Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 29.06.2017, Az. 6 B 68/16

6. Senat | REWIS RS 2017, 8774

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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

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Gegenstand

Diplomanerkennung; deutsch-niederländischer Doppelstudiengang


Gründe

I

1

Der Kläger begehrt die Diplomierung zum "Diplom-[X.] (Fachhochschule)" im Rahmen des seinerzeit von der [X.] und einer [X.] Hochschule angebotenen Doppeldiplomstudienprogramms.

2

Seine Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht Erfolg. Auf die Berufung der [X.] hat das Oberverwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt: Zum einen sei eine Verpflichtung der [X.] zu einer Diplomierung des [X.] im maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsverhandlung nicht mehr möglich, weil der Studiengang ausgelaufen sei. Dabei könne offenbleiben, ob die Beklagte den Studiengang wirksam geschlossen habe. Jedenfalls könne sie nach § 8 Abs. 1 [X.] in der seit dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung nur noch den Bachelor- und den Mastergrad verleihen. Der Anwendungsbereich der Übergangsregelung des § 72 Abs. 3 Satz 1 [X.], die Ausnahmen nur für die nach dem 31. Dezember 2015 eingeschriebenen Studierenden in Diplom- und Magisterstudiengängen vorsehe, erfasse den Kläger nicht. Zum anderen habe der Kläger auch deshalb keinen Anspruch auf das begehrte Diplom, weil er die nach der Prüfungsordnung maßgeblichen Voraussetzungen nicht erfüllt habe. Er habe die erforderlichen 60 [X.] nicht erreicht und dieses Erfordernis auch nicht nachholen können. Der [X.] sei eine Berufung auf die fehlende Leistungserbringung nicht nach [X.] und Glauben verwehrt, da keine Vertrauensposition zugunsten des [X.] begründet worden sei. Auskünfte von Bediensteten der [X.] per E-Mail, die bei ihm den Eindruck der [X.] von Leistungen erweckt hätten, ermangelten der nach § 38 VwVfG erforderlichen Schriftform bzw. elektronischen Signatur. Die Mitwirkung von Prof. A. an der Bewertung seiner an der Partnerhochschule gefertigten Bachelorarbeit könne unter den Umständen des konkreten Falles ebenfalls kein dahingehendes schutzwürdiges Vertrauen begründen.

3

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde.

II

4

Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der Abweichung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

5

1. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Beschwerde eine abstrakte Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ist die angegriffene Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, so kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen mit Erfolg ein Revisionszulassungsgrund geltend gemacht wird ([X.], Beschluss vom 9. Dezember 1994 - 11 PKH 28.94 - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4; stRspr). Denn wenn nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund vorliegt, kann diese Begründung hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert. So liegt der Fall hier.

6

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung auf zwei unabhängig voneinander tragende Argumentationsstränge gestellt: Nachdem es eine Verpflichtung der [X.] wegen des Auslaufens des Studiengangs und des nunmehr geltenden § 8 Abs. 1 [X.] in der seit dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung für ausgeschlossen erachtet hat (unter 1.), hat es "Unabhängig vom Vorstehenden" ([X.]) einen Anspruch des [X.] auf die Diplomierung mangels Erfüllung der erforderlichen Voraussetzungen abgelehnt (unter 2.). Die Beschwerde, die dies zutreffend erkennt, macht gegen beide Begründungsstränge des Berufungsurteils Gründe für die Zulassung der Revision geltend. Sie scheitert aber bereits daran, dass sie in Bezug auf die erste Begründung keinen Grund für eine Zulassung der Revision darlegt (1.1). Darüber hinaus zeigt sie auch hinsichtlich der zweiten Begründung einen Grund für die Zulassung der Revision nicht auf (1.2).

7

1.1 Die Beschwerde wirft als grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage auf:

"Unterfallen Studenten [X.] Hochschulen bzw. [X.][r] Hochschulen, die vor dem 31.12.2015 an einer Hochschule eingeschrieben waren, der Ausnahmeregelung des § 72 Abs. 3 Nr. 1 [X.], wenn Sie die Voraussetzungen der Erlangung des akademischen Grades Diplom [X.] vor Inkrafttreten der vorbenannten Vorschrift erfüllt haben?"

8

Mit dieser Fragestellung ist eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht dargelegt. Denn die aufgeworfene Fragestellung betrifft die Auslegung einer Vorschrift des [X.] und damit Landesrecht, das nicht zum revisiblen Recht gehört und - von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen - der Revision nicht zugänglich ist (§ 137 Abs. 1 VwGO). An die durch das Oberverwaltungsgericht vorgenommene Auslegung eines Landesgesetzes, auf dessen Verletzung die Revision nicht gestützt werden kann, wäre der Senat in dem erstrebten Revisionsverfahren gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO gebunden. Nur ergänzend ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass der Kläger nach den Feststellungen der Vorinstanz die Voraussetzungen der Erlangung des akademischen Grades "Diplom-[X.]" vor Inkrafttreten der Änderung des [X.] gerade nicht erfüllt hat.

9

1.2 Die weiteren von der Beschwerde formulierten Fragen rechtfertigen - auch für sich betrachtet - nicht die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

1.2.1 Die Fragestellung

"Grundsätzlich[e] Bedeutung hat weiter die Frage, ob die Verwaltungsvereinbarungen zwischen der [X.] und Berufungsklägerin und einer Kooperationshochschule im Rahmen zur Schaffung eines Doppelstudiums, das heißt Verwaltungsvereinbarungen im Rahmen von Doppelstudiengängen, die in zwei verschiedenen Ländern, bei verschiedenen Hochschulen durchgeführt werden und deren Ziel die Erlangung von Abschlüssen beider Hochschulen ist, den Studenten subjektive Rechte verleihen."

wirft keine Fragen des revisiblen Rechts auf. Das Berufungsgericht hat den zwischen der [X.] und der [X.] Partnerhochschule geschlossenen Verwaltungsvereinbarungen keine Rechtssatzqualität zugemessen, d.h. sie nicht als verbindliche Normen des Außenrechts angesehen. Ob auf Landesrecht beruhende Verwaltungsvereinbarungen - als notwendige Voraussetzung für die Begründung subjektiver Rechte - Rechtsqualität besitzen, entzieht sich der Revisibilität.

1.2.2 Die Behauptung

"Durch die Zulassung zur Diplomprüfung und der Beteiligung eines Professors an der Korrektur einer Abschlussarbeit an einer anderen Hochschule als der [X.] im Rahmen eines binationalen Kooperationsvertrages, kommt mit der [X.] ein Prüfungsrechtsverhältnis[ses] eigener Art zustande, weiter hat die Beklagte mit diesem Akt das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zulassung zur Diplomarbeit festgestellt."

verfehlt bereits die Darlegungserfordernisse gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an eine Grundsatzfrage. Sie stellt - wiederum auf [X.] des irrevisiblen Rechts - dem Gedankengang des Berufungsurteils lediglich eine alternative Rechtsauffassung entgegen, ohne sich mit der Argumentation der Vorinstanz auseinanderzusetzen.

1.2.3 Die Frage

"Grundsätzliche Bedeutung hat ferner die Frage, ob § 38 I VwVfG vor dem Hintergrund von [X.] und Glauben teleologisch derart reduziert werden kann, dass vom Erfordernis der Schriftform abgesehen werden muss und dann ein immer wieder im Außenverhältnis kundgetaner Wille und schlüssiges Verhalten der Behörde zur Annahme eines entsprechende[n] [X.] führt."

negiert das in § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG als Wirksamkeitsvoraussetzung für eine verbindliche Zusicherung normierte Schriftformerfordernis bzw. die in § 3a Abs. 2 VwVfG geregelte qualifizierte Signatur; damit ist eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht dargetan. Das Vorbringen der Beschwerde setzt sich zudem nicht damit auseinander, dass das Berufungsgericht den Inhalt der E-Mails der [X.] nicht als mit Rechtsbindungswillen abgegebene Willenserklärungen, sondern als bloße Auskünfte und damit [X.] ausgelegt hat.

2. Die Behauptung

"Die Rechtsprechung des [X.] steht im Widerspruch (Divergenz) zum Beschluss des [X.], Beschluss vom 22.03.1995, in dem ausgeführt wird, das auch nicht schriftlich erteilte Zusicherungen grundsätzlich Rechtswirksamkeit erlangen, wenn sie von einem entsprechenden erkennbaren [X.] getragen werden."

begründet nicht den Zulassungsgrund der Abweichung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO. Der 1. Wehrdienstsenat hat mit der von der Beschwerde offenbar gemeinten Entscheidung ([X.], Beschluss vom 22. März 1995 - 1 [X.] 81.94 - [X.]E 103, 219 <220>) den Besonderheiten des Dienstrechts der Berufssoldaten Rechnung getragen. Nur für diesen Rechtsbereich geht der 1. Wehrdienstsenat davon aus, dass es der Schriftform - abweichend von § 38 VwVfG - für die Verbindlichkeit einer Zusicherung nicht bedarf ([X.], Beschluss vom 27. November 1986 - 1 [X.] 102.84 - [X.]E 83, 255 <260>). Dieser Rechtssatz beansprucht jedoch außerhalb des genannten Anwendungsbereichs offensichtlich keine Verbindlichkeit. Darauf kommt es aber letztlich nicht an, denn eine Abweichung scheidet bereits deshalb aus, weil die Vorinstanz den Inhalt der E-Mails der [X.] als bloße Auskünfte angesehen hat (s.o.).

3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO). Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

6 B 68/16

29.06.2017

Bundesverwaltungsgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend OVG Lüneburg, 6. Oktober 2016, Az: 2 LB 5/16, Urteil

§ 7 Abs 3 HSchulG ND 2007, § 72 Abs 3 HSchulG ND 2007, § 8 Abs 1 HSchulG ND 2007

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 29.06.2017, Az. 6 B 68/16 (REWIS RS 2017, 8774)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 8774

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