Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2002, Az. V ZR 78/02

V. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 782

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.] Verkündet am:8. November 2002Kirchgeßner,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:nein[X.]R: jaBGB §§ 133 [X.], 157 Ga; [X.] § 5Auslegung einer [X.] einem Privatisierungsvertrag mit einem endgültigen Kaufpreis setzt eine [X.], die im Fall des Weiterverkaufs die Nachzahlung der Differenz zwischenVerkehrswert und [X.] vorsieht, voraus, daß ein höherer [X.] erzielt wird oder der Grundstückswert zwischen Erwerb und Weiterverkaufgestiegen ist. Die spätere Feststellung, daß der ursprüngliche Verkaufspreis unterdem Verkehrswert gelegen hat, löst die Nachzahlungspflicht nicht aus.[X.], [X.]. v. 8. November 2002 - [X.] - [X.] LG Schwerin- 2 -Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch den Vizepräsidenten des [X.]Dr. [X.] und [X.], Prof. Dr. [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Die Revision gegen das [X.]eil 7. Zivilsenats des [X.] vom 7. Februar 2002 wird auf Kosten der [X.].Von Rechts [X.]:Die Klägerin, die [X.]v. S. ([X.], vormalsTreuhandanstalt), ist treuhänderische Verwalterin des Vermögens der [X.] organisationseigener Betriebe - Zentrale Druckerei-, Einkaufs- und Revi-sionsgesellschaft m.b.H. (VOB Zentrag), zu dem ein im [X.]ge-legenes, 8.182 m² großes und mit einem Dreifamilienwohnhaus [X.] gehörte. Nach der [X.] stellte der [X.] als frühe-rer Miteigentümer des Grundstücks einen Antrag auf Rückübertragung nachdem [X.], der jedoch abschlägig beschieden wurde. Darüber [X.] bemühte er sich darum, das Grundstück zurückzukaufen. Die von der [X.] [X.] ([X.]) mit dem Vertrieb [X.] beauftragte [X.] ([X.]) unterrichtete den [X.] mit Schreiben vom 4. Oktober 1995 dar-über, daß sich der von der [X.] bestätigte Kaufpreis auf 287.000 [X.] -Zu diesem Preis verkaufte die Klägerin das Grundstück mit notariellem Vertragvom 29. Februar 1996 an den [X.] 6 des Kaufvertrags enthält unter der Überschrift —Mehrerlösabführungfiunter anderem folgende Regelungen:—6.1 Veräußert der Käufer den Kaufgegenstand ganz oder teilweise bis einschließlich31. Dezember 1997, so hat er den über dem (heutigen) Kaufpreis liegenden Mehrerlösin Höhe von 80 % abzuführen. Bei einer Veräußerung nach dem 31. Dezember 1997,aber bis einschließlich 31. Dezember 1999, sind 50 % des [X.] abzuführen. ...6.2 Liegt der erzielte Kaufpreis unter dem Verkehrswert, sind 80 % bzw. 50 % des [X.] abzuführen, um den der zum Zeitpunkt der Veräußerung bestehende Verkehrs-wert den Kaufpreis übersteigt. Liegt der [X.] über dem Kaufpreis diesesVertrages, jedoch unter dem Verkehrswert zum Zeitpunkt des [X.], führtder Käufer den Mehrerlös entsprechend Ziff. 6.1 und den Differenzbetrag entsprechenddiesem Absatz an den Verkäufer ab.Kommt eine Einigung über den Verkehrswert zwischen den Parteien nicht zustande, istdieser durch den Fachbeirat für Bewertung bei der [X.] zu bestimmen.–fiDer [X.] zahlte den vereinbarten Kaufpreis. Am 16. Dezember 1996wurde zu seinen Gunsten eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch ein-getragen. Mit notariellem Vertrag vom 31. Dezember 1996 veräußerte er [X.] zum Preis von 287.000 DM an die [X.] teilte er der Klägerin im März 1998 mit. Ein daraufhin von der Klägerin be-auftragter Sachverständiger kam zu dem Ergebnis, daß der Verkehrswert [X.] im Zeitpunkt des Abschlusses beider Kaufverträge jeweils1.560.000 DM betragen habe. Nach einer Stellungnahme des Fachbeirates [X.] der [X.] vom 22. Februar 2000 soll sich der Verkehrswert [X.] zum Stichtag 31. Dezember 1996 auf 2.210.000 DM belaufen ha-ben.- 4 -Ausgehend von einem Verkehrswert in Höhe von [X.] DM errechnet die Klägerin einen Anspruch auf Abführung eines fikti-ven [X.] gemäß § 6 Nr. 6.2 Abs. 1 S. 1 des Kaufvertrags in Höhe von970.400 DM. Hiervon macht sie im Wege der Teilklage einen Betrag in [X.] 150.000 DM geltend. Die Klage ist in beiden Tatsacheninstanzen erfolglosgeblieben. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgtdie Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter. Der [X.] beantragt die Zu-rückweisung des Rechtsmittels.Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht qualifiziert die Mehrerlösklauseln in § 6 des [X.] den Parteien geschlossenen Grundstückskaufvertrags als [X.]. Die die Verpflichtung zur Abführung eines fiktiven[X.] regelnde Klausel in § 6 Nr. 6.2 Abs. 1 S. 1 stelle eine [X.] dar, die der Inhaltskontrolle gemäß § 9 [X.] unterliege. Dieser [X.] halte die Bestimmung, die wirtschaftlich einer Nachbewertungsklauselgleichkomme, nicht stand. Die Klägerin habe an einer möglichen Wertsteige-rung des Grundstücks partizipieren sollen, ohne irgendwelche Risiken zu tra-gen. Dagegen sei dem [X.] nicht die Möglichkeit eingeräumt worden, eineVerringerung des Verkehrswerts geltend zu machen. Die Klausel sei für [X.] mit einem bei [X.]schluß nicht einzuschätzenden finanziellenRisiko verbunden gewesen, zumal weder eine Obergrenze festgelegt noch dieMöglichkeit einer Lösung vom Vertrag vorgesehen worden sei. [X.] seiauch die in § 6 Nr. 6.2 Abs. 2 geregelte Bestimmung des Verkehrswerts durch- 5 -den Fachbeirat für Bewertung der [X.], weil es sich hierbei nicht um eine unab-hängige Stelle handele und dem [X.] kein Ablehnungsrecht eingeräumtworden sei. Schließlich verstoße die Geltendmachung der Klageforderung we-gen der großen Diskrepanz zwischen dem am 29. Februar 1996 vereinbartenKaufpreis und dem durch die Klägerin nachträglich ermittelten Verkehrswertgegen die guten Sitten. Auf die hiermit verbundenen finanziellen Risiken habedie Klägerin den [X.] nicht hingewiesen. Der [X.] habe davon [X.] dürfen, daß die Veräußerung an ihn zum Verkehrswert erfolgt sei unddaß die Weiterveräußerung zum gleichen Preis deshalb keine Ansprüche derKlägerin habe auslösen können.II.Die hiergegen gerichtete Revision bleibt im Ergebnis ohne Erfolg. [X.] steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht zu.1. Mögliche Grundlage eines Anspruchs der Klägerin gegen den [X.] auf Zahlung eines Betrags in Höhe der Differenz zwischen dem Ver-kehrswert des verkauften Grundstücks im Zeitpunkt des Weiterverkaufs unddem Kaufpreis, zu dem die Klägerin dem [X.] das Grundstück [X.] hatte, kann hier nur § 6 Nr. 6.2 des Kaufvertrags der Parteien sein.Voraussetzung dafür wäre aber nicht nur, daß der [X.] das Grundstück [X.] der Bindungsfrist verkauft hat, sondern auch, daß der [X.] bei [X.] Weiterverkauf einen Kaufpreis erzielt hat, der über dem Erwerbspreis liegt,oder daß er eine zwischenzeitlich eingetretene Wertsteigerung nicht [X.]. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.- 6 -2. a) Der Revision ist allerdings zuzugeben, daß § 6 Nr. 6.2 des [X.]dem Wortlaut nach nicht ausschließt, in dem von der Klägerin ihrer Klagezugrunde gelegten Sinne verstanden und so ausgelegt zu werden, daß eineDifferenz zwischen dem Erwerbspreis und dem Verkehrswert des [X.] Weiterverkauf auch dann geschuldet sein soll, wenn - wie hier - ein [X.] nicht erzielt wurde und der Verkehrswert zwischen Kauf und [X.] auch nicht gestiegen ist. Eine solche Auslegung wird aber den hier anzule-genden Maßstäben einer objektiven Auslegung nicht gerecht.b) Bei der Klausel in § 6 Nr. 6.2 des [X.] handelt es sich, wie [X.] zu Recht festgestellt hat, um [X.]. Denn die Klägerin hat sie einseitig für eine Vielzahl von [X.] und auch so verwendet. Dies wird von der Revision auch nicht in [X.]. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind für eine Vielzahl von [X.] vorformuliert. Sie sind deshalb nach ihrem objektiven Inhalt und typischenSinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen [X.] unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligtenKreise verstanden werden ([X.], [X.]. v. 9. Mai 2001, [X.], [X.], 2165, 2166; [X.]. v. 25. Juni 1992, [X.], [X.], 2629). [X.] einheitlichen Auslegung sind die [X.] des durch-schnittlichen [X.]partners des Verwenders zugrunde zu legen ([X.], [X.]. [X.] Juni 1999, [X.], NJW-RR 1999, 1473; [X.]. v. 6. März 1996, [X.]/95, NJW-RR 1996, 857). Es kommt dabei nicht auf die individuelle Interes-senlage im Einzelfall, sondern auf die typisierten Interessen des [X.] seiner [X.]partner an ([X.]Z 60, 377, 380; [X.]. v. 10. Dezember 1998,I [X.], NJW 1999, 1711, 1714).- 7 -c) Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist die Klausel in § 6 Nr. 6.2 des [X.] der Parteien in dem Sinne zu verstehen, daß neben einem tatsächlicherzielten Mehrerlös auch ein in einer Wertsteigerung des Grundstücks [X.], nicht ausgeschöpfter Mehrwert ausgeglichen werden soll.aa) Hierfür spricht zunächst das Verhältnis des § 6 zu § 2 des [X.].In § 2 ist der Kaufpreis endgültig festgelegt und in § 6 schon nach der Über-schrift keine nachträgliche Überprüfung des Kaufpreises oder der ihm zugrundeliegenden Bewertung des Grundstücks vorgesehen. Bei dieser Struktur der[X.]bedingungen kann der typische [X.]partner der Klägerin in § 6 nureine Regelung erwarten, die nach Erwerb eingetretene Vorteile abschöpfen soll.Dies muß nicht nur ein tatsächlich erzielter Mehrerlös sein, den § 6 Nr. 6.1 [X.]. Es kann auch sein, daß der Erwerber in der Situation des Weiterverkaufseinen [X.] hat, ihn aber nicht oder nicht voll ausschöpft. Einen solchenFall will § 6 Nr. 6.2 ersichtlich regeln. Er besteht nach der Klausel darin, daß der[X.] hinter dem Verkehrswert des Grundstücks im Zeitpunkt [X.] zurückbleibt. Dieser nicht ausgenutzte Mehrwert des Grund-stücks soll in der in der Klausel im Einzelnen beschriebenen Weise abgeschöpftwerden. Von einem durch diese Klausel abschöpfbaren Mehrwert kann aber nurgesprochen werden, wenn nach dem Ersterwerb eine Steigerung des [X.] eingetreten ist, die nicht auf Aufwendungen des Erwerbers zurück-zuführen ist (vgl. § 6 Nr. 6.3 des [X.]). Hier ist der Verkehrswert in demkurzen Zeitraum bis zum Weiterverkauf aber nicht gestiegen. Es hat sich viel-mehr ergeben, daß, wovon in der Revisionsinstanz auszugehen ist, schon [X.] deutlich unter dem Verkehrswert lag. Das ist kein Mehrwert, mitdessen Abschöpfung der typische Erwerber rechnen kann. Ein Erwerber in derLage des [X.] kann nicht erwarten, daß ihm ein besonders günstigerPreis eingeräumt wird. Er kann und muß vielmehr mangels abweichender [X.] 8 -stände davon ausgehen, daß die Klägerin ihm das Grundstück entsprechendihrer Verpflichtung zur bestmöglichen Verwertung des ihr zur Verwaltung über-tragenen Vermögens der Parteien und Massenorganisationen (vgl. Anlage IIKapitel II Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 des [X.], § 7 Abs. 1 S. 1BHO, § 6 Abs. 1 HGrG; Horn, [X.] im neuen [X.], 2. Aufl., § 18 Rdn. 98; [X.], [X.], 813, 818) zum Ver-kehrswert verkauft, zumal die Klägerin hierbei mit der [X.] hat. Er braucht redlicherweise nicht damit zu rechnen, daß eine Klausel [X.] von Vorteilen in einem Vertrag mit einem festen Kaufpreis eineverdeckte Nachbewertung des [X.] enthalten soll.bb) Diese Auslegung wird dadurch bestätigt, daß die Parteien auch imübrigen davon ausgegangen sind, daß nicht nachträglich überprüft werden soll,ob der Erwerbspreis dem Verkehrswert entspricht. So haben sie in § 7 zwar fürden Fall des nachträglichen Bekanntwerdens vermögensrechtlicher Ansprücheeine Verpflichtung des Erwerbers zur Freistellung der Klägerin vorgesehen.Diese ist aber auf eine Differenz zwischen Erwerbspreis und Wert von bis zu10 % begrenzt. Bei einer weitergehenden Differenz ist gerade wegen des festvereinbarten Preises keine Nachzahlungspflicht, sondern nur eine Pflicht zurNachverhandlung und für den Fall von deren Scheitern ein beiderseitiges Rechtzum Rücktritt vorgesehen. Damit ist für einen Sachverhalt, bei dem der typischeErwerber angesichts der gesetzlichen Vorgaben eine Durchbrechung des [X.] Preises noch am ehesten erwarten würde, eine Lösung gefunden worden,die der Erwartung des Erwerbers, daß der Preis verbindlich bleiben soll, beson-ders Rechnung trägt. Daraus muß der typische Erwerber ableiten, daß eine et-waige Differenz von Erwerbspreis und Verkehrswert in anderen Fällen keineNachzahlungspflicht auslöst. Jedenfalls muß er davon ausgehen, daß eine sol-- 9 -che Pflicht nicht in einer Regelung enthalten ist, die mit dem Begriff —Mehrerlösfiauf nachträglich eingetretene Vorteile hindeutet und keinerlei Begrenzung einerNachzahlungspflicht vorsieht.cc) Ein anderes Verständnis dieser Klausel läßt sich schließlich auchnicht mit einem anderen Interesse der Klägerin begründen. Ein [X.] gegenüber dem [X.] hat die Klägerin nicht verfolgt. In § 7Nr. 7.1 des [X.] heißt es ausdrücklich, daß der [X.] nicht restitutions-berechtigt ist. Investitions- oder Sanierungspflichten, deren Durchsetzung einekonditionierte Pflicht zur Auskehrung der Differenz zwischen Kaufpreis und Ver-kehrswert dienen könnte, sieht der Vertrag nicht vor. Gesichtspunkte, die sonsteine andere Auslegung der Klausel rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.3. Greift die Klausel nach alledem nicht ein, weil der [X.] einenMehrerlös tatsächlich nicht erzielt hat und der Verkehrswert zwischen Kauf [X.] nicht gestiegen ist, bedarf es keiner Entscheidung darüber, obdie Klausel einer [X.] oder den Anforderungen des § 138 [X.] [X.] -III.Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.[X.] Tropf [X.] Gaier Schmidt-Räntsch

Meta

V ZR 78/02

08.11.2002

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2002, Az. V ZR 78/02 (REWIS RS 2002, 782)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 782

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