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Vereinbarkeit der Aufenthaltsbeschränkung für Spätaussiedler und der im Falle ihrer Nichtbefolgung daran geknüpften Versagung von Hilfe zum Lebensunterhalt mit Art. 11 GG
L e i t s ä t z e
zum Urteil des [X.]
vom 17. März 2004
- 1 BvR 1266/00 -
[X.] - 1 BvR 1266/00 – |
[X.] | der Frau M... , |
I[X.] | des Herrn M... |
1. unmittelbar gegen
a) | den Beschluss des
Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 13. Juni
2000 - 4 L 1576/00 -, |
b) | das Urteil des [X.] vom 4. April 2000 - 15 A 2867/99 -, |
2. mittelbar gegen
§ 3 a Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Aussiedler und Übersiedler vom 6. Juli 1989 ([X.] 1378) in der Fassung des [X.] zur Änderung des Gesetzes über die Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Spätaussiedler vom 26. Februar 1996 ([X.] 223)
hat das [X.] - Erster Senat - unter Mitwirkung
des Präsidenten Papier,
der Richterinnen [X.],
[X.],
der Richter Hömig,
[X.],
der Richterin Hohmann-Dennhardt
und [X.],
Bryde
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 5.
November 2003
durch
für Recht erkannt:
[X.] wird zurückgewiesen.
[X.] betrifft die gesetzliche Regelung, nach der Spätaussiedler, die an einem anderen als dem ihnen zugewiesenen Ort ständigen Aufenthalt nehmen, grundsätzlich keine Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem [X.] erhalten.
1. Spätaussiedler sind nach § 4 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz - [X.]) vom 19. Mai 1953 ([X.] 201) in der Fassung des Gesetzes zur Bereinigung von Kriegsfolgen ([X.]- [X.]) vom 21. Dezember 1992 ([X.] 2094) [X.] Volkszugehörige, die nach dem [X.] in ihren angestammten Siedlungsgebieten in Osteuropa oder aber in jenen Gebieten, in die sie von dort aus vertrieben worden waren, blieben oder die dort vor dem 1. Januar 1993 geboren sind. Allerdings sind nur die [X.]n Volkszugehörigen aus der ehemaligen [X.] einschließlich des [X.] ohne weiteres Spätaussiedler. Bei ihnen wird ein fortbestehender Verfolgungsdruck vermutet. [X.] Volkszugehörige aus anderen Gebieten müssen dagegen eine individuelle Verfolgung auf Grund ihres Volkstums nachweisen. Wer [X.]r Volkszugehöriger ist, regelt im Einzelnen § 6 [X.]. Spätaussiedler - bis 1992 Aussiedler genannt - haben nach Durchlaufen eines Aufnahmeverfahrens (§§ 26 ff. [X.]) einen Anspruch auf Einreise nach [X.]. Dies gilt auch für ihre Ehegatten und Abkömmlinge. Die [X.] Staatsangehörigkeit erhalten sie mit der Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 und 2 [X.] (§ 7 Satz 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes i.d.[X.] vom 15. Juli 1999 <BGBl I S. 1618>).
2. Bis in die 1980-er Jahre wanderten jährlich etwa 40.000 Aussiedler nach [X.] ein. Sie wurden nach einem bestimmten Schlüssel auf die Länder verteilt ("Königsteiner Schlüssel"; vgl. heute § 8 Abs. 3 [X.]). Eine Rechtspflicht, dieser Verteilung zu folgen, bestand nicht. Nach der Öffnung des "[X.]" stieg die Zahl der einreisenden Aussiedler ganz erheblich an (vgl. Dietz/Roll, Integration als Herausforderung - Junge Aussiedler in [X.], in: [X.], Ankunft einer Generation, 2003, S. 9 <10 f.>). Hinzu kamen Übersiedler aus der [X.]n Demokratischen Republik. Der Zustrom führte seit [X.] 1988 zu erheblichen Engpässen bei der Erstunterbringung und der Wohnraumversorgung. Ein Grund hierfür war, dass die Zuwanderer verstärkt in bestimmte Städte zogen, während vor allem im ländlichen Raum noch genügend Unterbringungsmöglichkeiten bestanden (vgl. [X.] 11/4689, [X.]). Die Entwicklung der Zuzugszahlen zeigt die folgende Grafik (vgl. [X.] für die [X.], 1996, [X.]. 3.40 <S. 85> und 2003, [X.]. 3.39 <S. 80>):
Der Gesetzgeber reagierte auf diese Situation mit dem Erlass des Gesetzes über die Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Aussiedler und Übersiedler vom 6. Juli 1989 ([X.] 1378; im Folgenden: [X.] - [X.]). Das Gesetz dient - bis heute unverändert - dem Ziel, im Interesse der Schaffung einer ausreichenden Lebensgrundlage den Aussiedlern in der ersten [X.] nach ihrer Aufnahme in der [X.]zunächst die notwendige Fürsorge einschließlich vorläufiger Unterkunft zu gewährleisten und zugleich der Überlastung einzelner Gemeinden innerhalb der Länder durch eine angemessene Verteilung entgegenzuwirken (§ 1). Nach § 2 [X.] konnten die Aussiedler einem bestimmten Wohnort zugewiesen werden, wenn sie nicht über ausreichenden Wohnraum verfügten und daher bei der Unterbringung auf öffentliche Hilfe angewiesen waren (§ 2 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Bei der Entscheidung über die Zuweisung sollten ihre Wünsche, enge verwandtschaftliche Beziehungen sowie die Möglichkeit ihrer beruflichen Eingliederung berücksichtigt werden (§ 2 Abs. 2 [X.]). Nach § 4 Satz 1 Nr. 1 [X.] konnten die Landesregierungen einen Schlüssel für die Zuweisung der Aussiedler innerhalb des Landes in Gemeinden und Kreise festlegen. Entschied sich der Aussiedler für einen Wohnsitz abweichend von der Zuweisung, war die Gemeinde nicht verpflichtet, den Aufgenommenen als Aussiedler zu betreuen. Leistungsansprüche der Betroffenen sollte das [X.] unberührt lassen (vgl. [X.] 11/4689, S. 6). [X.] wurde die Zuweisung nach § 2 Abs. 4 [X.], wenn der Aufgenommene nachwies, dass ihm an einem anderen Ort dauerhaft ausreichender Wohnraum oder ein Arbeits-, Ausbildungs- oder Studienplatz zur Verfügung stand. Nach dieser ursprünglichen Gesetzesfassung endete die Zuweisung spätestens nach zwei Jahren.
3. Nach 1989 stieg der Zuzug weiter an, 1990 bis auf 400.000 Menschen. Die Praxis der Zuweisung entfaltete weit weniger Wirkung als erhofft (vgl. [X.], [X.] 1996, [X.]249 <252 f.>). Viele Spätaussiedler verließen innerhalb des [X.] den Zuweisungsort und zogen in andere Städte und Regionen. In manchen Gemeinden stellten sie bis zu 20 vom Hundert der Bevölkerung (vgl. [X.], Bevölkerungsentwicklung und Einwanderungspolitik, in: Integration und Konflikt, Nr. 69 des Gesprächskreises Arbeit und Soziales der [X.], 1996, [X.]). Offenbar wollten die Spätaussiedler in Gemeinschaft mit Verwandten oder anderen Aussiedlern leben (vgl. [X.] 11/4689, S. 4). Auch die unterschiedliche Arbeitsmarktlage war in vielen Fällen ein Umzugsgrund. Am neuen Wohnort konnten die bedürftigen Aussiedler die Gewährung von Sozialhilfe beantragen und sich damit selbst Wohnraum beschaffen.
Die Kommunen mit überproportionalem Zuzug hatten vor allem hohe Sozialhilfelasten zu tragen. Die Bundesregierung schlug als Entlastung einen zwischengemeindlichen Erstattungsanspruch zur gleichmäßigen Verteilung der Sozialhilfekosten vor (vgl. [X.] 13/3102, S. 3). Der Bundesrat wollte dagegen Spätaussiedler und ihre Angehörigen durch eine Einschränkung bei der Gewährung von Sozialhilfe tatsächlich an den Zuweisungsort binden, um die gesamte "infrastrukturelle [X.]" gleichmäßig zu verteilen (vgl. [X.] 13/3102, [X.]), die "Integration und Akzeptanz der Spätaussiedler" zu erhalten (vgl. [X.] 13/8850, S. 3; vgl. auch schon [X.] 11/4689, [X.]4 f.), die geschaffenen Aufnahmekapazitäten auszulasten und der Tendenz der Bevölkerungsabnahme entgegenzuwirken (vgl. [X.] 13/3102, [X.]). Obwohl die Bundesregierung im Hinblick auf Art. 11 Abs. 1 GG verfassungsrechtliche Bedenken gegen diesen Vorschlag äußerte (vgl. [X.], a.a.[X.], S. 5), wurde schließlich durch das [X.]zur Änderung des Gesetzes über die Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Spätaussiedler vom 26. Februar 1996 ([X.] 223; im Folgenden: [X.] 1996) ein § 3 a in das [X.] eingefügt. Nach dessen Absatz 1 erhält ein Spätaussiedler oder Familienangehöriger (vgl. § 1 Abs. 2 [X.] 1996), der abweichend von der Verteilung nach § 8 [X.] oder entgegen einer [X.] Zuweisung nach § 2 Abs. 1 [X.] 1996 in einem anderen Land oder an einem anderen als dem zugewiesenen Ort ständigen Aufenthalt nimmt, an diesem Ort keine Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz und in der Regel nur die nach den Umständen unabweisbar gebotene Hilfe nach dem [X.]. Ein vorläufiger Wohnort wird zugewiesen, wenn der Spätaussiedler nicht über einen Arbeitsplatz oder ein sonstiges den Lebensunterhalt sicherndes Einkommen verfügt und daher auf öffentliche Hilfe angewiesen ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] 1996). In § 3 b [X.] 1996 ist die Kostenerstattung bei Gewährung von Sozialhilfe geregelt. Im Übrigen hat der Gesetzgeber an seinen 1989 getroffenen Regelungen im Wesentlichen festgehalten.
4. Seit 1996 haben mit Ausnahme von [X.] und Rheinland-Pfalz (vgl. [X.] 15/2262, S. 22, Fn. 20) alle Länder landesinterne [X.]eingeführt. Das [X.], auf das die Beschwerdeführer verteilt wurden, weist die Spätaussiedler nach der Verordnung vom 7. März 1997 (GVBl S. 65) den Gemeinden zu. Maßstab hierfür sind allein die Einwohnerzahlen und die bisherige - über- oder unterproportionale - Aufnahme, nicht aber persönliche Umstände der Spätaussiedler. Eine rechtliche Möglichkeit der Abänderung einer noch andauernden Zuweisung sehen weder das [X.] noch die niedersächsische Verordnung vor. Die Rechtslage in anderen Ländern ist ähnlich.
5. Die Zuweisung, die ursprünglich für zwei Jahre gültig war, galt seit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Spätaussiedler vom 22. Dezember 1997 ([X.] 3222) - unter Einschluss der schon bestehenden Zuweisungen – unbefristet (vgl. [X.] 13/8850, S. 3). Erst das Vierte Änderungsgesetz vom 2. Juni 2000 ([X.] 775) begrenzte die Bindungsdauer wieder, und zwar auf [X.] (Art. 1 Nr. 1). Außerdem eröffnete es den Spätaussiedlern die Möglichkeit, zur Arbeitssuche für bis zu 30 Tage ohne sozialhilferechtliche Nachteile einen anderen Wohnort zu nehmen (§ 3 a Abs. 2 Satz 3 [X.] i.d.[X.]. 1 Nr. 2 des Vierten Änderungsgesetzes). Die Geltungsdauer des [X.]es, die ursprünglich auf zwei Jahre begrenzt und zwischenzeitlich mehrfach verlängert worden war, wurde ausgedehnt. Das Gesetz tritt nunmehr am 31. Dezember 2009 außer [X.] (Art. 2 Satz 2).
Die Beschwerdeführer – Mutter und Sohn – sind Spätaussiedler aus der ehemaligen [X.]. Sie reisten im Dezember 1996 nach [X.] ein und wurden im Grenzdurchgangslager dem [X.] und weiter der [X.] zugewiesen. Der [X.] wurde bestandskräftig. In [X.] bezogen sie laufende Hilfe zum Lebensunterhalt. Die Beschwerdeführerin fand in der etwa 20 km entfernten, demselben Landkreis und Sozialhilfeträger angehörenden [X.] eine Teilzeitbeschäftigung. Dort wohnte ihre Mutter. Der Beschwerdeführer besuchte in [X.] die Schule. Zum 2. Mai 1998 zogen die Beschwerdeführer dorthin. Den Umzug finanzierte die [X.] und zahlte auch noch für einige Monate Sozialhilfe. Die [X.] weigerte sich, anschließend Hilfe zum Lebensunterhalt zu zahlen und verwies auf die Zuweisung der Beschwerdeführer in die [X.] Das Verwaltungsgericht verpflichtete die [X.] im Eilverfahren zu Leistungen bis November 1998, weil sechs Monate für eine Wohnungssuche am Zuweisungsort und einen Rückumzug nötig seien. Dieser Verpflichtung kam die [X.] nach. Leistungen nach diesem [X.]raum gewährte sie nicht mehr. Die dagegen gerichtete Klage blieb im Ausgangsverfahren erfolglos. Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht teilten in den angegriffenen Entscheidungen nicht die verfassungsrechtlichen Bedenken der Beschwerdeführer. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ergibt sich die rechtlich angegriffene Freizügigkeitseinschränkung nicht aus § 3 a [X.], sondern allein aus der Zuweisung. Diese sei aber bestandskräftig.
Auf Grund eines gerichtlichen Hinweises beantragten die Beschwerdeführer bei der für die Zuweisung zuständigen niedersächsischen Stelle eine Abänderung ihrer Zuweisung von [X.] nach [X.] Dies wurde durch formloses Schreiben ohne Rechtsbehelfsbelehrung abgelehnt. Eine derartige Umverteilung sei gesetzlich nicht vorgesehen. Gerichtliche Schritte dagegen unternahmen die Beschwerdeführer nicht.
Die Beschwerdeführer mussten nach Einstellung der Sozialhilfe ihre Wohnung in [X.] aufgeben. Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis und der Räumung tragen sie nach eigenen unwidersprochenen Angaben noch ab. Insgesamt unterlagen die Beschwerdeführer bis zum In-[X.]-Treten des Vierten Änderungsgesetzes am 1. Juli 2000, also [X.] und sieben Monate, der Zuweisung.
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer im Wesentlichen eine Verletzung des Rechts auf Freizügigkeit und des Gleichheitssatzes. Die Sozialhilfebeschränkung wirke faktisch wie ein Umzugsverbot. Die gesetzliche Grundlage sei nicht durch Art. 11 Abs. 2 GG gedeckt, weil der Gesetzgeber alle Freizügigkeitsbeschränkungen aus wohnungszwangswirtschaftlichen und fiskalischen Erwägungen abgeschafft habe. Die für § 3 a [X.] genannten Gründe seien rein fiskalischer Natur. Die [X.] hätten durch die weniger einschneidende Maßnahme eines interkommunalen [X.] erreicht werden können. Das sei auch ursprünglich vorgesehen gewesen. Die jetzige Regelung erschwere die Integration. So lasse sich bei einer Zuweisung in einen strukturschwachen Ort Arbeit nicht finden. Die Arbeitssuche an anderen Orten werde behindert. Ein Einstieg in den Arbeitsmarkt mit Hilfe einer Teilzeitbeschäftigung sei unmöglich, weil eine Beendigung der Zuweisung nach § 2 Abs. 4 [X.] eine Vollzeitstelle voraussetze. Weiterhin seien die Spätaussiedler gegenüber anderen vom Ausland einreisenden oder in [X.] ihren Wohnort wechselnden [X.]n Sozialhilfeempfängern benachteiligt. Dies sei nicht gerechtfertigt, da auch Spätaussiedler [X.] seien.
Zu der Verfassungsbeschwerde haben das Bundesministerium des Innern und die meisten Landesregierungen Stellung genommen.
1. Die Bundesregierung, die aktuelle Zahlen über die Spätaussiedler, die Zuweisungen sowie über die regionale Herkunft der Spätaussiedler und ihre [X.] Volkszugehörigkeit mitgeteilt hat (vgl. jetzt Migrationsbericht 2003, [X.] 15/2262, S. 19 ff.), hält die angegriffene Regelung für verfassungsgemäß. Sie beeinträchtige nicht den Schutzbereich des Grundrechts der Freizügigkeit. Art. 11 Abs. 1 GG gewähre keine Leistungsansprüche, die eine Inanspruchnahme des Grundrechts erst ermöglichen sollten. Auch ein mittelbarer Eingriff liege nicht vor, weil ein Spätaussiedler trotz der Versagung von Sozialleistungen umziehen könne. In jedem Falle sei ein etwaiger Eingriff gerechtfertigt. Wenn sich Spätaussiedler in bestimmten Gegenden in größerer Zahl niederließen, belaste dies einzelne Kommunen überproportional mit Kosten für Sozialhilfe und Eingliederung. Außerdem fördere die Zuweisung die Integration. Zögen die Spätaussiedler weiterhin in Siedlungsschwerpunkten zusammen, sinke der Anreiz, [X.] zu lernen; die Eingliederung in den Arbeitsmarkt werde erschwert. Das Sozialstaatsprinzip sei nicht verletzt, da ein weggezogener Spätaussiedler in jedem Fall die unabweisbar nötige Hilfe erhalte.
2. Die Länder berichten, seit der Einführung der Sozialhilfebeschränkung habe es nur noch wenige zuweisungswidrige Umzüge gegeben. In den meisten Fällen kehrten die Spätaussiedler nach Aufklärung über die Rechtslage an den Zuweisungsort zurück. Manches Mal ließen sie sich bis zum Ablauf der Bindung der Zuweisung von ihren Familien unterhalten. Erstattungsverfahren nach § 3 b [X.] habe es nur vereinzelt gegeben. Die Regelungen des [X.]es würden von den Spätaussiedlern akzeptiert. Wie viele Spätaussiedler durch Arbeitsaufnahme vorzeitig von der Zuweisung frei würden, sei nicht bekannt.
Die west[X.]n Bundesländer halten die Zuweisung für notwendig. Sie meinen, das Gesetz habe seine Ziele erreicht. Die Gemeinden könnten wegen der festen Zuweisungszahlen ihre infrastrukturellen Maßnahmen und Integrationsangebote besser planen. Die Kosten hierfür verteilten sich ebenso gleichmäßig wie die Sozialhilfelasten. [X.] hat vorgetragen, eine erfolgreiche Integration setze auch die Nachbarschaft zu Haushalten voraus, die nicht bereits selbst durch eine einseitige Sozialstruktur in ihrer Integrationsfähigkeit beeinträchtigt seien. [X.] verweist darauf, dass durch eine zu hohe Verdichtung von Zuwanderern in bestimmten Stadtteilen wichtige [X.], wie Kindertagesstätten, Schulen und Begegnungsstätten, überproportional von den Zuwanderern genutzt würden. Dies fördere die Integration nicht. Nach Auffassung von [X.] senkt das Zusammenleben vieler Spätaussiedler generell die Notwendigkeit, [X.] zu sprechen und Kontakte außerhalb der eigenen Gruppe aufzubauen. Nur berufstätige Spätaussiedler hätten eigene sprachliche und kulturelle Kontakte zu Einheimischen. Ein Erstattungssystem reiche zum Ausgleich der unterschiedlichen finanziellen Belastung nicht aus. Es wäre verwaltungsaufwändig, müsste länderübergreifend durchgeführt werden und würde zu einem Finanzausgleich von besonders finanzschwachen in weniger schwache Länder führen.
Mehrere ost[X.] Länder berichten, dass viele Spätaussiedler unmittelbar nach Ablauf der Bindungsfrist in den Westen zögen, weil dort ihre Verwandten lebten und die Arbeitssuche leichter sei. Thüringen meint, die Zuweisung erschwere die Integration. Diese setze den Willen und das persönliche Engagement der Spätaussiedler voraus. Da viele aber von Anfang an auf den Ablauf der Bindungsfrist warteten, wollten sie sich am Zuweisungsort nicht integrieren. Sie verzichteten teilweise auf eigenen Wohnraum und zögen es vor, die [X.] im Übergangswohnheim zu bleiben. Eine Getto-Bildung werde nicht wirklich verhindert. In rechtlicher Hinsicht trägt [X.] vor, Art. 3 Abs. 1 GG sei deshalb nicht verletzt, weil die Spätaussiedler eine ungleich größere Gruppe darstellten als andere einreisende [X.] Sozialhilfeempfänger und einen höheren [X.] verursachten.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung mehrere sachverständige Auskunftspersonen angehört.
1. Nach Einschätzung des Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten schützt eine gleichmäßige Verteilung von Spätaussiedlern den [X.] in den Gemeinden. Siedlungsschwerpunkte der Spätaussiedler hätten sich vor 1996 überwiegend in strukturschwachen Regionen gebildet. Nach der jüngsten Volkszählung in Russland lebten dort noch etwa 570.000 [X.].
2. Der [X.] Städtetag hat mitgeteilt, seit 1997 hätten sich keine neuen Siedlungsschwerpunkte der Spätaussiedler gebildet. Viele Spätaussiedler blieben auch nach der Bindungsfrist am Zuweisungsort. Die früher entstandenen Schwerpunkte bestünden allerdings weiter. Für die Gemeinden sei eine verlässliche Zahl der zu erwartenden Spätaussiedler wichtig zur Planung ihrer Infrastruktur, vor allem ihrer Schulen und Kindertagesstätten. Einige Gemeinden böten außerdem freiwillige Integrationsmaßnahmen an, zum Beispiel weitere Sprachkurse im [X.] an den aus Bundesmitteln finanzierten sechsmonatigen Kurs, um die integrativen Belastungen zu mildern. Es bestünden auch [X.] Lasten. So verursache ein überproportionaler Zuzug von Spätaussiedlern bei der eingesessenen Bevölkerung Gefühle der Bedrohung.
3. Nach Einschätzung des Vorsitzenden des Vorstandes der Konferenz für Aussiedlerseelsorge der Evangelischen Kirche in [X.] wüssten viele Spätaussiedler bei der Einreise nicht um die sozialrechtlichen Folgen einer Wohnortbegründung, die abweichend von der Zuweisung erfolge. Sie kämen aus einem anderen Kulturkreis und hätten mit dem Staat des Herkunftslandes andere Erfahrungen als in [X.] gemacht. Die Individualität der Zuwanderer sei schwach ausgeprägt, [X.]r Bezugspunkt seien Großfamilie, Glaubens- oder Dorfgemeinschaft. Wenn die Spätaussiedler nicht zu ihren schon aufgenommenen Verwandten ziehen dürften, zerplatzten ihre Zukunftsvorstellungen. Sie seien entsetzt, dass es auch in [X.] Maßnahmen der Verteilung und Zuweisung gebe. Vor allem die älteren Spätaussiedler fühlten sich an die [X.] ihrer Vertreibung erinnert. Die Gründe der Zuweisung sähen sie allenfalls abstrakt ein. Sie verstünden nicht, warum ihre vermeintlich guten Gründe für den Wunsch, zu Verwandten zu ziehen, nicht akzeptiert würden, wenn die Quote erschöpft sei. Sie wehrten sich allerdings nicht, gingen vielmehr davon aus, im Landesaufnahmelager oder am Zuweisungsort noch etwas erreichen zu können. Der in der Zuweisung liegende Zwang behindere die Integration. Das lähmende Warten auf den Abschluss des Aufnahmeverfahrens über fünf bis sechs Jahren werde um [X.] verlängert. Es komme zu Erstarrungserscheinungen. Man warte nur das Ende der Bindung ab, um den Wohnsitz zu wechseln. Integrieren wolle man sich am ungeliebten Zuweisungsort nicht.
4. Nach Auffassung von Frau Dr. [X.] (Osteuropa-Institut München) hat die Zuweisung keinen signifikanten Einfluss auf die arbeitsmarktliche Integration. Ob die Spätaussiedler einen Arbeitsplatz fänden, hänge von der Arbeitsmarktlage am Zuweisungsort ab. Die Zuweisung behindere aber den Zugang zu den Netzwerken anderer Spätaussiedler und Familienangehöriger. Eine Einbindung in solche Netzwerke erleichtere einerseits Eingliederung, Wohnraumbeschaffung und Arbeitssuche, andererseits fördere sie die Segmentierung. Allenfalls eine der sozialpolitischen Zielrichtungen der Zuweisung lasse sich bestätigen: Eine überproportionale Zuwanderung führe zu Beschwerden der Alteingesessenen. Einflüsse der Zuweisung auf den Spracherwerb seien nicht feststellbar; unabhängig vom Wohnort sprächen die Familien über lange [X.] russisch.
[X.] ist zulässig.
Den Beschwerdeführern fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis (vgl. hierzu [X.] 81, 138 <140>). Zwar sind sie inzwischen nicht mehr an die Zuweisung gebunden. Sie werden aber noch immer durch Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit ihrem zuweisungswidrigen Umzug belastet. Wäre ihre Verfassungsbeschwerde erfolgreich, könnten sie nachträglich die ihnen verweigerte Sozialhilfe verlangen. Zwar kann nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte Sozialhilfe nach § 5 [X.] nicht rückwirkend bewilligt werden (vgl. BVerwGE 40, 343 <346>). Von diesem Grundsatz besteht jedoch eine Ausnahme, wenn zu Unrecht verweigerte Sozialhilfe in einem Rechtsbehelfsverfahren erstritten werden muss (vgl. BVerwGE 57, 237 <238 f.>).
Die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde scheitert auch nicht am Subsidiaritätsgrundsatz. Den Beschwerdeführern kann nicht entgegengehalten werden, sie hätten es versäumt, vor der Anrufung des [X.]s alle nach Lage der Dinge zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten zu ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung zu verhindern oder zumindest zu korrigieren (vgl. [X.] 73, 322 <325>; 77, 381 <401>). Zwar haben sie nur gegen die Ablehnung der Sozialhilfe durch die [X.] die Verwaltungsgerichte angerufen. Sie haben dagegen keinen fachgerichtlichen Rechtsschutz gegen die der Ablehnung der Sozialhilfe vorausgegangene Zuweisung und gegen die Entscheidung über ihren Antrag auf Abänderung der Zuweisung gesucht. Die Beschreitung des Rechtswegs gegen diese Verwaltungsentscheidungen konnte von ihnen jedoch in ihrer konkreten Lebenssituation nicht verlangt werden (vgl. [X.] 79, 1 <23 f.>; 99, 202 <211>).
1. Im [X.]punkt der Aufnahme befanden sich die Beschwerdeführer in einem für sie unbekannten Land. Sie sprachen kaum [X.]. Während ihres Aufenthalts im Grenzdurchgangslager hatten sie keine Möglichkeit, sich rechtlich beraten zu lassen. Über die rechtliche Bedeutung der Zuweisung und die Folgen einer abweichenden [X.]wurden sie nicht unterrichtet. Auf Grund der Erfahrungen, die die Beschwerdeführer mit ihrem Herkunftsland gemacht hatten, konnten sie auch nicht ausschließen, dass die Einlegung von Rechtsbehelfen ihnen Nachteile bringen könnte. Ihre persönliche Situation war auch noch nicht überschaubar. Sie kannten ihre Zuweisungsgemeinde nicht. Außerdem hatten sie im [X.]punkt der Zuweisung noch keinen Anlass, einen Umzug zu erwägen.
2. Unter den besonderen Umständen des konkreten Falles kann den Beschwerdeführern nicht entgegengehalten werden, dass sie gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Abänderung der Zuweisung den Rechtsweg nicht beschritten haben. Die zuständige Behörde hat in ihrem Ablehnungsschreiben, dem eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht beigefügt war, klargestellt, für eine solche Abänderung sei aus ihrer Sicht keine Rechtsgrundlage vorhanden. Dem war nur schwer entgegenzutreten. Eine spezielle Regelung für eine Abänderung der Zuweisung existierte zu keinem [X.]punkt. Ob eine Abänderung nach § 1 Abs. 1 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (NVwVfG) in Verbindung mit § 51 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) zu erreichen war, erschien zumindest zweifelhaft. Das Verhältnis dieser Vorschrift zum [X.] ist ungeklärt. Offen ist auch, ob im Hinblick auf § 2 Abs. 4 [X.] die Umzugsgründe der Beschwerdeführer - Teilzeitbeschäftigung der Beschwerdeführerin, Schulbesuch des Beschwerdeführers und verwandtschaftliche Bindungen - hätten ausreichen können, eine Abänderung der Zuweisung durchzusetzen. Die §§ 48, 49 VwVfG sind, sofern man sie nach § 1 Abs. 1 NVwVfG zur Anwendung bringt, als Ermessensnormen ausgestaltet und begründen regelmäßig keinen Rechtsanspruch auf Rücknahme oder Widerruf der Zuweisungsverfügung. Zumindest die praktische Aussichtslosigkeit des [X.] ist auch durch die Auskunft der Bundesregierung in der mündlichen Verhandlung bestätigt worden, wonach es zwar in gewissem Umfang Umverteilungen zwischen verschiedenen Ländern gibt, landesinterne Umverteilungen aber nicht bekannt sind. Das Grenzdurchgangslager erlasse, wenn es Umverteilungsanträge ablehne, keine rechtsmittelfähigen Bescheide. Unter diesen besonderen Umständen war der Verzicht auf die Einlegung eines gerichtlichen Rechtsbehelfs nachvollziehbar.
[X.] ist mit 7 : 1 Stimmen ergangen.
[X.] ist jedoch unbegründet. Die angegriffene Regelung verletzt die Beschwerdeführer nicht in ihrem Grundrecht auf Freizügigkeit ([X.]). Auch ein Verstoß gegen ihre Gleichheitsrechte liegt nicht vor (I[X.]).
Das Grundrecht der Beschwerdeführer auf Freizügigkeit (Art. 11 Abs. 1 GG) ist nicht verletzt.
1. § 3 a Abs. 1 Satz 2 [X.] 1996 beeinträchtigt allerdings die Beschwerdeführer, die [X.] Staatsangehörige sind, in ihrem Grundrecht aus Art. 11 Abs. 1 GG.
a) Der sachliche Schutzbereich ist berührt. Freizügigkeit im Sinne von Art. 11 Abs. 1 GG umfasst das Recht, an jedem Ort innerhalb des Bundesgebietes Aufenthalt und Wohnung zu nehmen (vgl. [X.] 2, 266 <273>; 80, 137 <150>). Hierzu gehören die Einreise nach [X.] zum Zwecke der Wohnsitznahme (vgl. [X.] 2, 266 <273>; 43, 203 <211>) und die Freizügigkeit zwischen Ländern, Gemeinden und innerhalb einer Gemeinde. § 2 Abs. 1 und der hier angegriffene § 3 a [X.] 1996 betreffen die Wohnsitzbegründung in einem Land sowie in einer Gemeinde dieses Landes im [X.] an eine Einreise nach [X.].
b) Der mit der angegriffenen Regelung bewirkte Ausschluss von der Hilfe zum Lebensunterhalt beeinträchtigt das Freizügigkeitsgrundrecht der Beschwerdeführer aus Art. 11 Abs. 1 GG.
aa) Das [X.] hindert die Beschwerdeführer zwar nicht unmittelbar an der Wahl eines anderen Wohnortes als des zugewiesenen. Es knüpft an eine solche Wahl nur eine sozialrechtlich nachteilige Rechtsfolge. Grundrechte können aber auch durch mittelbare Maßnahmen beeinträchtigt sein. Das Grundgesetz bindet den Schutz vor Grundrechtsbeeinträchtigungen nicht an den Begriff des Eingriffs oder gibt diesen inhaltlich vor. Auch staatliche Maßnahmen, die eine mittelbare oder faktische Wirkung entfalten, können Grundrechte beeinträchtigen und müssen daher von Verfassungs wegen hinreichend gerechtfertigt sein (vgl. [X.] 105, 279 <300 f.>). Solche Maßnahmen können in ihrer Zielsetzung und Wirkung einem normativen und direkten Eingriff gleichkommen und müssen dann wie dieser behandelt werden (vgl. [X.] 105, 252 <273>).
bb) Ein solcher Fall ist hier gegeben. Die angegriffene Regelung schließt regelmäßig die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt aus, falls der Spätaussiedler seinen Wohnort abweichend von der Zuweisung wählt. Die Leistungen nach dem [X.] sind dann auf die nach den Umständen unabweisbar gebotene Hilfe beschränkt. Die Regelung knüpft damit für Sozialhilfebezieher an die Ausübung des Grundrechts der Freizügigkeit einen wirtschaftlich spürbaren Nachteil, um damit den Inhaber des Grundrechts an den Zuweisungsort zu binden. Darin liegt eine mittelbare zielgerichtete Beeinträchtigung des Grundrechts, deren Verfassungsmäßigkeit an Art. 11 Abs. 1 GG zu messen ist (vgl. auch [X.], in: Dreier, Grundgesetz, Bd. 1, 2. Aufl. 2004, Art. 11 Rn. 22; vgl. auch - zur durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Freizügigkeit von Ausländern - [X.], 1. Kammer des [X.], DVBl 2001, S. 892 <893 f.>). Davon geht im Ergebnis auch die fachgerichtliche Rechtsprechung aus [X.]. [X.], NVwZ 1986, S. 860 <861>; Bad.-Württ. [X.], [X.] 1982, [X.] [juris]; vgl. auch [X.]. [X.], 12 [X.]96.1751, 14. August 1996 [juris]).
2. Die Beeinträchtigung des Grundrechts aus Art. 11 Abs. 1 GG ist jedoch verfassungsgemäß. § 3 a Abs. 1 Satz 2 [X.] 1996, der auf der Kompetenzgrundlage des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG erlassen ist, genügt den Anforderungen an eine gesetzliche Beschränkung der Freizügigkeit in Art. 11 Abs. 2 Variante 1 GG. Der Gesetzgeber konnte eine solche Beschränkung für sozialhilfebedürftige Spätaussiedler vornehmen, weil diese über eine ausreichende Lebensgrundlage nicht verfügen und der Allgemeinheit bei unbeschränkter Freizügigkeit daraus besondere Lasten entstehen.
a) Eine ausreichende Lebensgrundlage fehlt einem Grundrechtsträger, wenn er seinen [X.]nicht aus eigener [X.] befriedigen kann (vgl. [X.] 2, 266 <278>; BVerwGE 3, 130 <139>; 6, 173 <175>). Die Zuweisung nach § 2 Abs. 1 [X.], an die § 3 a Abs. 1 Satz 2 [X.] 1996 anknüpft, trifft nur Spätaussiedler, die über keinen Arbeitsplatz und auch über kein auf sonstige Weise den Lebensunterhalt sicherndes Einkommen verfügen und daher auf öffentliche Hilfe angewiesen sind.
b) Art. 11 Abs. 2 Variante 1 GG ermöglicht dem Gesetzgeber eine Beschränkung des Grundrechts auf Freizügigkeit, wenn unterstützungsbedürftige Personen in anhaltend großer Zahl in die [X.] einreisen und Bund, Ländern und Gemeinden daraus erhebliche Lasten entstehen. Zu diesen Lasten gehören insbesondere die Bereitstellung von Wohnraum, infrastrukturelle Folgelasten wie die Herstellung und Erweiterung von Einrichtungen der Betreuung von Kindern, der schulischen Ausbildung, von [X.]und Sport sowie von Anlagen der öffentlichen Versorgung und Entsorgung. Hinzu kommen in Fällen der in Rede stehenden Art Maßnahmen der Integration wie das Angebot von Sprachkursen, Eingliederungshilfen und Vorsorge dafür, dass die eingesessene Bevölkerung die zugewanderten Menschen aufnimmt und in die örtliche Gemeinschaft einbezieht. Art. 11 Abs. 2 Variante 1 GG gibt unter diesen Voraussetzungen dem Gesetzgeber die Befugnis, unter Einschränkung des Grundrechts der Freizügigkeit die Lasten auf Länder und kommunale Gebietskörperschaften zu verteilen und damit insbesondere einer Überlastung einzelner Gemeinden entgegenzuwirken.
Solche besonderen Lasten sind der Allgemeinheit durch den Zuzug der Spätaussiedler in die [X.] entstanden. Im [X.]raum des starken Zuzugsanstiegs ab 1987 sind insgesamt drei Millionen Aussiedler und Spätaussiedler in die [X.]eingewandert. Sie waren und sind bei Zuzug in aller Regel sozialhilfebedürftig. Ihre Eingliederung machte infrastrukturelle Maßnahmen nicht geringen Ausmaßes erforderlich. Der [X.] ist unverändert hoch. Spätaussiedler stammen regelmäßig aus einem anderen Kulturkreis und Gesellschaftssystem und haben oft erhebliche Schwierigkeiten, sich in die neue Umgebung zu integrieren und einen Arbeitsplatz zu finden. Dies haben die in der mündlichen Verhandlung gehörten sachverständigen Auskunftspersonen bestätigt. Erschwert wird die Integration zudem durch mangelhafte Sprachkenntnisse. Selbst die Anfang der 1990-er Jahre zugewanderten und noch überwiegend deutschstämmigen Spätaussiedler hatten wegen der Verfolgung in ihren Herkunftsländern oftmals viele Jahre keine Gelegenheit, die [X.] Sprache zu pflegen. Die nicht deutschstämmigen Angehörigen von Spätaussiedlern, die heute die ganz überwiegende Zahl der Zuwanderer ausmachen, sprechen regelmäßig nicht [X.]. Alle diese Umstände bewirkten von Anfang an einen hohen Eingliederungsaufwand.
c) Die Regelung des § 3 a Abs. 1 Satz 2 [X.] 1996 genügt auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
aa) Die Regelung ist geeignet, die vom [X.]angestrebte angemessene Lastenverteilung zu erreichen. Übereinstimmend haben die Bundesregierung, die Länder und in der mündlichen Verhandlung auch der [X.] Städtetag vorgetragen, dass die Zuweisungen seit dem In-[X.]-Treten der Vorschrift im Jahre 1996 befolgt würden. Es seien keine neuen Siedlungsschwerpunkte für Spätaussiedler entstanden. Die Sozialhilfelasten verteilten sich gleichmäßig. Den Gemeinden sei eine vorausschauende Planung ihrer infrastrukturellen und integrativen Maßnahmen möglich.
Auch die Einschätzung des Gesetzgebers, die Zuweisung und ihre Durchsetzung mit sozialhilferechtlichen Mitteln sei ein geeigneter Weg, die Integration der Spätaussiedler zu fördern, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zwar wird dies von den Beteiligten unterschiedlich gesehen. Einerseits wird geltend gemacht, Spätaussiedler unterlägen wahrscheinlich einem höheren Anreiz, [X.] zu lernen, wenn sie sich im Alltagsleben dieser Sprache bedienen müssten. Es seien dauerhafte sprachliche Defizite zu verzeichnen, wenn größere Einwanderergruppen zusammenlebten, weil die Menschen hier ihren Kommunikationsbedarf bei anderen Einwanderern gleicher Sprache befriedigen könnten. Insbesondere Kinder und Jugendliche lernten in Kindertagesstätten, Schulen und Jugendeinrichtungen schneller die [X.] Sprache, wenn die Mehrzahl ihrer Altersgruppe diese verwende, selbst wenn sie in ihrer Familie weiterhin die Sprache ihres Herkunftslandes sprächen. Zudem seien Nachbarschaft, Vereine und das sonstige [X.] Umfeld eher bereit, Einzelne als große Gruppen von Spätaussiedlern aufzunehmen. Andererseits wurde in der mündlichen Verhandlung von sachverständiger Seite die Auffassung vertreten, die Zuweisung behindere den Zugang zu den "Netzwerken" der schon länger eingewanderten Spätaussiedler. Dieser Zugang sei für die Suche nach Wohnraum und Arbeitsstätten, für die finanzielle Unterstützung und für Hilfen beim Kontakt mit Behörden wichtig.
Bei der Einschätzung der Auswirkungen einer neuen Regelung steht dem Gesetzgeber ein weiter Einschätzungsspielraum zu (vgl. [X.] 50, 290 <332 ff.>). Dies gilt insbesondere, wenn ein akuter Gesetzgebungsbedarf - wie dies nach Auffassung aller beteiligten Gebietskörperschaften 1996 der Fall war - zügig befriedigt werden muss. Diesen Einschätzungsrahmen hat der Gesetzgeber mit der hier angegriffenen Regelung nicht überschritten. Der Gesetzgeber ist in diesen Fällen aber gehalten, die weitere Entwicklung und insbesondere die Auswirkungen der Regelung zu beobachten und diese gegebenenfalls für die Zukunft zu korrigieren (vgl. [X.] 95, 267 <314 f.>). Eine solche Ermittlung und Bewertung der Auswirkungen der Zuweisung hat die Bundesregierung für das [X.] angekündigt.
bb) Die angegriffene Regelung ist auch erforderlich. Es ist kein Weg ersichtlich, der die Spätaussiedler weniger belasten, die genannten Ziele aber gleichermaßen erreichen würde. Insbesondere bei der Bestimmung der Dauer der Zuweisungszeit steht dem Gesetzgeber ein Einschätzungsspielraum zu. Diesen hat er jedenfalls im Falle der Beschwerdeführer noch nicht überschritten. Die mit der Zuweisung verfolgten Ziele lassen sich nicht erreichen, wenn der [X.]raum zu kurz bemessen ist. Die Anhörung von sachverständigen Auskunftspersonen im vorliegenden Verfahren hat ergeben, dass der Prozess der Eingliederung in die [X.] Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt der [X.] typischerweise länger als drei Jahre andauert.
Der Gesetzgeber war verfassungsrechtlich auch nicht gehalten, statt der Zuweisung als milderes Mittel eine Regelung vorzusehen, auf Grund derer die Kosten der Sozialhilfe der sie nach § 97 Abs. 1 Satz 1 [X.] tragenden Gemeinde vom Sozialhilfeträger der Zuweisungsgemeinde erstattet werden. Das übergemeindliche finanzielle Erstattungssystem nach § 3 b [X.] und § 107 Abs. 1 [X.] ist nach der gesetzlichen Ausgestaltung und den praktischen Gegebenheiten auf Einzelfälle zugeschnitten und nicht für den Ausgleich von Sozialhilfekosten in einer Größenordnung geeignet, wie sie bei Spätaussiedlern anfielen, würde man auch an dem nicht zugewiesenen Wohnort Hilfe zum Lebensunterhalt gewähren. Erstattungsverfahren sind aufwändig und können zu Verwaltungsstreitverfahren führen. Vor allem ist das dem [X.] zugrunde liegende Prinzip der Lastenverteilung keineswegs auf die [X.]beschränkt. Die sonstigen, oben dargestellten Lasten (vgl. C I 2 b) sind einem Erstattungsverfahren zwischen den Gemeinden naturgemäß kaum zugänglich.
cc) Die zeitlich befristete Zuweisung an einen bestimmten Wohnort, deren Durchsetzung die angegriffene Regelung dient, ist den betroffenen Spätaussiedlern auch zumutbar. Die durch sie bewirkte Grundrechtsbeeinträchtigung steht bei einer Gesamtabwägung in einem angemessenen Verhältnis zu den der Allgemeinheit aus der Regelung erwachsenden Vorteilen (vgl. [X.] 76, 1 <51>; 83, 1 <19>).
Allerdings ist die Freizügigkeit der Betroffenen erheblich beeinträchtigt. § 3 a Abs. 1 Satz 2 [X.] 1996 schließt Umzüge der regelmäßig auf öffentliche Hilfe angewiesenen Spätaussiedler praktisch aus. Die Sperre dauert mehrere Jahre an. In dieser [X.] sind die Spätaussiedler an einen Wohnort gebunden, den sie sich nicht selbst ausgesucht haben. Zumindest bei der [X.] Verteilung wird, so hat die mündliche Verhandlung ergeben, kaum Rücksicht auf Wünsche genommen, einem bestimmten Ort zugewiesen zu werden. Die für die kommunalen Gebietskörperschaften festgelegten Aufnahmequoten haben weitgehend Vorrang. Als Folge der Zuweisung können die meist vorhandenen Bindungen an die Großfamilie, bestimmte Glaubensgruppen oder die frühere Dorfgemeinschaft nicht fortgesetzt werden. Die Flexibilität bei der Arbeits- und Wohnungssuche ist - auch unter Berücksichtigung der seit 2000 geltenden Regelung des § 3 a Abs. 2 Satz 3 [X.] - in diesem [X.]raum eingeschränkt. Hinzu kommt, dass sich viele Spätaussiedler aus nachvollziehbaren Gründen mit der Beschränkung ihrer Freizügigkeit nach Einreise in ein Land nicht abfinden können, dessen Ordnung durch das Grundgesetz freiheitlich gestaltet ist.
Dem steht mit dem Ziel der Lastenverteilung ein gewichtiger Gemeinwohlbelang gegenüber. Die [X.] hatte in den vergangenen Jahren eine Zuwanderung von mehreren Millionen Menschen zu bewältigen. Das mit der Zuweisung angestrebte Ziel der Integration soll auch dem Betroffenen selbst zugute kommen. Die Zuweisung ist zeitlich begrenzt. Findet der Spätaussiedler an einem anderen Ort als dem zugewiesenen eine Vollzeitstelle und Wohnraum, so endet die Bindung (§ 2 Abs. 4 [X.] 1996). Die Arbeitssuche wird zudem seit der Änderung des [X.]es im Jahr 2000 durch § 3 a Abs. 2 Satz 3 [X.] erleichtert.
3. Das [X.] hat nicht zu prüfen, ob die Ablehnung des Antrags der Beschwerdeführer, sie der [X.] zuzuweisen, auf verfassungsgemäßen Rechtsgrundlagen beruht. Sie ist nicht gerichtlich angegriffen und daher formell bestandskräftig geworden. Das vorliegende Verfahren gibt aber Anlass zu folgendem verfassungsrechtlichem Hinweis:
a) Wie oben festgestellt, wird das Grundrecht des Art. 11 Abs. 1 GG nicht durch die Zuteilung und Zuweisung von einreisenden Spätaussiedlern auf der Grundlage des geltenden Rechts verletzt. Die aufnehmenden Länder und Gemeinden müssen möglichst frühzeitig Kenntnis darüber haben, ob und in welchem Umfang sie Unterkunft und Unterstützung im Sinne von § 1 Abs. 1 [X.] vorzuhalten haben. Auch die betroffenen Menschen müssen so bald wie möglich Kenntnis über ihren weiteren Verbleib erhalten. Beide Seiten benötigen Planungssicherheit. Deshalb ist es unter den gegebenen Verhältnissen verfassungsrechtlich hinzunehmen, dass den Gesichtspunkten des § 2 Abs. 2 [X.] - Wünsche des Aufgenommenen, enge verwandtschaftliche Beziehungen und Möglichkeit der beruflichen Eingliederung - bei der Zuteilung in der Praxis nicht in vollem Umfang Rechnung getragen werden kann.
b) Es begegnet jedoch im Hinblick auf das Grundrecht der Freizügigkeit des Art. 11 Abs. 1 GG verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn der Gesetzgeber keine Vorkehrungen für den Fall trifft, dass die Aufrechterhaltung der Zuweisung für die Betroffenen zu einer für sie besonders belastenden Situation führt und daher mit einer unbilligen Härte verbunden ist. Dies gilt insbesondere, aber nicht nur, wenn ihrem Begehren nach Änderung der Zuweisung grundrechtlich relevante Belange zugrunde liegen, wie beispielsweise solche des Art. 6 Abs. 1 GG beim Wunsch nach einem Zusammenwohnen mit Familienangehörigen oder solche des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG im Falle der Aufnahme einer Teilzeiterwerbstätigkeit. Zur Vermeidung solcher Härtefälle ist der Gesetzgeber verfassungsrechtlich gehalten, eine Abänderung der Zuweisung auf Antrag unter von ihm näher zu bestimmenden Voraussetzungen zu ermöglichen. Dabei dürfte auch zu berücksichtigen sein, ob der Wohnortwechsel zugleich einen Wechsel des Sozialhilfeträgers nach sich zieht. Über solche Anträge ist in einem Verwaltungsverfahren zu entscheiden, das rechtsstaatlichen Anforderungen entspricht. Auch dafür hat der Gesetzgeber durch geeignete Regelungen Sorge zu tragen. Angesichts der raschen Verteilung bei der Einreise muss Raum bleiben für eine spätere Prüfung der persönlichen Situation, die zugleich vermeidet, die Spätaussiedler zum bloßen Objekt eines staatlichen Verteilungsverfahrens zu machen.
Auch in ihren Gleichheitsrechten aus Art. 3 Abs. 1 und 3 GG sind die Beschwerdeführer nicht verletzt.
1. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG ist nicht berührt. Spätaussiedler werden durch die angegriffene Regelung nicht wegen ihrer Heimat oder Herkunft benachteiligt. Die Zuweisung und ihre Durchsetzung nach § 3 a Abs. 1 Satz 2 [X.] 1996 setzen als gleichheitsrechtlich unbedenkliches Merkmal einen Sozialhilfebedarf voraus.
2. Auch Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen sozialhilfebedürftigen [X.]n, die nach [X.] einreisen oder innerhalb [X.]s den Wohnsitz wechseln und nicht von Beschränkungen des Art. 11 Abs. 1 GG betroffen sind, besteht allerdings. Diese Ungleichbehandlung ist aber nach den für eine solche Gleichheitsprüfung maßgeblichen Grundsätzen (vgl. [X.] 100, 195 <205>; 97, 169 <180 f.>) hinreichend gerechtfertigt. Spätaussiedler reisen in großer Zahl nach [X.] ein. Sie haben einen besonderen Eingliederungsbedarf. Beides unterscheidet sie von anderen [X.]n, die erstmalig oder erneut einreisen und auf öffentliche Hilfe angewiesen sind. Es ist daher auch nicht angezeigt, für diese Gruppe ein Zuweisungsverfahren vorzusehen, das die Lasten gleichmäßig verteilt und die Integration fördert. Auch die Umzüge von Sozialhilfeempfängern innerhalb [X.]s werfen keine praktischen Fragen auf, die ein Zuweisungssystem erforderlich machten.
3. Art. 3 Abs. 1 GG ist im Verhältnis zu den Beschwerdeführern auch nicht dadurch verletzt, dass sozialhilfebedürftige Ausländer nicht generell einem Zuweisungsverfahren unterworfen sind. Allerdings gelten für sie ebenfalls Freizügigkeitsbeschränkungen (§ 120 Abs. 5 Satz 2 [X.]; vgl. aber auch [X.], 200 <201 ff.>). Soweit sozialhilfebedürftige Ausländer besser gestellt sind als Spätaussiedler, ist dies jedoch hinreichend gerechtfertigt. Spätaussiedler sind die bislang einzige große Gruppe von Zuwanderern, die allgemeine und übereinstimmende Merkmale aufweisen und einen Anspruch auf Einreise nach [X.] haben. Bei Ausländern ohne den Status des EU-Bürgers geht die Rechtsordnung grundsätzlich davon aus, dass sie nur vorübergehend in [X.] leben und später in ihre Herkunftsländer zurückkehren (vgl. [X.] 11/6321, S. 41; 14/7387, S. 56). Dies gilt auch für Asylberechtigte (§ 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG). Demgegenüber sind in den letzten Jahren fast drei Millionen Spätaussiedler mit einem dauerhaften Bleiberecht nach [X.] eingewandert. Ihre Eingliederungsprobleme sind auch anders gelagert als die jener Ausländer, denen das geltende Recht - unbeschadet ihrer Sozialhilfebedürftigkeit - ein zeitlich unbegrenztes Aufenthaltsrecht in [X.] gewährt und die es einem Zuweisungsverfahren nicht unterwirft.
Die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Gerichtsentscheidungen beruhen danach auf einer verfassungsgemäßen Rechtsgrundlage. Sie haben Bestand.
Papier | [X.] | [X.] |
Hömig | [X.] | Hohmann-Dennhardt |
[X.] | Bryde |
Meta
17.03.2004
Sachgebiet: BvR
Zitiervorschlag: Bundesverfassungsgericht, Entscheidung vom 17.03.2004, Az. 1 BvR 1266/00 (REWIS RS 2004, 4076)
Papierfundstellen: REWIS RS 2004, 4076 BVerfGE 110, 177-199 REWIS RS 2004, 4076
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
1 BvR 2306/96, 1 BvR 2314/96 (Bundesverfassungsgericht)
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