja [X.] [X.] 2005 § 70 Abs. 1, § 57 Abs. 1 Wird eine im [X.]erfahren der [X.] ergangene [X.]ntscheidung des [X.] angefochten, ist das Beschwerdegericht nicht gehalten, selbst oder unter [X.]inschaltung des Amtes diejenigen [X.]rhebungen durchzuführen, die im [X.]erwaltungsverfahren schon wegen des engen zeitlichen Rahmens von vornherein nicht in Betracht gekommen wären. [X.] 2005 § 36 Abs. 1, § 19 Abs. 2 Bei der Abgrenzung des relevanten Marktes sind auch Produkte einzubeziehen, die zwar mit anderen auf dem ins Auge gefassten Markt angebotenen Produkten nicht funktionell austauschbar sind, die aber die Grundlage dafür bieten, dass ihr Hersteller bei [X.]orliegen günstiger [X.]bedingungen jederzeit sein [X.] umstellen und ein Konkurrenzprodukt anbieten könnte. [X.]ine solche Ange-botsumstellungsflexibilität kann jedoch nur angenommen werden, wenn die [X.] kurzfristig und mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand erfolgen kann. [X.], [X.]uss vom 16. Januar 2007 [X.] K[X.]R 12/06 [X.] [X.] - 2 - [X.] hat auf die mündliche [X.]erhandlung vom 10. Oktober 2006 durch den Präsidenten des [X.] Prof. Dr. Hirsch, die [X.]orsitzenden [X.] und Prof. [X.] sowie [X.] und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den [X.]uss des 1. Kartellsenats des [X.] vom 15. Juni 2005 wird zurückgewiesen. Die Beteiligte zu 1 hat die Kosten des [X.] einschließlich der zur zweckentsprechenden [X.]rledigung der Angele-genheit notwendigen Auslagen des [X.] zu tragen. Der Wert des [X.] wird auf 7,5 Mio. • festge-setzt. - 3 - Gründe: [X.] Die Beteiligte zu 2 (im Folgenden: [X.]/[X.]) ist ein paritätisches [X.], dessen Geschäftsanteile zu jeweils 50% von der Beteiligten zu 1 (im Folgenden: [X.]) und der Beteiligten zu 3 (im Folgenden: [X.] Germany) gehalten werden. [X.]/[X.] ist seit 1999 Herausgeberin der [X.] Ausgabe der Zeitschrift —National [X.] Die Rechte hatte sie durch einen im Frühjahr 1999 abgeschlossenen Lizenzvertrag erworben. [X.] beabsichtigt, die von [X.] Germany gehaltenen Anteile an dem Gemeinschaftsunternehmen zu er-werben und hat diesen Zusammenschluss dem [X.] angezeigt. 1 2 Das [X.] hat das [X.] untersagt ([X.]/[X.] D[X.]-[X.] 955). [X.]s hat die Zeitschrift —[X.] dem Lesermarkt für Publikumszeitschriften und innerhalb dieses Marktes dem Bereich der populä-ren [X.] zugeordnet. Die entsprechenden Titel zeichneten sich durch einen Schwerpunkt bei anspruchsvoller, authentischer Berichterstattung über fremde Länder und Kulturen oder über Geographie, Natur und Umwelt aus. Auf diesem Markt verfüge [X.] mit den Titeln —[X.], —[X.] und —[X.] über eine überragende Marktstellung, die sich in einem Marktanteil von etwa 75% ausdrücke und die durch den angemeldeten Zusammenschluss noch ver-stärkt werde. Den restlichen Marktanteil teilten sich drei Titel [X.] —Spektrum der Wis-senschaftfi, —Bild der [X.] und —Natur & Kosmosfi [X.] aus den [X.] [X.] und [X.]. - 4 - Nach den [X.]rmittlungen des [X.] stellte sich der Markt der po-pulären [X.] im Jahre 2003 wie folgt dar: 3 Titel [X.]erlag Gründungs-jahr [X.]rscheinungs- weise Auflage Marktanteil in % G[X.]O [X.] 1976 monatlich 380.000 29,8 [X.] [X.] 1978 monatlich 335.000 26,2 National Geographic [X.]/[X.] 1999 monatlich 247.000 19,3 Zwischensumme

962.000 75,3 Spektrum der Wissenschaft v. Holtzbrinck 1978 monatlich 100.500 7,9 Bild der Wissenschaft [X.] 1964 monatlich 114.328 9,0 Natur & Kosmos [X.] 1999 monatlich 100.105 7,8 Zwischensumme

314.933 24,7 Summe 1.276.933 100,0 Das Beschwerdegericht hat die Beschwerden von [X.] und [X.] Germany zurückgewiesen ([X.] [X.]/[X.] D[X.]-R 1501). Hiergegen wendet sich [X.] mit der [X.] vom Senat zugelassenen [X.] Rechtsbeschwerde. Mit ihr erstrebt sie die Aufhebung der angefochtenen [X.]ntscheidung sowie der Untersagungsverfü-gung des [X.]. Das [X.] beantragt, die Rechtsbe-schwerde zurückzuweisen. 4 I[X.] Das Beschwerdegericht hat die [X.]oraussetzungen für eine Untersagung nach § 36 Abs. 1 [X.] bejaht. Zur Begründung hat es ausgeführt: 5 - 5 - Bei der Marktabgrenzung sei mit dem [X.] der sachlich [X.] Markt der populären [X.] zugrunde zu legen, auf dem [X.] über eine überragende Stellung verfüge. [X.]on einem einheitlichen Markt für Zeitschriften der allgemeinen Unterhaltungs- und Informationssegmente könne nicht [X.] werden. [X.]ine Publikumszeitschrift, die sich schwerpunktmäßig mit an-spruchsvollen Themen aus dem Bereich der Wissenschaft befasse, befriedige ein spezielles Informationsinteresse der Leser, das durch Publikumszeitschriften mit anderen Themenschwerpunkten nicht gestillt werde. Auch [X.], [X.] sowie Tageszeitungen, möglicherweise mit [X.]erlagsbeilage, seien, auch wenn sie Wissenschaftsrubriken mit populären Wissenschaftsthemen ent-hielten, mit einer monatlich erscheinenden Wissenszeitschrift nicht austauschbar. 6 7 Das Bedarfsmarktkonzept bedürfe nicht der Modifizierung, um die durch das [X.] betroffenen [X.] zu erfassen. Insbesondere sei nicht erforderlich, ergänzend auf die Produktions- und Ange-botsumstellungsflexibilität abzustellen. Denn im Streitfall sei nicht festzustellen, dass Zeitschriftenverlage kurzfristig und ohne nennenswerte Kosten und Risiken in der Lage seien, ein mit der [X.] Ausgabe von —[X.] ver-gleichbares Magazin herauszubringen. Die Bedeutung des hohen Marktanteils von [X.] auf dem relevanten Markt werde durch Schwankungen der [X.]erkaufszahlen und der Marktanteile der Zeit-schriften —[X.], —[X.] und —[X.] nicht entkräftet. Leichte Schwankungen oder geringfügige [X.]erluste beim Marktanteil stünden einer Markt-beherrschung grundsätzlich nicht entgegen. Dies gelte umso mehr, je höher und dauerhafter der Marktanteil und je größer der Abstand zu den übrigen [X.] sei. Der [X.]erhaltensspielraum von [X.] werde durch [X.] neuer Wettbewerber sowie durch potentielle Wettbewerber in Gestalt jederzeit möglicher [X.] weiterer Anbieter nicht kontrolliert. Ob die erstmals im Jahre 2004 8 - 6 - erschienenen Zeitschriften —[X.], —Z[X.]IT Wissenfi und —[X.] überhaupt dem relevanten Markt zuzurechnen seien, sei fraglich. Sie erschienen nicht mo-natsweise, sondern bislang nur in größeren, teils unregelmäßigen Intervallen. [X.] verfüge im Übrigen über eine derart überlegene Marktstellung, dass sich auch durch die [X.] die [X.]bedingungen nicht wesentlich [X.]. Sie gebe mit —[X.], —[X.] und —[X.] die drei auflagen-stärksten Titel heraus. —[X.] und —[X.] seien bereits seit 1976/1978 auf dem Markt vertreten, so dass eine starke Leser-Blatt-Bindung bestehe. Auch —[X.] habe sich seit der [X.]rstausgabe im [X.] 1999 im Markt mit einer nahezu konstanten Auflagenstärke etabliert. Demgegenüber sei ungewiss, ob und gegebenenfalls in welcher Auflagenstärke sich die genannten Neuerscheinungen am Markt durchsetzen könnten. Das bisherige Marktgeschehen zeige, dass im Hinblick auf die zu überwindenden Marktzutrittsschranken und das damit verbun-dene Risiko nur in einem Umfang mit dem Aufkommen neuer Wettbewerber zu rechnen sei, der die gefestigte Stellung von [X.] nicht in nennenswerter Weise beeinträchtige. Durch den angemeldeten Anteilserwerb würde die überragende Marktstel-lung von [X.] abgesichert, gefestigt und damit weiter verstärkt. Während derzeit die geschäftsführende Komplementärin des [X.] durch den paritätisch besetzten Beirat beaufsichtigt werde und viele Maßnahmen der Geschäftsführung der einstimmigen oder mehrheitlichen Zustimmung bedürften, würde [X.]/[X.] nach dem angemeldeten Zusammenschluss allein von [X.] kon-trolliert und beherrscht. Auch dieser verhältnismäßig geringfügige [X.]orteil reiche aus, um die Marktstellung von [X.] weiter zu festigen. 9 - 7 - II[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde ha-ben keinen [X.]rfolg. Mit Recht hat das [X.] die Beschwerden gegen die Untersagungsverfügung des [X.] zurückgewiesen. 10 1. Das [X.]orliegen eines Zusammenschlusstatbestandes steht außer Streit. Zutreffend ist das [X.] davon ausgegangen, dass der Tatbestand ei-nes Kontrollerwerbs nach § 37 Abs. 1 Nr. 2 [X.] erfüllt ist. 11 12 2. Ohne [X.]rfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Annahme des [X.], durch den angemeldeten Zusammenschluss werde eine be-reits bestehende marktbeherrschende Stellung von [X.] verstärkt. 13 a) Das Beschwerdegericht hat den sachlich relevanten Markt auf den Le-sermarkt für populäre [X.] begrenzt. Zu diesem Markt hat es außer den von [X.] herausgegebenen Zeitschriften —[X.], —[X.] und —[X.] die Zeitschriften —Spektrum der [X.], —Bild der [X.] und —Natur & Kosmosfi gerechnet, während es die übrigen Publikumszeitschriften (vgl. zum Begriff: [X.], Urt. v. 10.2.1987 [X.] KZR 6/86, [X.]/[X.] 2360 [X.] Freundschafts-werbung; BKartA [X.]/[X.] BKartA 1921, 1924) nicht in den relevanten Markt [X.] hat. [X.]) Das Beschwerdegericht ist bei seiner Beurteilung davon ausgegangen, dass dem relevanten ([X.] alle Produkte zuzurechnen sind, die aus der Sicht der Nachfrager nach [X.]igenschaft, [X.]erwendungszweck und Preislage zur Deckung eines bestimmten Bedarfs austauschbar sind ([X.]Z 160, 321, 326 [X.] Staubsaugerbeutelmarkt, m.w.N.). Danach sei es gerechtfertigt, den Lesermarkt für populäre [X.] als sachlich relevanten Markt anzusehen. Dieser 14 - 8 - Markt umfasse Zeitschriften, die sich durch eine anspruchsvolle, authentische, bildreiche Berichterstattung über fremde Länder und Kulturen oder über Geogra-phie, Natur und Umwelt auszeichnen. Der Bedarf nach solchen Wissensmagazi-nen werde nicht in vergleichbarer Weise durch andere Zeitschriften und Zeitungen gedeckt. Diese tatrichterlichen Feststellungen lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Die Abgrenzung des maßgebenden Marktes obliegt in erster Linie dem Tatrichter, da sie wesentlich von den [X.] tatrichterlich festzustellenden [X.] tatsächlichen Gege-benheiten des Marktes abhängt. Sie kann vom Rechtsbeschwerdegericht nur [X.] überprüft werden ([X.]Z 92, 223, 238 [X.] [X.]/[X.]; [X.], [X.]. v. 7.11.2006 [X.] K[X.]R 28/05, [X.]. 3 [X.] [X.]/K[X.]S S[X.]rlouis II). Im Streitfall beruhen die getroffenen Feststellungen auf einer ausreichenden Prüfung der Umstände, wobei die Mitglieder des Senats des [X.] ebenso wie die Mitglieder der [X.]ussabteilung des [X.] zu dem [X.] gehören und die erforderlichen Feststellungen daher auch aufgrund eigener Lebenserfahrung selbst treffen konnten (vgl. [X.], [X.]. v. 22.9.1987 [X.] K[X.]R 5/86, [X.]/[X.] 2433, 2437 [X.] [X.]/[X.]I). Auch das [X.]orbringen der Beschwerdeführerinnen gab dem Beschwerdegericht keinen An-lass zu weiteren [X.]rmittlungen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass [X.] durch [X.]erkehrsbefragungen im Rahmen der [X.], bei der eine [X.]ntscheidung innerhalb weniger Monate ergehen muss (§ 40 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 [X.]), im Allgemeinen nicht in Betracht kommen. Die [X.]rmittlungen des Amtes sind vielmehr in der Regel auf Unterlagen und Informatio-nen gerichtet, die bei den im fraglichen Markt tätigen Unternehmen erhoben wer-den können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die [X.]ussabteilungen des [X.] regelmäßig über eine besondere Sachkunde hinsichtlich der [X.]erhältnisse in der fraglichen Branche verfügen, die es ihnen gestattet, auch ohne (zeit-)aufwendige [X.]erkehrsbefragungen zu entscheiden. Die sich aus der Fristge-15 - 9 - bundenheit erklärende Beschränkung der [X.] ist im gericht-lichen Beschwerdeverfahren nicht aufgehoben. Auch wenn das Gesetz für die Be-schwerdeentscheidung keine Fristen vorsieht, ist das Beschwerdegericht nicht gehalten, nunmehr selbst oder unter [X.]inschaltung des Amtes diejenigen [X.]rhebun-gen durchzuführen, die im [X.]erwaltungsverfahren schon wegen des engen zeitli-chen Rahmens von vornherein nicht in Betracht gekommen wären. 16 [X.]) [X.]ntgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist es aus [X.] nicht zu beanstanden, dass [X.] und [X.] ihm folgend [X.] Beschwer-degericht im Streitfall nicht von einem Bedarfsmarkt für allgemein unterhaltende, informierende Publikumszeitschriften ausgegangen sind. Bei —[X.] handelt es sich um eine sogenannte —Special-Interestfi-Zeitschrift, die durch fachkundige Beiträge sowie durch eine aufwendige Bebilderung über komplexe wissenschaftliche Themen in einer allgemeinverständlichen Weise informiert. Der-artige Zeitschriften sind mit ihrem redaktionellen Angebot thematisch gerade auf spezifische Interessenbereiche ausgerichtet. Wesentlich für den Kauf einer [X.] Zeitschrift ist in der Regel der jeweilige thematische Bild- und [X.] (vgl. [X.] 1983, 285, insoweit nicht durch [X.]Z 92, 223 [X.] [X.]/ [X.] beanstandet). [X.]s ist deshalb anerkannt, dass innerhalb des Marktes der Publikumszeitschriften solche Titel eigene Teilmärkte bilden (vgl. [X.]uropäische [X.], [X.]. [X.], Fall Nr. [X.]/M 3648 [X.]. 10 [X.] [X.]/ [X.]; [X.] 1983, 285; Möschel in [X.]/Mestmäcker, [X.], 3. Aufl., § 19 Rdn. 30; ferner Ruppelt in [X.]/Bunte, Kartellrecht, 10. Aufl., § 19 [X.] Rdn. 22; [X.], [X.], 4. Aufl., § 19 Rdn. 13). Dieser Marktabgrenzung kann nicht mit [X.]rfolg entgegengehalten werden, dass es [X.] woran an sich kein Zweifel besteht [X.] auch Käufer gibt, die vor dem [X.]r-werb einer Zeitschrift [X.] etwa vor einer längeren Bahnfahrt [X.] noch unentschieden sind, auf welche Art von Zeitschrift und auf welchen Themenbereich sich ihr Nach-17 - 10 - frageinteresse richtet (vgl. [X.] 1983, 285, 286). Dieser Umstand ändert nichts daran, dass [X.] wie das Beschwerdegericht ohne Rechtsfehler festgestellt hat [X.] die meisten Käufer von populären [X.] gerade durch die ihrem be-sonderen Interesse entsprechenden Themenschwerpunkte angesprochen werden. Hierfür spricht nicht zuletzt die vom Beschwerdegericht festgestellte hohe Leser-Blatt-Bindung. Sie wird nicht dadurch widerlegt, dass die [X.]erkaufszahlen der [X.] aus dem Hause [X.] [X.] wie im Beschwerdeverfahren vorgetragen [X.] erheblichen Schwankungen unterliegen. Denn diese Schwankungen betreffen le-diglich den [X.]inzelverkauf, nicht aber den in diesem Bereich besonders wichtigen Abonnementabsatz. Die große Bedeutung des Abonnementabsatzes lässt sich beispielsweise für das [X.] einem [X.]ergleich der von [X.] vorgetragenen Zahlen des [X.]inzelverkaufs mit der oben wiedergegebenen verkauften Auflage entnehmen: Während die verkaufte Auflage der drei [X.] aus dem Hause [X.] im Jahre 2003 bei 380.000 (G[X.]O), 335.000 ([X.]) und 247.000 ([X.]) lag, wurden in diesem Zeitraum nach der von [X.] vorgelegten Aufstellung von keiner Ausgabe mehr als 100.000 (G[X.]O), 120.000 ([X.]) und 110.000 ([X.]) im [X.]inzelverkauf abgesetzt. Für die Abgrenzung des sachlichen Lesermarktes von Zeitschriften gelten keine anderen Grundsätze als die, die für die Abgrenzung des sachlichen Marktes von Konsumgütern heranzuziehen sind. Abzustellen ist danach auf die funktionelle Austauschbarkeit der fraglichen Güter aus der Sicht der (potentiellen) Kunden, die diese Güter zur Deckung eines spezifischen Bedarfs nachfragen (vgl. [X.], [X.]. v. 16.12.1976 [X.] K[X.]R 2/76, [X.]/[X.] 1445, 1447 [X.] [X.]alium I, insoweit nicht in [X.]Z 68, 23; [X.]Z 92, 223, 238 [X.] [X.]/[X.]). Auch bei der Abgren-zung der Zeitungs- und Zeitschriftenmärkte kommt es maßgeblich darauf an, [X.] Produkte bei der Kaufentscheidung als zur Befriedigung gleicher Bedürfnisse geeignet in Betracht gezogen werden (vgl. [X.]Z 82, 1, 5 [X.] Zeitungsmarkt Mün-chen). Auf den Wettbewerb um noch nicht entschiedene Käufer, die noch nicht 18 - 11 - wissen, zur Befriedigung welchen Interesses sie ihr Geld ausgeben wollen, kann regelmäßig nicht abgestellt werden, weil die [X.]wirkungen, die von [X.] Nachfragern ausgehen, regelmäßig als gering einzustufen sind; hierbei [X.] es sich um Wirkungen eines Substitutionswettbewerbs, die erst bei der Frage der Marktbeherrschung zu berücksichtigen sind (vgl. [X.]Z 82, 1, 5 [X.] Zeitungs-markt [X.]). 19 [X.]) [X.] ist allerdings einzuräumen, dass das allein auf das Nachfrageverhalten der Marktgegenseite abstellende Bedarfsmarktkonzept eines Korrektivs bedarf. Die Marktabgrenzung dient dem Ziel, die [X.]-kräfte zu ermitteln, denen die beteiligten Unternehmen ausgesetzt sind ([X.]Z 156, 379, 384 [X.] Strom und [X.]; [X.], [X.]. v. 7.2.2006 [X.] K[X.]R 5/05, [X.]/[X.] D[X.]-R 1681 [X.]. 29 [X.] [X.], zur [X.]eröffentlichung in [X.]Z 166, 165 vorgesehen). Denn für die Frage, ob ein Unternehmen über eine [X.] Stellung verfügt, kommt es entscheidend darauf an, ob die [X.]erhal-tensspielräume dieses Unternehmens hinreichend durch den Wettbewerb kontrol-liert werden. Würde ausschließlich auf das vorgefasste, am konkreten Bedarf ori-entierte Kaufinteresse der Marktgegenseite abgestellt, müssten häufig extrem kleinteilige Märkte gebildet werden, weil der konkrete Bedarf [X.] etwa der Bedarf nach einem [X.] der Größe 48 [X.] durch einen gleichartigen, aber doch in einem für den Nachfrager entscheidenden Punkt unterschiedlichen Gegenstand [X.] etwa durch einen [X.] der Größe 46 [X.] nicht befriedigt werden kann (vgl. die zahlreichen treffenden Beispiele bei [X.], [X.] 2004, 1, 3 f. [X.]. 2 bis 8). Dem trägt die Praxis durch das Konzept der [X.] Rech-nung (vgl. dazu auch [X.]Z 160, 321, 326 [X.] Staubsaugerbeutelmarkt; Bekannt-machung der [X.] über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des [X.]rechts der Gemeinschaft, [X.], [X.], [X.]. 20). [X.]s be-ruht auf der [X.]rkenntnis, dass ein die [X.]erhaltensspielräume kontrollierender Wett-bewerb auch von Anbietern ähnlicher Produkte ausgeht, die ihr Angebot kurzfristig - 12 - umstellen können, um eine bestehende Nachfrage zu befriedigen. Mit diesem Konzept lässt es sich begründen, dass auch in der [X.]erlagsbranche teilweise Marktabgrenzungen vorgenommen werden, die sich allein mit dem [X.] nicht mehr erklären lassen (vgl. hinsichtlich des Marktes für Taschenbü-cher KG [X.]/[X.] OLG 2825, 2832 sowie hinsichtlich der juristischen Fachliteratur BKartA [X.]/[X.] D[X.]-[X.] 191). So hätte beispielsweise ein Schuhhersteller, der [X.] als seine Wettbewerber nicht nur Schuhe bis zur Größe 46, sondern auch darüber hinaus herstellt, möglicherweise keine marktbeherrschende Stellung, weil sein [X.]erhaltensspielraum durch Wettbewerber eingeschränkt wäre, die ihr [X.] jederzeit und ohne größeren Aufwand auf Schuhe der Größe 48 erweitern könnten. 20 Im Rahmen der Marktabgrenzung kann eine mögliche Angebotsumstellungs-flexibilität allerdings nur dann Berücksichtigung finden, wenn die Anbieter ähnli-cher Produkte bereit und in der Lage sind, ihre Produktion kurzfristig und mit wirt-schaftlich vertretbarem Aufwand umzustellen. [X.]ine solche Flexibilität hat das Be-schwerdegericht im Streitfall rechtsfehlerfrei verneint. Zwar zeigen die im Be-schwerdeverfahren vorgetragenen Beispiele (—[X.], —Z[X.]IT Wissenfi, —[X.]), dass Herausgeber von Publikumszeitschriften sowie von Tages- und Wochenzeitungen immer wieder [X.]ersuche unternehmen, in den Markt der [X.] vorzudringen. Doch sind derartige [X.]orstöße, wie das Beschwerde-gericht ohne Rechtsfehler festgestellt hat, nicht kurzfristig möglich und im Übrigen mit derart hohen Kosten verbunden, dass die Produkte derjenigen [X.]erlagshäuser, die für einen solchen [X.]orstoß in Betracht kommen [X.] im Streitfall vor allem die [X.] überregionalen Tages- und Wochenzeitungen, die über eine eigene Wissen-schaftsredaktion verfügen [X.] nicht in den sachlichen Markt einbezogen werden können. Die im Beschwerdeverfahren vorgetragenen [X.]orstöße von [X.] können unter diesen Umständen nur in der Weise berücksichtigt werden, dass die konkreten Projekte [X.] je nach Realisierungsstand [X.] dem relevanten Markt [X.] 13 - zugerechnet werden. Dagegen kann die in den [X.]orstößen zum Ausdruck kom-mende latente Neigung anderer [X.]erlagshäuser, neue [X.] auf den Markt zu bringen, lediglich im Rahmen der Bewertung der Marktzutrittsschranken und des potentiellen [X.] und damit erst bei der Frage der Marktbeherr-schung berücksichtigt werden. b) Auf dem hiernach allein relevanten Lesermarkt für populäre [X.] hat [X.] eine marktbeherrschende Stellung inne. Nach den nicht beanstan-deten Feststellungen des [X.] betrug der Marktanteil der von ihr (mit-)herausgegebenen Titel —[X.], —[X.] und —[X.] im Jahre 2003 etwa 75%. Diesem hohen Marktanteil kommt nicht nur wegen seiner absolu-ten Größe, sondern auch deswegen eine besondere Bedeutung zu, weil der [X.] zu den Wettbewerbern beträchtlich ist. Auch wenn das Beschwerdegericht die Marktanteile nicht erneut unter Berücksichtigung der noch in der [X.]rprobungs-phase befindlichen Neuerscheinungen ermittelt hat, ist die Annahme nicht zu [X.], [X.] verfüge auf dem Markt der populären [X.] über ei-ne überragende Marktstellung. Diese Marktstellung des [X.]erlagshauses [X.], das nach den Feststellungen des [X.] 125 Zeitschriften und Zeitungen mit einem Umsatz von insgesamt 2,5 Mrd. • herausgibt, wird durch finanzielle Ressourcen abgesichert, die denen der Konkurrenz überlegen sind und durch die Wettbewerber davon abgehalten werden, [X.] mit einem ähnlichen Produkt wie —[X.] oder —[X.] Konkurrenz zu machen. 21 Diese Marktstellung von [X.] auf dem relevanten Markt wird durch die oben beschriebene latente Neigung großer Zeitungsverlage, ihre Ressourcen im Be-reich des Wissenschaftsjournalismus zu nutzen, um neue [X.] auf den Markt zu bringen, nicht in entscheidender Weise relativiert. Dabei ist zu be-rücksichtigen, dass diese [X.]orstöße vor allem die [X.] betreffen, die sich durch ein breites Spektrum populärwissenschaftlicher Beiträge aus den [X.] - 14 - reichen der Naturwissenschaft und der Technik auszeichnen. Aus dem Hause [X.] gehört hierzu in erster Linie die Zeitschrift —[X.]. Die beiden Titel —[X.] und —[X.], mit denen allein [X.] bereits einen Marktanteil von nahezu 50% erreicht, nehmen demgegenüber mit ihren auf das Leserinteresse an (frem-den) Landschaften und Kulturen gerichteten Reise- und [X.]xkursionsberichten so-wie mit besonders aufwendigen Fotostrecken eine Sonderstellung unter den [X.]n ein, die durch den potentiellen Wettbewerb, der von weiteren [X.]n der Zeitungsverlage der in Rede stehenden Art (—[X.], —Z[X.]IT Wissenfi, —[X.]) ausgehen könnte, nicht gefährdet wird. 23 c) Das Beschwerdegericht hat angenommen, dass der Zusammenschluss eine [X.]erstärkung der marktbeherrschenden Stellung von [X.] auf dem Markt für populäre [X.] erwarten lässt (§ 36 Abs. 1 [X.]), weil ihre überra-gende Marktstellung durch den [X.]rwerb des von [X.] Germany gehaltenen Anteils an dem Gemeinschaftsunternehmen weiter gesichert und gefestigt wird. Auch das rügt die Rechtsbeschwerde ohne [X.]rfolg. Ob ein beabsichtigter Zusammenschluss die [X.]rwartung begründet, dass eine schon bestehende marktbeherrschende Stellung verstärkt wird, ist aufgrund eines [X.]ergleichs der [X.]lage, wie sie vor der [X.]erwirklichung des [X.]orhabens besteht, und der nach dem Zusammenschluss wahrscheinlich eintretenden [X.]nt-wicklung festzustellen ([X.]Z 71, 102, 117 [X.] [X.]; [X.], [X.]. v. 6.3.2001 [X.] K[X.]R 18/99, [X.]/[X.] D[X.]-R 668, 670 [X.] [X.]). [X.]ntgegen der von [X.] geäußerten Ansicht ist nach ihrem eigenen [X.]orbringen und den ver-fahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen des [X.] eine solche [X.]rwartung begründet. 24 [X.]) Der beabsichtigte [X.]ollerwerb des [X.] führt zu einer [X.]erstärkung der Stellung von [X.] in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht. 25 - 15 - Derzeit stellt sich die Situation so dar, dass [X.] und [X.] Germany jeweils einen Geschäftsanteil von 50% an dem Gemeinschaftsunternehmen haben. Die ge-schäftsführende Komplementärin wird durch den paritätisch besetzten Beirat [X.]. Zudem bedarf eine [X.]ielzahl von Geschäftsführungs- und sonstigen Maßnahmen der einstimmigen oder mehrheitlichen Zustimmung des [X.]. Nach dem beabsichtigten Anteilserwerb scheidet [X.] Germany aus dem [X.] aus. Keine geschäftsführende oder sonstige Maßnahme [X.] dann der Zustimmung von [X.] Germany. Rechtsfehlerfrei ist das Beschwer-degericht davon ausgegangen, dass hierdurch [X.] [X.]erhaltensspielräume eröffnet werden, die sie aufgrund der teilweise gegenläufigen Interessenlage bisher nicht nutzen konnte. Denn [X.] Germany hat [X.] anders als [X.] [X.] keinen Anlass, auf die [X.] aus dem Hause [X.] [X.] vor allem —[X.], aber auch —[X.] [X.] Rück-sicht zu nehmen. Dabei ist ohne entscheidende Bedeutung, dass [X.] wie die Rechtsbeschwerde geltend macht [X.] [X.] Germany ihre [X.]influssmöglichkeiten in der [X.]ergangenheit nicht oder nicht spürbar ausgenutzt hat. [X.]s genügt insoweit, dass sie diese Rechte ausüben könnte, und zwar insbesondere immer dann, wenn geplante Maßnahmen der Geschäftsführung ihrem Interesse zuwiderlaufen. [X.]) [X.]s ist zu erwarten, dass [X.] durch die genannten rechtlichen und fakti-schen [X.]influssmöglichkeiten ihre marktbeherrschende Stellung auf dem Leser-markt für populäre [X.] verstärken wird. Auch [X.] verkennt nicht, dass es zur Annahme einer solchen [X.]erstärkungswirkung nicht der Ausweitung der bestehenden Marktanteile bedarf ([X.]Z 82, 1, 10 [X.] Zeitungsmarkt [X.]; [X.] [X.]/[X.] D[X.]-R 668, 673 [X.] [X.]; [X.]. v. 21.12.2004 [X.] K[X.]R 26/03, [X.]/[X.] D[X.]-R 1419, 1424 [X.] Deutsche Post/trans-o-flex). Insbesondere ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kein Ressourcenzuwachs bei dem Gemeinschaftsunternehmen erforderlich. [X.]s genügt vielmehr, dass der [X.] überhaupt eine [X.] wenngleich geringe [X.] [X.]erbesserung der Wett-bewerbssituation für [X.] nach sich ziehen kann, wobei nach der ständigen Recht-26 - 16 - sprechung des Senats die zu erwartenden [X.]orteile um so geringeres Gewicht ha-ben müssen, je stärker die Marktstellung des betroffenen Unternehmens bereits vor der beabsichtigten Aufstockung der Beteiligung gewesen ist; denn gerade dann gilt es, bestehenden Restwettbewerb zu schützen und potentiellen Wettbe-werb nicht zu entmutigen ([X.] [X.]/[X.] D[X.]-R 668, 673 [X.] [X.]; [X.]/[X.] D[X.]-R 1419, 1424 [X.] Deutsche Post/trans-o-flex). Da [X.] auf die darge-stellten gegenläufigen Interessen von [X.] Germany keine Rücksicht zu nehmen bräuchte, ist im Falle des Zusammenschlusses zu erwarten, dass [X.] Strategie- und Marketingentscheidungen träfe, die —[X.] in eine umfassende Geschäftspolitik einordnen würden (vgl. [X.]Z 71,102, 123 [X.] [X.]). 27 [X.]ntgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde stehen dieser Prognose die lizenzvertraglichen Regelungen nicht entgegen, die [X.] verpflichten, —[X.] —nach besten Kräften zu vermarktenfi. Das Beschwerdegericht weist zu Recht darauf hin, dass auch im Rahmen der lizenzvertraglichen [X.]orgaben [X.] und [X.]ntscheidungsspielräume bestehen und dass eine solche [X.]erpflich-tung nicht bedeutet, dass die [X.]ermarktung gegebenenfalls zum Schaden des ei-genen Unternehmens zu erfolgen hat. [X.]) Unter den gegebenen Umständen kann offenbleiben, ob [X.] wie das Be-schwerdegericht gemeint hat [X.] die marktbeherrschende Stellung von [X.] auch dadurch verstärkt wird, dass (potentielle) Wettbewerber durch den angemeldeten Zusammenschluss abgeschreckt und entmutigt werden. Dies mag im Hinblick [X.] zweifelhaft erscheinen, dass in der [X.]ergangenheit von der Beteiligung von [X.] Germany am Gemeinschaftsunternehmen offenbar kaum wettbewerbliche Impulse ausgegangen sind. 28 - 17 - I[X.]. Danach ist die Rechtsbeschwerde von [X.] zurückzuweisen. Die Kostenent-scheidung beruht auf § 78 Satz 2 [X.]. [X.]

[X.] [X.]orinstanz: [X.], [X.]ntscheidung vom 15.06.2005 - [X.] ([X.]) -

Meta

KVR 12/06

16.01.2007

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.01.2007, Az. KVR 12/06 (REWIS RS 2007, 5766)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5766

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