Bundespatentgericht, Beschluss vom 12.12.2019, Az. 30 W (pat) 802/15

30. Senat | REWIS RS 2019, 425

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Design …

(hier: Nichtigkeitsverfahren…)

12. Dezember 2019 10. Oktober 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]s Prof. Dr. Hacker sowie der [X.] [X.] und Dr. Meiser

beschlossen:

Gründe

I.

1

Für die Designinhaberin ist bei dem [X.] seit dem 16. Juli 2008 das am 28. Februar 2008 angemeldete Design Nr. …

2

als Einzeldesign eingetragen. Dafür sind folgende sieben Abbildungen als

3

Schwarz-Weiß-Fotos hinterlegt:

4

Abb. 1.1

Abbildung

5

Abb. 1.2

Abbildung

6

Abb. 1.3

Abbildung

7

Abb. 1.4

Abbildung

8

Abb. 1.5

Abbildung

9

Abb. 1.6

Abbildung

Abb. 1.7

Abbildung

Für das Design sind folgende Erzeugnisse angegeben: Augenschutzschirme, [X.], Helmvisier für Kopfbedeckungen, Kopfbedeckungen, Schutzhelme. Der Anmeldung war zur Erläuterung der Wiedergabe eine Beschreibung eines "Kinderhelms für Reiten, Ski und Radfahren" beigefügt. Dort ist unter anderem angegeben, dass [X.] formal aus vier [X.] bestehe und in verschiedenen Größen mit wechselbaren [X.], beziehungsweise Schildteilen und zum Beispiel Zusatzteilen wie einem Reiterknopf als Reit- beziehungsweise Skihelm oder Radhelm mit entsprechenden Farben und Grafikelementen ausgelegt sei.

Die Antragstellerin hat am 20. Februar 2014 die Feststellung der Nichtigkeit dieses Designs mit der Begründung beantragt, ihm fehle die Schutzfähigkeit, weil es keinen einheitlichen Schutzgegenstand erkennen lasse.

Das [X.] hat diesen Antrag zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hat der Senat mit Beschluss vom 23. November 2017 zurückgewiesen ([X.], 725 = [X.], 973).

Auf die (zugelassene) Rechtsbeschwerde der Antragstellerin hat der [X.] mit Beschluss vom 20. Dezember 2018 ([X.], [X.], 832 – [X.]) den vorgenannten Beschluss des Senats aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen. Die Entscheidung des [X.]s könne keinen Bestand haben, da dem eingetragenen Design mangels Bestimmbarkeit des Schutzgegenstandes die Designfähigkeit gemäß § 1 Nr. 1 [X.] fehle. Da dem [X.] eine eigene Sachentscheidung verwehrt sei (§ 23 Abs. 5 [X.] in Verbindung mit § 108 Abs. 1 [X.]), sei die Sache an das [X.] zurückzuverweisen.

Im wiedereröffneten Beschwerdeverfahren beantragt die Antragstellerin weiterhin sinngemäß,

den Beschluss der Designabteilung 3.5 des [X.]s vom 16. Juni 2015 aufzuheben und die Nichtigkeit des Designs … festzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragt weiterhin,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Nachdem der [X.] die Entscheidung des erkennenden Senats vom 23. November 2017 auf die zugelassene Rechtsbeschwerde hin im Rechtsbeschwerdeverfahren mit Beschluss vom 20. Dezember 2018 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen hat, hat der erkennende Senat unter Beachtung der Rechtsauffassung des [X.]s in der Sache erneut zu entscheiden (§ 23 Abs. 5 [X.] i. V. m. § 108, Abs. 2 [X.]).

Danach hat die zulässige Beschwerde der Antragstellerin auch in der Sache Erfolg. Das eingetragene Design … ist gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1

[X.] nichtig, weil ihm die Designfähigkeit gemäß § 1 Nr. 1 [X.] fehlt.

A. Gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 [X.] ist ein Design nichtig, wenn die Erscheinungsform des Erzeugnisses kein Design im Sinne des § 1 Nr. 1 [X.] ist. Dies ist u.a. dann der Fall, wenn in der Anmeldung nicht die Erscheinungsform "eines" Erzeugnisses wiedergegeben wird, weil sich dann der Gegenstand des [X.] nicht bestimmen lässt. In diesem Fall gibt das eingetragene Design nicht eine (einheitliche) Erscheinungsform „eines“ Erzeugnisses wieder, was zu einer Nichtigkeit des eingetragenen Designs wegen fehlender Designfähigkeit nach § 33 Abs. 1 Nr.1 i. V. m. § 1 Nr. 1 [X.] führt (vgl. [X.]. 11).

1. Der [X.] hat in seiner Entscheidung vom 20. Dezember 2018 festgestellt, dass dem eingetragenen Design … auch nach Auslegung kein einheitlicher Schutzgegenstand und damit nicht die Erscheinungsform „eines“ Erzeugnisses im Sinne des § 1 Nr. 1 [X.] entnommen werden könne, so dass ihm mangels Bestimmbarkeit des Schutzgegenstandes die Designfähigkeit gemäß § 1 Nr. 1 [X.] fehle ([X.], Tz. 24 aE).

2. Aufgrund dieser für den Senat nach § 23 Abs. 5 [X.] in Verbindung mit § 108 Abs. 2 [X.] bindenden Rechtsauffassung des [X.]s ist ohne weitere Sachprüfung die Nichtigkeit des angegriffenen Designs festzustellen (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 1 Nr. 1, Abs. 3 [X.]).

Eine entsprechende Feststellung seitens des [X.]s ist nur deshalb unterblieben, weil ihm nach § 23 Abs. 5 [X.] in Verbindung mit § 108 Abs. 1 [X.] eine eigene Sachentscheidung verwehrt war (vgl. [X.]. 25). In diesem Fall bezieht sich die Bindungswirkung nach § 23 Abs. 5 [X.] in Verbindung mit § 108 Abs. 2 [X.] nicht nur auf die Punkte, deren rechtsirrtümliche Würdigung die Aufhebung der ersten Entscheidung unmittelbar herbeigeführt haben, sondern umfasst jedenfalls dann, wenn – wie vorliegend – der zu beurteilende Sachverhalt und die Rechtslage unverändert bleiben bzw. hinsichtlich des Sachverhalts, nämlich des eingetragenen Designs, sogar unveränderlich ist, auch die Rechtsauffassung des [X.]s zur Nichtigkeit des verfahrensgegenständlichen Designs nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 1 Nr. 1 [X.].

3. Der angefochtene Beschluss der Designabteilung 3.5 des [X.]s vom 16. Juni 2015 ist daher aufzuheben und die Nichtigkeit des angegriffenen Designs … festzustellen (§ 33 Abs.3 [X.]).

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 23 Abs. 4 Satz 5 [X.] i. V. m. § 84 Abs. 2 Satz 2 [X.], § 91 Abs. 1 ZPO.

C. Der Gegenstandswert ist nach freiem Ermessen zu bestimmen (§ 34a Abs. 5 Satz 2 [X.] i. V. m. §§ 23 Abs. 3 Satz 2, 33 Abs. 1 [X.]).

Maßstab ist dabei im Hinblick auf den Popularcharakter des [X.] wie in Patentnichtigkeitsverfahren und Markenlöschungsverfahren grundsätzlich das Interesse der Allgemeinheit an der Nichtigkeitsfeststellung bzw. der Löschung, welches in der Regel dem gemeinen Wert des angegriffenen Designs entspricht (vgl. für die [X.] [X.], 79, 80; [X.]/ v. Falckenstein/[X.], [X.], 5. Aufl. 2014, § 54 Rdnr. 7).

In markenrechtlichen Löschungsverfahren wegen absoluter Schutzhindernisse nach §§ 50, 54 [X.] - deren Gegenstandswert ebenfalls gemäß § 33 Abs. 1, § 23 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 [X.] nach freiem Ermessen zu bestimmen ist - wird bei unbenutzten Marken bzw. Marken, zu deren Benutzung sich keine hinreichend zuverlässigen Feststellungen treffen lassen, ein Regelgegenstandswert von 50.000,- € als angemessen erachtet (vgl. B[X.] 30 W (pat) 1/14 – [X.]; 27 W (pat) 15/11 – [X.] Trainer; 28 W (pat) 48/11 – [X.]; 29 W (pat) 39/09 – [X.]; 29 W (pat) 15/10 – Wasserkraft).

Im vorliegenden Fall lassen sich ebenfalls keine hinreichend sicheren Feststellungen zu Art und Umfang einer Benutzung des gelöschten Designs treffen.

Zu beachten ist jedoch, dass das von einem eingetragenen Design ausgehende Behinderungspotential gegenüber einer eingetragenen Marke grundsätzlich höher zu bewerten ist. Denn während Marken Waren und Dienstleistungen ihrer Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen nach kennzeichnen, betrifft das eingetragene Design die Gestaltung eines Produkts bzw. einer Ware hinsichtlich seines optischen Erscheinungsbildes und seiner Benutzbarkeit und damit das Produkt/die Ware als solches und nicht nur dessen (betriebliche) Herkunftskennzeichnung. Der Gegenstandswert eines designrechtlichen Nichtigkeitsverfahrens nach § 34a [X.] ist dann aber deutlich höher zu bewerten als derjenige eines markenrechtlichen Löschungsverfahrens nach §§ 50, 54 [X.].

Der Senat hält insoweit im designrechtlichen Nichtigkeitsverfahren nach § 34a [X.] bei Designs, die entweder unbenutzt sind oder bei denen sich zu Art und Umfang einer Benutzung keine Feststellungen treffen lassen, unter Abwägung aller Gesichtspunkte wie insbesondere der Restlaufzeit des verfahrensgegenständlichen Designs eine Verdoppelung des im markenrechtlichen Löschungsverfahren bei unbenutzten Marken allgemein angenommenen Gegenstandswerts von 50.000,- € und damit einen ([X.] von

100.000,- €

für angemessen, aber auch ausreichend (vgl. B[X.] 30 W (pat) 801/16 – [X.], veröffentlicht in juris und auf der Internetseite des B[X.]).

Meta

30 W (pat) 802/15

12.12.2019

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 12.12.2019, Az. 30 W (pat) 802/15 (REWIS RS 2019, 425)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 425


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I ZB 25/18

Bundesgerichtshof, I ZB 25/18, 28.05.2020.

Bundesgerichtshof, I ZB 25/18, 20.12.2018.


Az. 30 W (pat) 802/15

Bundespatentgericht, 30 W (pat) 802/15, 12.12.2019.

Bundespatentgericht, 30 W (pat) 802/15, 22.03.2018.

Bundespatentgericht, 30 W (pat) 802/15, 23.11.2017.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

30 W (pat) 803/15 (Bundespatentgericht)


30 W (pat) 802/15 (Bundespatentgericht)

Designbeschwerdeverfahren – Nichtigkeitsverfahren - "Sporthelm" – zur Bestimmung des Schutzgegenstands auf Grundlage der Schnittmenge der …


30 W (pat) 710/17 (Bundespatentgericht)

Designbeschwerdeverfahren – "Getränkekühler" – zur Designfähigkeit – zum Designgegenstand – konkrete designfähige Erscheinungsform eines "Erzeugnisses" …


30 W (pat) 803/15 (Bundespatentgericht)

Designbeschwerdeverfahren – Nichtigkeitsverfahren - "Sportbrille" – abstrakter Hell-/Dunkelkontrast ohne Festlegung auf konkrete Farbtöne - hinreichend …


30 W (pat) 720/16 (Bundespatentgericht)

Designbeschwerdeverfahren – "Verfahren zur farblichen Ausgestaltung von Gegenständen mittels der sog. airbrush-Technik" – kein Gegenstand …


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.