Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.04.2011, Az. 26 W (pat) 12/10

26. Senat | REWIS RS 2011, 7765

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren - "Farbkombination Blau/Silber" - Anforderungen an grafische Darstellbarkeit - keine Verkehrsdurchsetzung bei fehlender grafischer Darstellbarkeit - Erfordernis der Beschreibung einer konturlosen Farbzusammenstellung


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 306 45 348.7

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 23. Februar 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] [X.] sowie des [X.] [X.] und der Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

In zwei Beschlüssen, von denen einer im [X.]rinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 32 des [X.] die Anmeldung der Farbmarke 306 45 348.7/32

Abbildung

2

mit der Beschreibung

3

"Die Marke besteht aus einer Kombination der Farben „Blau“ ([X.]) und „Silber“ ([X.]) in einem Verhältnis von ungefähr 50 zu 50.“

4

für die Waren „[X.]nergy drinks“ mit der Begründung zurückgewiesen, die Marke sei nach § 8 Abs. 1 [X.] nicht konkret grafisch darstellbar. Zudem fehle ihr nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] jegliche Unterscheidungskraft. Die Angabe zum flächenmäßigen Verhältnis der angemeldeten Farbkombination „in einem Verhältnis von ungefähr 50 zu 50“ sei nicht eindeutig. Der Verkehr sei nicht an eine betriebskennzeichnende Verwendung von Farben gewöhnt. Hersteller von [X.] verwendeten verschiedene Farben zur dekorativen Gestaltung ihrer Produkte, nähmen die eigentliche Kennzeichnung aber durch die aufgedruckten Wortbestandteile vor. Insbesondere die von der Markeninhaberin beanspruchten Farben Blau und Silber seien bei den Herstellern von [X.] zur Dekoration ihrer Produkte beliebt.

5

Gegen diese [X.]ntscheidung wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Das angemeldete Zeichen lasse sich grafisch darstellen. [X.]ine wörtliche Beschreibung des quantitativen Verhältnisses beider Farben diene lediglich der [X.]rläuterung und sei weder erforderlich, noch Bestandteil der Anmeldung. Jedenfalls lasse sie sich durch den Hilfsantrag im Beschwerdeverfahren nachträglich korrigieren. Dem angemeldeten Zeichen fehle nicht jegliche Unterscheidungskraft. Die Anmelderin ist der Ansicht, die beanspruchte Farbkombination habe sich inzwischen im Verkehr durchgesetzt. Zum Nachweis hat sie zahlreiche Belege, u. a. [X.], Umsatzzahlen, Angaben zu Marktanteilen und Werbeaufwand sowie eine Versicherung an [X.]ides Statt zur Akte gereicht. [X.]rgänzend verweist sie auf ihrer Ansicht nach einschlägige Voreintragungen.

6

Die Anmelderin beantragt,

7

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 32 des [X.] vom 4. Juli 2008 und 11. November 2009 aufzuheben,

8

hilfsweise die erläuternde wörtliche Beschreibung der Marke zu präzisieren in: „Die Marke besteht aus einer Kombination der Farben "Blau" ([X.]) und "Silber" ([X.]) in einem Verhältnis von 47,65 % (Blau) zu 52,35 % (Silber).“ und die Beschlüsse vom 4. Juli 2008 und 11. November 2009 nach entsprechender Präzisierung aufzuheben.

9

[X.]rgänzend wird auf die Akte des Amtes 306 45 348.7 Bezug genommen.

II.

Die gem. § 66 Abs. 1, 2 [X.] zulässige Beschwerde ist unbegründet, weil die angemeldete Farbkombination das für eine Registermarke unabdingbare [X.]rfordernis der graphischen Darstellbarkeit i. S. v. §§ 8 Abs. 1, 3 [X.] nicht erfüllt. Als zentrale Voraussetzung für die Markenfähigkeit von Registermarken im Sinne des § 3 [X.] lässt sich die graphische Darstellbarkeit einer Marke nicht durch die nachträgliche Änderung der wörtlichen Beschreibung im Beschwerdeverfahren erreichen. Wie sich schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 3 [X.] ergibt, ist dieses Schutzhindernis auch nicht im Wege der Verkehrsdurchsetzung zu überwinden.

1.

[X.]ine graphische Darstellung [X.] §§ 8 Abs. 1, 3 [X.] sowie Art. 2 der Richtlinie 2008/95/[X.] ([X.] 2009, 4) muss es ermöglichen, das Zeichen, für das markenrechtlicher Schutz begehrt wird, sichtbar so wiederzugeben, dass es genau identifiziert werden kann. Sie muss daher klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv sein ([X.] GRUR 2003, 604, 606, Rn. 28 f. - [X.] - [X.] [X.], 858, 859 Rn. 25 ff. - [X.]). Bei Farbzusammenstellungen muss dabei insbesondere die konkrete Farbverteilung angegeben werden ([X.], 55, 56, Rz. 13 - Grün/Gelb II; [X.], 1056, 1057 - zweifarbige Kombination Dunkelblau/Hellblau; [X.] [X.], 231 ff. Rn. 31 ff.- [X.]; [X.], 416 ff. – [X.]; [X.], 157 – 161 – [X.][X.]; vgl. zuletzt [X.], [X.]ntsch. v. 13.09.2010 und 03.02.2011, [X.]/08, [X.]/09 und [X.]/09, [X.]. unter [X.]; [X.], [X.]ntsch. v. 20.04.2010, [X.], 472 – Farbmarke Blau/Silber). Nach dieser Rechtsprechung verlangt die graphische Darstellbarkeit einer konturlosen Farbzusammenstellung kumulativ

(a) eine eindeutige und dauerhafte Bezeichnung der beanspruchten Farben,

(b) konkrete Festlegungen zum quantitativen Verhältnis der Farben zueinander,

(c) konkrete Festlegungen zur räumlichen Anordnung der beanspruchten Farben.

In der hier zu beurteilenden Anmeldung fehlen konkrete Festlegungen zum quantitativen Verhältnis der Farben zueinander (Voraussetzung (b)). Denn in der Beschreibung der Marke, die Gegenstand der Anmeldung geworden ist, heißt es "Die Marke besteht aus einer Kombination der Farben „Blau“ ([X.]) und „Silber“ (Patrone 877C) in einem Verhältnis von ungefähr 50 zu 50.“ Die Verwendung des Wortes „ungefähr“ gestattet die Bildung einer unbestimmten Vielzahl konkreter Farbzusammenstellungen wie beispielsweise von 46% „Blau“ zu 54% „Silber“ oder 51% „Blau“ zu 49% „Silber“. Dadurch ist die Anmeldung auf zahlreiche unterschiedliche Zusammenstellungen der beanspruchten Farben gerichtet, die sich nach der zitierten Rechtsprechung einer graphischen Darstellbarkeit i. S. von Art. 2 der Richtlinie 2008/95/[X.] ([X.] 2009, 4) und § 8 Abs. 1 [X.] entziehen.

Die Auffassung der Anmelderin, dass die zitierte Beschreibung der Marke nicht zum Gegenstand der Anmeldung geworden sei, weil sich die Farbmarke auch ohne beschreibenden Text hinreichend identifizieren lasse, geht fehl. Zum einen enthält die wörtliche Beschreibung noch einen weiteren, zur Bestimmung des Schutzumfangs der angemeldeten Marke notwendigen Bestandteil, nämlich die eindeutige und dauerhafte Bezeichnung der beanspruchten Farben durch ein international anerkanntes Farbklassifikationssystem (Voraussetzung (a), vgl. [X.] GRUR 2003, 694, Rz. 37 – [X.]; [X.] GRUR 2001,1154, 1155 - [X.]). Zum anderen ergänzt eine wörtliche Beschreibung, die der Markenanmeldung beigefügt ist, die graphische Darstellung der angemeldeten Marke in verbindlicher Weise [X.] § 32 Abs. 2 Nr. 2 [X.], § 12 Abs. 3 [X.] (vgl. [X.] GRUR 2003, 145, 149, Rn. 70 – Sieckmann; GRUR 2003, 604, 608 Rn. 68, Rn. 35 - [X.]; [X.], 54, 57, Rn. 59 – [X.]; [X.], 55, 57, Rn. 24 – Farbmarke gelb/grün II; [X.], [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl. § 32 Rn. 62).

[X.]ntgegen der Auffassung der Anmelderin hat die wörtliche Beschreibung einer Marke nicht erst dadurch an Bedeutung gewonnen, dass seit der Änderung des § 25 Nr. 6 [X.] zum 1. Juli 2009 diese Beschreibung nun auch in das Register eingetragen wird, während dort vormals nur ein Hinweis auf die Beschreibung aufgenommen wurde. Die Qualität der Beschreibung hat sich bereits vor der Anmeldung der hier streitgegenständlichen Marke am 25. Juli 2006 mit der Zulassung von Markenformen verändert, die sich nicht oder nicht mehr allein anhand einer Abbildung sichtbar darstellen lassen (vgl. [X.], [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl. § 32 Rn. 62). Ohne wörtliche Beschreibung könnte bei diesen Markenformen der Gegenstand des Markenschutzes nicht hinreichend bestimmt werden. Ihre Verbindlichkeit ist schon aus diesem Grunde erforderlich.

Angesichts dessen hat die Markenstelle die Anmeldung zu Recht wegen fehlender graphischer Darstellbarkeit und mangelnder Bestimmtheit i. S. v. §§ 8 Abs. 1, 3 [X.] zurückzuweisen.

2.

Dieses [X.]intragungshindernis vermag die Anmelderin nicht dadurch zu überwinden, dass sie in ihrem Hilfsantrag das beanspruchte Verhältnis beider Farben zueinander auf 47,65% Blau und 52,35% Silber festgelegt hat. Weil die wörtliche Beschreibung einer Marke deren Schutzgegenstand mitbestimmt, ist deren nachträgliche Änderung als nachträgliche Änderung der angemeldeten Marke unzulässig (vgl. [X.], 55, 57 Rn. 24 - Farbmarke gelb/grün II; [X.]/[X.], [X.]. [X.], 1. Teil, [X.] [X.], Rn. 168; [X.], a. a. [X.], Rn. 62 zu § 32; ebenso bereits [X.] - 1056 – Farbmarkenkonkretisierung).

Mit ihrem Hilfsantrag begehrt die Anmelderin insbesondere nicht nur eine "Klarstellung oder Konkretisierung". Die ursprüngliche Bestimmung des Verhältnisses der Farben „von ungefähr 50 : 50“ soll vielmehr durch eine inhaltlich anders lautende Beschreibung ersetzt werden. Würden inhaltliche Änderungen dieser Art bei Farbmarken zugelassen, hätte dies zur Folge, dass bei gleich bleibender Priorität Monopolrechte geheilt würden, aus welchen wegen fehlender Markenfähigkeit bisher Rechte nicht wirksam hergeleitet werden konnten. Dass dadurch Rechte Dritter beeinträchtigt werden können, liegt auf der Hand (vgl. [X.], 1053, Rn. 34 – Farbmarkenkonkretisierung). Insbesondere würde der Inhaber einer solchen (geheilten) Marke auch dadurch über Gebühr bevorzugt, als er in die Lage versetzt würde, seine Marke im Zuge der Konkretisierung an die Gestaltung der Produkte von Wettbewerbern anzupassen und so mit größeren [X.]rfolgschancen gegen diese vorzugehen. Genau das liefe indessen den [X.]rwägungen zuwider, die zum Grundsatz der Unveränderlichkeit der Marke (vgl. Art. 44 Abs. 2, Art. 48 Abs. 1 [X.]; [X.], Gesetz zum Schutz der Warenbezeichnungen, 2. Aufl. 1908, [X.]) geführt haben.

3.

Dass die Anmelderin Tatsachen vorgetragen hat, die - unter der Voraussetzung der Markenfähigkeit, § 3 [X.] und der graphischen Darstellbarkeit, § 8 Abs. 1 [X.] - geeignet sein könnten, die Verkehrsdurchsetzung einer Marke glaubhaft zu machen, verhilft ihrer Beschwerde ebenfalls nicht zum [X.]rfolg. Denn eine - nachgewiesene - Verkehrsdurchsetzung im Sinne des § 8 Abs. 3 [X.] vermag zwar das in diesem Fall zusätzlich gegebene [X.]intragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zu überwinden. Wie sich schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 3 [X.] ergibt, kommt eine auf § 8 Abs. 3 [X.] gestützte [X.]intragung jedoch nur bei hinreichend grafisch dargestellten Marken in Betracht. Die fehlende Markenfähigkeit von Registermarken [X.] §§ 8 Abs. 1, 3 [X.] lässt sich im Wege der Verkehrsdurchsetzung nicht heilen.

4.

Soweit die Anmelderin sich auf die [X.]intragung ihrer Ansicht nach vergleichbarer Drittmarken beruft, ändert dies schließlich ebenfalls nichts an der fehlenden Schutzfähigkeit der hier zu beurteilenden Anmeldemarke. Voreintragungen führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die [X.]intragung zu befinden haben, denn die [X.]ntscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine [X.]rmessens-, sondern eine Rechtsfrage (vgl. [X.] MarkenR 2008, 163, 167 [Rz. 39] - [X.]; [X.], 674, [X.]. 43, 44 - Postkantoor; [X.], 428, Nr. 63 - [X.]; [X.] 2007, 351, 352 f. - Topline; [X.], 333, 335 ff. - [X.]; [X.], 423 amazing discoveries; [X.], 425 - [X.]). Nach der Rechtsprechung des [X.]uropäischen Gerichtshofs verbietet die [X.] es daher den nationalen [X.]intragungsbehörden und den mit der Markeneintragung befassten nationalen Gerichten, bei Bestehen eines [X.]intragungshindernisses dem [X.]intragungsbegehren allein deshalb stattzugeben, weil bereits identische oder vergleichbar gebildete Marken für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen eingetragen sind (vgl. [X.], [X.], 667, 668 [Rz. 15 ff.]

Aus diesen Gründen war die Beschwerde zurückzuweisen.

Meta

26 W (pat) 12/10

08.04.2011

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.04.2011, Az. 26 W (pat) 12/10 (REWIS RS 2011, 7765)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7765

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