Bundespatentgericht, Beschluss vom 01.06.2010, Az. 33 W (pat) 62/08

33. Senat | REWIS RS 2010, 6230

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "CALLIDO/CALLISTO" – zur Einrede der Nichtbenutzung: grafische werbeübliche Verfremdung stellt keine Veränderung des kennzeichnenden Charakters des Wortes dar - Benutzung durch andere Gesellschaft kann derselben Unternehmensgruppe zugerechnet werden – zum Beurteilungsmaßstab für die Verwechslungsgefahr: Maß an Übereinstimmungen bilden Beurteilungsmaßstab für Verwechslungsgefahr – Saisontätigkeit beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln – zum Aufmerksamkeitsgrad – zur Warenidentität und -ähnlichkeit – teilweise klangliche und schriftbildliche Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 303 27 763

hat der 33. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 1. Juni 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], der Richterin am [X.] und des Richters Kätker

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 1 des [X.] vom 25. August 2006 und 28. April 2008 teilweise aufgehoben und die Löschung der Marke 303 27 763 für folgende Waren angeordnet:

Klasse 1: chemische Erzeugnisse für gewerbliche und wissenschaftliche Zwecke; chemische Erzeugnisse einschließlich solcher mit biologischen Grundstoffen für land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke einschließlich für den Landschafts- und Sportplatzbau, zur Bodenhaltung und Vorratshaltung, insbesondere Pflanzenschutzmittel, Mittel zum Frischhalten und Haltbarmachen von Futtermitteln und Blumen, [X.], Düngemittel einschließlich Naturdünger, Bodenhilfsstoffe, [X.] einschließlich [X.] und Bodenlockerungsmittel und Pflanzenstärkungsmittel, Pflanzgranulat zum Umschließen des Wurzelbereiches von Pflanzen, Kompostierungsmittel, Torfe (Dünger), Auftaumittel, Mittel zur Behandlung von Saatgut einschließlich Saatbeizmittel und [X.], alle vorgenannten Waren soweit in Klasse 01 enthalten; Mittel zur Reinigung von Gärten und Behältern, soweit in Klasse 01 enthalten; Wachstumsregulatoren;

Klasse 3: Mittel zur Reinigung von Gärten und Behältern;

Klasse 5: Fungizide, Herbizide; chemische Erzeugnisse einschließlich solcher mit biologischen Grundstoffen zur Behandlung von Mangelkrankheiten bei Pflanzen; Mittel zur Vertilgung von Unkraut und schädlichen Tieren sowie chemische Erzeugnisse einschließlich solcher mit biologischen Grundstoffen zum Schutz von pflanzlichen Erzeugnissen (Vorratsschutz), nämlich Mittel zur Bekämpfung von pflanzlichen, pilzlichen, tierischen und mikrobiellen Schädlingen; Tier- und Insektenrepellents, Lockstoffe für Tiere und Insekten, Insektenverwirrmittel und Haushaltshygienemittel gegen Schädlinge und Lästlinge, chemische Erzeugnisse einschließlich solcher mit biologischen Grundstoffen zur Schädlingsbekämpfung.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde hinsichtlich der noch verfahrensgegenständlichen Waren zurückgewiesen, nämlich hinsichtlich

Klasse 5: pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; Desinfektionsmittel.

Gründe

I.

1

Gegen die Eintragung der Wortmarke 303 27 763

2

[X.]

3

für

4

Klasse 1: chemische Erzeugnisse für gewerbliche und wissenschaftliche Zwecke; chemische Erzeugnisse einschließlich solcher mit biologischen Grundstoffen für land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke einschließlich für den Landschafts- und [X.]portplatzbau, zur Bodenhaltung und Vorratshaltung, insbesondere Pflanzenschutzmittel, Mittel zum Frischhalten und Haltbarmachen von Futtermitteln und Blumen, [X.], [X.]üngemittel einschließlich Naturdünger, Bodenhilfsstoffe, [X.] einschließlich [X.] und Bodenlockerungsmittel und Pflanzenstärkungsmittel, Pflanzgranulat zum Umschließen des Wurzelbereiches von Pflanzen, Kompostierungsmittel, [X.]orfe ([X.]ünger), Auftaumittel, Mittel zur Behandlung von [X.]aatgut einschließlich [X.]aatbeizmittel und [X.], alle vorgenannten Waren soweit in Klasse 01 enthalten; Mittel zur Reinigung von Gärten und Behältern, soweit in Klasse 01 enthalten, chemische Erzeugnisse zum Frischhalten und Haltbarmachen von Lebensmitteln; Wachstumsregulatoren;

5

Klasse 3: Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und [X.]chleifmittel; Mittel zur Reinigung von Gärten und Behältern;

6

Klasse 5: pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; Fungizide, Herbizide; chemische Erzeugnisse einschließlich solcher mit biologischen Grundstoffen zur Behandlung von Mangelkrankheiten bei Pflanzen; Mittel zur Vertilgung von Unkraut und schädlichen [X.]ieren sowie chemische Erzeugnisse einschließlich solcher mit biologischen Grundstoffen zum [X.]chutz von pflanzlichen Erzeugnissen (Vorratsschutz), nämlich Mittel zur Bekämpfung von pflanzlichen, pilzlichen, tierischen und mikrobiellen [X.]chädlingen; [X.]ier- und Insektenrepellents, Lockstoffe für [X.]iere und Insekten, Insektenverwirrmittel und Haushaltshygienemittel gegen [X.]chädlinge und Lästlinge , chemische Erzeugnisse einschließlich solcher mit biologischen Grundstoffen zur [X.]chädlingsbekämpfung, [X.]esinfektionsmittel

7

([X.] in der Fassung nach der [X.]eillöschung vom 10. März 2004)

8

ist Widerspruch erhoben worden aus der Wortmarke 300 50 729

9

[X.]

für

Klasse 5: Herbizide.

Mit [X.]chriftsatz vom 21. [X.]ezember 2006 hat die Inhaberin der jüngeren Marke die [X.] gegen die seit dem 19. Oktober 2000 ohne nachfolgendes Widerspruchsverfahren eingetragene Widerspruchsmarke erhoben. [X.]ie Widersprechende hat Unterlagen zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung ihrer Marke vorgelegt.

Mit Beschlüssen vom 25. August 2006 und 28. April 2008, letzter im Erinnerungsverfahren, hat die Markenstelle für Klasse 1 des [X.] den Widerspruch zurückgewiesen.

Nach Auffassung der Markenstelle besteht keine Gefahr von Verwechslungen i. [X.]. v. §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte sei von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Zwar liege hinsichtlich der Waren "Herbizide" Identität vor, Waren aus dem Bereich der [X.]chädlingsbekämpfung würden aber nicht leichtfertig gebraucht, so dass auch breite Verkehrskreise, insbesondere Hobbygärtner, an die sich die Waren wendeten, beim Kauf eine gewisse [X.]orgfalt walten ließen. An den zu fordernden Abstand der Marken seien daher keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. [X.]ieser werde vorliegend von der jüngeren Marke noch eingehalten. Zwar verfügten die Marken über gleiche [X.], [X.] sowie [X.]prech- und Betonungsrhythmus. [X.]ie unterschieden sich aber in der [X.], wo die angegriffene Marke den klangschwachen Konsonanten und [X.]prenglaut "[X.]", die Widerspruchsmarke hingegen an gleicher [X.]telle den klangschwachen Konsonanten und Zischlaut "[X.]" sowie den klangstarken [X.]" aufweise. Ein Grund zur Vernachlässigung oder zum Weglassen eines Bestandteils bestehe nicht. [X.]urch die prägnante Buchstabenkombination "[X.]" klinge die Widerspruchsmarke markanter als die weicher klingende angegriffene Marke. [X.]abei komme es nicht darauf an, ob die [X.]ilben "[X.]" getrennt würden, da hierbei keine akustisch deutliche [X.]prechpause entstehe. Angesichts der zu erwartenden [X.]orgfalt bei der Auswahl der u. U. gesundheitsschädlichen Waren bestehe damit keine klangliche [X.]. Auch in schriftbildlicher Hinsicht unterschieden sich die Marken durch die typische Umrisscharakteristik des Buchstabens "[X.]" der jüngeren Marke gegenüber "[X.]" bei der [X.] ausreichend. Auf die Frage der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke komme es daher nicht an.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Zur Begründung führt sie aus, dass sie ihre Marke rechtserhaltend benutzt habe. Ergänzend hat sie mit [X.]chriftsatz vom 3. [X.]eptember 2009 weitere [X.] vorgelegt. [X.]ie meint, dass die daraus hervorgehende, seit 2001 benutzte [X.] mit stilisiertem "i" den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändere. [X.]oweit die Markeninhaberin gegen die Verwendung dieser Form seit 2001 einwende, dass die Unterlagen ein [X.]atum vom 27. Juni 2006 aufwiesen, so stehe dies der Glaubhaftigkeit nicht entgegen, da die [X.]ruckvorlagen nur aus technischen Gründen dieses [X.]atum, an dem sie ausgestellt worden seien, trügen. [X.]ie rechtserhaltende Benutzung sei dabei nicht auf den speziellen Verwendungszweck der benutzten Herbizide für [X.] eingeschränkt.

Hinsichtlich der Ware "Herbizide" bestehe Identität zum identisch für die jüngere Marke eingetragenen Warenbegriff sowie zu den Waren "Mittel zur Vertilgung von Unkraut und schädlichen [X.]ieren" der jüngeren Marke. Hinsichtlich der weiteren Waren der jüngeren Marke, etwa chemische Erzeugnisse einschließlich solcher mit biologischen Grundstoffen für land-, garten und forstwirtschaftliche Zwecke; Bodenhilfsstoffe, [X.]" oder "Mittel zur Reinigung von Gärten und Behältern" bestehe starke Ähnlichkeit. Eine Ähnlichkeit bestehe auch zu den Waren "pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege" und "[X.]esinfektionsmittel" der angegriffenen Marke. Hierfür spreche vor allem die Herkunft der beiderseitigen Waren aus Unternehmen der chemischen Industrie, gleiche Abnehmerkreise und teilweise übereinstimmende Inhaltsstoffe. Zudem verweist die Widersprechende auf Entscheidungen, die eine solche Ähnlichkeit bestätigten, insbesondere die Entscheidung des 30. [X.]enats des [X.] vom 5. Mai 2008 (30 W (pat) 205/04).

Von den (in 1-, 5- und 20 [X.] vertriebenen) Waren würden auch breite Endverbraucherkreise einschließlich Kleinbauern oder kleinere landwirtschaftliche Betriebe o. Ä. angesprochen. [X.]iese ließen zwar bei der Auswahl der Waren eine gewisse [X.]orgfalt walten, es könne aber nicht von einer erhöhten Aufmerksamkeit wie [X.] bei pharmazeutischen Produkten ausgegangen werden. Zudem sei nach der Rechtsprechung selbst beim [X.]urchschnittsverbraucher von normal informierten und interessierten Personen auszugehen, so dass sich letztendlich kein Unterschied zu den o. g. Fachverbrauchern ergebe. Vielmehr sei ein deutlicher Abstand der jüngeren Marke von der älteren zu fordern, den diese jedoch nicht einhalte.

[X.]ie Markenstelle räume selbst ein, dass die Vergleichsmarken über die gleiche [X.], [X.] und ähnlichen [X.]prech- und Betonungsrhythmus verfügten, würdige aber nicht, dass die Marken in den stärker beachteten ersten fünf Lauten " [X.] " und dem letzten Laut "O" übereinstimmten und damit eine bis an Identität reichende Ähnlichkeit aufwiesen. Auch die beiden jeweils vorletzten Laute seien fast identisch, da "[X.]" lediglich eine weiche Abart von "[X.]" darstelle. [X.]er einzige Unterschied bestehe in dem zusätzlichen drittletzten Laut "[X.]" bzw. "[X.]" der Widerspruchsmarke. [X.]ieser Unterschied in der [X.] trete aber keinesfalls deutlich hervor. [X.]er Laut "[X.]" der Widerspruchsmarke stelle einen klangschwachen Auslaut der mittleren [X.]ilbe dar, wobei die Marken in den jeweiligen Endsilben "[X.]O" und "[X.]O" fast identisch klängen. [X.]elbst wenn man davon ausgehe, dass "[X.]" den (klangschwachen) Auftaktlaut der letzten [X.]ilbe darstelle, ändere dies nichts am ansonsten identischen klanglichen Gesamteindruck. Zudem würden beide Marken in der zweiten [X.]ilbe auf dem gemeinsamen Vokal "I" betont. Allenfalls komme noch eine Betonung beider Marken auf der jeweiligen Anfangssilbe "[X.]" in Frage. Insgesamt könne man möglicherweise beim direkten Vergleich der Marken noch die Unterschiede erkennen, aus der Erinnerung heraus ließen sich die Marken jedenfalls aber nicht ausreichend unterscheiden. Angesichts der großen Übereinstimmungen könnten Verwechslungen nach dem Gesamteindruck nicht ausgeschlossen werden.

Zudem sei die Markenstelle fehlerhaft von einer Wiedergabe der Vergleichsmarken in Großbuchstaben ausgegangen. Es seien jedoch sämtliche üblichen Wiedergaben zu berücksichtigen, auch solche in Groß-/Kleinschreibung (" [X.] "/" Callido "). [X.]abei träten die Übereinstimmungen der fünf Anfangsbuchstaben "Calli" und in dem [X.]" deutlich hervor, während die Unterschiede in den vorletzten Buchstaben "t" und "d" kaum wahrzunehmen seien, da beide Buchstaben in erster Linie durch die senkrechte Gerade mit [X.] geprägt würden und der zusätzliche Buchstabe "s" keine deutliche Umprägung des ansonsten fast identischen schriftbildlichen Gesamteindrucks der Marken darstelle, zumal "s", je nach Wiedergabe, große Ähnlichkeit mit der unteren Rundung des Buchstaben "d" in der jüngeren Marke aufweise.

In der mündlichen Verhandlung hat die Widersprechende die Rücknahme des Widerspruchs für folgende Waren der angegriffenen Marke erklärt:

Klasse 1: chemische Erzeugnisse zum Frischhalten und Haltbarmachen von Lebensmitteln;

Klasse 3: Wasch- und Bleichmittel, Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und [X.]chleifmittel.

[X.]ie Widersprechende beantragt nunmehr sinngemäß,

die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

[X.]ie Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Nach ihrer Auffassung nehme die Widersprechende eine willkürliche und nicht sprachübliche Aufspaltung der Marken in [X.] vor. Bei sprachüblicher [X.]ilbentrennung ständen sich vielmehr "[X.]-LI-[X.]O" und "[X.][X.]" gegenüber, wobei der Vokal "I" nur in der ersten Marke betont werde. [X.]ie Marken seien klanglich deutlich unterschiedlich, und die unterschiedlichen Wortlängen und Buchstabenfolgen führten auch visuell zu einer ausreichenden Unterscheidbarkeit.

[X.]ie rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke werde weiterhin bestritten. [X.]ie eidesstattliche Versicherung von [X.]… vom 10. [X.]ezember 2008 erscheine nicht schlüssig. [X.]arin werde angegeben, dass die vorgelegten Unterlagen seit 2001 in dieser Form verwendet würden. [X.]ies sei jedoch nicht möglich, da die Unterlagen ein [X.]ruckdatum vom 27. Juni 2006 aufwiesen.

[X.]ie Waren wendeten sich nicht an Hobbygärtner, sondern an gewerbliche Abnehmer mit (nachzuweisender) [X.]achkunde über den sorgfältigen Umgang und die sorgfältige Auswahl der Pflanzenschutzmittel, was auch die von der Widersprechenden eingereichten [X.] zeigten. [X.]a diese Abnehmer genau zu dokumentieren hätten, welche Mittel zur Pflanzenbehandlung verwendet würden, sei mit einer hohen Aufmerksamkeit zu rechnen, so dass die deutlichen Unterschiede der Marken signifikant auffielen. [X.]elbst Hobbygärtner würden angesichts der toxischen Wirkungen der Waren bei deren Erwerb und Verwendung hohe Aufmerksamkeit walten lassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1. [X.]ie zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist teilweise begründet.

a) [X.]ie Widersprechende hat die zulässig bestrittene Benutzung ihrer Marke gemäß §§ 43 Abs. 1 [X.]atz 2, 26 [X.] hinreichend glaubhaft gemacht. [X.]ie [X.] vom 21. [X.]ezember 2006 ist zwar undifferenziert erhoben worden. [X.]a die am 19. Oktober 2000 ohne nachfolgendes Widerspruchsverfahren eingetragene Widerspruchsmarke zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der jüngeren Marke am 26. [X.]eptember 2003 noch keine fünf Jahre eingetragen war, die Benutzungsschonfrist vielmehr erst am 19. Oktober 2005 ablief, ist die [X.] allein nach der Alternative des § 43 Abs. 1 [X.]atz 2 [X.] zulässig. [X.]emnach hatte die Widersprechende die rechtserhaltende Benutzung ihrer für "Herbizide" eingetragenen Marke für den Zeitraum von fünf Jahren vor der mündlichen Verhandlung, also von Mai 2005 bis (einschließlich) Mai 2010 glaubhaft zu machen.

[X.]ie rechtserhaltende Benutzung ist zunächst nach der Art der Benutzung hinreichend glaubhaft gemacht worden. Hierzu hat die Widersprechende bereits im Verfahren vor der Markenstelle mit [X.]chriftsatz vom 26. Mai 2007 ein Produktblatt vorgelegt, das eine - wenn auch kleine - Fotografie mit zwei Kanistern und einer Flasche zeigt, auf denen jeweils ein Etikett mit dem deutlich erkennbaren und optisch herausgestellten Wort " [X.] " angebracht ist ("Prod.blatt_ [X.] _2/05 mit der Überschrift "Aus der Natur für den [X.]"). Entsprechende, zudem größere Fotografien mit dem Wort " [X.] " als obere, erste und größenmäßig herausgestellte Kennzeichnung auf Gebindeetiketten hat die Widersprechende auch im Beschwerdeverfahren mit [X.]chriftsatz vom 3. [X.]eptember 2009 vorgelegt.

Neben dieser Verwendung als alleinige Marke wird die Marke auch als Zweitmarke auf Verpackungen des Produkts (bzw. der Produktkombination) " ZIN[X.]AN GOL[X.] Pack" verwendet. [X.]ies belegt eine mit [X.]chriftsatz der Widersprechenden vom 26. März 2007 eingereichte Werbefotografie ("[X.]er Allesreiniger"), in der ein Karton abgebildet ist, auf dem der [X.]ext "Herbizid Kombination aus den zugelassenen Herbiziden GAR[X.]O®Gold und [X.]® zur Bekämpfung von … in [X.]") sowie die darunter befindlichen Kennzeichnungen " [X.]" und " [X.] " erkennbar sind. Eine entsprechende Kartonabbildung findet sich auch im Prospekt "[X.] aktuell - Frühjahr 2004", [X.]eite 20, den die Widersprechende (eigentlich zur Glaubhaftmachung einer anderen, inzwischen nicht mehr streitgegenständlichen Marke) mit [X.]chriftsatz vom 13. [X.]eptember 2004 eingereicht hat.

In den eidesstattlichen Versicherungen des "Global Head of [X.]rademarks" der Widersprechenden, [X.]…, vom 12. März 2007 und vom 10. [X.]ezember 2008 wird eidesstattlich versichert, dass die Art der Benutzung aus den beiliegenden Unterlagen ersichtlich und diese Unterlagen seit 2001/2002 bis "heute" so verwendet wurden. [X.]amit ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit dargetan, dass die Widerspruchsmarke von Beginn des [X.] bis zumindest Ende 2008, also für eine als ausreichend anzusehende [X.]auer, in [X.] herausgestellter Form auf den [X.] angebracht worden ist.

[X.]oweit die Markeninhaberin hiergegen vorträgt, dass die eidesstattliche Versicherung nicht aussage, "dass alle angegebenen Produktmengen in Kanistern verkauft wurden, von denen jeder in der angegebenen Art und Weise gekennzeichnet wurde" ([X.]chriftsatz vom 9. Juli 2007), führt dies nicht zu Zweifeln an einer funktionsgemäßen Art der Benutzung der Marke. [X.]enn in der eidesstattlichen Versicherung vom 12. März 2007 heißt es: "[X.]ie Art der Benutzung ist aus den beiliegenden Unterlagen, … ersichtlich" und die abgebildeten Kanister und Flaschen mit dem Aufdruck bzw. Etikett " [X.] " sowie die o. g. ZIN[X.]AN GOL[X.] Pack- Kombinationspackungen sind die einzig in den Unterlagen erkennbaren und damit in Betracht kommenden Behälter bzw. Abgabeformen. Es ist daher mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass das [X.] in so gekennzeichneten Gebinden bzw. Verpackungen an den Kunden abgegeben wird.

Auch soweit die Markeninhaberin die im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen dahingehend kritisiert, dass es einerseits in der eidesstattlichen Versicherung vom 12. [X.]ezember 2008 heiße, dass die betreffenden Unterlagen seit dem [X.] in der übermittelten Fassung verwendet würden, die vorgelegten Unterlagen aber andererseits ein [X.]ruckdatum vom 27. Juni 2006 aufwiesen, vermag dieser Vortrag die Glaubhaftigkeit der eidesstattlichen Versicherung nicht zu erschüttern. [X.]enn die [X.] der seit 2006 verwendeten Verpackungen und Beipackzettel können ebenso oder nahezu ebenso ausgesehen haben wie diese. [X.]ies ist sogar wahrscheinlich, denn das mit [X.]chriftsatz der Widersprechenden vom 26. März 2007 eingereichte o. g. Foto mit drei unterschiedlich großen Gebinden, dessen Ausdruck (ganz oben) die Angabe "Prod.blatt_ [X.] _2/05 02.03.2005 …" trägt, lässt keine Unterschiede zu den Abbildungen erkennen, die später als Anlage zur eidesstattlichen Versicherung vom 12. [X.]ezember 2008 eingereicht worden sind.

Im Gegensatz zur Auffassung der Markeninhaberin erkennt der [X.]enat in der aus den Unterlagen ersichtlichen Form der Benutzung mit der [X.]chreibweise " [X.] " unter grafischer Verfremdung des "i" zu einer stilisierten Pflanze mit einem auf ganzer Länge mit Blättern bedeckten Pflanzenstängel sowie einem an der [X.]pitze befindlichen Punkt bzw. Oval keine Veränderung des kennzeichnenden Charakters der eingetragenen Wortmarke " [X.] ". [X.]ies stellt nur eine werbeübliche und klanglich ohnehin nicht wahrnehmbare Verfremdung eines Buchstabens dar, die zudem als maisähnliche Pflanzendarstellung einen deutlich beschreibenden Anklang für die Ware "Herbizide" aufweist. [X.]en kennzeichnenden Charakter des Wortes " [X.] ", das - auch in der [X.]chreibweise " [X.] " - als Bezeichnung einer Figur der [X.] und eines danach benannten [X.] normal kennzeichnungskräftig ist, vermag eine solche Ausgestaltung nicht zu verändern.

Auch der [X.]auer nach ist eine ernsthafte Benutzung i. [X.]. d. § 26 Abs. 1 [X.] glaubhaft gemacht worden, denn laut den eingereichten eidesstattlichen Versicherungen ist die Widerspruchsmarke seit mindestens 2001 "bis heute", also mindestens bis [X.]ezember 2008 und damit über einen ausreichenden Zeitraum verwendet worden. [X.]ies wird durch die bereits o. g. [X.]ruckdaten der vorgelegten Warenabbildungen gestützt.

Gleiches gilt für den Umfang der Benutzung, denn die für die Jahre 2002 bis 2006 eidesstattlich versicherten Umsätze bewegen sich in [X.]eutschland in einer Größenordnung von jährlich … bis …. [X.]. Hierbei war mit zu berücksichtigen, dass es sich bei dem konkreten Produkt der Widersprechenden um ein Herbizid speziell für [X.] handelt, das in kleineren Gebinden verkauft wird (20l-, 5l-, 1l-Kanister bzw. Flaschen), und die Benutzung auch schon deutlich vor dem Beginn des hier relevanten Benutzungszeitraums begann (zur Mitberücksichtigung der u. U. auch außerhalb des [X.] liegenden Benutzungsdauer bei der Beurteilung der Ernsthaftigkeit nach dem Umfang, vgl. [X.]tröbele/Hacker, [X.], 9. Aufl., § 26, [X.]. 57). Zudem lassen die ergänzenden [X.] in ihrer Gesamtheit einen durchaus beachtlichen Aufwand bei der Konzeption von Werbeunterlagen erkennen, so dass insgesamt nicht von einer bloßen [X.]cheinbenutzung ausgegangen werden kann.

[X.]oweit sich aus den Unterlagen eine [X.]… GmbH als benutzendes Unternehmen ergibt, bestehen keine Bedenken, die Benutzung nach § 26 Abs. 2 [X.] der Widersprechenden zuzurechnen. Bei beiden Unternehmen handelt es sich um Gesellschaften innerhalb der [X.]…-Unternehmensgruppe. Bei solchen Konzernverbindungen kann auch ohne besondere [X.]arlegung vom Vorliegen des nach § 26 Abs. 2 [X.] erforderlichen Einverständnisses des Markeninhabers ausgegangen werden, da eine Benutzung der Marke ohne Wissen und Einwilligung des Markeninhabers als wirklichkeitsfremd erscheinen muss (vgl. [X.]tröbele/Hacker, a. a. [X.], § 26, [X.]. 83 m. w. N.). Zudem sind aus den [X.] verschiedene Hinweise darauf ersichtlich, dass die [X.] offenbar durch verschiedene Unternehmen innerhalb der Unternehmensgruppe vorgesehen ist ([X.] "®= eingetragene Marke einer [X.]… Konzerngesellschaft"; "Product names marked ® or ™, the … Logo and the  CP [X.] are [X.]rademarks of a [X.]… Group Company").

[X.]amit ist die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für das aus den [X.] ersichtliche Herbizid zum [X.]chutz von [X.] gegen Unkräuter glaubhaft gemacht worden. Ob die rechtserhaltende Benutzung dieses [X.]pezialprodukts im Wege der Integration darüber hinaus auch für Herbizide zum [X.]chutz von [X.] oder noch weitergehend für Herbizide zum [X.]chutz landwirtschaftlicher Nutzpflanzen anzuerkennen ist, wozu der [X.]enat neigt, kann offen bleiben.

b) Im Umfang der Löschungsanordnung liegt zwischen den Marken eine Gefahr von Verwechslungen i. [X.]. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] vor.

[X.] liegt vor, wenn die Öffentlichkeit glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder [X.]ienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. [X.]as Vorliegen von [X.] ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. [X.]abei ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die kennzeichnungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der [X.] kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den [X.]urchschnittsverbraucher dieser Waren oder [X.]ienstleistungen wirkt (vgl. [X.] GRUR 2005, 1042, [X.]. 28 - [X.] LIFE ; [X.], 343, Nr. 33 - Il Ponte Finanziaria [X.]pa/[X.] (" BAINBRI[X.]GE "), jew. m. w. N.).

aa) Wie bereits oben unter a) festgestellt, ist die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke als Bezeichnung einer Figur der [X.], nach der auch ein [X.] benannt ist, normal.

bb) [X.]ie sich gegenüberstehenden Waren liegen weitgehend im Bereich einer Identität oder einer zumindest mittelgradigen Ähnlichkeit.

[X.]er für die angegriffene Marke eingetragene Warenbegriff "chemische Erzeugnisse für gewerbliche und wissenschaftliche Zwecke" umfasst Herbizide, so dass insoweit Identität besteht.

Gleiches gilt für "chemische Erzeugnisse einschließlich solcher mit biologischen Grundstoffen für land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke einschließlich für den Landschafts- und [X.]portplatzbau, zur Bodenhaltung und Vorratshaltung, insbesondere   Pflanzenschutzmittel,   Mittel zum Frischhalten und Haltbarmachen von Futtermitteln und Blumen, [X.], [X.]üngemittel einschließlich Naturdünger, Bodenhilfsstoffe, [X.] einschließlich [X.] und Bodenlockerungsmittel und Pflanzenstärkungsmittel, Pflanzgranulat zum Umschließen des Wurzelbereiches von Pflanzen, Kompostierungsmittel, [X.]orfe ([X.]ünger), Auftaumittel, Mittel zur Behandlung von [X.]aatgut einschließlich [X.]aatbeizmittel und [X.], alle vorgenannten Waren soweit in Klasse 01 enthalten", bei dem es sich nach der Verwendung von Kommata statt [X.]trichpunkten um einen einheitlichen Warenoberbegriff handelt, so dass sich eine den ganzen Warenoberbegriff der jüngeren Marke erfassende Identität schon infolge des ihm definierenden Unterbegriffs "… insbesondere Pflanzenschutzmittel …" (Oberbegriff zu Herbiziden) ergeben muss (vgl. [X.]tröbele/Hacker, a. a. [X.], § 9, [X.]. 64).

Eine ([X.]eil-)Identität, zumindest aber mittlere Ähnlichkeit besteht auch zwischen Herbiziden und den für die jüngere Marke eingetragenen "Wachstumsregulatoren", schon weil es sogenannte [X.] gibt (vgl. a. [X.]/[X.]toppel, [X.]ie Ähnlichkeit von Waren und [X.]ienstleistungen, [X.]. 325, li. [X.]p.: [X.] mittelgradig ähnlich mit Wachstumsregulatoren).

Eine noch mittlere Ähnlichkeit besteht auch zu "Mitteln zur Reinigung von Gärten und Behältern, soweit in Klasse 01 enthalten" ebenso wie zu dem in Klasse 3 eingetragenen Warenbegriff "Mittel zur Reinigung von Gärten und Behältern" der jüngeren Marke. [X.]ie beiderseitigen Waren können bei der Pflanzenpflege parallel angewendet werden. Hierbei ist eine Reinigung im Gartenbereich zur Unkrautbeseitigung oder eine Reinigung mit Hilfe von zugleich herbizid wirkenden Reinigungsmitteln (gegen Moos oder Algen) ebenso möglich wie bei speziellen Reinigungsmitteln zur Reinigung von Herbizid-Behältern.

Weiter besteht teilweise wörtliche Identität, teilweise engste Ähnlichkeit zwischen den für die Widersprechende geschützten Herbiziden und den für die jüngere Marke eingetragenen Warenbegriffen "Fungizide, Herbizide; chemische Erzeugnisse einschließlich solcher mit biologischen Grundstoffen zur Behandlung von Mangelkrankheiten bei Pflanzen; Mittel zur Vertilgung von Unkraut und schädlichen [X.]ieren sowie chemische Erzeugnisse einschließlich solcher mit biologischen Grundstoffen zum [X.]chutz von pflanzlichen Erzeugnissen (Vorratsschutz), nämlich Mittel zur Bekämpfung von pflanzlichen, pilzlichen, tierischen und mikrobiellen [X.]chädlingen; [X.]ier- und Insektenrepellents, Lockstoffe für [X.]iere und Insekten, Insektenverwirrmittel und Haushaltshygienemittel gegen [X.]chädlinge und Lästlinge , chemische Erzeugnisse einschließlich solcher mit biologischen Grundstoffen zur [X.]chädlingsbekämpfung". [X.]oweit hier nicht schon wörtliche oder begriffliche Identität besteht, liegt zumindest eine hochgradige Ähnlichkeit vor, da es sich beiderseits um Waren aus dem Kernbereich des Pflanzenschutzes und der Bekämpfung von Pflanzenschädlingen handelt.

cc) [X.]en damit zu fordernden deutlichen Abstand zur Widerspruchsmarke hält die jüngere Marke nicht ein. In klanglicher Hinsicht entsprechen sich die Marken in fast allen Kriterien der klanglichen Ähnlichkeit. Ihre [X.] ist identisch ([X.]), ebenso ihre [X.]ilbengliederung, wobei der [X.]enat von einer Gliederung in "[X.](L)-LI-[X.]O" und "[X.](L)-LI-[X.]O" ausgeht (möglich auch - ohne Änderung der [X.]ilbengliederung - : "[X.](L)[X.]") . Identisch sind dabei auch die regelmäßig stärker beachteten Wortanfänge, wobei die Markenwörter sogar bis hin zur [X.] übereinstimmen. Weniger beachtet, aber in der Gesamtwürdigung nicht ganz zu vernachlässigen, ist der identische [X.]chlusslaut, wobei die relativ auffällige Endung auf dem Vokal "O" durchaus zum klanglichen, an romanischsprachige Wörter erinnernden Gesamtklangcharakter mit beiträgt. Zudem werden beide Marken auf dem Vokal "i" betont, ähnlich wie etwa "Kaliber", "Kanister" oder "[X.]". [X.]chließlich stimmen die Markenwörter auch in ihrem [X.]prechrhythmusweitgehend überein. Wegen des [X.]oppelkonsonanten "[X.]" werden sie am Anfang schnell gesprochen, woran sich eine betonungsbedingte leichte [X.]ehnung auf dem "i" anschließt, woraufhin die Wörter auf dem unbetonten [X.]chlussvokal "o" kurz ausklingen.

Angesichts der Fülle dieser deutlichen Gemeinsamkeiten können die Unterschiede am Wortende keinen anderen Gesamtklangcharakter der Marken mehr begründen, geschweige denn den erforderlichen deutlichen Abstand zur [X.] schaffen. [X.]a die Konsonanten "[X.]" und "[X.]" als Zahnsprenglaute verwandt sind, stellt das stimmlose "[X.]" in der Widerspruchsmarke den wesentlichen Unterschied zwischen den Marken dar. [X.]ieser bloße Konsonantenunterschied im Inneren nicht mehr kurzer Markenwörter und zudem an deren eher weniger beachteten Wortende reicht für eine sichere Unterscheidbarkeit nicht aus, selbst wenn man den geringen [X.] zwischen "[X.]" und "[X.]" noch ergänzend mit einbezieht.

Im Übrigen ist auch in schriftbildlicher Hinsicht eine hochgradige Ähnlichkeit festzustellen. [X.]ie für den schriftbildlichen Vergleich wichtigen Anfangs- und [X.]chlusselemente sind identisch. Überhaupt besteht eine komplette Identität der Marken vom Anfang bis über die [X.] hinaus, wobei der übereinstimmende [X.]oppelbuchstabe "[X.]" als besonders markant auffällt. [X.]ie Unterschiede "[X.]"/"[X.]" befinden sich wiederum an einer relativ unauffälligen [X.]telle im Wortinneren des letzten [X.]rittels. Zudem kann die nur einen Buchstaben ausmachende unterschiedliche Wortlänge bei [X.], die mit sieben bzw. acht Buchstaben keine Kurzmarken mehr sind, vom Verkehr beim Lesen mit normaler Aufmerksamkeit nicht erfasst werden. Auch in der Normalschrift (" Callido "/" [X.] ") sind die Marken hochgradig ähnlich, wobei hier die gleiche Wortkontur hinzu kommt.

[X.]ie gegenteilige Auffassung der Markenstelle stellt eine Überbewertung der Unterschiede dar und vernachlässigt den Grundsatz, dass nicht die Unterschiede sondern das Maß an Übereinstimmungen den Beurteilungsmaßstab für die [X.] bilden (vgl. [X.], 1047, 1049 - [X.]´s/[X.]´s). Allenfalls beim direkten Vergleich der Marken nebeneinander kann eine Unterscheidbarkeit gewährleistet sein. [X.]er Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist jedoch naturbedingt eine [X.]aisontätigkeit, so dass selbst beim Fachverkehr längere Phasen zu berücksichtigen sind, in denen er sich nicht mit den Waren und deren Kennzeichnungen beschäftigt. Gerade dann können aus der Erinnerung heraus klangliche und/oder schriftbildliche Verwechslungen der Marken eintreten. Auch soweit man von Verkehrskreisen ausgeht, die den im Ähnlichkeitsbereich liegenden Waren nur mit vergleichsweise hoher Aufmerksamkeit begegnen, reichen die Unterschiede zwischen den Marken daher nicht zur sicheren Unterscheidbarkeit aus. [X.]amit liegt für die im Ähnlichkeitsbereich liegenden Waren die Gefahr von Verwechslungen i. [X.]. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] vor, so dass die Beschwerde teilweise begründet ist.

2. Hinsichtlich der übrigen streitgegenständlichen Waren "pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; [X.]esinfektionsmittel" der angegriffenen Marke kann schon mangels rechtlich erheblicher Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren keine [X.] festgestellt werden. Hierbei sind vor allem der unterschiedliche Verwendungszweck und die stoffliche Beschaffenheit der beiderseitigen Waren besonders auffällig. Insbesondere dienen Herbizide nicht der Heilung oder Verhütung von menschlichen oder tierischen Krankheiten, einschließlich dem [X.]chutz vor schädlichen Keimen. Vielmehr haben Pflanzenschutzmittel eher den gegenteiligen, also einen gesundheitsgefährdenden Ruf. [X.]ies gilt auch für das Verhältnis von [X.]esinfektionsmitteln zu den benutzten landwirtschaftlichen Herbiziden, da letztere zwar Unkraut töten oder hemmen, die Nutzpflanze aber gerade unbehelligt lassen sollen. [X.]emgegenüber mögen keimabtötende [X.]esinfektionsmittel, die im Wesentlichen auf der Basis von Alkohol, Chlorverbindungen, Phenolen, Jod oder Wasserstoffperoxid wirken, im Einzelfall auch gegen Pflanzen wirksam sein, werden dabei jedoch unterschiedslos gegen alle Arten von Pflanzen schädlich sein und sich daher für die landwirtschaftliche Nutzung kaum eignen.

[X.]oweit sich die Widersprechende zur Begründung einer [X.] vor allem auf die Herkunft der beiderseitigen Waren aus den gleichen Unternehmen der chemischen Industrie beruft, vermag dies angesichts der Verhältnisse auf den betreffenden Herstellungs- und Marktgebieten, die durch außergewöhnliche [X.]ortimentsbreite der chemischen Industrie, aber auch durch eine weitgehende [X.]rennung der Pharma- und Agrarchemiesparten geprägt sind, letztlich nicht zu überzeugen. Zwar kommt der regelmäßigen betrieblichen Herkunft der Waren im Hinblick auf die vorrangige Bedeutung der Herkunftsfunktion der Marke das stärkste Gewicht zu, allerdings ist die Voraussetzung einer regelmäßigen betrieblichen Herkunft noch nicht dadurch erfüllt, dass bei einzelnen wenigen Unternehmen ([X.] Großkonzernen, in denen mehrere [X.] Betriebe zusammengefasst sind) die Herstellung beider Waren tatsächlich festgestellt werden kann. Vielmehr muss eine darüber hinaus reichende gewisse allgemeine Branchenübung vorliegen, da nur eine solche die Verkehrsauffassung beeinflussen kann (vgl. [X.]tröbele/Hacker, a. a. [X.], § 9, [X.]. 72).

[X.]er Produktionsbereich bekannter chemischer Großkonzerne wie [X.]u Pont, [X.]ow Chemical, BA[X.]F, [X.], [X.], [X.] usw. von denen auch nicht alle zugleich Pharmaprodukte herstellen, ist zwar einerseits von einer außergewöhnlichen [X.]ortimentsbreite geprägt, gleichzeitig sind diese Konzerne aber auch in rechtlich selbständige Einzelunternehmen gegliedert, was im Pharma- und [X.] nicht zuletzt angesichts der intensiven rechtlichen Reglementierung der Zulassung, Kontrolle, des Vertriebs und der Haftung für solche Produkte naheliegt und den Abnehmern auch bewusst ist. [X.]ies zeigt sich etwa auch an den von der Widersprechenden in der mündlichen Verhandlung genannten Beispielen BA[X.]F, [X.] und [X.], aber auch an der Widersprechenden selbst. BA[X.]F ist nach öffentlich zugänglichen Informationen zwar im Pflanzenschutz tätig, nicht aber im Pharmabereich. [X.]as von der Widersprechenden genannte Unternehmen [X.] gibt es nicht mehr, es ist zunächst mit [X.] zu [X.] verschmolzen, und nach Ausgliederung der [X.] (an [X.]) zu einem reinen Pharmakonzern ([X.]anofi-[X.]) geworden. Aber auch innerhalb des [X.]-Konzerns wird die Pflanzenschutzmittelsparte von einem eigenen rechtlich selbständigen Unternehmen geführt ([X.] Crop [X.]cience AG). [X.]ies gilt ähnlich für den Konzern der Widersprechenden (N…), in dem rechtlich selbständige [X.]…-Unternehmen innerhalb eines [X.]eilkonzerns für den Pflanzenschutzbereich zuständig sind, während andere Konzernunternehmen, wie etwa [X.]andoz und [X.], Arzneimittel herstellen.

Insbesondere die in den letzten beiden Jahrzehnten, auch anhand der o. g. Beispiele, vermehrt zu beobachtende Neustrukturierung von [X.]raditionsunternehmen unter Veräußerung ganzer [X.]parten an die Konkurrenz oder umgekehrt unter Erwerb solcher [X.]parten von der Konkurrenz zeigt, dass es bei der Frage der regelmäßigen Herkunft aus denselben Unternehmen weniger auf den Konzern, als vielmehr auf die einzelnen Produktionsunternehmen selbst ankommt. [X.]o hatte der 25. [X.]enat des [X.] bereits 1979 festgestellt, dass die teilweise Überschneidung von Herstellerbetrieben, insbesondere der chemischen Großindustrie, deren Produktionsprogramm ganz allgemein eine Vielzahl unterschiedlichster Produkte umfasst, angesichts der Unterschiede in nahezu sämtlichen anderen für die Beurteilung der Warengleichartigkeit maßgebenden Umständen keine Bejahung der Gleichartigkeit rechtfertigt ([X.]. 1979, 191 - NEMA[X.]OL: keine Gleichartigkeit zwischen landwirtschaftlichen [X.] und [X.]onnenschutzmitteln). Auf diese noch zur Warengleichartigkeit i. [X.]. d. § 5 des [X.] angestellten tatsächlichen Erwägungen und [X.]chlussfolgerungen kann angesichts der Entwicklungen im Pharma- und [X.] auch bei der Beurteilung der [X.] i. [X.]. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] nach wie vor angeknüpft werden. Insbesondere sind  Herbizide einerseits und pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege und [X.]esinfektionsmittel andererseits in Beschaffenheit, Verwendungs- und Einsatzzweck und Vertriebswegen regelmäßig verschieden, sie stehen auch in keinem Ergänzungs- oder Alternativverhältnis zueinander.

[X.]oweit sich die beiderseitigen Waren gelegentlich an gleiche Abnehmerkreise richten, wie etwa Landwirte, die sowohl Herbizide als auch veterinärmedizinische Erzeugnisse beziehen, ist darauf hinzuweisen, dass ein "Zusammentreffen" der beiderseitigen Waren bei gleichen Abnehmerkreisen nur ein allenfalls untergeordnetes Kriterium darstellt. An breite Endverbraucherkreise wenden sich [X.] die verschiedensten, zumeist völlig unähnliche Waren und [X.]ienstleistungen aus nahezu allen Branchen. [X.]ies gilt mit Einschränkungen auch für Landwirte, an die sich über Maschinen, Chemikalien, Pflanzen, Futter, Pharmaprodukte und verschiedene [X.]ienstleistungen ebenfalls die unterschiedlichsten Waren und [X.]ienstleistungen wenden. [X.]ies allein kann mit gelegentlichen Überschneidungen bei den Vertriebswegen noch keine [X.] begründen.

Gewichtiger erscheint vielmehr, dass es sich bei den beiderseitigen Waren vorliegend um Produkte von weitgehend eigenständigen Branchen handelt, die eigene rechtliche Bestimmungen über Produktion, Zulassung und Vertrieb haben, und bei denen sich auch spezielle branchentypische Gepflogenheiten oder sonstige Besonderheiten herausgebildet haben ([X.] Reimporte bei Arzneimitteln, Finanzierung ihres Erwerbs teilweise über Krankenkassen u. Ä.). Letztlich handelt es sich bei den o. g. beiderseitigen Waren um ganz verschiedene Warenarten. [X.]amit geht der [X.]enat insoweit von deren Unähnlichkeit aus.

Es braucht hier nicht entschieden zu werden, ob dies auch im Verhältnis von Arznei- und [X.]esinfektionsmitteln zu anderen Pflanzenschutzmitteln, etwa Fungiziden oder [X.]iervertilgungsmitteln ([X.] Insektizide, Wurmbekämpfungsmittel) gilt. [X.]a Menschen oder [X.]iere an Pilz- oder Parasitenbefall leiden können, kann hier durchaus Raum für eine differenzierte Beurteilung sein (vgl. Hinweise auf die eine Warengleichartigkeit, teilweise auch [X.] bejahende Rechtsprechung in [X.]/[X.]toppel, a. a. [X.], [X.]. 235 unter "Pflanzenschutzmittel"). Vorliegend genießt die Widerspruchsmarke aber nur [X.]chutz für "Herbizide", wobei diese auch nur im landwirtschaftlichen Bereich benutzt werden. Unkräuter wachsen aber nicht in oder an Menschen und Haus- oder Nutztieren, so dass ausreichende funktionellen Berührungspunkte zwischen Herbiziden einerseits und pharmazeutischen Erzeugnissen, Gesundheitspflegepräparaten und [X.]esinfektionsmitteln andererseits nicht ersichtlich sind (vgl. allerdings auch Hinweise, a. a. [X.], unter "[X.]", wobei in den dort genannten BPatG-Entscheidung zu 25 W (pat) 24/03 und 25 W (pat) 276/94 eine [X.] nicht eindeutig bzw. ausdrücklich bejaht, sondern ein erheblicher Warenabstand festgestellt wurde, der mit anderen Faktoren zur Verneinung der [X.] führte). Auch aus der von der Widersprechenden in der mündlichen Verhandlung genannten Entscheidung des 30. [X.]enats vom 5. Mai 2008 (30 W (pat) 205/04) kann sie nichts für sich herleiten. [X.]arin scheint der 30. [X.]enat zwar eine Ähnlichkeit zwischen u. a. "Mitteln zur Vertilgung von schädlichen [X.]ieren; Fungiziden, Herbiziden" und "Arzneimitteln" sinngemäß bejaht zu haben, hat zur Ähnlichkeit speziell dieser Waren außer einem Hinweis auf "weitreichende [X.]" aber nichts ausgeführt.

[X.]ie Beschwerde war damit teilweise zurückzuweisen.

Bei der gegebenen [X.]ach- und Rechtslage besteht kein Anlass, aus Gründen der Billigkeit einem der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.] aufzuerlegen.

Meta

33 W (pat) 62/08

01.06.2010

Bundespatentgericht 33. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 01.06.2010, Az. 33 W (pat) 62/08 (REWIS RS 2010, 6230)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6230

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30 W (pat) 20/20

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