Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.02.2004, Az. 5 StR 580/03

5. Strafsenat | REWIS RS 2004, 4702

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5 [X.]/03BUNDESGERICHTSHOFIM NAMEN DES VOLKESURTEILvom 5. Februar 2004in der Strafsachegegenwegen Steuerhinterziehung- 2 -Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung [X.], an der teilgenommen haben:Vorsitzende Richterin [X.],[X.],Richter Dr. Raum,Richter Dr. Brause,Richter [X.] beisitzende Richter,[X.] Vertreter der [X.],[X.] Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,- 3 -für Recht erkannt:Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil [X.] vom 31. Juli 2003 wird mit [X.] verworfen, daß der Angeklagte wegen Steuer-hinterziehung in 19 Fällen zu einer zur Bewährung ausge-setzten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteiltist. In den [X.], 16 und 22 der Urteilsgründe wird [X.] freigesprochen; insoweit hat die [X.] Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagendes Angeklagten zu tragen.Die Kosten des Revisionsverfahrens und die dadurch [X.] entstandenen notwendigen Auslagen fallender Staatskasse zur Last.[X.] Von Rechts wegen [X.]G r ü n d eDas [X.] hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung [X.] Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, derenVollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist.Die Beschwerdeführerin wendet sich mit ihrer auf den Rechtsfolgen-ausspruch beschränkten Revision, die vom [X.] nicht ver-treten wird, sowohl gegen die im einzelnen verhängten Strafen als auch ge-gen die Strafaussetzung zur Bewährung.- 4 -I.1. Nach den Feststellungen betrieb der Angeklagte in den [X.] 1992 bis 1999 unter dem Namen eines Freundes, der als —Strohmannfifungierte, ein Küchenstudio mit mehreren Filialen in [X.]. Eine ord-nungsgemäße Buchführung gab es von Anfang an nicht. [X.] in den betreffenden Jahren weder für den Betrieb noch für den ver-meintlichen oder gar den faktischen Inhaber zutreffende Steuererklärungenabgegeben. Vielmehr reichte der [X.] soweit er den [X.] überhaupt nachkam [X.] jeweils in Abstimmung mit dem [X.] und Umsatzsteuererklärungen 1994 bis 1998,Gewerbesteuererklärungen 1996 und 1997 sowie [X.] unter seinem Namen [X.]Einkommensteuererklärungen 1992 bis 1998 beim Finanzamt ein, die auf freierfundenen Zahlen beruhten. Die nach Festsetzung der jeweiligen Steuernzu zahlenden Beträge entrichtete der Angeklagte an die [X.].Im Oktober 1999 wurde das Steuerstrafverfahren gegen den Ange-klagten eingeleitet. Aufgrund von Schätzungen wurden die verkürzten Steu-ern (Umsatzsteuer, Gewerbesteuer und Einkommensteuer 1992 bis 1999)mit insgesamt 5,4 Millionen DM ermittelt. Die nach Betriebsprüfung erlasse-nen Steuerbescheide sind bestandskräftig geworden. Der Angeklagte hatbislang auf die Steuerschuld 450.000 DM bezahlt; nach den Feststellungenbestehen zur Zeit noch offene Steuerforderungen in Höhe von [X.] Millionen r-fahndung getroffenen Sachverhaltsfeststellungen hat der Angeklagte in [X.] ein umfassendes Geständnis abgelegt und seine Verant-wortung für sämtliche steuerlichen Verpflichtungen in dem Unternehmen ein-geräumt.2. Das [X.] hat sämtliche Einzelfälle rechtlich als vollendeteSteuerhinterziehungen nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 [X.] gewertet, ungeachtet [X.], daß der Angeklagte nach Einleitung des Steuerstrafverfahrens [X.] nicht mehr verpflichtet war, Steuererklärungen abzugeben (vgl.BGHSt 47, 8; BGHR [X.] § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht 2 und 3). Da dasJahr 1999 zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war, bestand für diejeweiligen [X.] 1999 ohnehin noch keine strafbewehrteVerpflichtung zur Abgabe (§ 149 Abs. 2 [X.]). Insoweit wäre allenfalls [X.] wegen der nicht erklärten Umsätze in den Monaten Januar [X.] oder möglicherweise auch noch September 1999 in den [X.] in Betracht gekommen. Alle übrigen Maß-nahmen des Angeklagten, soweit sie die wahren steuerlichen [X.] sollten [X.] etwa die unordentliche Buchführung [X.], [X.] Hinblick auf die Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuerhinterzie-hung 1999 lediglich Vorbereitungshandlungen. Im übrigen hat das [X.] offenkundig nicht geprüft, ob die durch Unterlassen begangenen [X.] der Vorjahre [X.] insbesonderefür 1998 [X.] überhaupt schon vollendet waren, als das Steuerstrafverfahrengegen den Angeklagten eingeleitet wurde. Dazu hätte es der [X.], ob die jeweiligen Veranlagungsarbeiten im Bezirk des zuständigenFinanzamts im großen und ganzen abgeschlossen waren, anderenfalls [X.] insoweit beim Versuch der Steuerhinterziehung geblieben (vgl. BGHSt 47,138 m.w.N.).3. Bei der Strafzumessung ist das [X.] vom Strafrahmen des§ 370 Abs. 3 Nr. 1 [X.] für jeden Einzelfall ausgegangen, ohne beim [X.] des —großen Ausmaßesfi zwischen den einzelnen Fällen nachder Höhe der Steuerverkürzung (zwischen 47.357,-- [X.] 1998 und rund 860.000 DM Einkommensteuer 1995) zu differenzieren. [X.] sodann unter Bedacht auf die frühzeitige Kooperation des Angeklagtenim Ermittlungsverfahren und sein umfassendes Geständnis in der [X.] Einzelstrafen zwischen sechs und elf Monaten ausgeworfen unddaraus die zur Bewährung ausgesetzte Gesamtfreiheitsstrafe [X.] -II.Die Beschwerdeführerin hält die —[X.] sowie die Strafaus-setzung zur [X.] für unvertretbar. Die erkannten Strafen lösten [X.] ihrer Bestimmung, einen gerechten Schuldausgleich zu schaffen; im üb-rigen greift sie einzelne Strafzumessungserwägungen des Tatrichters an [X.], daß § 56 Abs. 3 StGB nicht erörtert worden sei.Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft führt lediglich gemäߧ 301 StPO zum Freispruch in drei Fällen, bleibt im übrigen jedoch ohne Er-folg.1. Die Beschränkung der Revision auf den Rechtsfolgenausspruch istunwirksam, da Schuldspruch und Strafzumessung so eng miteinander ver-knüpft sind, daß eine getrennte Überprüfung hier nicht möglich ist (vgl.BGHSt 46, 257, 259).a) Die rechtliche Nachprüfung des Schuldspruchs deckt die oben be-zeichneten Fehler im Hinblick auf die Einkommen-, Gewerbe- und Umsatz-steuer 1999 auf. Bei Aufdeckung der vom Angeklagten begangenen [X.] bestanden für das Steuerjahr 1999 noch keine [X.] (§ 149 Abs. 2 [X.]). Nach Einleitung des Steuerstrafverfahrens [X.] 1999 ergingen in der Folgezeit Schätzungsbescheide. Es ist nichtersichtlich, inwieweit der Angeklagte, der hinsichtlich der strafbefangenenSteuerjahre ohnehin nicht mehr mit Zwangsmitteln zur Mitwirkung veranlaßtwerden konnte (§ 393 Abs. 1 [X.]) und der andererseits im Ermittlungsverfah-ren gegenüber der Steuerfahndung kooperativ war, strafrechtlich relevanteSteuererklärungen zur Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer 1999 nochabgegeben haben sollte. Es ist zu besorgen, daß das [X.] im [X.] das Recht der Finanzverwaltung, die Besteuerungsgrundlagen auch nachEinleitung eines Steuerstrafverfahrens durch Schätzung zu ermitteln und dasBesteuerungsverfahren durchzuführen, nicht bedacht hat, daß Betriebs- und- 7 -Steuerfahndungsberichte, die anderen Grundsätzen verpflichtet sind, auchbei geständigen Angeklagten nicht unbesehen auf das Steuerstrafverfahrenübertragen werden dürfen (vgl. BGHR [X.] § 370 Abs. 1 Berechnungsdar-stellung 2, 3, 5, 9). Der aufgezeigte Rechtsfehler führt nach § 301 StPO zu-gunsten des Angeklagten zur Aufhebung des Schuldspruchs wegen Steuer-hinterziehung in drei Fällen; damit entfallen die insoweit ausgeworfenendrei Einzelstrafen von jeweils sechs [X.]) Im übrigen hat die Nachprüfung des Schuldspruchs keinendurchgreifenden Rechtsfehler ergeben. Zwar sind weder die Schätzungs-grundlagen noch die Schätzungsmethoden nachprüfbar dargestellt (vgl.[X.], 266 und 2001, 308; [X.] in: [X.] für [X.], 2002, [X.] ff. m.w.N.); der Angeklagte war indessen im [X.] geständig und hat die verkürzten Steuern anerkannt, so daß [X.] in der Darstellung des angefochtenen Urteils hinzunehmen ist.2. Die Nachprüfung des Strafausspruchs hat letztlich keinen Rechts-fehler zum Vorteil oder zum Nachteil des Angeklagten ergeben.a) Zwar begegnet es rechtlichen Bedenken, daß das [X.] je-weils den Strafrahmen des besonders schweren Falles nach § 370 Abs. 3Nr. 1 [X.] einheitlich auf alle Fälle angewandt hat, ohne die Regeltatbeständeim Einzelfall zu prüfen und auszufüllen. Der Blick nur auf den [X.] einer Serie von Steuerhinterziehungen genügt nicht, auch für jeden Falldas —große Ausmaßfi zu bejahen ungeachtet des im einzelnen [X.]. Indes ist auszuschließen, daß die Strafzumessung jeweils aufdiesem Rechtsfehler beruht. Dies gilt auch, soweit die Revision der [X.] zugunsten des Angeklagten wirkt; denn die Einzelstrafen haltensich durchweg im unteren Bereich des [X.]) Dasselbe gilt für die Verkürzungsfälle, in denen [X.] Vollendung eingetreten ist, falls die Veranlagungsarbeiten im zuständi-- 8 -gen Finanzamtsbezirk noch nicht abgeschlossen waren, als das Steuerstraf-verfahren eingeleitet wurde (insbesondere Einkommensteuer und Gewerbe-steuer 1998). Selbst wenn das [X.] insoweit eine Strafrahmenver-schiebung vorgenommen hätte, ist auszuschließen, daß diese Fälle ange-sichts des Gesamtzusammenhangs, in dem die Taten begangen wurden,noch milder geahndet worden wären.c) Die Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen der [X.] und [X.] 1999 läßt zwar die drei Einzelstrafenvon je sechs Monaten entfallen. Indes führt dies nicht zur [X.] Gesamtstrafe. Der Senat schließt aus, daß der Tatrichter bei zutreffenderrechtlicher Würdigung dieser Fälle auf der Grundlage der verbleibendenEinzelstrafen eine noch mildere Gesamtstrafe verhängt hätte. DerBeschluß des Bundesverfassungsgerichts [X.] Kammer [X.] vom 7. Januar 2004[X.] 2 BvR 1704/01 nötigt nicht zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sa-che. Die hier vom [X.] festgesetzte Gesamtfreiheitsstrafe kann [X.] nicht noch niedriger bemessen werden. Anderenfalls [X.] das Maß des noch Schuldangemessenen in nicht mehr hinnehmbarerWeise unterschreiten (vgl. BGHSt 34, 345, 349).d) Soweit die Revision zum Nachteil des Angeklagten geführt wird, istder Beschwerdeführerin einzuräumen, daß die vom [X.] verhängtenEinzelstrafen und die Gesamtstrafe außerordentlich milde sind und an [X.] zur Schuldangemessenheit stehen. Sie liegen aber noch innerhalbdes [X.], der dem Tatrichter nach § 46 StGB eingeräumt istund für den eine genaue Richtigkeitskontrolle ausgeschlossen ist. Wie der[X.] schon in seiner Antragsschrift unter Hinweis auf dieständige Rechtsprechung des [X.] ausgeführt hat, ist [X.] grundsätzlich Sache des Tatrichters. Ihm obliegt es, auf [X.] des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung vonder Tat und der Persönlichkeit des [X.] gewonnen hat, die wesentlichenentlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und- 9 -gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des [X.] ist in der [X.] nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind,wenn der Tatrichter gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößtoder wenn sich die verhängten Strafen nach oben oder unten von ihrer Be-stimmung lösen, gerechter Schuldausgleich zu sein (st. Rspr., vgl. [X.], 345, 349; [X.], 137).Solche Rechtsfehler zeigt die Beschwerdeführerin weder hinsichtlichder Einzelstrafen noch der Gesamtstrafe auf. Hier kommt hinzu, [X.] einer erneuten Hauptverhandlung der verringerte strafrechtlich rele-vante Gesamtschaden ebenso zu berücksichtigen wäre, wie die bisher nichtausdrücklich bedachte lange Zeit zwischen Anklageerhebung(4. Oktober 2001), [X.] (28. Januar 2002) und [X.] (28./31. Juli 2003), obwohl der Angeklagte schon im [X.], das seit Oktober 1999 lief, geständig war. Die damit insgesamt indie Gesamtabwägung einzustellenden Gründe lassen es im konkreten Fallauch nicht naheliegend erscheinen, sich mit § 56 Abs. 3 StGB ausdrücklichauseinanderzusetzen.[X.] Häger [X.]

Meta

5 StR 580/03

05.02.2004

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.02.2004, Az. 5 StR 580/03 (REWIS RS 2004, 4702)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 4702

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