Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2002, Az. IX ZB 426/02

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 214

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[X.] ZB 426/02vom12. Dezember 2002in dem [X.]:ja[X.]Z:ja[X.]R:ja [X.] §§ 13, 20, 4a, 5a) Für die Zulässigkeit eines Eröffnungsantrags des Schuldners ist erforderlich,aber auch genügend, daß er Tatsachen mitteilt, welche die wesentlichen Merk-male eines Eröffnungsgrunds erkennen lassen.b)Genügt der Eröffnungsantrag des Schuldners diesen Anforderungen nicht, mußdas Insolvenzgericht auf die Mängel konkret aufmerksam machen und [X.] aufgeben, diese binnen angemessener Frist zu beheben. [X.] der Schuldner nicht darauf verwiesen werden, die amtlichen Formularegemäß der nach § 305 Abs. 5 Satz 1 [X.] erlassenen Verordnung zur Einfüh-rung von Vordrucken für das Verbraucherinsolvenzverfahren und das Rest-schuldbefreiungsverfahren (VbrInsVV) vom 17. Februar 2002 zu [X.])Läßt der Schuldner den gerichtlichen Hinweis innerhalb der ihm gesetzten [X.], ist der Eröffnungsantrag als unzulässig abzuweisen, ohne daß zu-vor von Amts wegen Ermittlungen angestellt werden müssen. Die [X.] setzt einen zulässigen Eröffnungsantrag [X.].[X.], Beschluß vom 12. Dezember 2002 - [X.] 426/02 -LGDortmundAGDortmund- 2 -Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch den Vorsitzenden [X.]Dr. [X.] und die [X.] Kirchhof, [X.], [X.] und am 12. Dezember 2002beschlossen:Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der [X.] vom 14. Juni 2002 wird auf [X.] Antragstellers zurückgewiesen.Der Gegenstandswert für das [X.] bis zu 300 [X.] Schriftsatz seines [X.]n vom 3. Januar 2002hat der Schuldner den Antrag auf Eröffnung eines Regelinsolvenzverfahrensmit Eigenverwaltung und Gewährung von Restschuldbefreiung gestellt; fernerhat er beantragt, die Kosten des Verfahrens zu stunden und seinen [X.] ihm als Rechtsanwalt beizuordnen. Zur Begründung hatder [X.] folgende Angaben [X.] ist ... zu [X.] arbeitslos. Er erhält [X.] in Höhe von 800,00 DM netto monatlich. Der [X.] letztmals im [X.] 2001 ... die eidesstattliche Versicherung- 3 -abgegeben. Seit dieser [X.] hat er keine Vermögensgegenständemehr erworben. Daher ist festzustellen, dass der [X.] ist. Der Antragsteller hat Verbindlichkeiten in Höhe vonca. 60.000,00 DM. Aufgrund einer selbständigen Tätigkeit in [X.]. Der Antragsteller war Inhaber des [X.]und hatte eine Gastätte [X.]. Der [X.] diese selbständige Tätigkeit im März 2001 eingestellt. [X.] Tätigkeit sind nicht unerhebliche Verbindlichkeitenüber geblieben. Dem Antragsteller ist nicht bekannt, welche Gläu-biger er hat. Er kann jedoch im Rahmen der Beiordnung eine Listvon Gläubigern nachgereicht werden. Sicher ist auf jeden Fall,dass der Antragsteller gegenüber [X.] nochrückständige Sozialversicherungsbeiträge [X.] in dem Antrag erwähnte eidesstattliche Versicherung war nicht bei-gefügt. Das Insolvenzgericht hat dem Schuldner mit Verfügung vom [X.] aufgegeben, ihm zugesandte Fragebögen über seine [X.] binnen zwei Wochen ausgefüllt zurückzusenden. Nach [X.] Ablauf dieser Frist hat das Insolvenzgericht mit Beschluß vom 28. [X.] die Anträge zurückgewiesen. Zur Begründung hat es unter anderem [X.] hingewiesen, der Schuldner habe keine ausreichenden Auskünfte über sei-ne wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse erteilt; es könne somit [X.] werden, daß ein die Eröffnung des Insolvenzverfahrens rechtferti-gender Insolvenzgrund vorliege. Die sofortige Beschwerde des Schuldners hatdas Landgericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Schuldner mit [X.].[X.] 4 -Das Rechtsmittel ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO n.F. in [X.] § 7 [X.] statthaft. Es ist auch zulässig, weil es Fragen von grundsätzlicherBedeutung aufwirft und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechungdient (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.]).In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, welche Anforderungen andie Stellung eines zulässigen Antrags des Schuldners auf Eröffnung eines In-solvenzverfahrens zu stellen sind. Für den Fall, daß der Antrag [X.] enthält, ist ungeklärt, ob das Insolvenzgericht dem Schuldner [X.] Hinweise darauf geben muß, welche Ergänzungen erforderlich sind. [X.] bedarf ferner die Frage, ob der Antrag, falls die fehlenden Angabennicht innerhalb einer dem Schuldner gesetzten Frist nachgeholt werden, [X.] werden kann oder ob das Insolvenzgericht im Rahmen seiner Amtser-mittlungspflicht (§ 5 [X.]) versuchen muß, den Schuldner zur Auskunft zuzwingen (§ 20 Satz 2 i.V.m. § 98 [X.]).III.Die Rechtsbeschwerde bleibt in der Sache erfolglos, weil die beim Insol-venzgericht gestellten Anträge teils unzulässig, teils unbegründet waren. So-weit das Insolvenzgericht unzulässige Anträge als unbegründet [X.] hat, wird der Schuldner dadurch nicht beschwert.1. Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens war unzulässig undkonnte vom Insolvenzgericht zurückgewiesen werden, ohne daß zuvor [X.] Gebrauch gemacht worden [X.] 5 -a) Für die Zulässigkeit eines Eröffnungsantrags des Schuldners ist [X.] erforderlich, daß er ernsthaft auf Eröffnung gerichtet ist und nicht sach-fremden Zwecken dient ([X.] ZIP 2002, 862; MünchKomm-[X.]/[X.], § 13 Rn. 87; [X.] EWiR 2002, 721, 722; vgl. ferner [X.]/Kirchhof, [X.] 2. Aufl. § 14 Rn. 20 f). Zum andern ist entsprechend§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO in Verbindung mit § 4 [X.] zu verlangen, daß [X.] einen Eröffnungsgrund in substantiierter, nachvollziehbarer Formdarlegt. Erforderlich - aber auch genügend - ist die Mitteilung von Tatsachen,welche die wesentlichen Merkmale eines Eröffnungsgrundes im Sinne [X.] 17 f [X.] erkennen lassen ([X.] Kommentar/Kirchhof, § 13 [X.]Rn. 18; [X.] EWiR 2002, 767; zu Besonderheiten des Verbraucherinsol-venzverfahrens vgl. unten zu c). Die tatsächlichen Angaben müssen die [X.] nachvollziehbar darstellen, ohne daß sich daraus beizutreffender Rechtsanwendung schon das Vorliegen eines Eröffnungsgrundesergeben muß; eine Schlüssigkeit im technischen Sinne ist nicht vorauszuset-zen (a.[X.] 2002, 390; [X.] MDR 1999, 280, 281; wohlauch [X.] 1999, 333, 334). Der Schuldner muß - wie sich im [X.] aus § 14 Abs. 1 [X.] ergibt - den Eröffnungsgrund nicht glaubhaftmachen ([X.] Kommentar/Kirchhof, aaO). Im [X.] noch keine Amtsermittlungspflicht gemäß § 5 [X.] ([X.]ZIP 2002, 862; MünchKomm-[X.]/Ganter, § 5 Rn. 13; MünchKomm-[X.]/[X.], § 13 Rn. 88; [X.] Kommentar/Kirchhof, § 14 [X.]Rn. 22). Diese greift erst ein, wenn ein zulässiger Eröffnungsantrag vorliegt.Genügt ein Antrag den oben beschriebenen Mindesterfordernissen nicht, hatdas Insolvenzgericht den Schuldner auf den Mangel hinzuweisen und eine Fristzu dessen Behebung zu setzen; nach fruchtlosem Ablauf darf - und muß - es- 6 -den Antrag als unzulässig zurückweisen ([X.] ZIP 2002, 862; Münch-Komm-[X.]/[X.], § 13 Rn. 96 und § 20 Rn. 18 f; im Ergebnis ebensoFrankfurter Kommentar/[X.], [X.] 3. Aufl. § 20 Rn. 3; a.[X.]/[X.], [X.] § 20 Rn. 8a; [X.], [X.] 2. Aufl. § 20 Rn. 20). Das ge-bietet auch der Schutz der Gläubiger vor unberechtigten Eigenanträgen, [X.] mit Unsicherheiten wegen der [X.] § 88 [X.] belasten (vgl. hierzu auch [X.]/[X.], § 13 [X.]Rn. 11).Erst wenn der Schuldner einen Eröffnungsgrund in hinreichend substan-tiierter Form dargelegt und somit die Schwelle vom Zulassungs- zum Eröff-nungsverfahren überschritten hat, greift der Amtsermittlungsgrundsatz ein. [X.] darf das Insolvenzgericht, falls es sich vom Vorliegen eines [X.] wegen unzureichender Angaben und fehlender Unterlagen nichtüberzeugen kann, nicht schon deswegen den Eröffnungsantrag zurückweisen;vielmehr muß es versuchen, die Ergänzung der Angaben und die Vorlage [X.] mit den Mitteln des § 20 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit §§ 97, 98,101 [X.] zu erzwingen ([X.], 559; [X.]; [X.] Kommentar/Kirchhof, § 20 [X.] Rn. 15; [X.]/[X.], [X.] § 20 Rn. 13a; [X.], § 20 [X.] Rn. 20; [X.]/Wutzke/Förster,Handbuch zur [X.]. [X.]. 3 Rn. 167; [X.]1999, 333, 334).b) Im vorliegenden Fall hat der Schuldner keine Tatsachen mitgeteilt,welche die wesentlichen Merkmale eines Eröffnungsgrundes im Sinne [X.] 17, 18 [X.] erkennen ließen. Die nicht näher substantiierten Angaben, ersei arbeits- und "[X.]", habe eine (dem Antrag nicht beigefügte) eides-- 7 -stattliche Versicherung abgegeben und gegenüber weitgehend unbekanntenGläubigern Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 60.000 DM, sind für eine Zah-lungsunfähigkeit im Sinne des § 17 [X.] oder eine drohende [X.]-keit im Sinne des § 18 [X.] nicht aussagekräftig. [X.] ist [X.], wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu er-füllen (§ 17 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Die [X.]keit droht, wenn [X.] voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden [X.] im [X.]punkt der Fälligkeit zu erfüllen (§ 18 Abs. 2 [X.]). Überdie Fälligkeit der angeblich bestehenden Verbindlichkeiten hat der Schuldnerin seinem Antrag nichts gesagt. Die Behauptung, er sei "[X.]", bedarf [X.] bei einem Schuldner, der vor noch nicht allzu langer [X.] [X.] gastronomischer Betriebe war, näherer [X.]) Das Insolvenzgericht hätte den Schuldner auf diese Mängel konkretaufmerksam machen und ihm aufgeben müssen, die fehlenden Angaben [X.] angemessener Frist nachzuholen. Der Schuldner durfte insoweit nicht [X.] verwiesen werden, die ihm zugeschickten "umfangreichen Vordrucke fürdie Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen etc." ausgefüllt zurückzurei-chen. Offenbar handelte es sich hierbei um Vordrucke für die nach § 305Abs. 1 Nr. 1 bis 4 [X.] vorzulegenden Bescheinigungen, Anträge, [X.] und Pläne. Die durch § 305 Abs. 5 Satz 2 [X.] dem Schuldner auferlegtePflicht, sich dieser Vordrucke zu bedienen, galt für den Schuldner des [X.] Verfahrens nicht. Zum einen betreffen die nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 bis 4[X.] vorzulegenden Bescheinigungen usw. nicht den Eröffnungsantrag, son-dern den Antrag auf Restschuldbefreiung und den Schuldenbereinigungsplan.Dies ergibt sich insbesondere aus § 305 Abs. 3 Satz 2 [X.], wonach der Eröff-nungsantrag als zurückgenommen gilt, wenn der Schuldner die [X.] 8 -gen usw. auch nach Fristsetzung nicht vorlegt. Diese Regelung beläßt [X.] die Möglichkeit, einen neuen Antrag mit vollständigen Unterlageneinzureichen ([X.] ZIP 2000, 1449, 1450). Wenn die [X.]. den Eröffnungsantrag beträfen, müßte der Eröffnungsantrag zurückge-wiesen werden. Zum andern galt die durch § 305 Abs. 5 Satz 2 [X.] [X.] auferlegte Pflicht, sich der Vordrucke zu bedienen, für den Schuld-ner des vorliegenden Verfahrens deshalb nicht, weil das Bundesministeriumder Justiz von der in § 305 Abs. 5 Satz 1 [X.] erteilten Ermächtigung im [X.]-punkt der Verfügung des Insolvenzgerichts noch keinen Gebrauch gemachthatte. Die Verordnung zur Einführung von Vordrucken für das Verbraucherin-solvenzverfahren und das Restschuldbefreiungsverfahren (VbrInsVV) vom17. Februar 2002 ([X.] I, 703) ist erst am 1. März 2002 in [X.] getreten.Der Verpflichtung, dem Schuldner mitzuteilen, daß er - ohne jeden For-mularzwang - noch Angaben zum Vorliegen eines Eröffnungsgrunds machenmüsse, ist das Insolvenzgericht wohl nicht gerecht geworden. Der Hinweis inden Gründen des Beschlusses vom 28. Februar 2002, daß der Schuldner keineausreichenden Auskünfte über seine wirtschaftlichen und persönlichen [X.] erteilt habe, konnte vom Schuldner dahin verstanden werden, daßihm die Nichteinreichung der ausgefüllten Vordrucke zum Vorwurf gemachtwerde.Letztlich kann dies aber offenbleiben. Denn mit der [X.] lediglich gerügt, vom Schuldner könne nicht gefordert werden, die Frage-bögen ohne Beiordnung eines Rechtsanwalts auszufüllen. Das Insolvenzge-richt habe anderweitige Möglichkeiten gehabt "festzustellen, inwieweit ein [X.] vorliegt". Die Amtsermittlung sei "originäre Aufgabe des [X.] 9 -richts und keine Frage der dem Schuldner obliegenden Substantiie-rungspflicht". Daß der Schuldner die nötigen Angaben gemacht hätte, [X.] Insolvenzgericht ihm - ohne den Hinweis auf auszufüllende Formulare -mitgeteilt hätte, er müsse seine Angaben noch ergänzen, ist nicht geltend [X.] worden.2. Der Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung ist zu Recht als un-begründet zurückgewiesen worden, weil die Eröffnung des Insolvenzverfahrenshierfür Voraussetzung ist und es daran fehlt.3. Da der Eröffnungsantrag unzulässig war, konnte auch der Antrag [X.] der Verfahrenskosten gemäß § 4a Abs. 1 Satz 1 [X.] keinen [X.] [X.] auf Beiordnung seines Verfahrensbevoll-mächtigten gemäß § 4a Abs. 2 Satz 1 [X.] war schon deswegen unbegründet,weil dies die Stundung der Verfahrenskosten voraussetzt.[X.]KirchhofFischerGanter

Meta

IX ZB 426/02

12.12.2002

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2002, Az. IX ZB 426/02 (REWIS RS 2002, 214)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 214

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