Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.09.2007, Az. 5 StR 292/07

5. Strafsenat | REWIS RS 2007, 2040

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5 [X.][X.] vom 13. September 2007 in der Strafsache gegen wegen Steuerhinterziehung u. a. - 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 13. September 2007 beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 16. April 2007 nach § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben a) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aa) in den Fällen [X.] und [X.] 5 der Urteilsgründe, [X.]) im Strafausspruch im Fall [X.] 3 der Urteilsgründe, b) im Ausspruch über die Gesamtstrafen. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird nach § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe als unbegründet [X.], dass der Angeklagte im Fall [X.] 1 der Urteilsgrün-de der Untreue in Tateinheit mit Diebstahl schuldig ist. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des [X.] zurückverwiesen.
[X.]e
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung un-ter Auflösung der Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des [X.] vom 21. Juli 2005 und Einbeziehung der diesem zugrunde liegen-1 - 3 - den [X.] zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt und die Vollstreckung dieser Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Daneben hat es [X.] im Hinblick auf die Zäsurwirkung des amtsge-richtlichen Urteils [X.] gegen den Angeklagten wegen Bankrotts, wegen Un-treue in zwei Fällen und wegen Steuerhinterziehung eine weitere Gesamt-freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verhängt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus dem Tenor er-sichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel [X.] abgesehen von einer Berichtigung des Schuldspruchs [X.] aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in den Fällen [X.] und [X.] 5 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das angefochtene Urteil leidet insoweit an lückenhaften Feststellun-gen und durchgreifenden [X.]. 2 3 a) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] müssen die Urteilsgründe bei einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung erkennen lassen, welches steuerlich erhebliche Verhalten des Angeklagten im Rahmen welcher Abgabenart und in welchem Besteuerungszeitraum zu einer [X.] geführt hat und welche Einstellung der Angeklagte dazu hatte. Hierfür ist regelmäßig die Angabe erforderlich, wann der Angeklagte welche Steuererklärungen abgegeben hat und welche Umsätze oder Einkünfte er etwa verschwiegen oder welche unberechtigten Vorsteuerabzüge oder Be-triebsausgaben er geltend gemacht hat. Zudem hat der Tatrichter für jede Steuerart und für jeden Besteuerungszeitraum so klare Feststellungen zu treffen, dass sowohl die dem Schuldspruch zugrunde liegenden Besteue-rungsgrundlagen als auch die Berechnung der verkürzten Steuern der Höhe nach erkennbar werden. Eine ins Einzelne gehende Berechnungsdarstellung ist nur dann ausnahmsweise entbehrlich, wenn der Angeklagte aufgrund ei-gener Sachkunde die ihm vorgeworfenen Steuerhinterziehungen eingeräumt - 4 - hat (st. Rspr.; vgl. [X.], 110; 2006, 66; 2005, 307 f.; jeweils m.w.[X.]). b) Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. 4 aa) Im Fall [X.] der Urteilsgründe hat das [X.] den Angeklag-ten wegen tateinheitlicher Hinterziehung von Körperschaftsteuer und Gewer-besteuer für das Jahr 2003 verurteilt, weil er als faktischer Geschäftsführer für die M. [X.] C.
H.
V.

mbH (im Folgenden: [X.]) Betriebsausgaben vorgetäuscht und den Ge-winn in der [X.] und der Gewerbesteuererklärung für dieses Jahr zu niedrig angegeben habe. Insoweit sind jedoch bereits die vom [X.] angenommenen Besteuerungsgrundlagen nicht nachvollziehbar dar-gestellt. Denn die Differenz zwischen dem vom [X.] festgestellten Gesellschaftsgewinn von 110.711 Euro und dem vom Angeklagten in den Steuererklärungen angegebenen Gewinn lässt sich nicht allein mit der in den Urteilsgründen angegebenen Höhe fingierter Betriebsausgaben von rund 61.000 Euro erklären. Da die Urteilsgründe darüber hinaus keine Berech-nungsdarstellung der verkürzten Steuern enthalten, ist die Höhe der vom [X.] mitgeteilten Verkürzungsbeträge für den [X.] selbst bei Zugrundelegung des angenommenen Gewinns nicht nachprüfbar. Schließlich ist den Urteilsfeststellungen nicht zu entnehmen, ob überhaupt und gegebe-nenfalls mit welchem Inhalt auf die unrichtigen Steuererklärungen hin [X.] erlassen worden sind. Die Feststellungen belegen daher nicht einmal die Tatvollendung. 5 [X.]) Die Verurteilung des Angeklagten wegen Steuerhinterziehung im Fall [X.] 5 der Urteilsgründe leidet ebenfalls an durchgreifenden [X.]. 6 (1) Bezüglich der ausgeurteilten Körperschaftsteuerhinterziehung [X.] die vorstehenden Erwägungen entsprechend. 7 - 5 - (2) Die Urteilsgründe lassen im Übrigen nicht erkennen, ob die Verur-teilung des Angeklagten wegen Steuerhinterziehung für das [X.] über-haupt die Hinterziehung von Umsatzsteuer umfasst. Das [X.] er-wähnt zwar, dass der Angeklagte in der Umsatzsteuererklärung 2004 für die [X.] nur Umsätze von etwa 2,15 Mio. Euro angegeben hat, ob-wohl tatsächlich Umsätze in Höhe von rund 2,34 Mio. Euro hätten erklärt werden müssen. Gleichzeitig weist das [X.] aber darauf hin, dass die [X.] die im [X.] aufgrund eines [X.] bei der Buchhaltung mittels Computer zunächst unrichtig ermittelte Umsatzsteuer nachgezahlt hat. Ob insoweit die Voraussetzungen einer strafbefreienden Selbstanzeige vorliegen (§ 371 [X.]), erörtert das [X.] nicht. 8 9 (3) Soweit das [X.] den Angeklagten wegen Hinterziehung von Gewerbesteuer für das [X.] verurteilt hat, enthalten die Urteilsgründe keine Feststellungen zur Tathandlung. Es bleibt offen, ob der Angeklagte eine unrichtige Gewerbesteuererklärung beim Finanzamt eingereicht (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) oder ob er die Abgabe dieser Steuererklärung pflichtwidrig unterlassen hat (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 [X.]). Auch ist nicht festgestellt, ob ein Gewerbesteuerbescheid ergangen ist. In den Urteilsgründen teilt das [X.] lediglich mit, dass Gewerbesteuern in Höhe von 10.754 Euro nicht festgesetzt werden konnten. Auf dieser Grundlage kann der [X.] nicht überprüfen, ob das [X.] zurecht von einer vollendeten Hinterziehung der Gewerbesteuer ausgegangen ist (vgl. zur Tatvollendung bei Hinterzie-hung von [X.] durch Unterlassen [X.]St 36, 105, 111; 30, 122, 123; [X.]R StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 14; [X.], 385). (4) Zu der vom [X.] angenommenen Hinterziehung von [X.] durch Abgabe einer unvollständigen Umsatzsteuervoranmeldung für den Monat September 2005 sind die Urteilsgründe in sich widersprüch-lich. Nach den Feststellungen gab der Angeklagte in dieser Voranmeldung 10 - 6 - die Umsätze der Gesellschaft bewusst um rund 65.000 Euro zu niedrig an, weil ihm bekannt war, dass die von der [X.] erzielten [X.] ohne Umsatzsteuer gebucht worden waren. Hierbei handelt es sich um [X.] (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 [X.]). Demgegenüber stellt das [X.] in der Beweiswürdigung auf eine Strafbarkeit des Angeklagten durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] ab: Er habe im Wissen, dass die bereits abgegebene Umsatzsteuervoran-meldung fehlerhaft gewesen sei, den Buchhalter nicht angewiesen, die Feh-ler zu korrigieren, obwohl er als faktischer Gesellschafter dazu verpflichtet gewesen sei ([X.]). [X.]) Soweit der Angeklagte wegen [X.] und Gewerbe-steuerhinterziehung verurteilt worden ist, kann das Urteil auch deswegen keinen Bestand haben, weil eine nachvollziehbare Berechnungsdarstellung der verkürzten Steuern hier trotz des Geständnisses des Angeklagten nicht entbehrlich war. Den Urteilsgründen ist nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass der Angeklagte [X.] jenseits von seinem Wissen über die Höhe zu Unrecht geltend gemachter Betriebsausgaben, verschwiegener Be-triebseinnahmen und entstandener Umsatzsteuern [X.] zur Berechnung der verkürzten Steuern in der Lage war (vgl. [X.], 307, 308). 11 2. Im Fall [X.] 3 der Urteilsgründe hat lediglich die verhängte (Einsatz-) Strafe von einem Jahr und sechs Monaten keinen Bestand. 12 a) Der Schuldspruch wegen Untreue wird hingegen von den [X.] getragen. Sie belegen, dass der Angeklagte rund 235.000 Euro ohne Zustimmung des Alleingesellschafters [X.]auszahlte sowie darüber [X.] dadurch mit dem Ziel der —[X.] die Zahlungsunfähigkeit der M.

GmbH herbeiführte und damit deren Existenz konkret gefährdete (vgl. dazu [X.]St 35, 333, 337 f.; [X.], 385, 387). 13 - 7 - b) Gleichwohl ist nicht auszuschließen, dass das [X.] bei der Strafzumessung von einer zu hohen Schadenssumme ausgegangen ist. Denn es bleibt [X.] trotz einer sich hierauf beziehenden Strafzumessungserwä-gung [X.] offen, ob und in welchem Umfang der Angeklagte als Fremdgläubiger berechtigte Ansprüche gegenüber der [X.] hatte und die [X.] damit der Erfüllung tatsächlich bestehender Fremdverbindlichkeiten diente. Es ist zudem nicht erkennbar, inwieweit gegebenenfalls durch die Auszahlung das Stammkapital beeinträchtigt worden ist. 14 3. Im Fall [X.] 1 der Urteilsgründe ist lediglich der Schuldspruch zu be-richtigen. Wie der [X.] in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat, ist der Angeklagte in diesem Fall wegen (eigennütziger) Un-treue in Tateinheit mit Diebstahl strafbar. 15 16 a) Nach den Feststellungen verbrachte der Angeklagte im Fall [X.] 1 der Urteilsgründe als faktischer Geschäftsführer Waren der [X.] aus-schließlich eigennützig in die Geschäftsräume der von ihm als [X.] gegründeten [X.]GmbH. Er hat sich hierdurch nicht [X.] wie vom [X.] angenommen [X.] wegen Bankrotts (§ 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB), sondern wegen Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht (vgl. [X.]R StGB § 283 Abs. 1 Geschäftsführer 1, 2). Eine Zustimmung des Alleingesellschafters [X.]hatte er nicht eingeholt. Zugleich hat sich der Angeklagte eines tateinheitlich begangenen Diebstahls (§ 242 Abs. 1 StGB) schuldig gemacht; denn er hat den [X.] des Mitgeschäftsführers [X.] gebrochen. Einer Aufhebung der Einzelstrafe in diesem Fall bedarf es nicht. Der [X.] schließt aus, dass das [X.] bei zutreffender [X.] Würdigung des festgestellten Sachverhalts eine noch niedrigere [X.] verhängt hätte. b) Der gebotenen Schuldspruchänderung steht weder die in § 265 StPO normierte Hinweispflicht noch das in § 358 Abs. 2 StPO enthal-tene Verbot der Schlechterstellung entgegen (vgl. [X.], 262, 265 17 - 8 - m.w.[X.]). Der [X.] schließt aus, dass sich der insoweit geständige Ange-klagte anders und erfolgreicher gegen die Veränderung des rechtlichen [X.] hätte verteidigen können. 4. Die Aufhebung der Verurteilung in den Fällen [X.] und [X.] 5 der Ur-teilsgründe sowie der Einzelstrafe im Fall [X.] 3 der Urteilsgründe entzieht dem Ausspruch über die beiden Gesamtstrafen die Grundlage. Demgegenüber bleiben die Einzelstrafen in den übrigen Fällen von den [X.]. 18 5. Für die neue Hauptverhandlung bemerkt der [X.]: 19 20 Im Falle eines erneuten Schuldspruchs wegen mehrerer Taten der Steuerhinterziehung wird der Tatrichter besonderes Augenmerk auf das Konkurrenzverhältnis der Straftaten zueinander zu legen haben. Sind [X.] wie hier für die Umsatzsteuervoranmeldung im Fall [X.] 5 der Urteilsgründe [X.] un-terschiedliche Erklärungszeiträume betroffen, stehen die einzelnen Steuer-hinterziehungen zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit (st. Rspr.; vgl. nur [X.], 56 f. m.w.[X.]). Dasselbe gilt für eine durch Unterlassen be-gangene Hinterziehung von Gewerbesteuer im Verhältnis zu den anderen Steuerhinterziehungen (vgl. [X.] aaO). - 9 - Für die Bezeichnung der Tat gemäß § 260 Abs. 4 StPO genügt die Angabe —[X.] Die Angabe der Steuerart gehört nicht zur Deliktsbezeichnung gemäß § 370 [X.]. 21 [X.] Raum [X.] Jäger

Meta

5 StR 292/07

13.09.2007

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.09.2007, Az. 5 StR 292/07 (REWIS RS 2007, 2040)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 2040

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