Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.10.2004, Az. KVR 14/03

Kartellsenat | REWIS RS 2004, 1350

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS KVR 14/03 Verkündet am: 5. Oktober 2004 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der [X.] Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja
Staubsaugerbeutelmarkt [X.] § 19 Abs. 2, § 36 Abs. 1, § 130 Abs. 2 Der räumlich relevante Markt im Sinne der [X.] nach dem Gesetz gegen [X.]beschränkungen ist nach ökonomischen [X.] abzugrenzen. Dieser Markt ist daher nicht notwendig auf den Geltungsbe-reich des Gesetzes beschränkt (Aufgabe von [X.] 131, 107 [X.] [X.]). Hat ein Unternehmen auf dem in dieser Weise abgegrenzten Markt eine beherr-schende Stellung, kommt ihm auch in jedem Teilgebiet dieses Marktes eine be-herrschende Stellung zu. [X.], Beschluß vom 5. Oktober 2004 [X.] KVR 14/03 [X.] [X.] - 2 - Der [X.] hat auf die mündliche Ver- handlung vom 13. Juli 2004 durch den Präsidenten des [X.] Prof. Dr. [X.] und [X.] Dr. Goette, [X.], Prof. [X.] und Dr. Raum beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des [X.] wird der Beschluß des Kartellsenats des [X.] vom 30. April 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen. Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 2.121.861,30 • (= 4,15 Mio. DM) festgesetzt. Gründe: [X.] Die Beteiligte zu 1 (im folgenden: [X.]) und die Beteiligte zu 2 (im folgenden: [X.] Beteiligungsgesellschaft) gehören als Holdinggesellschaften zur [X.] [X.] KG (nachfolgend: [X.]), einer be-deutenden [X.] Unternehmensgruppe für die Herstellung und den Vertrieb - 3 - von Haushaltsprodukten wie [X.], Haushaltsfolien und -tüchern, Gefrier-, Müll- und [X.], aber auch von Kaffee und Kaffeemaschinen. Die [X.] erzielte 1999 einen konsolidierten weltweiten Umsatz in Höhe von 2,125 Mrd. DM, davon 1,716 Mrd. DM in der [X.] und 1,206 Mrd. DM im Inland. Die [X.] und die [X.] Beteiligungsgesellschaft produzieren über drei Tochtergesellschaften Staubsaugerbeutel. Derartige Beutel werden von den Herstellern, so auch von den Unternehmen der [X.], auf drei verschie-denen Wegen abgesetzt: erstens über die [X.], die diese mit ihrer ([X.] versehenen Beutel teilweise als Erstausrüstung verwen-den, teilweise an den Elektrofachhandel und teilweise direkt an Endverbraucher abgeben, zweitens über die Sortimentsanbieter, die unter ihrer eigenen [X.] an den Einzelhandel vertreiben, und drittens über den Einzelhandel, der seinerseits die Staubsaugerbeutel entweder unter einer eigenen Handelsmarke oder unter der Marke des [X.] an End-verbraucher vertreibt. In [X.] bringt die [X.] die von ihr herge-stellten und an die Händler vertriebenen Staubsaugerbeutel u.a. unter der Marke —[X.] in den Verkehr. Der Umsatz der [X.] mit [X.] betrug 1999 in Westeuropa ([X.] und [X.]) 182,5 Mio. DM. Die Beteiligte zu 3 (im folgenden: [X.]) ist ein in [X.] ansässiges Unternehmen, das ebenso wie die Papierindustrie [X.] (im folgenden: [X.]) zur [X.] [X.] gehört. Die [X.] ist über verschiedene Holdinggesellschaften (darunter die Beteiligten zu 4 und zu 5) in vollständigem Besitz der Familie Schultink, der auch die Beteiligten zu 6 und zu 7 angehören. Die Unternehmen der [X.], die im operativen Geschäft tätig sind, produzieren und vertreiben ausschließlich Staubsaugerbeutel, die sie an Gerätehersteller und außerhalb [X.]s auch an den Einzelhandel liefern. - 4 - [X.] [X.] speziell zu diesem Zweck von der [X.] gegründet [X.] aufgrund eines langfristigen Liefervertrages ausschließlich den [X.]. Die Umsätze der [X.] lagen im letzten Geschäfts-jahr vor der Anmeldung bei 59 Mio. DM weltweit und bei 52,1 Mio. DM in Westeu-ropa. Von den Umsätzen in Westeuropa entfielen 34,5 Mio. DM auf [X.] und 17,6 Mio. DM auf [X.]. Die Umsätze von [X.] sind nur zu einem geringen Teil (0,8 Mio. DM), diejenigen von [X.] zu einem erheblichen Teil (14,1 Mio. DM) in [X.] erwirtschaftet worden. Mit Schreiben vom 28. Januar 2000 meldete die [X.] beim Bundes-kartellamt die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens zwischen der [X.] Beteiligungsgesellschaft (oder einer ihrer Tochtergesellschaften) sowie der [X.] und der Papierindustrie [X.] an, in das die operativen Staubsau-gerbeutelaktivitäten (ohne Vertrieb) der beiden Unternehmensgruppen [X.] werden sollten. Der Zusammenschluß sollte in der Weise vollzogen wer-den, daß die [X.] Beteiligungsgesellschaft 60% der Geschäftsanteile der [X.] übernehmen sollte. Diese sowie die bei den bisherigen Eigentümern ver-bliebenen Anteile sollten sodann mit verschiedenen Einheiten der [X.] aus dem [X.] in ein zu gründendes Gemeinschaftsunter-nehmen eingebracht werden, an dem die [X.] 20% und die [X.] 80% halten sollten. In einer zwischen der Schultink- und der [X.] geschlossenen [X.] vom 30. Juli 1999 ist festgelegt, daß die beiden Hauptgesellschafter der [X.], die Beteiligten zu 6 und zu 7, jeweils für mindestens fünf Jahre als Geschäftsführer des [X.] tätig werden sollen. Ferner sind der Beteiligte zu 6 und der Beteiligte zu 7 für jeweils mindestens fünf Jahre als Präsident bzw. Geschäftsführer von [X.] vorgesehen. - 5 - Nachdem das [X.] den Beteiligten die beabsichtigte Untersa-gung des Zusammenschlußvorhabens mit Schreiben vom 23. Mai 2000 angekün-digt hatte, erklärten die Beteiligten gegenüber dem [X.], daß die Papierindustrie [X.] nicht mehr an der Gründung des [X.] beteiligt sein werde. Mit Beschluß vom 21. Juni 2000 hat das [X.] [X.] ungeachtet des Ausscheidens von [X.] aus dem Zusammenschlußvorhaben [X.] den Beteiligten die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens zwischen der [X.] Beteili-gungsgesellschaft bzw. einem ihrer Tochterunternehmen und der [X.] sowie den Erwerb von 20% der Anteile und den hiermit verbundenen Sonderrech-ten an dem zu gründenden Gemeinschaftsunternehmen durch die Gesellschafter und/oder Unternehmen der [X.] untersagt ([X.]). Es ist dabei von einem einheitlichen sachlichen Markt ausgegangen, in dem die Staubsaugerbeutelhersteller ihre Produkte anbieten, hat also nicht nach den Abnehmerkreisen [X.] den Geräteherstellern auf der einen und dem Sortiments- und Einzelhandel auf der anderen Seite [X.] differenziert. Den räumlich relevanten Markt hat das [X.] in der Weise abgegrenzt, daß es ökonomisch von einem die [X.] und die [X.] umfassenden west[X.] Markt ausgegangen ist. Hiervon zu trennen sei der rechtlich relevante Markt, der nach der [X.]-Entscheidung des [X.] auf den Gel-tungsbereich des Gesetzes beschränkt sei. Allerdings seien für die Beurteilung der Marktstellung in diesem Markt die Verhältnisse auf dem [X.] Markt in die Betrachtung einzubeziehen. Das [X.] hat ausführlich begründet, weshalb die [X.] in diesem Markt über eine überragende Marktstellung verfüge. Es hat sich dabei in erster Linie auf eine Marktanteilsbetrachtung, auf die Finanzkraft sowie auf den Zugang zu den Absatzmärkten bezogen und ausge-führt, daß diese Stellung auch durch potentiellen Wettbewerb nicht hinreichend - 6 - kontrolliert werde. Im Inland verfüge die [X.] über einen Marktanteil von 59,1%, der sich durch den angemeldeten Zusammenschluß (ohne [X.]) ge-ringfügig auf 59,5% erhöhe. Im ökonomischen Markt Westeuropa liege der [X.] der [X.] vor dem Zusammenschluß bei 47,7% und erhöhe sich durch den Zusammenschluß um den Marktanteil von [X.] auf 56,8%. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 7 hat das [X.] die Untersagungsverfügung des [X.] mit Beschluß vom 30. April 2003 aufgehoben ([X.] [X.]/[X.] 1112). Hiergegen wendet sich das [X.] mit seiner [X.] vom [X.] zugelassenen [X.] Rechtsbe-schwerde. Mit ihr erstrebt das [X.] die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht. Die Beteiligten beantragen, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen. I[X.] Das Beschwerdegericht hat die Voraussetzungen für eine Untersagung nach § 36 Abs. 1 [X.] verneint, weil der angemeldete Zusammenschluß die [X.] Stellung der [X.] auf dem inländischen Markt nicht [X.]. Zur Begründung hat es ausgeführt: In sachlicher Hinsicht sei der relevante Markt entgegen der Ansicht des Bun-deskartellamts nach [X.] in einen Markt der Belieferung der Gerä-tehersteller und einen Markt der Belieferung des Handels (Sortiments- und Einzel-handel) abzugrenzen. Was die räumliche Marktabgrenzung angehe, könne an sich mit dem [X.] von einem west[X.] Angebotsmarkt ausge-gangen werden, da die Hersteller von [X.] in der Lage seien, europaweit zu liefern. Im Rahmen der Fusionskontrolle seien allerdings allein die - 7 - Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den inländischen Markt maßgebend, da es um die nationale [X.] gehe. Der räumlich relevante Markt könne daher nicht größer sein als das Gebiet der [X.]. Daß sich durch das angemeldete Gemeinschaftsunternehmen die [X.] Stellung der [X.] verstärken werde, lasse sich nicht fest-stellen, und zwar unabhängig davon, ob man [X.] wie das [X.] [X.] von einem einheitlichen oder [X.] wie das Beschwerdegericht [X.] von einem in zwei [X.] aufgeteilten sachlichen Markt ausgehe. Auf dem [X.] Ge-samtmarkt (Gerätehersteller und Handel) führe der Zusammenschluß nur zu einem Zuwachs von 59,1 auf 59,5%. Zwar könne im Einzelfall bereits ein geringer Marktanteilszuwachs ausreichen, um eine Verstärkungswirkung zu begründen; auch sei nicht in jedem Fall eine Spürbarkeit der Verstärkungswirkung zu fordern. Der zusammenschlußbedingte Wegfall der [X.] als ehemaliger kleiner Melitta-Konkurrent bleibe aber bezogen auf den inländischen Markt wettbewerbs-neutral. [X.] könne zwar als potentieller Wettbewerber der [X.] angesehen werden; der sehr kleine Marktanteil im Inland liege aber [X.] einige Jahre zurück und habe bis zum Jahre 1999 weiter abgenommen. Der [X.] Marktanteil des zur [X.] gehörenden Unterneh-mens [X.] könne den Zusammenschlußbeteiligten nicht zugerechnet werden. Dieses Unternehmen nehme an dem angemeldeten Zusammenschluß nicht mehr teil und bilde mit dem Gemeinschaftsunternehmen auch keine wettbewerbliche Einheit. Zwar bestehe nach der [X.] vom 30. Juli 1999 für die [X.] von fünf Jahren eine personelle Identität der beiden Geschäftsführer des [X.] mit dem Präsidenten und dem Geschäftsführer von [X.]. Hierdurch würden für das Gemeinschaftsunternehmen [X.]s Strate-gie, wirtschaftliche Lage und Know-how transparent. [X.] sei jedoch im Hin-- 8 - blick auf die dauerhafte Lieferbeziehung zu dem Gerätehersteller Vorwerk kein aktuell oder potentiell beachtlicher Wettbewerber der [X.]. Die Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung der [X.] auf dem west[X.] Markt rechtfertige die Untersagung des [X.] nicht, weil rechtlich von einem auf das Inland beschränkten räumlich relevanten Markt auszugehen sei. Entgegen der Auffassung des Bundeskartell-amts reiche es nicht aus, daß die Marktstellung der [X.] auf dem west-[X.] Markt (ohne [X.]) durch die Gründung des [X.] deutlich verstärkt werde. Der Zusammenschluß könne nach [X.] Kartellrecht nur untersagt werden, wenn er im Inland zur Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung führe. Einflüsse aus dem Ausland seien nur zu be-rücksichtigen, wenn sie den inländischen Markt nachweislich verstärkend [X.]. Die Annahme des [X.], der beabsichtigte Zusammenschluß habe im west[X.] Markt außerhalb [X.]s so gravierende Auswir-kungen, daß Rückwirkungen auf den [X.] Markt zu erwarten seien, reiche über eine bloße Vermutung nicht hinaus. Insofern sei ein konkreter Nachweis der Verstärkungswirkung erforderlich, den das [X.] nicht erbracht habe. II[X.] [X.] hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochte-nen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]. 1. Das Vorliegen eines [X.] steht hier außer Streit. Zutreffend hat das [X.] angenommen, daß bereits mit dem Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung an [X.] durch die [X.] Beteiligungs-- 9 - [X.] des § 37 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 lit. [X.] erfüllt ist. 2. Mit Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Annahme des [X.], durch den angemeldeten Zusammenschluß werde die [X.] Stellung der [X.] nicht verstärkt (§ 36 Abs. 1 [X.]). a) Das Beschwerdegericht hat sich keine abschließende Meinung darüber gebildet, wie der sachliche Markt abzugrenzen ist, in dem die [X.] als Herstellerin von [X.] tätig ist. Das [X.] hat ange-nommen, daß die Hersteller von [X.] ihr Produkt auf einem [X.] Markt absetzen, zu dem als Marktgegenseite sowohl die Geräteherstel-ler als auch der Sortiments- und der Einzelhandel einschließlich des Fachhandels zählen. Ohne sich abschließend festzulegen, hat das Beschwerdegericht demge-genüber zu einer Aufteilung in zwei Märkte je nach [X.] tendiert: einen Markt, auf dem als Abnehmer die Gerätehersteller auftreten, und einen Markt, auf dem der Handel den Staubsaugerbeutelherstellern als Abnehmer ge-genübersteht. Die Zusammenschlußbeteiligten haben ebenfalls eine solche Auftei-lung in einen Gerätehersteller- und einen [X.] für geboten erachtet, ha-ben aber dem [X.] auch noch das Angebot der Gerätehersteller hinzuge-rechnet. Wie der sachliche Markt abzugrenzen ist, läßt sich mangels tatrichterlicher Feststellungen im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht bestimmen. Die zuletzt ge-nannte Marktaufteilung kommt bereits aus Rechtsgründen nicht in Betracht. Sie würde dazu führen, daß auf der Angebotsseite des [X.]es Wettbewerb vorgetäuscht würde, der in Wirklichkeit nicht besteht. Setzen beispielsweise die [X.] die Hälfte ihrer Produktion über die Gerätehersteller ab, lägen bei dieser Marktaufteilung die addierten Marktanteile aller [X.] auf dem - 10 - [X.] bei 50%, obwohl alle angebotenen Staubsaugerbeutel aus ihrer Produktion stammten. Was die anderen beiden Marktaufteilungen angeht, fehlt es für eine abschließende Entscheidung an tatrichterlichen Feststellungen. Nach ständiger Rechtsprechung ist für die Bestimmung des sachlichen Mark-tes das sogenannte Bedarfsmarktkonzept maßgebend. Danach sind einem (An-gebots-)Markt alle Produkte zuzurechnen, die aus der Sicht der Nachfrager nach Eigenschaft, Verwendungszweck und Preislage zur Deckung eines bestimmten Bedarfs austauschbar sind ([X.], Urt. v. 19.3.1996 [X.] KZR 1/95, [X.]/[X.], 3062 [X.] Pay-TV-Durchleitung, m.w.N.). Hierbei ist ein objektiver Maßstab anzule-gen. Im Streitfall ist für die Frage der Austauschbarkeit nicht darauf abzustellen, ob ein Staubsaugerbeutelmodell durch ein anderes ersetzt werden kann; dies ist im Hinblick darauf, daß ein Beutel nach Schnitt, Volumen und Verschlußmecha-nismus stets nur auf einen Staubsaugertyp zugeschnitten ist, praktisch nie der Fall. Zu fragen ist vielmehr, ob ein [X.], der bislang ein Marktsegment bedient (beispielsweise einen Gerätehersteller mit den für seine [X.] [X.] Beuteln beliefert), zur Erzielung eines besseren Preises bereit und in der Lage ist, seine Produktion kurzfristig umzustellen, um das andere Segment zu bedienen (beispielsweise ein Beutelsortiment anzubieten, das für den Einzelhan-del von Interesse ist). Damit kommt es vorliegend für die Marktabgrenzung ent-scheidend auf die Produktions- und Angebotsumstellungsflexibilität der Beutelher-steller an (vgl. [X.], [X.], 3. Aufl., § 19 Rdn. 6). Diesen Gesichtspunkt der Flexibilität hat das Beschwerdegericht bei seiner Abgrenzung der verschiedenen Absatzwege nicht in den Blick genommen. Dies ist nachzuholen. Dabei ist zu be-achten, daß den [X.]n auch innerhalb eines [X.] eine erheb-liche Flexibilität abverlangt wird, wenn sie ihre Produktion beispielsweise von der Belieferung eines Geräteherstellers auf die Belieferung eines anderen Geräteher-stellers oder auch nur auf einen neuen Gerätetyp umstellen möchten. Andererseits - 11 - wäre es denkbar, daß der Einzelhandel sich von vornherein nur mit kompletten Sortimenten eindeckt, die für jeden gängigen Staubsaugertyp den passenden Beutel enthalten, und daß kleinere Hersteller mit der Produktion einer solchen Vielzahl von Beuteln überfordert wären. b) Hinsichtlich des räumlich relevanten Marktes ist das Beschwerdegericht in Übereinstimmung mit dem [X.] von einem ökonomisch bestimm-ten Markt ausgegangen, der Westeuropa (EWR) umfaßt. Diese Beurteilung läßt auch bei Berücksichtigung der von der Rechtsbeschwerdeerwiderung erhobenen Gegenrügen keinen Rechtsfehler erkennen. Mit Recht hat das Beschwerdegericht darauf abgestellt, daß keine Umstände ersichtlich sind, die einen in einem Mitgliedst[X.]t ansässigen Staubsaugerbeutel-hersteller daran hindern, sein Produkt in einem anderen Mitgliedst[X.]t abzusetzen. Der Marktgegenseite [X.] sei es der Handel oder seien es die Gerätehersteller [X.] ist es nicht verwehrt, den Bedarf nach [X.] bei einem Hersteller nachzufragen, der in einem anderen Mitgliedst[X.]t ansässig ist. Dies wird nicht zu-letzt dadurch belegt, daß das Marktvolumen in Westeuropa zu etwa drei Vierteln auf [X.] Hersteller entfällt, von denen die meisten einen Großteil ihres Um-satzes im west[X.] Ausland erwirtschaften. Allerdings weist die Rechtsbeschwerdeerwiderung mit Recht darauf hin, daß die Marktverhältnisse im [X.] sowohl hinsichtlich der Volumina als auch hinsichtlich der Marktanteile nicht als homogen bezeichnet werden können. Die von der Rechtsbeschwerdeerwiderung angeführten [X.] deuten indessen nicht auf Märkte hin, die räumlich jeweils auf einen Mit-gliedst[X.]t beschränkt wären. Denn für die angeführten Unterschiede lassen sich andere Erklärungen als die anführen, die räumlichen Märkte seien jeweils auf einen Mitgliedst[X.]t beschränkt. So lassen sich die unterschiedlichen Volumina da-- 12 - durch erklären, daß es Geräte gibt, die ohne Stau[X.]eutel auskommen oder die mit einem wiederverwendbaren Stoffbeutel ausgerüstet sind, und daß solche Geräte-typen möglicherweise in manchen Gegenden [X.] verbreiteter sind als in an-deren. Soweit die [X.] die Gerätehersteller beliefern, hängt ihr [X.] in den Mitgliedst[X.]ten davon ab, wie stark die Staubsauger des [X.] Herstellers in jenem Mitgliedst[X.]t verbreitet sind. Schließlich läßt sich dem unstreitigen Sachverhalt entnehmen, daß die Belieferung des Einzelhandels ein umfassendes Sortiment voraussetzt und daß dieser Vertriebsweg [X.] vor allem der Vertrieb über den Lebensmitteleinzelhandel [X.] entscheidend durch eine [X.] Marke gefördert wird, über die nur die [X.] mit der Marke —[X.] verfügt, die bislang vor allem in [X.], nicht aber flächendeckend in [X.] Bekanntheit erlangt hat. c) Mit Recht rügt die Rechtsbeschwerde, daß die angefochtene Entschei-dung schon die Grundsätze der [X.]-Entscheidung des [X.]s ([X.] 131, 107) nicht hinreichend beachtet und die durch den Zusammenschluß [X.] Verstärkung der Marktstellung der [X.] auf dem ökonomisch be-stimmten Markt nicht ausreichend berücksichtigt hat. Der [X.] ist in der erwähnten Entscheidung aus dem Jahre 1995 zwar da-von ausgegangen, daß der räumlich relevante Markt nicht größer sein könne als der Geltungsbereich des [X.]. Er hat dies daraus geschlossen, daß es für die Beurteilung eines Zusammenschlusses nach [X.]m Recht allein darauf ankomme, ob zu erwarten sei, daß im Inland eine marktbeherrschende Stellung entstehe oder verstärkt werde. Dies folge aus dem [X.] in § 130 Abs. 2 [X.] zum Ausdruck gebrachten [X.] Zweck des Gesetzes, den Wettbewerb auf dem inländischen Markt zu schützen. Dieser allgemeine Ge-setzeszweck bestimme auch den Schutzzweck des § 36 [X.] und beschränke diesen [X.] und damit auch den Anwendungsbereich der Norm [X.] auf den Schutz der - 13 - inländischen Marktstruktur. Damit werde zugleich der räumliche Markt, auf dem die Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung durch einen Zusammenschluß verhindert werden solle, normativ auf das Inland als den [X.] räumlich relevanten Markt beschränkt ([X.] 131, 107, 113 [X.] Back-ofenmarkt, m.w.N.). Der [X.] hat dabei jedoch die Augen nicht vor dem Umstand verschlossen, daß der ökonomisch bestimmte räumlich relevante Markt über das Inland hinausreichen kann und daß in einem einheitlichen ökonomischen Markt die starke Präsenz eines Wettbewerbers in einem räumlichen Marktsegment stets die Chance bietet, diese Stellung auf andere Marktsegmente zu erstrecken. In der [X.]-Entscheidung wird diesem Gesichtspunkt dadurch Rechnung ge-tragen, daß die Wirkung aktuellen oder potentiellen [X.] aus dem [X.], dem sich ein Unternehmen auf dem inländischen Markt ausgesetzt sieht, den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechend in vollem Umfang berücksichtigt werden könne und müsse ([X.] 131, 107, 115). Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen, die der rechtli-chen Prüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren zugrunde zu legen sind, verfügt [X.] [X.] unabhängig von [X.] [X.] in Westeuropa über einen Marktanteil von 9,1%, der freilich fast ausschließlich auf Umsätzen außerhalb [X.]s beruht. Diese Marktstellung gründet sich im wesentlichen auf eine starke Stellung von [X.] im Bereich des [X.] (35%), während der Anteil an der Belieferung des Einzelhandels und der Gerätehersteller zwischen 5 und 6% liegt. Für die [X.] stellen diese Aktivitäten eine ständige Bedrohung auch für die inländische Marktposition dar. Zwar handelt es sich [X.] ausgehend von einem fiktiven auf das Inland beschränkten räumlichen Markt [X.] hierbei lediglich um Substitutionswettbewerb, dem aber im Hinblick auf die tatsächlichen wirtschaftli-chen Verhältnisse, auf die die [X.]-Entscheidung in diesem Zusam-menhang abstellt ([X.] 131, 107, 115 [X.] [X.]), naturgemäß eine be-- 14 - sondere Rolle zukommt. Für den Regelfall muß daher davon ausgegangen wer-den, daß beispielsweise die inländische Nachfrage des [X.] jeder-zeit auf das im [X.] Ausland ohnehin schon starke Angebot von [X.] ausweichen kann. Indem diese Bedrohung durch den Zusammenschluß unterbunden wird, verstärkt sich die Stellung der [X.] auch auf dem (fiktiven) inländischen Markt. d) Unabhängig davon hat die Rüge der Rechtsbeschwerde aber auch [X.] Erfolg, weil an dem in der [X.]-Entscheidung aufgestellten Grundsatz, der räumlich relevante Markt könne nicht größer als das [X.] sein, aus heutiger Sicht nicht festgehalten werden kann. [X.]) Die Vorstellung eines normativ beschränkten räumlichen Marktes [X.] zwar im Jahre 1995 noch einer weit verbreiteten Ansicht, doch lag stets ein gewisser Widerspruch darin, daß der relevante Markt bei dem Geltungsbereich des Gesetzes an eine normative Grenze stößt. Denn die räumlichen Grenzen eines Marktes lassen sich allein nach ökonomischen und nicht nach rechtlichen Kategorien bemessen. Im [X.] Binnenmarkt, in dem die nationalen Grenzen keine Marktzutrittsschranken mehr bilden und sich deswegen die räum-lich relevanten Märkte unabhängig von den St[X.]tsgrenzen zwischen den Mitglied-st[X.]ten entwickeln, ist eine solche mit der ökonomischen Wirklichkeit nicht in [X.] stehende künstliche Grenze besonders unbefriedigend (vgl. die Kritik an der [X.]-Entscheidung bei [X.], [X.] 1996, 1997, 2000 f.; Dreher, [X.] 1996, 1025, 1028; [X.], [X.] 1996, 286 ff.; Mäger, [X.] 2001, 1105, 1106 f.; [X.], [X.] 1996, 134; [X.], [X.] 160 (1996), 673, 676 f.). [X.]) Für eine normative Begrenzung des räumlich relevanten Marktes [X.] keine zwingenden Gründe. - 15 - (1) Ausgehend von der zutreffenden Annahme, daß nach [X.]m Kartell-recht ein Zusammenschluß nur untersagt werden kann, wenn er im Geltungsbe-reich des Gesetzes eine marktbeherrschende Stellung entstehen läßt oder ver-stärkt (§ 130 Abs. 2, § 36 Abs. 1 [X.]), diente die normative Begrenzung des räumlich relevanten Marktes dazu, den räumlich relevanten Markt mit dem Gebiet in Deckung zu bringen, in dem das Entstehen oder die Verstärkung einer [X.]n Stellung festgestellt werden muß. Eine Notwendigkeit hierzu [X.] aber nicht. Denn wenn ein Unternehmen durch einen Zusammenschluß auf einem Markt, der über die Grenzen eines [X.] hinausgeht, eine [X.] Stellung erlangt, dann liegt auch in jedem räumlichen Teilbereich dieses Marktes eine beherrschende Stellung vor. Umgekehrt fehlt es an einer [X.]n Stellung im Geltungsbereich des Gesetzes, wenn ein Unternehmen lediglich in dem inländischen Marktsegment über einen Anteil verfügt, der [X.] wenn es sich nicht um ein Marktsegment, sondern um einen eigenständigen Markt han-delte [X.] die Annahme einer Marktbeherrschung rechtfertigen könnte. [X.]erwiderung hat sich in diesem Zusammenhang darauf gestützt, daß —die zum Schutz außer[X.]r [X.] Teilmärkte berufenen Institutionen – den Zusammenschluß nicht aufgegriffen (haben), obwohl nach Ansicht des [X.] der Zusammenschluß zu der Verstärkung [X.] in ganz Westeuropa führtfi. Auch hieraus läßt sich indessen kein Argument gegen die Berücksichtigung der ökonomischen Gegebenheiten ableiten. Der [X.] fällt eindeutig in den Anwendungsbereich der [X.] Fusionskontrolle. Die Schwellenwerte des § 35 Abs. 1 [X.] sind überschritten, während die für die Anwendung der [X.] Fusionskontrolle maßgeblichen Schwellenwerte des Art. 1 Abs. 2 und 3 [X.] a.F. nicht erreicht werden (§ 35 Abs. 3 [X.]). Für einen Antrag nach § 22 Abs. 2 [X.] a.F. bestand schon [X.] 16 - wegen kein Anlaß, weil das [X.] Recht eine Handhabe zur Untersagung des Zusammenschlusses gibt und hiervon auch Gebrauch gemacht worden ist. (2) Ein wichtiges Argument für die normative Begrenzung des räumlich rele-vanten Marktes lag und liegt auch heute noch in den beschränkten Ermittlungs-möglichkeiten, die die Kartellbehörden im Ausland haben (vgl. [X.] 131, 107, 114 [X.] [X.]). Abgesehen davon, daß diese Schwierigkeiten in der euro-päischen [X.] nicht zuletzt durch das Netzwerk, das die Kartellbehörden der Mit-gliedst[X.]ten miteinander verbindet, geringer werden, bestehen derartige Schwie-rigkeiten in ähnlicher Weise, wenn der Markt normativ beschränkt wäre. Denn in diesem Fall muß [X.] freilich nicht im Rahmen der Marktabgrenzung, sondern bei der Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung [X.] der aktuelle oder potentielle Wettbewerb aus dem Ausland berücksichtigt werden (vgl. [X.] 131, 107, 115). Ihn zu ermitteln ist die Kartellbehörde ohnehin von Amts wegen gehalten. Soweit dabei Schwierigkeiten auftreten, die in der zur Verfügung stehenden [X.] nicht überwunden werden können, kann die Kartellbehörde Feststellungen zu den aus-ländischen Teilmärkten notfalls auf einer schwächeren Tatsachengrundlage treffen und [X.] wenn nicht anders möglich [X.] mit Schätzungen arbeiten. In diesem Fall muß den Beteiligten jedoch vor Erlaß der Untersagungsverfügung [X.] spätestens mit der sogenannten Abmahnung [X.] Gelegenheit gegeben werden, die dort getroffenen Annahmen zu widerlegen (vgl. [X.] in Schwarze [Hrsg.], Europäisches [X.]recht im Zeichen der Globalisierung, [X.], 123; ferner [X.], [X.] 1996, 286, 290). [X.]) Hinzu kommt, daß im Rahmen der 6. [X.]-Novelle deutlich geworden ist, daß der Gesetzgeber allein von einem ökonomischen Marktbegriff ausgeht. Zwar kann die Ergänzung des § 19 Abs. 2 Nr. 2 [X.] um das Kriterium —des tat-sächlichen oder potentiellen [X.] durch innerhalb oder außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes ansässige Unternehmenfi insofern als eine Be-- 17 - stätigung der [X.]-Entscheidung verstanden werden, als auch dort die Berücksichtigung des [X.] aus dem Ausland als notwendig angesehen wird ([X.] 131, 107, 115 [X.] [X.]). Die Begründung des [X.] bringt aber zum Ausdruck, daß die in der [X.]-Entscheidung getroffene Aussage mißverständlich sei. Durch die Gesetzesänderung solle [X.] —klargestellt werden, daß bei der Prüfung der Marktbeherrschung im Rahmen der Fusionskontrolle die [X.]verhältnisse auf dem ökonomisch relevanten Markt berücksichtigt werden müssenfi (BT-Drucks. 13/9720, [X.]; vgl. hierzu ferner den Bericht des Wirtschaftsausschusses, BT-Drucks. 13/10633, [X.]). [X.] Danach kann die angefochtene Entscheidung des [X.] kei-nen Bestand haben. Sie ist aufzuheben. Dem [X.] ist eine abschließende Ent-scheidung in der Sache verwehrt. Das Beschwerdegericht hat [X.] aus seiner Sicht folgerichtig [X.] keine Feststellungen dazu getroffen, in welchem Umfang sich die Marktstellung der [X.] auf dem relevanten Markt verstärkt. Zwar hat das [X.] einen Marktanteilszuwachs von 47,7 auf 56,8% für den [X.] sachlichen Markt und einen Zuwachs von 40,2 auf 43,3% im reinen Handelssegment festgestellt. Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen der Beteiligten vor dem [X.] können jedoch diese Feststellungen einer [X.]sentscheidung nicht als unstreitiger Vortrag zugrunde gelegt werden. - 18 - In dem wiedereröffneten Beschwerdeverfahren hat das [X.] Gelegenheit, eine abschließende Entscheidung über den relevanten sachlichen Markt zu treffen. Gegebenenfalls kann diese Vorfrage erneut offenbleiben, wenn sie das Ergebnis nach den Feststellungen, die das Beschwerdegericht zur Frage der Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung der [X.] zu treffen hat, nicht beeinflußt. [X.] Goette [X.]
[X.] Raum

Meta

KVR 14/03

05.10.2004

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.10.2004, Az. KVR 14/03 (REWIS RS 2004, 1350)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 1350

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