Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.09.2017, Az. IX ZB 28/14

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 4986

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:210917BIXZB28.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX
ZB
28/14

vom

21. September 2017

in dem Insolvenzverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] §§ 10, 11 Abs. 1
Der vorläufige Insolvenzverwalter verwirkt seinen Vergütungsanspruch in der Regel nicht durch Pflichtverletzungen, die er als Insolvenzverwalter im eröffneten Verfahren begeht.

[X.], Beschluss vom 21. September 2017 -
IX ZB 28/14 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-

Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Dr.
Kayser,
[X.] Dr. Gehrlein, [X.], [X.] und Meyberg

am
21. September 2017
beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerden des weiteren Beteiligten zu 2 und der weiteren Beteiligten zu 3 und 4 wird der Beschluss der 7. Zivil-kammer des [X.] vom 5. Mai 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zu-rückverwiesen.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 216.547,23 festgesetzt.

Gründe:

I.

Der (weitere) Beteiligte zu 2 war vom 11.
September 2000 bis zur Eröff-nung des Insolvenzverfahrens am 30.
Oktober 2000 vorläufiger Insolvenzver-walter über das Vermögen der Schuldnerin, danach Insolvenzverwalter. Am 3.
August 2010 wurde er aus seinem Amt entlassen. Später wurde
der (weitere) 1
-

3

-
Beteiligte zu 1 zum Insolvenzverwalter bestellt. Am 22.
Dezember 2000 bean-tragte
der
Beteiligte zu 2
eine Vergütung für seine Tätigkeit als vorläufiger Ver-walter in Höhe von
insgesamt 173.370,12
DM.
Das Insolvenzgericht setzte
die Vergütung antragsgemäß fest. Nach erfolgloser sofortiger Beschwerde des (weiteren) Beteiligten zu 3 hob
der [X.] auf dessen
Rechtsbe-schwerde die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und
verwies
die Sache zur erneuten Entscheidung an das Insolvenzgericht zurück ([X.], Beschluss vom 7.
Dezember 2006 -
IX
ZB 1/04, [X.], 241). Das Insolvenzgericht setzte die Vergütung auf einen
unter dem 30.
März 2007 eingereichten neuen Antrag des Beteiligten zu 2 auf
124.088,06

Diese Festsetzung wurde vom [X.] aufgehoben.

Mit Beschluss vom 28.
April 2011 hat das Insolvenzgericht die [X.] und seinen Antrag auf Zustimmung zur Ent-nahme eines Vorschusses zurückgewiesen und festgestellt, dass der [X.] verwirkt sei, weil der Beteiligte zu 2 durch mehrfache Versäum-nisse und Eingriffe die Insolvenzmasse verkürzt und einzelnen Beteiligten Vor-teile verschafft habe, die diesen nicht zugestanden
hätten. Zur näheren Be-gründung hat das Insolvenzgericht auf die Gründe des Beschlusses über die Entlassung des Beteiligten zu 2 aus seinem Amt als Insolvenzverwalter Bezug genommen. Auf die sofortige Beschwerde
des Beteiligten zu 2
hat das [X.] den Beschluss des Insolvenzgerichts
aufgehoben, die zuletzt in Höhe von 181.972,47

v.[X.] beantragte Vergütung auf 28.143,55

e-schwerde zugelassen. Gegen diese Entscheidung haben sowohl der Beteiligte zu
2 als auch die Beteiligten zu 3 und 4 Rechtsbeschwerde eingelegt. Der [X.] zu 2 verfolgt den abgewiesenen Teil seines
[X.]s
weiter. 2
-

4

-
Die Beteiligten zu 3 und 4 begehren die Wiederherstellung der Entscheidung des Insolvenzgerichts.

II.

Beide
Rechtsbeschwerden sind aufgrund der unbeschränkten Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft (§
574 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§
575 Abs.
1 und 2 ZPO). Sie führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

A.

Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausge-führt:

Der Beteiligte zu 2 habe seinen Vergütungsanspruch
für die Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter nicht verwirkt. [X.] während der vor-läufigen Insolvenzverwaltung seien nicht festgestellt. Die vom Insolvenzgericht angeführten Pflichtverletzungen im eröffneten Verfahren seien weder für sich genommen noch in ihrer Gesamtheit so schwerwiegend, dass es gerechtfertigt wäre, dem Beteiligten zu 2 die Vergütung zu versagen.

Ausgangspunkt für die Berechnung der Vergütung nach §
11 [X.] in der bis zum 6.
Oktober 2004 geltenden Fassung sei, wie vom Beteiligten zu 2 angegeben,
ein Wert des verwalteten Vermögens von 10.812.523,27
DM. Hier-3
4
5
6
-

5

-
von seien Aus-
und Absonderungsrechte im Wert von 2.578.730,95
DM in Ab-zug zu bringen, weil der Beteiligte zu 2 nicht dargelegt habe, sich auch nur nennenswert mit diesen Rechten befasst zu haben. Auch die tatsächlichen
Voraussetzungen der geltend gemachten Zuschläge
in Höhe von insgesamt 220
v.H. des Regelsatzes
habe er nicht ausreichend dargelegt. Die [X.] aus einer Berechnungsgrundlage von 8.233.792,32
DM betrage nach §
2 Abs.
1 [X.] in der bis zum 31.
Dezember 2001 geltenden Fassung
220.176
DM. Da der vorläufige Insolvenzverwalter regelmäßig ein Viertel der Regelvergütung erhalte, sei ein Betrag von 55.044
DM (28.143,55

16
v.[X.] (4.502,97

. Zinsen auf die Vergütung stünden dem Beteiligten zu 2 nicht zu. Den von ihm während des Beschwerde-verfahrens
beantragten weiteren Zuschlag von 75.000

Festsetzung sehe die Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung nicht vor. [X.] Anspruch auf Vorschuss habe der Beteiligte zu 2 nicht, weil er nicht mehr Insolvenzverwalter sei.

B.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 3 und 4

a) Die Beurteilung des [X.], der Beteiligte zu 2 habe sei-nen Vergütungsanspruch nicht verwirkt, ist frei von Rechtsfehlern.

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8
9
-

6

-

aa) Nach der Rechtsprechung des [X.] verwirkt der In-solvenzverwalter seinen Anspruch auf Vergütung entsprechend dem der Rege-lung in §
654 BGB zugrunde liegenden allgemeinen Rechtsgedanken, wenn er vorsätzlich oder grob leichtfertig die ihm obliegende Treuepflicht so schwerwie-gend verletzt, dass er sich seines
Lohnes als "unwürdig" erweist ([X.], [X.] vom 6.
Mai 2004 -
IX
ZB 349/02, [X.]Z 159, 122, 131 f; vom 9.
Juni 2011 -
IX
ZB 248/09, [X.], 1526 Rn.
6; Urteil vom 16.
Oktober 2014
-
IX
ZR 190/13, [X.], 2299 Rn. 27; Beschluss vom 6.
November 2014
-
IX
ZB 90/12, [X.], 2450 Rn. 13; vom 14.
Juli 2016 -
IX
ZB 52/15, [X.], 892 Rn. 6; Urteil vom 20.
Juli 2017 -
IX [X.], [X.], 1571 Rn.
33; für die Vergütung des [X.]: [X.], Beschluss vom 23.
September 2009 -
V
ZB 90/09, [X.], 820 Rn. 8 ff). Da der Insolvenz-verwalter einen gemäß Art.
12 Abs.
1 GG verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Vergütung seiner Tätigkeit hat, kommt ein Ausschluss der Vergü-tung bei Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes allerdings nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht ([X.], Beschluss vom 6.
Mai 2004, aaO S. 132; vom 9.
Juni 2011, aaO; vom 14.
Juli 2016, aaO). Es genügt nicht jede objektiv erhebliche Pflichtverletzung. Die Versagung jeglicher Vergü-tung kommt vielmehr nur
bei einer schweren, subjektiv in hohem Maße vor-werfbaren Verletzung der Treuepflicht in Betracht. Ein solcher Fall liegt [X.] dann vor, wenn der Insolvenzverwalter besonders schwerwiegende Pflichtverletzungen in Form von Straftaten zum Nachteil der Masse begangen hat
([X.], Beschluss vom 14.
Juli 2016, aaO; Urteil vom 20. Juli 2017, aaO).

bb) Diese Grundsätze, die auch für den vorläufigen Insolvenzverwalter gelten,
hat das Beschwerdegericht beachtet. Mit Recht hat es dem Umstand, dass alle festgestellten und vom Insolvenzgericht herangezogenen Pflichtver-stöße die Tätigkeit des Beteiligten zu 2 als Insolvenzverwalter im eröffneten 10
11
-

7

-
Verfahren betreffen und nicht in die Zeit des [X.]s fallen, Be-deutung beigemessen. Die Bestellung zum vorläufigen Insolvenzverwalter
durch das Insolvenzgericht nach §
21 Abs.
2 Satz 1 Nr.
1 [X.] begründet ein privates Amt mit eigenen Rechten
und Pflichten,
das vom Amt des [X.] zu unterscheiden ist. Die Verwirkung des Anspruchs eines [X.] auf Vergütung findet ihren inneren Grund in dem schweren Treuebruch gegenüber dem Insolvenzgericht, das ihn bestellt hat
([X.], [X.] vom 14.
Juli 2016, aaO Rn.
8). Deshalb kann die Verwirkung des [X.] regelmäßig nur auf Pflichtverletzungen des Verwalters bei der Ausübung des konkreten Amtes gestützt werden, für das er eine Vergütung beansprucht. Pflichtverletzungen des Insolvenzverwalters im eröffneten [X.] führen danach nur unter besonderen Umständen zum Verlust des
[X.]s
auf Vergütung für die vorangegangene Tätigkeit als vorläufiger Insol-venzverwalter.

cc) Verhaltensweisen des Beteiligten zu 2, die als schwere Verletzung der ihm als vorläufigem Insolvenzverwalter obliegenden Treuepflicht zu werten wären, sind nicht festgestellt. Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 3 und 4 zeigt auch nicht auf, dass das Beschwerdegericht maßgebliche Umstände nicht berücksichtigt hätte. Betreffend die Tätigkeit des Beteiligten zu 2 als vorläufiger Insolvenzverwalter verweist sie lediglich auf Vortrag, wonach dessen [X.] nicht prüffähig gewesen sei, weil über 100 Belege zu Zahlungen während der vorläufigen Verwaltung fehlten. Dieser Umstand rechtfertigt nicht die Beurteilung, der Beteiligte zu 2 habe die ihm obliegende
Treuepflicht im Er-öffnungsverfahren so schwerwiegend verletzt, dass sein
Anspruch auf Vergü-tung verwirkt
wäre. Soweit die Beteiligten zu 3 und 4 mit ihrer [X.] weitere Pflichtverletzungen des Beteiligten zu 2 im eröffneten Verfahren gel-tend machen, zu denen vorgetragen worden sei oder nach einem für erforder-12
-

8

-
lich gehaltenen gerichtlichen Hinweis vorgetragen worden wäre, zeigen sie nicht auf, dass diese Pflichtverletzungen ausnahmsweise einen Treuebruch bei der Ausübung des Amtes als vorläufiger Insolvenzverwalter darstellten.

dd) Der Anspruch des Beteiligten zu 2 auf Vergütung ist nicht, wie die Rechtsbeschwerde meint, deswegen ausgeschlossen, weil der Beteiligte zu 2 Schäden in einer seinen Vergütungsanspruch übersteigenden Höhe verursacht habe, was sich allein aus einer rechtskräftigen Verurteilung des Beteiligten zu 2
zur Zahlung von Schadensersatz an eine aus dem Beteiligten zu 3 und einem weiteren Gesellschafter bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts ergebe. Einen unmittelbaren Abzug von der Vergütung hat der [X.] nur für Beträge anerkannt, die der Verwalter unberechtigt für die Bezahlung
externer Fachleute aus der Masse entnommen hat ([X.], Beschluss vom 11.
November 2004
-
IX
ZB 48/04, [X.], 103, 104; vom 14.
November 2012 -
IX
ZB 95/10, Z[X.] 2013, 152 Rn. 7; vom 10.
Oktober 2013 -
IX
ZB 38/11, [X.], 1014 Rn.
27). Um einen solchen Fall handelt es sich hier nicht. Eine Aufrechnung scheitert bereits an der fehlenden Gegenseitigkeit der Forderungen.

b) Mit Recht beanstanden die Beteiligten zu 3 und 4
aber, dass das Be-schwerdegericht
entsprechend der vom Beteiligten zu 2 im Dezember 2000 vor-gelegten Eröffnungsbilanz
eine Berechnungsgrundlage von 8.233.792,32
DM angenommen
und dabei für das Anlagevermögen einen Betrag von rund 4.250.000
DM angesetzt hat, obwohl bei dessen
Veräußerung
im [X.] nur ein Erlös in Höhe von 1.500.000
DM zuzüglich 16
v.[X.] erzielt wurde und der Beteiligte zu 2 deshalb in seiner auf den
1.
Juli 2001 fortge-schriebenen
Eröffnungsbilanz selbst den Betrag von 1.740.000
DM einsetzte. Die vom Beschwerdegericht hierfür gegebene Begründung, die ab dem 13
14
-

9

-
29.
Dezember 2006 geltende Fassung des §
11 [X.] sei auf das im Jahr 2000 beendete [X.] nicht anzuwenden, trägt nicht.

aa) Die Rechtsprechung des [X.], wonach die
Neurege-lung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters durch die am 29.
Dezember 2006 in [X.] getretene Zweite Verordnung zur Änderung der [X.] (BGBl.
2006
I S. 3389) nicht auf
[X.]
anwendbar ist, die vor dem 29.
Dezember 2006 geendet haben, gilt nur für
§
11 Abs.
1 [X.] ([X.], Beschluss vom 23.
Oktober 2008
-
IX
ZB 35/05, [X.], 54 Rn.
5 ff; vom 18.
Dezember 2008 -
IX
ZB 46/08, Z[X.] 2009, 495 Rn. 5; vom 19.
November 2009 -
IX
ZB 105/08, [X.], 300 Rn.
8
f; vom 11.
März 2010 -
IX
ZB 128/07, [X.], 527 Rn. 2; vom 21.
De-zember 2010 -
IX
ZB 117/08, [X.] Rn. 2). Die Neuregelung über eine Nachbewer-tung in §
11 Abs. 2 [X.] kann dagegen nach
§
19 Abs. 2 [X.] grundsätzlich auch auf früher beendete vorläufige Verwaltungen angewandt werden, sofern
-
wie hier
-
die Vergütung bis zum 29.
Dezember 2006 nicht rechtskräftig abge-rechnet war ([X.], Beschluss vom 23.
Oktober 2008, aaO Rn. 6 f; vom 12.
Mai 2011 -
IX
ZB 125/08, Z[X.] 2011, 1128 Rn. 2). Im Streitfall erlangt §
11 Abs.
2 [X.] nF allerdings keine Bedeutung, weil das [X.] nicht rechtskräftig abgeschlossen ist und es deshalb
der
in §
11 Abs.
2 [X.]
nF vorgesehenen Wiederaufnahme eines abgeschlossenen [X.] nicht bedarf.

bb) Gleichwohl durfte das Beschwerdegericht den Umstand, dass für das Anlagevermögen im eröffneten Verfahren ein Erlös weit unter dem im [X.] angesetzten Wert erzielt wurde, nicht außer Betracht lassen. Für die Bewertung des Vermögens, aus dem sich die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters errechnet, ist nach §
11 Abs.
1 Satz 2 [X.] in der hier 15
16
-

10

-
gemäß §
19 Abs.
1 [X.] noch anwendbaren Fassung vom 19.
August 1998
zwar
auf den Zeitpunkt der Beendigung des [X.]s abzustellen. Umstände, die sich erst nach diesem Zeitpunkt ergeben haben, ändern daher die Berechnungsgrundlage nicht. Von der Frage des Wertermittlungsstichtages zu unterscheiden sind aber die Erkenntnisquellen, welche die [X.] tragen. Diese Erkenntnisquellen sind bis zum letzten tatrichterli-chen Entscheidungszeitpunkt, an dem der Vergütungsanspruch zu beurteilen ist, zu nutzen ([X.], Beschluss vom 12.
Mai 2011, aaO Rn. 3). Nach diesen Grundsätzen konnte auch der bei der Veräußerung des Anlagevermögens im [X.] erzielte [X.] ein Umstand sein, der bei der Ermittlung des tat-sächlichen Werts des Anlagevermögens zum Zeitpunkt der Beendigung des [X.]s zu
berücksichtigen war.

2. Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2

a) Ohne Erfolg wendet sich der Beteiligte zu 2 dagegen, dass das Be-schwerdegericht Gegenstände, an denen nach Verfahrenseröffnung Aus-
und Absonderungsrechte im Gesamtbetrag von 2.578.730,95
DM
bestanden, nicht in die Berechnungsgrundlage einbezogen hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich der Beteiligte zu 2 in nennenswertem oder erheblichem Umfang mit die-sen Gegenständen befasst hat. Da die vorläufige Verwaltung im Jahr 2000 be-gann und endete, ist die am 29.
Dezember 2006 in [X.] getretene Neufassung des §
11 Abs.
1 [X.]
nicht anwendbar. Es gelten die für das alte
Recht entwi-ckelten Grundsätze der [X.]srechtsprechung vom 14.
Dezember 2005 (IX
ZB 256/04, [X.]Z 165, 266) und vom 13.
Juli 2006 (IX
ZB 104/05, [X.]Z 168, 321). Gegenstände, an denen Aussonderungsrechte bestehen, erhöhen
da-nach
die Berechnungsgrundlage des vorläufigen Verwalters nicht. Gleiches gilt 17
18
-

11

-
für Gegenstände, an denen Absonderungsrechte bestehen, im Umfang dieser
Rechte. Im Falle einer erheblichen Befassung des [X.] mit solchen Gegenständen kann allerdings ein Zuschlag gewährt werden (vgl. [X.],
Beschluss vom 19.
November 2009 -
IX
ZB 105/08, [X.], 300 Rn. 9 f; vom 11.
März 2010 -
IX
ZB 128/07, [X.], 527 Rn. 2; vom 21.
De-zember 2010 -
IX
ZB 117/08, [X.] Rn. 2).

Nach diesen Grundsätzen ist der Abzug der unstreitigen Fremdrechte auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht zu beanstanden. Sollte sich allerdings im weiteren Verfahren bei der Ermittlung des Werts des Anlagever-mögens im Zeitpunkt der Beendigung der vorläufigen Verwaltung ergeben, dass die an die

Bank zur Sicherung eines mit 958.123
DM valutierenden Darlehens übereignete Maschine weniger als die gesicherte Forderung wert gewesen sein sollte, darf die Berechnungsgrundlage nur um den Wert der [X.] und nicht um den Betrag der gesicherten Forderung vermindert werden.

b) Das Beschwerdegericht hat es abgelehnt, im Hinblick auf die vom [X.]n zu 2 geltend gemachten Erschwernisse im Wege von Zuschlägen eine höhere Vergütung festzusetzen als ein Viertel der Regelvergütung des [X.]. Diese Beurteilung ist nicht frei von Rechtsfehlern.

aa) Die Bemessung von Zu-
und Abschlägen ist nach ständiger Recht-sprechung des [X.]s grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Sie ist in der [X.] nur darauf zu überprüfen, ob sie die Gefahr der Ver-schiebung von Maßstäben mit sich bringt ([X.], Beschluss vom
22.
Juni 2017
-
IX
ZB
65/15, Z[X.] 2017, 1694 Rn. 6 f mwN).

19
20
21
-

12

-

bb) Dies ist hier insoweit der Fall, als das Beschwerdegericht entgegen dem Antrag des Beteiligten zu 2 keinen Zuschlag für die Befassung mit Gegen-ständen, an denen Aus-
oder Absonderungsrechte bestanden, gewährt hat. Es hat nicht berücksichtigt, dass dabei nicht nur die vom Beteiligten zu 2 zur [X.] angeführte Prüfung und Erfüllung der [X.] von zahlreichen Lieferanten mit Sonderrechten zu bewerten war, [X.] auch seine Tätigkeit
bezüglich der übrigen Fremdrechte,
die bisher nur unter dem Gesichtspunkt der Berechnungsgrundlage erörtert wurden. Dies gilt insbesondere für die Tätigkeit des Beteiligten zu 2 gegenüber der

Bank, deren Darlehensforderung in Höhe von rund 1 Mio.
DM durch eine [X.] der Forderungen der Schuldnerin und durch eine Sicherungsüber-eignung des Vorratsvermögens der Schuldnerin gesichert war. Zwar hat das Beschwerdegericht bei der Prüfung, ob diese Fremdrechte bei der Berech-nungsgrundlage der Vergütung zu berücksichtigen seien, gemeint, der [X.] habe nicht einmal eine "nennenswerte"
Befassung mit diesen Rechten dargelegt. Es hat dabei aber den Vortrag des Beteiligten zu 2 außer Betracht gelassen, er habe in Verhandlungen mit der

Bank unter Einbindung des vorläufigen Gläubigerausschusses erreicht, dass diese im Interesse der Fortführung des Geschäftsbetriebs der Schuldnerin zunächst darauf verzichte-te, ihre Rechte geltend zu machen. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass
das Beschwerdegericht bei einer erneuten Bewertung aller maßgeblichen Ge-sichtspunkte einen Vergütungszuschlag für angemessen erachtet.

cc) Einen Zuschlag für die Betriebsfortführung im [X.] hat das Beschwerdegericht mit der Begründung abgelehnt, der Beteiligte zu
2 habe den mit der Betriebsfortführung verbundenen zeitlichen und personellen Aufwand nicht ausreichend dargelegt. Ob diese
Begründung tragfähig ist, kann offen bleiben. Der Gewährung eines Zuschlags für diese Tätigkeit steht jeden-22
23
-

13

-
falls entgegen, dass der Beteiligte zu 2 keine Vergleichsberechnung vorgelegt hat, aus der zu ersehen wäre, ob
sich infolge der Betriebsfortführung die Masse erhöht hat und die sich daraus ergebende
Erhöhung der Vergütung ungefähr den Betrag erreicht, der dem Verwalter bei u[X.]eränderter Masse über einen Zuschlag zustände (vgl. §
3 Abs.
1 Buchst. b [X.]; [X.], Beschluss vom 24.
Januar 2008 -
IX
ZB 120/07, [X.], 239 Rn. 7 f). Das Erfordernis einer solchen Vergleichsberechnung gilt für die Vergütung des vorläufigen Verwalters
in gleicher Weise wie für den Insolvenzverwalter im eröffneten Verfahren ([X.], Beschluss vom 4.
November 2004 -
IX
ZB 52/04, [X.], 106, 106
f;
Haarmeyer/[X.], [X.], 5.
Aufl., §
11 Rn.
120).

dd) Zuschläge für die Tätigkeit
des Beteiligten zu 2 im [X.], besonders wegen der Vorfinanzierung des [X.], sowie im Hinblick auf die Anzahl von 259 Gläubigern und 457 Schuldnern hat das Be-schwerdegericht abgelehnt, ohne die geltenden Maßstäbe zu verschieben. Das Beschwerdegericht hat nicht verkannt, dass ein durch derartige Umstände [X.] erheblicher
Mehraufwand des Verwalters einen Zuschlag rechtferti-gen kann (vgl. etwa [X.], Beschluss vom 22.
Februar 2007 -
IX
ZB 120/06, [X.], 343 Rn. 9; vom 11.
Mai
2006 -
IX
ZB 249/04, [X.], 464 Rn. 43). Es hat jedoch den Vortrag des Beteiligten zu 2 zu dem tatsächlich entstandenen
Mehraufwand für nicht ausreichend erachtet. Diese tatrichterliche Würdigung ist im Rechtsbeschwerdeverfahren hinzunehmen. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht die Anforderungen an den Sachvortrag des Verwalters nicht überspannt. In einem größeren Insolvenzver-fahren wird der regelmäßig anfallende Mehraufwand des Verwalters im [X.] bereits dadurch abgegolten, dass die größere Vermögensmasse zu einer höheren Vergütung führt
(vgl. Haarmeyer/[X.], [X.], 5.
Aufl., §
11 Rn. 106 f). Zuschläge für einen quantitativ höheren Aufwand setzen daher die Darlegung 24
-

14

-
voraus, dass der tatsächlich erforderliche Aufwand in dem fraglichen [X.]sabschnitt -
hier im [X.]
-
erheblich über dem bei vergleich-baren Massen Üblichen liegt.

ee) Eine Verschiebung der Maßstäbe zeigt die Rechtsbeschwerde auch insoweit nicht auf, als das Beschwerdegericht den Zuschlag in Höhe von 75.000

wegen der langen Dauer des gerichtlichen Verfahrens über den bereits im Dezember 2000 gestellten
[X.] fordert. Der weitere Beteiligte zu 2 hatte der Masse auf der [X.] der im Januar 2001 erfolgten Festsetzung seiner Vergütung auf 88.646,15

dieser Höhe entnommen und wurde nach der Aufhebung dieser Festsetzung rechtskräftig verurteilt, den entnommenen Be-trag zurückzuzahlen und ihn ab dem Zeitpunkt der Entnahme zu verzinsen ([X.], Urteil vom 20.
März 2014 -
IX
ZR 25/12, [X.], 709). Wie der [X.] bereits entschieden hat, hat der Verwalter
weder einen [X.] auf Verzinsung seines Vergütungsanspruchs noch einen Anspruch auf einen Zuschlag zur Vergütung zur Kompensation
des Nachteils entgangener Zinsen zu Lasten der Masse ([X.], Beschluss vom 4.
Dezember 2003 -
IX
ZB 48/03, [X.], 249, 250 f).
Sofern eine schuldhafte Amtspflichtverletzung sei-tens des Insolvenzgerichts zu der Verzögerung geführt haben sollte, kommt ein Schadensersatzanspruch in Betracht.
Einen solchen macht der Beteiligte zu 2 aber nicht geltend.

ff) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde beruht die Würdigung des [X.], der Beteiligte zu 2 habe die Voraussetzungen der gel-tend gemachten Zuschläge nicht hinreichend dargelegt, nicht auf einer Verlet-zung der gerichtlichen Hinweispflicht (§
4 [X.], §
139 Abs. 2 ZPO).
Gerichtliche Hinweise sind entbehrlich, wenn die entscheidungserheblichen Gesichtspunkte 25
26
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15

-
in dem bisherigen Verfahren bereits erörtert wurden ([X.], Urteil vom 12.
Dezember 2008 -
V
ZR 106/07, NJW-RR 2009, 515 Rn. 10).
So liegt es
hier. Die Frage, ob der Beteiligte zu 2 zu den verlangten Zuschlägen [X.] vorgetragen hatte, war schon Gegenstand der Entscheidungen des [X.] und des [X.] über den ursprünglichen [X.] aus dem Jahr 2000. Nach der Zurückverweisung der Sache durch den [X.]
([X.], Beschluss vom 7.
Dezember 2006 -
IX
ZB 1/04, [X.], 241), der
auch die mangelhaften
Angaben des Beteiligten zu 2 zu den geltend gemachten Zuschlägen beanstandet hatte, ergänzte dieser im Jahr 2007 seinen [X.]. Die Frage einer ausreichenden Darlegung der Zuschlagsvoraussetzungen blieb auch in der Folgezeit umstritten. Das Insol-venzgericht wies den [X.] mit Beschluss vom 28.
April 2011 zwar letztlich wegen Verwirkung zurück. In seiner Begründung machte es aber auch umfangreiche Ausführungen zu den Zuschlägen, die es teilweise mangels [X.] des Beteiligten zu 2 als
unbegründet erachtete. Dieser musste deshalb auch im Beschwerdeverfahren damit rechnen, dass sein bisheriger Vortrag zu den Zuschlägen als unzureichend bewertet wurde. Eines gesonderten Hinwei-ses des [X.] auf diesen Gesichtspunkt bedurfte es
nicht. Die Auffassung
des [X.], der Vortrag genüge nicht, konnte den [X.]n zu 2 nicht überraschen.

C.

Die angefochtene Entscheidung war danach aufzuheben und die Sache, weil
sie nicht zur Endentscheidung reif ist, zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§
577 Abs. 4 ZPO).
Dieses wird [X.] den als Berechnungsgrundlage dienenden Wert des der vorläufigen 27
-

16

-
Verwaltung des Beteiligten zu 2 unterliegenden Vermögens der Schuldnerin zu bestimmen und dabei auch den im eröffneten Verfahren erzielten Erlös zu be-rücksichtigen haben. Sodann wird das Beschwerdegericht erneut zu prüfen ha-ben, ob dem Beteiligten zu 2 ein durch Zuschläge erhöhter Vergütungssatz zu-steht, insbesondere im Blick auf seine Befassung mit Gegenständen, an denen Aus-
oder Absonderungsrechte bestehen. Eine Bindung an die bisherige Beur-teilung der übrigen geltend gemachten Zuschlagstatbestände besteht dabei nicht.

Kayser
Gehrlein
[X.]

Schoppmeyer
Meyberg

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 28.04.2011 -
80 IN 292/00 -

LG [X.], Entscheidung vom 05.05.2014 -
I-7 [X.]/13 -

Meta

IX ZB 28/14

21.09.2017

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.09.2017, Az. IX ZB 28/14 (REWIS RS 2017, 4986)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 4986

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Zitiert

IX ZB 28/14

IX ZR 310/14

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