Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.02.2012, Az. I ZR 6/11

1. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 8866

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Gegenstand

Urheberrechtlicher Anspruch auf Vergütungsanpassung für eine Nutzungsrechtsübertragung: Anspruch einer BGB-Gesellschaft mit den Urhebern als Alleingesellschafter - Kommunikationsdesigner


Leitsatz

Kommunikationsdesigner

Urheber, die ihre Werke durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts verwerten, deren alleinige Gesellschafter sie sind, können - falls die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist - in entsprechender Anwendung des § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG von dem Vertragspartner der Gesellschaft die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, um auf diese Weise eine angemessene Vergütung für die Werknutzung zu erreichen.

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 22. Dezember 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Kläger sind Kommunikationsdesigner. Sie entwickeln für Unternehmen die Darstellung des Unternehmens und seiner Produkte in Printmedien, im [X.] und im audiovisuellen Bereich. Zu diesem Zweck haben sie eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts - die [X.] - gegründet, deren alleinige Gesellschafter sie sind. Die [X.] ist ein Unternehmen, das vor allem Sitzmöbel herstellt.

2

Die Kläger waren in der [X.] von 1999 bis 2005 mit ihrer Gesellschaft für die [X.] als Kommunikationsdesigner tätig. Sie entwarfen beispielsweise Anzeigenkampagnen, waren für die Produkt- und Fachhändlerkommunikation verantwortlich und leisteten Öffentlichkeitsarbeit. Die [X.] schloss mit der [X.]n hinsichtlich der unterschiedlichen Projekte jeweils gesonderte Verträge. Die [X.] zahlte die vereinbarte Vergütung. [X.] kam es zum Zerwürfnis zwischen den Klägern und der [X.]n.

3

Die Kläger sind der Ansicht, die mit der [X.]n vereinbarte Vergütung sei nicht angemessen. Sie machen gemäß § 32 Abs. 1 Satz 3 [X.] die angemessene Vergütung geltend.

4

Die Kläger haben beantragt, die [X.] zu verurteilen,

in Abänderung der mit ihnen in der [X.] vom 1. Juni 2001 bis 31. Dezember 2005 geschlossenen Verträge über Werkleistungen für [näher bezeichnete] Projekte dahin einzuwilligen, dass ihnen eine vom Gericht festzulegende angemessene Vergütung, mindestens aber eine [näher bezifferte] Vergütung gezahlt wird [Anträge 1, 3 und 4] sowie

an sie zur Abgeltung einer [näher bezeichneten] [X.] die übliche Vergütung, mindestens einen [näher bezifferten] Betrag zu zahlen [Antrag 2].

5

In der Summe der Anträge 1 bis 4 haben die Kläger Zahlung einer Mindestvergütung in Höhe von 5.858.714,87 € begehrt.

6

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die [X.] beantragt, verfolgen die Kläger ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

7

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Kläger seien nicht berechtigt, die Beklagte nach § 32 Abs. 1 Satz 3 [X.] auf Vertragsänderung in Anspruch zu nehmen, weil sie nicht Vertragspartner der in Rede stehenden Verträge seien. Dazu hat es ausgeführt:

8

Unterstelle man den Vortrag der Kläger als richtig, dass hinsichtlich der in Rede stehenden Leistungen eine Miturheberschaft der Kläger vorliege, habe ihnen das Recht zur Verwertung der Werke kraft Gesetzes als Gesamthandsgemeinschaft zugestanden. Die Kläger hätten darüber hinaus durch die Vereinbarung, die gemeinsam zu schaffenden Werke unter der Bezeichnung [X.] zu verwerten, eine Miturhebergesellschaft gegründet. Eine solche Miturhebergesellschaft besitze die Rechtsfähigkeit zur Verwertung von Nutzungsrechten. Die Kläger hätten der [X.] ihre Verwertungs-rechte eingeräumt. Diese habe sodann mit der Beklagten die in Rede stehenden Verträge geschlossen und ihr die entsprechenden Nutzungsrechte übertragen. Damit seien nicht die Kläger als Gesamthänder, sondern die [X.] Vertragspartner der Beklagten. Denn die [X.] stelle gegenüber der Gesamthandsgemeinschaft eine andere Rechtsform dar.

9

Es bestehe auch keine Quasi-Identität zwischen den Klägern und der [X.]. Die Kläger hätten nicht lediglich die von ihnen gemeinsam geschaffenen Werke als Miturheber vermarktet. Sie hätten darüber hinaus Nutzungsrechte an Werken eingeräumt, die neben den Klägern auch andere Urheber hätten und Leistungen erbracht, die nicht die Einräumung von Nutzungsrechten an urheberrechtlich geschützten Werken beträfen. Für eine Anwendung des § 32 [X.] könne auch nicht angeführt werden, diese Bestimmung wolle den Urheber im geschäftlichen Rechtsverkehr vor wirtschaftlich stärkeren Vertragspartnern schützen. Miturheber hätten es selbst in der Hand, es bei der aufgrund der gemeinsamen Werkschöpfung kraft Gesetzes entstehenden Gesamthandsgemeinschaft zu belassen oder darüber hinaus eine [X.] zu gründen. [X.] sie sich zur Gründung einer [X.], könne davon ausgegangen werden, dass sie in dieser Rechtsform auf Augenhöhe mit Geschäftspartnern verhandelten, denen sie nicht mehr als schwache und schutzbedürftige Einzelpersonen gegenüberstünden. Zudem gebiete es der Schutz des Rechtsverkehrs, § 32 [X.] bei einer Einräumung von Nutzungsrechten durch eine [X.] nicht anzuwenden. Da im Laufe der [X.] weitere [X.]er zur [X.] hinzukommen könnten, von denen der Vertragspartner keine Kenntnis habe, könne dieser sonst nicht einschätzen, wer noch Rechte nach § 32 [X.] gegen ihn geltend mache.

[X.]. Die Revision der Kläger hat Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche aus § 32 Abs. 1 Satz 3 [X.] nicht verneint werden.

1. Die Kläger haben beantragt, die Beklagte zu verurteilen, in eine Abänderung der „mit den Klägern“ in der [X.] vom 1. Juni 2001 bis 31. Dezember 2005 geschlossenen Verträge über Werkleistungen für näher bezeichnete Projekte dahin einzuwilligen, dass ihnen eine vom Gericht festzulegende angemessene Vergütung, mindestens aber eine näher bezifferte Vergütung gezahlt wird (Anträge 1, 3 und 4) sowie „an die Kläger“ zur Abgeltung einer näher bezeichneten [X.] die übliche Vergütung, mindestens einen näher bezifferten Betrag zu zahlen (Antrag 2).

Aus dem zur Auslegung des Klageantrags heranzuziehenden Klagevorbringen ergibt sich zweifelsfrei, dass die Kläger die Beklagte auf Einwilligung in eine Abänderung der mit ihnen als [X.]er geschlossenen Verträge der [X.] und dementsprechend auf Zahlung der Vergütung an die aus ihnen als [X.]ern bestehende [X.] in Anspruch nehmen. Davon ist ersichtlich auch das Berufungsgericht ausgegangen. Nach dem Vorbringen der Kläger und den Feststellungen des [X.] sind sämtliche in Rede stehenden Verträge zwischen der [X.] und der [X.] geschlossen worden.

2. Gemäß § 32 Abs. 1 Satz 3 [X.] kann der Urheber von seinem Vertragspartner die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, durch die dem Urheber die angemessene Vergütung gewährt wird, soweit die für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung vertraglich vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist.

3. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die in ihrer geltenden Fassung am 1. Juli 2002 in [X.] getretene Bestimmung des § 32 [X.] nach der Übergangsregelung des § 132 Abs. 3 Satz 3 [X.] auch auf die in der [X.] vom 1. Juni 2001 bis 30. Juni 2002 geschlossenen Verträge anwendbar ist. Dies wäre nur dann der Fall, wenn von den mit diesen Verträgen eingeräumten Nutzungsrechten nach dem 30. Juni 2002 Gebrauch gemacht worden wäre (vgl. [X.], Urteil vom 7. Oktober 2009 - [X.], [X.]Z 182, 337 Rn. 15 f. - [X.]). Das Berufungsgericht hat hierzu keine Feststellungen getroffen. Für die Prüfung in der Revisionsinstanz ist daher davon auszugehen, dass entsprechende Nutzungshandlungen erfolgt sind und § 32 [X.] deshalb auf sämtliche in Rede stehenden Verträge anwendbar ist.

4. Der Anspruch aus § 32 Abs. 1 Satz 3 [X.] steht nur [X.] zu. Urheber ist der Schöpfer des Werkes (§ 7 [X.]). Haben mehrere ein Werk gemeinsam geschaffen, ohne dass sich ihre Anteile gesondert verwerten lassen, so sind sie Miturheber des Werkes (§ 8 Abs. 1 [X.]). Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob es sich bei den in Rede stehenden Leistungen um urheberrechtlich geschützte Werke handelt und ob diese gegebenenfalls von den Klägern gemeinsam geschaffen worden sind. Für die Prüfung in der Revisionsinstanz ist der entsprechende Vortrag der Kläger daher als richtig zu unterstellen.

5. Der Urheber kann einen Anspruch auf angemessene Vergütung nach § 32 Abs. 1 Satz 3 [X.] - anders als einen Anspruch auf weitere angemessene Beteiligung nach § 32a Abs. 2 [X.] - grundsätzlich nur gegen seinen Vertragspartner und nicht gegen Dritte, denen sein Vertragspartner seinerseits das Nutzungsrecht übertragen oder weitere Nutzungsrechte eingeräumt hat, geltend machen. Das Berufungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die Kläger die Beklagte danach nicht auf Vertragsanpassung in Anspruch nehmen können, weil die hier in Rede stehenden Verträge nicht zwischen den Klägern und der Beklagten, sondern zwischen der [X.] und der Beklagten geschlossen worden sind (dazu a). Das Berufungsgericht hat jedoch nicht berücksichtigt, dass jedenfalls Urheber, die - wie die Kläger - ihre Werke durch eine [X.] verwerten, deren alleinige [X.]er sie sind, in entsprechender Anwendung des § 32 Abs. 1 Satz 3 [X.] berechtigt sind, den Vertragspartner der [X.] des zwischen der [X.] und dem Vertragspartner geschlossenen Vertrages in Anspruch zu nehmen (dazu b).

a) Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Kläger die Beklagte nach § 32 Abs. 1 Satz 3 [X.] nicht auf Vertragsanpassung in Anspruch nehmen können, weil die Beklagte die hier in Rede stehenden Verträge nicht mit den Klägern als Gesamthandsgemeinschaft der Miturheber, sondern mit der [X.] geschlossen hat.

aa) Miturhebern steht das Recht zur Verwertung des Werkes gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 Fall 2 [X.] zur gesamten Hand zu. Sie bilden, soweit es um die Verwertung des Werkes geht, eine Gesamthandsgemeinschaft. Diese entsteht kraft Gesetzes durch den [X.] der gemeinsamen Schöpfung des Werkes und endet kraft Gesetzes mit dem Ablauf der Schutzfrist, die gemäß § 65 Abs. 1 [X.] nach dem Tode des längstlebenden Miturhebers berechnet wird ([X.], [X.], 4. Aufl., § 8 [X.] Rn. 12; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 8 [X.] Rn. 22). Aus der gesamthänderischen Bindung der Miturheber folgt, dass die Verwertung des Werkes die Einwilligung - also die vorherige Zustimmung (§ 183 Satz 1 [X.]) - aller Miturheber erfordert (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 2 [X.]; [X.] aaO § 8 [X.] Rn. 14; [X.] in Dreier/[X.], [X.], 3. Aufl., § 8 Rn. 12; [X.], Urheber- und Verlagsrecht, 3. Aufl., S. 191).

bb) Der Abschluss eines Vertrages, durch den sich die Beteiligten gegenseitig verpflichten, die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern (§ 705 [X.]), lässt eine [X.] entstehen, wenn der Zusammenschluss keinen körperschaftlichen Charakter hat und die weiteren Voraussetzungen für eine andere Form der Personengesellschaft fehlen (vgl. [X.]/[X.], [X.], 71. Aufl., § 705 Rn. 1). [X.] Miturheber eine gemeinsame Verwertung ihrer Werke, bilden sie daher - sofern sie keine andere Rechtsform wählen - eine [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 5. März 1998 - [X.], [X.], 673, 675 - [X.]; [X.] aaO § 8 [X.] Rn. 13; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 8 [X.] Rn. 30, vgl. zu [X.] verbundener Werke [X.], Urteil vom 1. Dezember 1972 - [X.] und [X.], [X.] 1973, 328, 329 - Musikverleger [X.], mwN).

cc) Die kraft Gesetzes mit der gemeinsamen Werkschöpfung entstehende [X.] ist von der auf vertraglicher Vereinbarung beruhenden Miturhebergesellschaft zu unterscheiden (vgl. [X.] aaO § 8 Rn. 13; [X.] in [X.]/[X.] aaO § 8 Rn. 52; [X.], Urheber- und Urhebervertragsrecht, 5. Aufl., Rn. 323). Die Miturhebergesellschaft ist gegenüber der [X.] jedenfalls im Verhältnis zu [X.] rechtlich eigenständig. Die [X.] besitzt - anders als die Gesamthandsgemeinschaft der Miturheber - nach außen (beschränkte) Rechtssubjektivität. Sie kann durch Teilnahme am Rechtsverkehr als Außengesellschaft grundsätzlich eigene Rechte und Pflichten begründen ([X.], Urteil vom 29. Januar 2001 - [X.] ZR 331/00, [X.]Z 146, 341, 343 ff.). Eine Miturhebergesellschaft hat daher - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - die Rechtsfähigkeit zum Abschluss von Verträgen mit [X.] über die Einräumung von Nutzungsrechten an Werken der Miturheber. Solche Verträge einer Miturhebergesellschaft sind auch dann nicht zugleich Verträge der [X.], wenn die Miturheber die alleinigen [X.]er der [X.] sind und damit eine personelle Identität besteht.

b) Urheber, die ihre Werke durch eine [X.] verwerten, deren alleinige [X.]er sie sind, können jedoch in entsprechender Anwendung des § 32 Abs. 1 Satz 3 [X.] von dem Vertragspartner der [X.] in die Änderung des Vertrages verlangen, durch die der [X.] gewährt wird, soweit die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist (im Ergebnis ebenso das [X.] im [X.] LG Stuttgart, ZUM 2008, 163, 166; vgl. auch [X.] in [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 32 [X.] Rn. 142). Die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift - das Bestehen einer planwidrigen Regelungslücke und einer vergleichbaren Interessenlage - sind bei solchen Fallgestaltungen erfüllt.

aa) Es besteht insoweit eine Regelungslücke, als Urheber, die ihre Werke durch eine [X.] verwerten, deren [X.]er sie sind, nach der Regelung des § 32 Abs. 1 Satz 3 [X.] keinen Anspruch auf Vertragsanpassung haben, wenn die für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung vertraglich vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist. Ein Anspruch der Urheber gegen die Vertragspartner der [X.] kommt nicht in Betracht, weil diese - wie unter [X.] 5 a ausgeführt - nicht zugleich Vertragspartner der Urheber sind. Ein Anspruch der [X.] gegen ihre Vertragspartner ist ausgeschlossen, weil die [X.] nicht Urheber der Werke ist. Es besteht aber auch kein Anspruch der Urheber gegen die [X.]: Urheber, die ihre Werke durch eine [X.] verwerten, deren [X.]er sie sind, verpflichten sich zwar durch den [X.]svertrag regelmäßig, die Nutzungsrechte an von ihnen bereits geschaffenen oder noch zu schaffenden Werken in das [X.]svermögen zu überführen. Ein solcher [X.]svertrag ist jedoch nicht auf den Austausch von Leistungen (die Einräumung von Nutzungsrechten gegen Entgelt), sondern auf die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks (die gemeinsame Verwertung der Werke) gerichtet. Gegen eine vertraglich vereinbarte Vergütung werden Nutzungsrechte erstmals durch die Verträge der [X.] mit [X.] eingeräumt. Beim Abschluss des [X.]svertrages fehlt es daher an dem von § 32 [X.] vorausgesetzten Interessenkonflikt. [X.]sverträge können daher nicht Gegenstand eines Anspruchs auf Vertragsänderung nach § 32 Abs. 1 Satz 3 [X.] sein (vgl. [X.]/Wündisch, Handbuch des Urhebervertragsrechts, § 2 Rn. 46; [X.]/Haedicke in [X.]/[X.] aaO § 32 [X.] Rn. 5).

bb) Diese Regelungslücke ist planwidrig, weil sie den Zielen des Gesetzes widerspricht. Die Bestimmung des § 32 [X.] ist durch das Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von [X.] und ausübenden Künstlern vom 22. März 2002 ([X.]l. I S. 1155) geschaffen worden. Ziel dieses Gesetzes ist es, die durch das wirtschaftliche Ungleichgewicht der Vertragsparteien gestörte Vertragsparität zwischen [X.] und Verwertern herzustellen (vgl. BT-Drucks. 14/6433, [X.] f.) bzw. - mit anderen Worten - die strukturell bedingte wirtschaftliche und organisatorische Unterlegenheit der Kreativen gegenüber den [X.] ihrer Werke und Leistungen zu korrigieren (vgl. BT-Drucks. 14/6433, [X.]). Dieser Zielsetzung widerspricht es, wenn die vertragliche Stellung von [X.], die ihre Werke gemeinsam verwerten, nicht grundsätzlich in gleicher Weise gestärkt wird, wie die vertragliche Stellung von [X.], die ihre Werke allein verwerten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Bedeutung von [X.] nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Kläger in der gesamten Kreativwirtschaft zunimmt und sich Urheber nicht nur im Bereich der neuen Medien und Technologien, sondern auch in Bereichen des klassischen Werkschaffens verstärkt zusammenschließen. Es kann nicht angenommen werden, der Gesetzgeber habe diese Urheber vom Anspruch auf Vertragsanpassung nach § 32 Abs. 1 Satz 3 [X.] ausschließen wollen.

cc) Die Interessenlage von [X.], die ihre Werke gemeinsam verwerten, ist mit der Interessenlage von [X.], die ihre Werke allein verwerten, jedenfalls dann in einer Weise vergleichbar, die eine entsprechende Anwendung des § 32 Abs. 1 Satz 3 [X.] gebietet, wenn diese Urheber ihre Werke über eine [X.] verwerten, deren alleinige [X.]er sie sind. An der strukturell bedingten wirtschaftlichen und organisatorischen Unterlegenheit der Urheber gegenüber den Verwertern ihrer Werke (vgl. oben Rn. 22) ändert sich nichts dadurch, dass die Urheber dem Verwerter aufgrund des Entschlusses, ihre Werke gemeinsam zu verwerten, nicht als [X.], sondern als [X.] gegenüberstehen. Die Annahme des [X.], Urheber, die ihren Geschäftspartnern in der Rechtsform der [X.] gegenüberträten, verhandelten mit ihnen auf Augenhöhe und stünden ihnen nicht mehr als schwache und schutzbedürftige Einzelpersonen gegenüber, ist - wie die Revision zutreffend geltend macht - lebensfremd.

Handelt es sich bei den [X.] - wie hier zu unterstellen ist - um Mit-urheber, haben diese es entgegen der Ansicht des [X.] auch nicht selbst in der Hand, es bei der aufgrund der gemeinsamen Werkschöpfung kraft Gesetzes entstehenden Gesamthandsgemeinschaft zu belassen oder darüber hinaus eine [X.] zu gründen. Miturheber können ihr Werk nach der gesetzlichen Regelung nur gemeinsam verwerten. Bereits der übereinstimmende Entschluss zur gemeinsamen Werkverwertung lässt - soweit die Miturheber keine andere Rechtsform wählen - kraft Gesetzes eine [X.] entstehen, ohne dass es dazu eines formellen Gründungsaktes bedarf.

c) Die vom Berufungsgericht gegen eine (entsprechende) Anwendung des § 32 Abs. 1 Satz 3 [X.] gehegten Bedenken greifen nicht durch.

aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, ein Anspruch aus § 32 Abs. 1 Satz 3 [X.] scheide aus, weil die Kläger mit der [X.] nicht nur die von ihnen gemeinsam geschaffenen Werke vermarktet hätten. Sie hätten darüber hinaus Nutzungsrechte an Werken eingeräumt, die neben den Klägern auch andere Urheber hätten, und Leistungen erbracht, die nicht die Einräumung von Nutzungsrechten an urheberrechtlich geschützten Werken beträfen.

Entgegen der Ansicht des [X.] ist ein Anspruch aus § 32 Abs. 1 Satz 3 [X.] nicht ausgeschlossen, wenn mit dem Vertrag, dessen Änderung begehrt wird, nicht ausschließlich Nutzungsrechte an eigenen Werken eingeräumt worden sind. Ein Anspruch des Urhebers oder der Urheber auf Änderung des Vertrages besteht dann allerdings nur hinsichtlich der Vergütung, die für die Einräumung von Nutzungsrechten an eigenen Werken vereinbart ist (vgl. [X.]/Haedicke in [X.]/[X.] aaO § 32 Rn. 5). Die Kläger haben im Übrigen, wie die Revision zutreffend geltend macht, wiederholt klargestellt, dass sie für fremde Werke keine Nachvergütung beanspruchen.

bb) Das Berufungsgericht hat gemeint, der Schutz des Rechtsverkehrs gebiete es, § 32 [X.] bei einer Einräumung von Nutzungsrechten durch eine [X.] nicht anzuwenden. Da im Laufe der [X.] weitere [X.]er zur [X.] hinzukommen könnten, von denen der Vertragspartner keine Kenntnis habe, könne dieser sonst nicht einschätzen, wer noch Rechte nach § 32 [X.] gegen ihn geltend mache.

Diese Befürchtung des [X.] ist unbegründet. Wer mit einer [X.] einen Vertrag über die Einräumung von Nutzungsrechten schließt, muss lediglich damit rechnen, von [X.], die bei Abschluss des Vertrags bereits [X.]er waren, wegen der Einräumung von Nutzungsrechten an ihren Werken aus § 32 Abs. 1 Satz 3 [X.] in Anspruch genommen zu werden (vgl. auch [X.], Urteil vom 27. Juni 2007 - V[X.]I ZR 271/06, NJW 2007, 2845, 2846). Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt.

Im Übrigen können die Urheber keine Änderung des Vertrags erreichen, wenn die [X.] einer solchen Änderung - etwa infolge eines Wechsels ihrer [X.]er - nicht zustimmt. Die Urheber können allein den Vertragspartner und nicht auch die [X.] auf Einwilligung in eine Änderung des zwischen der [X.] und dem Vertragspartner geschlossenen Vertrags in Anspruch nehmen. Gegen den Willen der [X.] können sie daher eine Vertragsänderung nicht durchsetzen.

cc) Das Berufungsgericht hat schließlich angenommen, die [X.] würde gegenüber anderen Rechtsformen bevorzugt, wenn § 32 [X.] auf eine von Miturhebern zum Zwecke der Verwertung des Werkes gegründete [X.] anwendbar wäre. Für die Anwendbarkeit von § 32 [X.] könne es nicht darauf ankommen, für welche [X.]sform sich die Urheber entschieden hätten.

Es bedarf im Streitfall keiner abschließenden Entscheidung, ob § 32 [X.] auch dann anwendbar ist, wenn Urheber ihre Werke in einer anderen [X.]sform als der [X.] oder durch eine [X.] verwerten, der auch andere [X.]er angehören. Der [X.] neigt allerdings zu der Annahme, dass eine entsprechende Anwendung des § 32 [X.] jedenfalls nur bei Personengesellschaften und nicht etwa bei Kapitalgesellschaften in Betracht kommt. Die Bestimmung des § 32 [X.] dürfte entsprechend anwendbar sein, wenn Miturheber ihr Werk durch eine offene Handelsgesellschaft verwerten, deren alleinige [X.]er sie sind. Eine [X.] wird von Gesetzes wegen (§ 105 Abs. 1 HGB) zur offenen Handelsgesellschaft, wenn sie ein Gewerbe betreibt und das Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert ([X.]Z 146, 341, 346). Für die Anwendbarkeit des § 32 [X.] kommt es, anders als das Berufungsgericht meint, nicht darauf an, ob die [X.] einer gewerblichen Tätigkeit nachgeht.

[X.]I. Danach ist auf die Revision der Kläger das Berufungsurteil aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

Bornkamm                                               Pokrant                                             Kirchhoff

                                [X.]

Meta

I ZR 6/11

23.02.2012

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Stuttgart, 22. Dezember 2010, Az: 4 U 45/10

§ 32 Abs 1 S 3 UrhG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.02.2012, Az. I ZR 6/11 (REWIS RS 2012, 8866)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8866

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

I ZR 21/16

7 C 1/18

I ZR 21/16

I ZR 13/14

I ZR 6/11

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