Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.12.2003, Az. VIII ZB 94/03

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 33

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]/03vom22. Dezember 2003in dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]: [X.] § 569 Abs. 4Kündigt der Vermieter das Wohnungsmietverhältnis fristlos wegen [X.] (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.]), so genügt er jedenfalls bei klarer undeinfacher Sachlage seiner Pflicht zur Angabe des Kündigungsgrundes, wenn er indem [X.] den Zahlungsverzug als Grund benennt und den [X.] der rückständigen Miete beziffert. Die Angabe weiterer Einzelheiten [X.] des Verzugseintritts oder Aufgliederung des Mietrückstandes für einzelneMonate ist entbehrlich.[X.], Beschluß vom 22. Dezember 2003 - [X.] -LG [X.] IAG [X.]- 2 -Der VIII. Zivilsenat des [X.] hat am 22. Dezember 2003 durchdie Vorsitzende Richterin [X.] und die Richter [X.], [X.],Dr. [X.] und Dr. [X.]:Auf die Rechtsbeschwerde der Kläger wird der Beschluß des[X.]s [X.] I, 14. Zivilkammer, vom 4. August 2003aufgehoben.Die sofortige Beschwerde des [X.]n gegen den Beschluß desAmtsgerichts [X.] vom 23. Juni 2003 wird zurückgewiesen.Der [X.] hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens und [X.] zu tragen.Der [X.] wird auf 1.065,- Gründe:[X.] Kläger sind Vermieter, der [X.] ist Mieter einer Wohnung in [X.] [X.]in M. . Die Miete für Dezember 2001hatte der [X.] nur teilweise und für die Monate August, November und [X.] überhaupt nicht bezahlt. Die Kläger kündigten deshalb mit [X.] vom 24. Januar 2003 das Mietverhältnis fristlos. Das Schreiben hat aus-zugsweise folgenden [X.] -"Hiermit kündigen wir das mit Ihnen bestehende Mietverhältnis –fristlos. Die fristlose Kündigung wird auf § 543 [X.] gestützt.Der [X.] beträgt (Hervorhebung im Original).Da der [X.] in der Folgezeit weder den Rückstand ausglich noch [X.] räumte, haben die Kläger Klage auf Räumung der Wohnung undZahlung des Mietrückstandes erhoben. Nachdem das Sozialamt die [X.] Miete bezahlt hatte, haben die Parteien übereinstimmend den Rechtsstreit inder Hauptsache für erledigt erklärt.Mit Beschluß vom 23. Juni 2003, der Betreuerin des [X.]n zugestelltam 30. Juni 2003, hat das Amtsgericht gemäß § 91a ZPO dem [X.]n [X.] des Verfahrens auferlegt. Daraufhin hat die Betreuerin mit [X.] 8. Juli 2003, das am 9. Juli 2003 beim Amtsgericht eingegangen ist, mit-geteilt, der [X.] könne die Kosten des Rechtsstreits nicht übernehmen, daer verschuldet sei und ihm nach einer Gehaltspfändung monatlich nur 200 Verfügung stünden. Mit den Gläubigern seien Ratenzahlungen vereinbart, [X.] laufe noch über Jahre, daher könne der [X.] der "[X.]"nicht nachkommen. Auf entsprechende Anfrage des Amtsgerichts hat [X.] am 24. Juli 2003 erklärt, bei dem Schreiben vom 8. Juli handele essich um eine sofortige Beschwerde gegen den Beschluß vom 23. Juni 2003.Das [X.] hat mit Beschluß vom 4. August 2003 die Kostenent-scheidung des Amtsgerichts aufgehoben und die Kosten des Rechtsstreits denKlägern auferlegt. Mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerdeerstreben die Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen [X.] 4 -II.Das [X.] ist der Auffassung, den Klägern seien die Kosten [X.] gemäß § 91a ZPO aufzuerlegen, weil die fristlose Kündigung we-gen Verstoßes gegen die Begründungspflicht des § 569 Abs. 4 [X.] unwirksamund die Räumungsklage deshalb unzulässig gewesen sei. Sinn und Zweck die-ser Bestimmung sei es, den Mieter über die Tatsachen zu informieren, aus de-nen der Vermieter das Kündigungsrecht herleite. Bloße pauschale Angaben, diekeine Überprüfung ermöglichten, genügten dabei nicht. Im vorliegenden Fallhabe sich das [X.] in der Angabe eines [X.] er-schöpft; die zugrunde liegende Berechnung sei für den [X.]n nicht hinrei-chend transparent. Vielmehr hätten die Kläger angeben müssen, welche [X.] Mietrückstände sie ermittelt hätten und welche Zahlungen seitens des[X.]n erfolgt seien.Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung in [X.] nicht stand.1. Unbegründet ist allerdings der Einwand der Rechtsbeschwerde, diesofortige Beschwerde des [X.]n gegen den Beschluß des Amtsgerichts [X.] unzulässig gewesen. Zwar trifft es zu, daß die in dem Schreiben derBetreuerin vom 8. Juli 2003 enthaltene Begründung sich auf den ersten Blicknicht gegen die materielle Kostenentscheidung richtet, sondern lediglich auf [X.] Notlage des [X.]n hinweist. Dies steht jedoch einer Auslegung,wie sie die Vorinstanzen auf Grund der nachträglichen klarstellenden [X.] Betreuerin vorgenommen haben, nicht entgegen. Prozeßerklärungen [X.] sind so auszulegen, wie es nach den Maßstäben der [X.] und [X.] ist (Senatsurteil vom 17. Mai 2000 - [X.], [X.], 1512 = NJW 2000, 3216 = ZIP 2000, 1358 unter II 1- 5 -m.w.Nachw.; [X.], Urteil vom 23. November 2000 - [X.], [X.]R [X.]§ 133, Auslegungsgrundsätze 12 m.w.Nachw.). Danach ist die Auslegung [X.] vom 8. Juli 2003 als sofortige Beschwerde mit der Vorschrift des§ 569 Abs. 2 Satz 2 ZPO noch zu vereinbaren. [X.] Ziel der [X.] [X.]n war es, die durch den amtsgerichtlichen Beschluß entstandeneKostenbelastung des [X.]n abzuwehren. Daß die rechtsunkundige undanwaltlich nicht beratene Betreuerin zur - an sich entbehrlichen (§ 571 Abs. 1ZPO) - Begründung Gesichtspunkte anführte, die im Rahmen der Kostenent-scheidung nach § 91a ZPO keine Rolle spielen, ist unter den gegebenen Um-ständen unschädlich (vgl. [X.]/[X.], ZPO, 24. Aufl., § 569 Rdnr. 7a). [X.], daß die ausdrückliche Bezeichnung der Eingabe als sofortige Be-schwerde erst nach Ablauf der Zweiwochenfrist des § 569 Abs. 1 Satz 1 [X.] Amtsgericht eingegangen ist, steht daher der Zulässigkeit des Rechtsmit-tels nicht entgegen.2. In der Sache selbst hat die Beschwerdeentscheidung des Landge-richts jedoch keinen Bestand; sie widerspricht dem Sach- und Streitstand [X.] im Zeitpunkt der übereinstimmenden Erledigungserklärung [X.] und überschreitet die Grenzen des richterlichen Ermessensspielraums(§ 91a Abs. 1 ZPO).a) [X.] ist der Ausgangspunkt des [X.]s, die Räumungs-klage sei unzulässig gewesen. Das Fehlen einer ausreichenden Begründungder [X.] hat zwar die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung zurFolge (allgem. Meinung, z.B. [X.], Mietrecht, 8. Aufl., § 569Rdnr. 74). Dieser Mangel kann sich auf die Schlüssigkeit oder [X.] Klage auswirken; für die Zulässigkeit der anschließenden [X.] er jedoch ohne Bedeutung (vgl. [X.]/[X.] aaO, Rdnr. 22 vor § 253).- 6 -b) Die Klage war zu dem maßgebenden Zeitpunkt auch begründet; denndie Kläger waren zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt, weilder [X.] unstreitig für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrich-tung der Miete im Verzug war und dieser Rückstand bei Klageerhebung [X.] hat (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a [X.]). Den Kündigungsgrund habendie Kläger in dem [X.] vom 24. Januar 2003 in hinreichenderWeise angegeben (§ 569 Abs. 4 [X.]).aa) Die Frage, welche Anforderungen an die durch § 569 Abs. 4 [X.]vorgeschriebene Angabe des Grundes für die fristlose Kündigung im [X.] stellen sind, ist umstritten. Einigkeit besteht allerdings darin, daß die [X.] ermöglichen soll zu erkennen, aufwelche Vorgänge oder auf welches Verhalten des Mieters der Vermieter [X.] Kündigung stützt und ob bzw. wie er - der Mieter - sich hiergegen ver-teidigen kann; dabei dürfen an den Inhalt der Begründung keine zu hohen undübertrieben formalistischen Anforderungen gestellt werden (vgl. dazu die Stel-lungnahme des Bundesrates zu § 569 [X.], BT-Drucks. 14/4553, [X.], mitzustimmender Äußerung des Rechtsausschusses des [X.], BT-Drucks. 14/5663, [X.].[X.]; [X.], NJW 2003, 3063; [X.], [X.], 3064; [X.]/Sonnenschein, Miete, 8. Aufl., § 569 Rdnr. 35; [X.],Wohnraummietrecht, 2. Aufl., § 569 Rdnr. 54; [X.]/[X.], [X.], 63.Aufl., § 569 Rdnr. 24; [X.] aaO Rdnr. 71; [X.]/[X.], [X.]/Mietrecht 2, Neubearbeitung 2003, § 569 Rdnr. 58). Die Be-schränkung der inhaltlichen und formellen Voraussetzungen von [X.] ähnlichen Erklärungen des Vermieters auf ein vernünftiges und ausgewo-genes Maß entspricht im übrigen der ständigen Rechtsprechung des Bundes-verfassungsgerichts zum Mietrecht (vgl. z.B. zu § 2 MHG [X.], NJW 1994,717 m.w.Nachw.).- 7 -bb) Geht es - wie hier - um Zahlungsverzug, dann genügt es [X.] einfacher Sachlage, daß der Vermieter diesen Umstand als Kündigungs-grund angibt und den Gesamtbetrag der rückständigen Miete beziffert. [X.] ist in einem solchen Fall in aller Regel ohne weiteres in der Lage, [X.] der Kündigung anhand eines einfachen Vergleichs der [X.] mit der gezahlten Miete zu überprüfen; insofern unterscheiden sich die inder Sphäre des Kündigungsempfängers liegenden Gründe des § 543 Abs. 2Satz 1 Nr. 2 und 3 [X.] wesentlich von solchen Kündigungsgründen, die - wiejene des § 573 Abs. 2 Nr. 2 und 3 [X.] - im persönlichen Bereich des [X.] ihre Ursache haben (vgl. auch [X.] aaO, Erläuterungen zu § [X.]. 5). Wie weit die Begründungspflicht reicht, wenn sich der Rückstand erstdurch umfangreiche Berechnungen aus einer Vielzahl unterschiedlicher Positi-onen ergibt (vgl. dazu z.B. [X.], NJW-RR 2003, 1095), bedarf hierkeiner Entscheidung. Zu einer Rechtsbelehrung über die gesetzlichen Voraus-setzungen der fristlosen Kündigung ist der Vermieter gleichfalls nicht verpflich-tet. Daher erübrigt sich auch die Bezeichnung der genauen Vorschrift zumin-dest dann, wenn hierüber keine Unklarheit bestehen kann oder wenn der Zah-lungsverzug den Tatbestand der beiden Alternativen des hier einschlägigen§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] erfüllt.cc) Jedenfalls bei einfachen und klaren Fallgestaltungen der vorliegen-den Art gebietet es nach alledem das berechtigte Interesse des Mieters nicht,daß der Vermieter zur Begründung der fristlosen Kündigung den genauen Zeit-punkt, etwa den betreffenden Kalendermonat und das Datum des Verzugsein-tritts sowie den konkreten Mietrückstand für einzelne Monate oder sonstige Be-rechnungszeiträume angibt (ebenso [X.] aaO; wohl auch [X.] aaO; a.A.[X.], NJW 2003, 3064; [X.]/[X.] aaO). Entgegen der Auf-fassung des [X.]s genügt es vielmehr, daß der Mieter an Hand der Be-gründung des [X.]s erkennen kann, von welchem [X.] -stand der Vermieter ausgeht und daß er diesen Rückstand als gesetzlichenGrund für die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs heranzieht; dasreicht für die formelle Wirksamkeit der Kündigung. Sache des Mieters als Zah-lungsschuldner ist es sodann, diese Angaben auf ihre Stichhaltigkeit zu über-prüfen und in eigener Verantwortung zu entscheiden, wie er hierauf reagierenwill.3. War mithin das [X.] der Kläger vom 24. Januar 2003formell wirksam und befand sich der [X.] sowohl im Zeitpunkt der fristlosenKündigung als auch des erledigenden Ereignisses - unstreitig - für zwei [X.] folgende Termine mit der Entrichtung der Miete in Verzug (§ 543 Abs. 2Satz 1 Nr. 3 a [X.]) und erfüllte der Zahlungsrückstand darüber hinaus auchdie Kündigungsvoraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 b [X.], so [X.] allein die Auferlegung der Verfahrenskosten auf den [X.]n dem bis-herigen Sach- und Streitstand und billigem Ermessen (§ 91a Abs. 1 ZPO). [X.] Rechtsbeschwerde der Kläger ist daher der angefochtene Beschluß aufzu-heben und, da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, die sofortige Be-- 9 -schwerde des [X.]n gegen den Beschluß des Amtsgerichts [X.] vom23. Juni 2003 zurückzuweisen (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO).[X.] [X.] [X.]Dr. [X.] Dr. [X.]

Meta

VIII ZB 94/03

22.12.2003

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.12.2003, Az. VIII ZB 94/03 (REWIS RS 2003, 33)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 33

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VIII ZB 31/04 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 96/09 (Bundesgerichtshof)

Räumungsprozess bei Wohnraummiete: Begründung einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs; Beschränkung der Revisionszulassung


VIII ZR 96/09 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 6/04 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 193/16 (Bundesgerichtshof)

Wohnraummiete: Ausschluss der fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs durch Zahlung des Mietrückstands; Berechnung des Zahlungsrückstands von …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.