Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.02.2003, Az. V ZR 285/02

V. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 4516

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[X.] DES VOLKESURTEILV ZR 285/02Verkündet am:7. Februar 2003K a n i k,[X.] Geschäftsstellein dem [X.] 2 -Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch den Vizepräsidenten des [X.]Dr. [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] undDr. [X.] Recht erkannt:Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des5. Zivilsenats des [X.] vom 15. Juli2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als [X.] des Beklagten erkannt worden ist.Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil [X.] Zivilkammer des [X.] vom 20. [X.] wird auch insoweit zurückgewiesen.Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Klägerin.Von Rechts [X.]:Mit notariellem Vertrag vom 9. Dezember 1992 verkaufte die [X.] unter Beteiligung der - damals unter dem Namen [X.] - Klägerin ein 2.830 m² großes Grundstück in [X.]zum [X.] 990.500 DM an den Beklagten. Unter § 9 des Vertrages verpflichtete sichder Beklagte, innerhalb von zwei bzw. vier Jahren nach Erteilung der [X.] 3 -nehmigung in zwei Bauabschnitten ein Wohn- und Geschäftshaus zu errichtenund hierfür 6.509.000 DM zu investieren; außerdem übernahm er die Ver-pflichtung zur Schaffung von drei Arbeitsplätzen. Für den Fall der nicht fristge-rechten Durchführung des Vorhabens sollte der Verkäuferin ein Anspruch aufRückübertragung des Grundstücks und auf Zahlung einer Vertragsstrafe zu-stehen. Nach § 11 der Urkunde mußte der Beklagte bei einer Weiterveräuße-rung des Grundstücks alle von ihm übernommenen Verpflichtungen dem Er-werber auferlegen. Zudem ist in § 5 des [X.] "[X.]" [X.]) Veräußert der Käufer den Kaufgegenstand ganz oder teilweisebis einschließlich 31. Dezember 1994, so hat er den über [X.] liegenden Mehrerlös in Höhe von 80 % an den [X.] abzuführen. Bei einer Veräußerung nach [X.] Dezember 1994, aber bis einschließlich 31. Dezember 1996,sind 50 % des [X.] abzuführen. ...(2) Liegt der erzielte Kaufpreis unter dem Verkehrswert, sind 80 %bzw. 50 % des Betrages an den Verkäufer abzuführen, um [X.] zum Zeitpunkt der Veräußerung bestehende [X.] Kaufpreis übersteigt. Kommt eine Einigung über den [X.] zwischen den Parteien nicht zustande, ist dieser durcheinen von ihnen gemeinsam zu benennenden öffentlich bestell-ten, vereidigten Sachverständigen verbindlich festzustellen.Kommt auch über dessen Bestellung keine Einigung zustande,wird der Sachverständige auf Antrag einer der [X.] Präsidenten derjenigen Industrie- und Handelskammer be-stimmt, in deren örtlichem Zuständigkeitsbereich der [X.] belegen ist.Da er nicht in der Lage war, das Investitionsvorhaben durchzuführen,verkaufte der Beklagte das Grundstück mit notariellem Vertrag vom [X.] wiederum zum Preis von 990.500 DM weiter und ließ sich hierbei die [X.] -füllung der Investitions- und Arbeitsplatzverpflichtungen zusichern. Die [X.] haben das Anwesen inzwischen vereinbarungsgemäß bebaut.Die Klägerin ging davon aus, daß der Weiterverkauf des Grundstücks zueinem Preis unter dem Verkehrswert erfolgt war. Nachdem sie sich mit [X.] nicht auf einen Sachverständigen einigen konnte, ermittelte der vonder Industrie- und Handelskammer benannte Sachverständige einen [X.] des Grundstücks zum 6. April 1995 von Höhe von 1,4 Mio. DM.Auf der Grundlage dieser Wertermittlung hat die Klägerin von dem [X.] Zahlung von 204.750 DM als hälftigen Differenzbetrag zwischen [X.] und Kaufpreis sowie Erstattung der Gutachterkosten in Höhe von3.060,15 DM verlangt. Nach Abweisung der Klage durch das [X.] [X.] das [X.] in Höhe von 104.687,01 e-geben. Mit seiner - in dem Berufungsurteil zugelassenen - Revision, deren Zu-rückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt der Beklagte die [X.] des landgerichtlichen Urteils.Entscheidungsgründe:Die Revision hat Erfolg.[X.] Berufungsgericht hält - soweit für das Revisionsverfahren noch [X.] - den Beklagten für verpflichtet, den hälftigen Differenzbetrag zwi-schen Kaufpreis und Verkehrswert an die Klägerin zu zahlen. Zwar handele es- 5 -sich bei der hierfür maßgeblichen Vereinbarung unter § 5 Abs. 2 des Kaufver-trages um Allgemeine Geschäftsbedingungen, die nach § 9 Abs. 1 [X.] zuüberprüfen seien. Dies führe aber nicht zur Unwirksamkeit der Vertragsklausel,weil sich eine unangemessene Benachteiligung des Beklagten nicht feststellenlasse. Es gehe vielmehr darum, einen Teil der Gegenleistung abzuschöpfen,den der Beklagte aus der Weiterveräußerung erzielt habe. Dabei trete [X.] zwar nicht offen zu Tage, es liege aber bei einem [X.] unter Verkehrswert die Annahme nahe, daß sich der Beklagte über dievertraglich ausgewiesene Gegenleistung weitere Leistungen habe verspre-chen lassen. Außerdem solle durch die Klausel eine Weiterveräußerung we-gen der mit ihr verbundenen Gefahr einer Verzögerung und der geschwächtenDurchsetzbarkeit des [X.] erschwert werden. Der Verkehrs-wert des Anwesens zum Zeitpunkt des Weiterverkaufs ergebe sich in [X.] 1,4 Mio. DM sowohl aus dem von der Klägerin eingeholten Gutachten alsauch aus den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen.Dies hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.[X.] der Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin keinAnspruch auf Zahlung des hälftigen Differenzbetrages zwischen dem [X.] des Grundstücks und dem Kaufpreis bei dessen [X.]. Die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs, der sich allein aus § 5Abs. 2 des Kaufvertrages vom 9. Dezember 1992 ergeben kann, sind im vor-liegenden Fall nicht erfüllt. Zwar geht das Berufungsgericht ohne weiteres da-- 6 -von aus, daß eine Zahlungsverpflichtung immer schon dann besteht, wenn derbei der Weiterveräußerung erzielte Kaufpreis hinter dem Verkehrswert [X.] zurückbleibt. Das trifft jedoch nicht zu. Vielmehr ist die [X.] dahin zu verstehen, daß sie einen zwischen dem Erster-werb und der Weiterveräußerung gestiegenen Verkehrswert des Grundstücksvoraussetzt. Das Berufungsgericht läßt ersichtlich außer acht, daß auch [X.] ihrem Wortlaut nach eindeutigen Willenserklärung eine Auslegung not-wendig ist, wenn sich aus den Umständen ergibt, daß der Erklärende mit sei-nen Worten einen anderen Sinn verbunden hat, als es dem allgemeinenSprachgebrauch entspricht ([X.], 41, 46). Da weitere Feststellungen nichtzu erwarten sind, kann der [X.] die unterlassene Auslegung nachholen([X.], 107, 112; 124, 39, 45; [X.], Urt. v. 18. Februar 2000, [X.]/98, [X.], 894, 895). Sie führt zu dem dargestellten Ergebnis un-abhängig davon, ob die Vertragsklausel [X.] zum Inhalt hat. Deshalb bedarf es auch keinerEntscheidung über die Wirksamkeit der Klausel für den Fall der Anwendbarkeitdes AGB-Gesetzes.1. Handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen, so sind [X.] ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen,wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter [X.] der normalerweise beteiligten [X.] verstanden werden (vgl.[X.], 384, 389 f; [X.], Urt. v. 9. Mai 2001, [X.], [X.], 2166). Der [X.] hat für eine in den entscheidenden Punkten vergleich-bare "Spekulationsklausel" (vgl. Wächter/[X.]/[X.], [X.], 293, 299)bereits entschieden, daß nach ihr nur der bei der Weiterveräußerung nichtausgeschöpfte Mehrwert auszugleichen ist, der in einer nach dem Ersterwerb- 7 -eingetretenen Wertsteigerung des Grundstücks liegt ([X.], Urt. v.8. November 2002, [X.], Umdruck S. 7 ff, zur [X.] vorge-sehen). Im vorliegenden Fall gilt nichts anderes.a) Auch hier verlangen der Gesamtzusammenhang der Vertragsklauselnund der mit der Vereinbarung unter § 5 Abs. 2 verfolgte Zweck eine restriktiveAuslegung der Klausel. Der Kaufpreis wurde unter § 4 des [X.]; seine nachträgliche Überprüfung (Nachbewertung) soll durch [X.] unter § 5 schon nach der Überschrift ("[X.]")nicht ermöglicht werden. Die Vertragsbedingungen zeigen demnach eineStruktur, die für den typischen Vertragspartner in § 5 nur eine Regelung er-warten läßt, mit der nach dem Erwerb eingetretene Vorteile abgeschöpft wer-den sollen. Damit ist nicht allein ein tatsächlich erzielter Mehrerlös angespro-chen, für den unter § 5 Abs. 1 eine Regelung getroffen ist. Möglich ist [X.], daß für den Ersterwerber bei dem Weiterverkauf ein Wertzuwachs zwarrealisierbar ist, aber gleichwohl nicht oder nicht voll ausschöpft wird. Einen [X.] Fall will § 5 Abs. 2 ersichtlich regeln, um zu verhindern, daß die in § 5Abs. 1 geregelte Verpflichtung zur [X.] durch einen manipulativniedrigen Kaufpreis umgangen werden kann. Demnach setzen beide [X.], daß nach dem Ersterwerb eine - nicht auf Aufwendungen des [X.]s zurückzuführende (vgl. § 5 Abs. 3 des Vertrages) - Steigerung des [X.]s eingetreten [X.]) Im vorliegenden Fall hat sich der Verkehrswert des Grundstücks nachdessen Verkauf an den Beklagten nicht erhöht. Selbst die Klägerin hat einensolchen Wertzuwachs nicht behauptet, sondern im Gegenteil vorgetragen,nach den Bodenrichtwerten hätte zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im [X.] 8 -zember 1992 statt der vereinbarten 350 DM/m² für die [X.]/m² zugrunde gelegt werden müssen. Dagegen errechnen sich aus [X.], den die Klägerin für den Zeitpunkt der Weiterveräußerung mit1,4 Mio. DM behauptet, nur etwa 495 DM/m². Nach dem Vortrag der Klägerinist also von einer sogar rückläufigen Entwicklung des Verkehrswertes in derZeit nach dem Verkauf an den Beklagten [X.]) Im Unterschied zu dem Sachverhalt, der dem zitierten Urteil des Se-nats vom 8. November 2002 zugrunde lag, mußte der Beklagte allerdings [X.] für den Fall des Bestehens eines Anspruchs nach § 16 Abs. 1 [X.] uneingeschränkt von allen Forderungen freistellen, die über den gelei-steten Kaufpreis hinausgingen (§ 8 Abs. 7 des Kaufvertrages). Gleichwohlbrauchte der typische Erwerber auch hier nicht zu befürchten, daß es im [X.] Weiterveräußerung des Grundstücks zu einer nachträglichen [X.] des fest vereinbarten Kaufpreises nach Maßgabe des damaligen [X.]es kommen werde. In der fraglichen Vertragsklausel wird nämlichdarauf hingewiesen, daß das Grundstück "zum Verkehrswert" veräußert sei.Selbst wenn dieser Hinweis nach dem Verständnis der Vertragsparteien [X.] der übernommenen Investitions- und Arbeitsplatzverpflichtung indie Gegenleistung des Käufers voraussetzte, konnte der typische Erwerberdavon ausgehen, daß er vor Nachforderungen gesichert war, wenn er zu den-selben Konditionen weiterverkaufte, zu denen er selbst erworben hatte. [X.] die Gegenleistung des [X.] ebenfalls dem vertraglichvorausgesetzten Verkehrswert, weshalb eine Freistellungsverpflichtung gegen-über der Verkäuferin nicht erwartet werden mußte. Hierauf kann sich der [X.] berufen. Er verkaufte das Grundstück zu den Bedingungen des [X.] weiter; er vereinbarte nicht nur den Kaufpreis in gleicher Höhe, [X.] 9 -dern verpflichtete die Erwerber auch zur Erfüllung der von ihm geschuldetenInvestitionen und Schaffung von [X.]) Die Investitions- und Arbeitsplatzverpflichtungen, die der Beklagtehier - wiederum im Unterschied zu dem durch das Urteil des [X.]s vom8. November 2002 entschiedenen Fall - übernommen hat, führen ebenfalls zukeinem anderen Ergebnis. Zur Durchsetzung der Investitions- und Arbeits-platzziele vermag die Verpflichtung, im Falle einer Weiterveräußerung einenTeil der Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem damaligen Verkehrswertabzuführen, nichts beizutragen. Entgegen der Ansicht des [X.] die Klägerin im Regelfall nicht daran interessiert sein, durch eine Nach-forderung auf den Kaufpreis eine Weiterveräußerung zu erschweren. DasGrundstück gelangt auf diesem Weg nämlich in die Hände eines Erwerbers,der im Unterschied zum Erstkäufer über die finanziellen Mittel oder auch überdie Risikobereitschaft verfügt, das Investitionsvorhaben - zu dessen [X.] er sich jedenfalls gegenüber dem Verkäufer verpflichten mußte - zu [X.] Liegt keine formularvertragliche Vereinbarung, sondern eine [X.] vor, so hat die Auslegung im Unterschied zu den vorstehenden Ü-berlegungen die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (vgl.[X.]Z 77, 116, 118; 79, 117, 118 f). Auch dies führt jedoch zu demselben Er-gebnis, wonach die Klägerin nur einen Ausgleich des - bei der Weiterveräuße-rung nicht ausgeschöpften - Wertzuwachses verlangen kann, der in der Zeitnach dem Erwerb des Grundstücks durch den Beklagten entstanden ist. Es gibtweder Hinweise auf einen hiervon abweichenden übereinstimmenden Willender Vertragsparteien, noch auf [X.] des Beklagten, die- 10 -von denen eines typischen Erwerbers abweichen. Insbesondere ist nichts fürbesondere Begleitumstände oder für eine Interessenlage ersichtlich, die nichtmit der stets wiederkehrenden Situation - wie sie für die Auslegung [X.] maßgeblich ist (vgl. [X.]Z 60, 377, 380; [X.] Urt. v.10. Dezember 1998, [X.], NJW 1999, 1711, 1714) - übereinstimmt.[X.] Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.[X.] Krüger Klein Gaier Schmidt-Räntsch

Meta

V ZR 285/02

07.02.2003

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.02.2003, Az. V ZR 285/02 (REWIS RS 2003, 4516)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 4516

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