Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.06.2020, Az. 6 AZR 10/19

6. Senat | REWIS RS 2020, 446

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Gegenstand

Bundesagentur für Arbeit - Stufenzuordnung - § 8 SVG


Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 13. Juli 2018 - 10 [X.] - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die [X.] des Klägers.

2

Der Kläger ist seit dem 1. September 2015 als Fachassistent Leistungsgewährung im Bereich [X.] bei der Beklagten beschäftigt.

3

Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 18. August 2015 lautet auszugsweise:

        

§ 1   

        

Herr S wird ab 01.09.2015 als Vollzeitbeschäftigter eingestellt.

        

…       

        

§ 2     

        

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-[X.]) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung.

        

Außerdem finden die für die Bundesagentur für Arbeit jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung.

        

…       

        

§ 4     

        

Der Beschäftigte ist in der Tätigkeitsebene V eingruppiert (§ 14 Abs. 1 TV-[X.]). Zum [X.]punkt der Einstellung wird der Beschäftigte der Entwicklungsstufe 1 zugeordnet.“

4

Nach § 14 Abs. 1 des Tarifvertrags für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der [X.] (TV-[X.]) vom 28. März 2006 idF des am 1. September 2015 in [X.] getretenen 15. [X.] sind die in sog. Tätigkeits- und Kompetenzprofilen (TuK) festgelegten Anforderungen an eine Tätigkeit die Grundlage für deren Zuordnung zu einer der acht [X.]n mittels tariflicher Zuordnungstabellen. Die Beschäftigten sind in der [X.] eingruppiert, der die ihnen nicht nur vorübergehend übertragene Tätigkeit zugeordnet ist. Das TuK „Fachassistent/in Leistungsgewährung im Bereich [X.]“ hat folgenden Inhalt:

        

Kernaufgaben/Verantwortlichkeiten

        

-       

Antragsannahme, -bearbeitung, Entscheidung und Zahlbarmachung passiver Leistungen nach SGB II in Fällen mit mittlerem Schwierigkeitsgrad (insb. Fortzahlungsanträge)

        

-       

Beratung zu passiven Leistungen nach SGB II in Fällen mit mittlerem Schwierigkeitsgrad

        

-       

Zusammenarbeit mit Dritten (v.a. anderen Leistungsträgern)

        

-       

Bestandsarbeiten mit mittlerem Schwierigkeitsgrad (z.B. Datenabgleich nach § 52 SGB II, Anrechnung von Nebeneinkommen)

        

Vor- und Ausbildung/Berufserfahrung

        

-       

Fachangestellte/r für Arbeitsförderung oder vergleichbare Qualifikation

        

-       

oder vergleichbares Profil

        

Fachlich-methodische Anforderungen

        

-       

Grundkenntnisse der Produkte, Programme und Verfahren im Aufgabengebiet

        

-       

Grundkenntnisse bzw. fundierte Kenntnisse der relevanten Rechtsgrundlagen im Aufgabengebiet (einschl. der angrenzenden Rechtsgebiete)

        

-       

Fundierte Kenntnisse der Büroorganisation

        

-       

Fundierte Kenntnisse [X.] und relevanter [X.]

        

Kompetenzanforderungen

        

-       

Fach-/Methodenkompetenz: Sorgfalt/Gewissenhaftigkeit (+)

        

-       

[X.] (+), Teamfähigkeit (+)

        

-       

Personale Kompetenzen: Belastbarkeit (+), Lern- und Kritikfähigkeit (+)“

5

§ 18 TV-[X.] idF des 15. [X.] lautet auszugsweise:

        

§ 18 Entwicklungsstufen

        

(1)     

Die acht Tätigkeitsebenen umfassen jeweils sechs Entwicklungsstufen.

        

(2)     

Bei Einstellung werden die Beschäftigten der Entwicklungsstufe 1 zugeordnet, soweit sich nicht aus den nachstehenden Regelungen Abweichendes ergibt.

        

(3)     

Nachwuchskräfte im Sinne des Tarifvertrages zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Nachwuchskräfte der Bundesagentur für Arbeit ([X.]) sowie Trainees werden bei Übernahme in ein Arbeitsverhältnis nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung bzw. nach Abschluss des Traineeprogramms der Entwicklungsstufe 2 der jeweils maßgebenden Tätigkeitsebene zugeordnet.

        

(4)     

Absatz 3 gilt entsprechend bei der Einstellung von Beschäftigten mit mindestens einjähriger Berufserfahrung aus einem vorherigen Arbeitsverhältnis bei der [X.].

                 

Protokollerklärung zu Absatz 3 und 4:

                 

Die Zuordnung zur Entwicklungsstufe 2 berücksichtigt die Tatsache, dass in den genannten Rechtsverhältnissen mit der [X.] unabhängig von der im Einzelfall ausgeübten Tätigkeit bereits Kompetenzen und Fertigkeiten aus dem Aufgabenbereich der [X.] erworben wurden, über die Beschäftigte ohne Berufserfahrung bei der [X.] nicht verfügen.

        

(5)     

Bei Einstellung von Beschäftigten mit einschlägiger Berufserfahrung erfolgt die [X.] unter Berücksichtigung der jeweiligen Dauer der einschlägigen Berufserfahrung nach Maßgabe der in Absatz 6 für den [X.] im laufenden Arbeitsverhältnis getroffenen Regelungen.

                 

Protokollerklärung zu Absatz 5:

                 

1.    

Einschlägige Berufserfahrung liegt dann vor, wenn der/dem Beschäftigten in dem vorherigen Arbeitsverhältnis eine Tätigkeit übertragen war, die demselben TuK der Anlage 1.0 zugeordnet ist bzw. zuzuordnen wäre wie die übertragene Tätigkeit (fiktive Zuordnung). Im Falle der fiktiven Zuordnung ist maßgeblich, ob die früheren Tätigkeiten nach ihrer Art ([X.]) und ihrem Anforderungsniveau den Kompetenzanforderungen der im aktuellen Arbeitsverhältnis erstmalig übertragenen Tätigkeit bei der [X.] vergleichbar sind.

                 

…       

        
        

(6)     

Die Beschäftigten erreichen die jeweils nächste Entwicklungsstufe nach folgenden [X.]en einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Tätigkeitsebene:

                 

-       

Entwicklungsstufe 2 nach einem Jahr in Entwicklungsstufe 1,

                 

-       

Entwicklungsstufe 3 nach zwei Jahren in Entwicklungsstufe 2,

                 

…“    

        

6

Der Kläger wurde zunächst nach [X.] Entwicklungsstufe 1, ab dem 1. September 2016 wurde er nach Entwicklungsstufe 2 vergütet. Sein Entgelt betrug im Mai 2017 monatlich 2.947,01 Euro brutto.

7

Vom 4. Oktober 2005 bis zum 15. Juni 2012 war der Kläger als Soldat auf [X.] bei der [X.] ua. als „[X.]“ eingesetzt und wurde wiederholt zur Vertrauensperson der Soldaten und Soldatinnen gewählt. Hier war er mit der Beratung über Laufbahnwechsel bzw. [X.] und der Bearbeitung der entsprechenden Anträge betraut. Vom 16. Juni 2012 bis zum 30. Juni 2013 besuchte er die [X.]fachschule zur Erlangung des Bildungsabschlusses der mittleren Reife. Die Wehrdienstbescheinigung weist die Leistung des Wehrdienstes vom 1. Oktober 2005 bis zum 30. September 2013 - zuletzt als Soldat auf [X.] - aus. Vom 1. Oktober 2013 bis zum 18. Juni 2015 bildete er sich zum Büro- und Personalfachkaufmann fort. Die Ausbildung wurde durch die [X.] für den [X.]raum vom 1. Oktober 2013 bis zum 18. Juli 2014 gefördert, [X.] leistete die [X.] bis Juni 2015.

8

Nachdem der Kläger im November 2015 unter Hinweis auf eine bei der [X.] erworbene einschlägige Berufserfahrung erfolglos die Überprüfung der Entwicklungsstufenzuordnung beantragt hatte, erhob er am 12. Mai 2017 Klage vor dem Arbeitsgericht.

9

Er hat die Auffassung vertreten, seine Tätigkeiten bei der [X.], insbesondere als Vertrauensperson und als Stabsdienstsoldat, sowie seine Weiterbildungen zum Büro- und Personalfachkaufmann seien als einschlägige Berufserfahrung nach § 18 Abs. 5 iVm. Abs. 6 TV-[X.] bei der [X.] zu berücksichtigen. Jedenfalls seien gemäß § 8 des Gesetzes über die Versorgung für die ehemaligen Soldaten der [X.] und ihre Hinterbliebenen (Soldatenversorgungsgesetz - SVG) [X.]en der Förderung nach § 5 SVG anzurechnen und Ausbildungszeiten bei der Zuordnung zu der einschlägigen Entwicklungsstufe einzubeziehen; schließlich rechne die Beklagte den Auszubildenden zum Fachangestellten für Arbeitsmarktdienstleistungen den Ausbildungszeitraum ebenfalls an. Seine erworbene Qualifikation als Bürokaufmann sei höherwertiger als die eines Fachassistenten für Arbeitsmarktförderung. Nach seiner insgesamt achtjährigen Tätigkeit als [X.]soldat und der 1 ¾ Jahre dauernden [X.] der schulischen und beruflichen Bildung seien 9 ¾ Jahre Berufstätigkeit bei seiner Einstufung anzurechnen, sodass schon bei seiner Einstellung eine Einstufung in die Entwicklungsstufe 6 hätte erfolgen müssen; jedenfalls sei ein Drittel dieser [X.] einzurechnen mit der Folge, dass er mindestens nach Entwicklungsstufe 4 zu vergüten sei.

Der Kläger hat - zuletzt - beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn ab dem 1. September 2015 eine Vergütung nach der Stufe 6 der Tätigkeitsebene V des TV-[X.] zu zahlen und etwaige Bruttonachzahlungsbeträge mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz pro Jahr, beginnend mit dem 1. Dezember 2015, zu verzinsen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, die vom Kläger bei der [X.] ausgeübte Tätigkeit sei weder nach [X.] noch nach Anforderungsniveau mit der Tätigkeit eines Fachassistenten Leistungsgewährung [X.] vergleichbar. Die Ausbildungszeiten könnten nicht als Berufserfahrung berücksichtigt werden. Eine Anrechnung nach § 8 Abs. 4 SVG erfolge nicht auf die Entwicklungsstufe, sondern nur auf die Dienst- und Beschäftigungszeit beim Arbeitgeber.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat nach § 18 Abs. 5 iVm. § 14 Abs. 1 Satz 1 TV-BA keinen Anspruch darauf, ab dem 1. September 2015 nach Entwicklungsstufe 6 oder jedenfalls nach Entwicklungsstufe 4 der Tätigkeitsebene V TV-BA vergütet zu werden.

I. Die als Stufenfeststellungsklage übliche zulässige Klage (vgl. [X.] 17. Januar 2019 - 6 [X.] 585/17 - Rn. 9, [X.]E 165, 36) ist unbegründet. Die Beklagte hat den Kläger bei seiner Einstellung zutreffend der Entwicklungsstufe 1 der Tätigkeitsebene V TV-BA zugeordnet (§ 18 Abs. 2 iVm. Abs. 5 TV-BA). Ein Anspruch auf Zuordnung zu einer höheren als dieser Entwicklungsstufe bereits ab dem 1. September 2015 besteht nicht.

1. Ein solcher Anspruch folgt nicht unmittelbar aus § 18 Abs. 5 iVm. der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 18 Abs. 5 TV-BA. Der Kläger wies bei seiner Einstellung keine einschlägige Berufserfahrung iSd. Bestimmungen auf.

a) Gemäß § 18 Abs. 5 iVm. Abs. 6 TV-BA findet seit der Änderung dieser Norm durch den 15. Änderungstarifvertrag zum TV-BA einschlägige Berufserfahrung bei der [X.] uneingeschränkt Berücksichtigung. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Berufserfahrung bei der [X.] oder anderweitig erworben wurde. Nach Satz 1 der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 18 Abs. 5 TV-BA liegt einschlägige Berufserfahrung dann vor, wenn der/dem Beschäftigten in dem vorherigen Arbeitsverhältnis eine Tätigkeit übertragen war, die demselben TuK der Anlage 1.0 zum TV-BA zugeordnet ist bzw. zuzuordnen wäre wie die übertragene Tätigkeit (sog. fiktive Zuordnung). Die Zuordnung ist folglich anhand der TuK der Anlage 1.0 zum TV-BA vorzunehmen, falls der oder die Beschäftigte vorher bereits bei der [X.] tätig war, zB im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses, und seine frühere Tätigkeit von einem TuK erfasst wird. Ist dies nicht der Fall, bedarf die fiktive Zuordnung eines wertenden Vergleichs der früheren und der nunmehr übertragenen Tätigkeit. Diesen regelt Satz 2 der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 18 Abs. 5 TV-BA. Demnach ist maßgeblich, ob die früheren Tätigkeiten nach ihrer Art (Aufgabeninhalt) und ihrem Anforderungsniveau den Kompetenzanforderungen der im aktuellen Arbeitsverhältnis erstmalig übertragenen Tätigkeit bei der [X.] vergleichbar sind. Entscheidend ist, ob sich die frühere und die erstmalig übertragene Tätigkeit nach Aufgabeninhalt und fachlichen Anforderungen, wie sie im maßgeblichen TuK definiert sind, soweit decken, dass eine Einarbeitungszeit in fachlicher Hinsicht praktisch nicht erforderlich ist. Erforderlich ist insoweit die Nutzbarkeit des in der früheren Tätigkeit erworbenen [X.] ([X.] 14. März 2019 - 6 [X.] 171/18 - Rn. 26, 29, 35, [X.]E 166, 120).

b) Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger in der Tätigkeit als Stabsdienstsoldat und im Wahlamt der Vertrauensperson iSv. § 1 Abs. 1 des [X.] ([X.]) vom 29. August 2016 ([X.]I S. 2065), zuletzt geändert durch Art. 14 des [X.] der personellen Einsatzbereitschaft der [X.] vom 4. August 2019 ([X.]I S. 1147), bezogen auf die ihm ab dem 1. September 2015 von der [X.] übertragene Tätigkeit als Fachassistent Leistungsgewährung im Bereich [X.] keine einschlägige Berufserfahrung iSd. Protokollerklärung Nr. 1 zu § 18 Abs. 5 TV-BA erworben.

aa) Zugunsten des [X.] kann unterstellt werden, dass - was die Beklagte nicht gerügt hat und wofür Ziff. 16 ihrer Durchführungsanweisungen zu § 18 TV-BA aus September 2015 spricht - auch in einem [X.] einschlägige Berufserfahrung im tariflichen Sinn vermittelt werden kann. Allerdings verschafften ihm seine Aufgaben als Stabsdienstsoldat auch unter Zugrundelegung seines Sachvortrags bezogen auf die ihm ab dem 1. September 2015 von der [X.] übertragene Tätigkeit als Fachassistent Leistungsgewährung im Bereich [X.] keine entsprechende einschlägige Berufserfahrung. Der Vergleich der „Kernaufgaben und Verantwortlichkeiten“ eines Fachassistenten Leistungsgewährung im Bereich [X.] bei der [X.] mit den ihm als Stabsdienstsoldat in der [X.] vom 4. Oktober 2005 bis zum 15. Juni 2012 übertragenen Tätigkeiten lässt erkennen, dass Letztere nach Inhalt und Anforderungsniveau nicht vergleichbar sind. Bei der dem Kläger als Stabsdienstsoldat nach seinen Angaben neben allgemeinen Bürotätigkeiten obliegenden Erstellung von Statistiken und Dienstzeugnissen, der Beratung der Soldaten beim [X.], der Aufnahme und Bearbeitung von Anträgen zum [X.] bzw. zur [X.], der Beratung der Soldaten zum Angebot Berufsförderung, der Zusammenarbeit mit dem [X.] oder übergeordneten Dienststellen, der Planung von Lehrgängen für Soldaten, der Anforderung von Lehrgangsplätzen, der Planung und Vorbereitung interner Weiterbildungen und der Beratung der Soldaten über Leistungen nach der [X.] wie zB über Krankenversicherung und Arbeitslosengeld handelt es sich insbesondere um organisatorische Tätigkeiten, die auf die speziellen Bedarfe und Abläufe bei der [X.] zugeschnitten sind. Sie weisen ganz überwiegend keinen inhaltlichen Bezug zu dem Kerntätigkeitsbereich eines Fachassistenten Leistungsgewährung im Bereich [X.] auf, dem die Bearbeitung und Bescheidung von Anträgen hinsichtlich der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die Beratung über passive Leistungen nach dem [X.] und die Zusammenarbeit vor allem mit anderen Leistungsträgern obliegen und deren rechtliche Grundlagen im Sozialversicherungsrecht angesiedelt sind. Gegen eine Vergleichbarkeit der Tätigkeiten spricht auch, dass der Kläger nach eigenen Angaben für die Erledigung seiner Aufgaben bei der [X.] neben allgemeinen arbeitsrechtlichen Kenntnissen hauptsächlich Kenntnisse aus den speziellen Rechtsgebieten Wehrbeschwerdeordnung, Wehrdisziplinarordnung, [X.], Soldatengesetz, Soldatenversorgungsgesetz und über die zentralen Dienstvorschriften, die für seine Tätigkeit bei der [X.] nicht erforderlich bzw. prägend sind, benötigt hat und damit gegenüber seiner Tätigkeit bei der [X.] Regelungen aus wesentlich anderen Rechtsgebieten anwenden musste. Soweit der Kläger vorträgt, er habe die Soldaten auch über Fragen der Krankenversicherung und des Arbeitslosengeldanspruchs für die [X.] nach dem Wehrdienst beraten sowie Anträge ausgefüllt und elektronisch an die zuständige Behörde weitergeleitet, handelt es sich hierbei zwar um Hilfestellungen und Unterstützungen bei der Beantragung sozialversicherungsrechtlicher Leistungen. Diese Tätigkeiten haben aber allenfalls vorbereitenden [X.]harakter für die Arbeit eines Fachassistenten Leistungsgewährung im Bereich [X.]. Sie erfordern insbesondere anders als die eines Fachassistenten keine Entscheidungskompetenzen und sind für die Aufgabenerledigung eines Fachassistenten Leistungsgewährung im Bereich [X.] weder notwendig noch prägend. Soweit der Kläger meint, er treffe auch im Rahmen seiner Verrichtungen bei der [X.] selten selbständige Entscheidungen, kommt es nicht auf sein subjektives Verständnis, sondern auf die Aufgabendefinition in dem einschlägigen TuK an (vgl. [X.] 14. März 2019 - 6 [X.] 171/18 - Rn. 35 [X.], [X.]E 166, 120).

bb) Auch die vom Kläger in seiner Funktion als Vertrauensperson iSv. § 1 Abs. 1 [X.] wahrgenommenen Aufgaben nach §§ 19 ff. [X.] waren nicht geeignet, ihm die erforderliche einschlägige Berufserfahrung zu vermitteln. Zum einen hat der Kläger nicht dargelegt, in welchem konkreten [X.]raum er dieses Amt ausgeübt hat. Zum anderen erfüllt das Wahlamt einer Vertrauensperson bei der [X.] nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 18 Abs. 5 TV-BA, die die Modalitäten der bei der [X.] zu berücksichtigenden einschlägigen Berufserfahrung eigenständig ausgestaltet und damit materieller Bestandteil des Tarifvertrags ist (vgl. zu den Voraussetzungen [X.] 22. Februar 2017 - 5 [X.] 453/15 - Rn. 37 [X.]). Danach muss die einschlägige Berufserfahrung in einer Tätigkeit erworben worden sein, die Teil des [X.] in dem vorherigen Grundverhältnis war. Das ergibt die Auslegung der Tarifnorm (zu den Auslegungsgrundsätzen vgl. [X.] 20. Mai 2020 - 7 [X.] 83/19 - Rn. 19 [X.]).

(1) Dafür spricht bereits der Wortlaut des Satzes 1 der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 18 Abs. 5 TV-BA. Danach ist Voraussetzung für den Erwerb „einschlägiger Berufserfahrung“, dass die Tätigkeit dem Beschäftigten im Rahmen eines Rechtsverhältnisses „übertragen“ worden ist. Das Wort „übertragen“ bedeutet „jmdm. etwas übergeben“, „jmdm. den Auftrag geben, etwas zu tun“ ([X.] Deutsches Wörterbuch 9. Aufl. Stichwort „übertragen“). Damit haben die Tarifvertragsparteien klargestellt, dass der Beschäftigte die geforderte Berufserfahrung aufgrund einer Tätigkeit erworben haben muss, die Teil der vertraglich geschuldeten Leistung und damit des vertraglichen Pflichtenkreises im vorherigen Grundverhältnis war. Dieses Verständnis erstreckt sich auch auf den in Satz 2 der Protokollerklärung geregelten Unterfall der fiktiven Zuordnung.

(2) Dem entspricht auch der sich aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang ergebende Sinn und Zweck der Tarifnorm. Ihr liegt der Gedanke zugrunde, dass die einschlägige Berufserfahrung in einem Tätigkeitsgefüge erworben worden sein soll, das möglichst weitgehend dem [X.]harakter des später zu der [X.] begründeten Arbeitsverhältnisses entspricht. Das setzt voraus, dass die vorherige Tätigkeit in einem Wechselverhältnis von Rechten und Pflichten und der damit verbundenen Verantwortlichkeit für das Arbeitsergebnis stand. Daran fehlt es jedenfalls bei Erfahrungen, die durch Tätigkeiten in einem neben dem ursprünglichen Grundverhältnis stehenden Ehren- oder Wahlamt oder in einem Selbststudium erworben wurden.

(3) Dieses Normverständnis führt nicht zu einer Benachteiligung des [X.] iSv. § 15 Abs. 1 [X.]. Nach dieser Norm darf die Vertrauensperson wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden. Sie darf nicht ohne sachlichen Grund allein wegen ihres Amtes besser oder schlechter behandelt werden als vergleichbare Beschäftigte ohne das [X.] (vgl. zur inhaltsgleichen Bestimmung in § 8 BPersVG BVerwG 23. Januar 2020 - 2 [X.] 22.18 - Rn. 24; zur inhaltsgleichen Bestimmung in § 78 Satz 2 [X.] [X.] 25. Oktober 2017 - 7 [X.] 731/15 - Rn. 24). Die Regelung dient damit der inneren und äußeren Unabhängigkeit der Vertrauensperson (vgl. zu § 78 Satz 2 [X.] [X.] 21. März 2018 - 7 [X.] 590/16 - Rn. 15 [X.], [X.]E 162, 159; zu § 8 BPersVG [X.] 16. Februar 2005 - 7 [X.] 95/04 - zu I 1 der Gründe). Diese soll ohne Furcht vor Maßregelungen und Sanktionen des Dienstherrn ihr Amt ausüben können (vgl. zu § 78 Satz 2 [X.] [X.] 20. Januar 2010 - 7 [X.] - Rn. 10 [X.]).

Nach diesen Grundsätzen müssen Kenntnisse, die der Kläger in seinem Amt als Vertrauensperson erworben hat, die also Soldaten ohne diese Funktion nicht aufweisen, nicht zur Vermeidung einer Benachteiligung von einem späteren Arbeitgeber als einschlägige Berufserfahrung berücksichtigt werden. Bezogen auf Vorschriften, die wie § 18 Abs. 5 TV-BA auf den Erwerb von Fähigkeiten in einer vorherigen Tätigkeit abstellen, die den Arbeitnehmer in die Lage versetzen, sich schneller einzuarbeiten und bessere Leistungen zu erbringen, und dies mit einem höheren Entgelt honorieren (vgl. zu diesem Zweck der vergleichbaren Bestimmung des § 16 Abs. 2 TV-L [X.] 18. Oktober 2018 - 6 [X.] 232/17 (A) - Rn. 13, [X.]E 164, 64), schützt § 15 [X.] nach seinem Sinn und Zweck damit nur vor Benachteiligungen in der beruflichen Entwicklung im [X.] selbst, die durch die Ausübung des Amtes als Vertrauensperson entstehen können, nicht aber vor etwaigen Benachteiligungen, die der (ehemalige) Soldat bei einem späteren Arbeitgeber bei der [X.] erleidet.

cc) Entgegen der Auffassung des [X.] sind auch die [X.]en des Besuchs der [X.]fachschule vom 16. Juni 2012 bis zum 30. Juni 2013 sowie die [X.]en der Ausbildung zum Bürokaufmann und zum Personalfachkaufmann für die Zuordnung zu der Entwicklungsstufe nicht berücksichtigungsfähig. [X.]en der schulischen Bildung und Ausbildungszeiten können das Erfordernis der „einschlägigen Berufserfahrung“ nicht erfüllen. Sie dienen dem Erwerb derjenigen Fertigkeiten und Kenntnisse, die erforderlich sind, um einen schulischen Bildungsabschluss und einen angestrebten Berufsabschluss zu erreichen und vermitteln deshalb keine Berufserfahrung. Dies zeigt auch ein systematischer Vergleich mit § 18 Abs. 3 und Abs. 4 TV-BA sowie der dazu vereinbarten Protokollerklärung. Diese Normen unterstellen für Nachwuchskräfte der [X.] mit mindestens einjähriger Berufserfahrung aus einem vorherigen Arbeitsverhältnis bei der [X.], dass unabhängig von der im Einzelfall ausgeübten Tätigkeit bereits Kompetenzen und Fertigkeiten aus dem Aufgabenbereich der [X.] erworben wurden, die die Zuordnung zur Entwicklungsstufe 2 rechtfertigen. Im Übrigen ist für eine Zuordnung zu einer höheren Stufe als der Stufe 1 einschlägige Berufserfahrung nach § 18 Abs. 5 TV-BA erforderlich. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass die Tarifvertragsparteien davon ausgehen, dass in allen anderen Fällen einschlägige Berufserfahrung nicht im Rahmen einer schulischen Bildung oder einer Ausbildung erworben werden kann. Andernfalls hätte es der Protokollerklärung nicht bedurft (vgl. zu § 16 Abs. 2 TV-TgDRV und für [X.]en eines berufspraktischen Studienteils während eines dualen Studiums [X.] 17. Januar 2019 - 6 [X.] 585/17 - Rn. 13, [X.]E 165, 36).

2. Die Zuordnung zur Entwicklungsstufe 6 bzw. zur Entwicklungsstufe 4 lässt sich auch nicht über § 8 [X.] fingieren. Die nach § 5 [X.] geförderte [X.] der schulischen und beruflichen Bildung nach der [X.] vom 1. Oktober 2013 bis zum 18. Juni 2014 sowie die [X.] sind nicht als einschlägige Berufserfahrung iSd. § 18 Abs. 5 TV-BA iVm. der [X.] Nr. 1 zu § 18 Abs. 5 TV-BA nach Maßgabe des § 8 [X.] anzurechnen. § 8 [X.] regelt ungeachtet des Umstands, dass ein solcher Anspruch zum Teil nicht schon bei der Einstellung, sondern erst nach sechs Monaten der Tätigkeit bzw. Zugehörigkeit zum Betrieb besteht, nicht die Anerkennung der genannten [X.]en als [X.]en einschlägiger Berufserfahrung ([X.] 17. Januar 2019 - 6 [X.] 585/17 - Rn. 15, [X.]E 165, 36). Entgegen der Auffassung des [X.] ist § 18 Abs. 5 TV-BA nicht so zu verstehen, dass Dienst- und Beschäftigungszeiten jeglicher Art ausreichen. Daher kommt auch eine Anrechnung zu einem Drittel der [X.] nach § 8 Abs. 2 [X.] nicht in Betracht.

a) Der Wortlaut des § 8 [X.] sieht die Anrechnung bestimmter, näher definierter [X.]en auf die Berufs- oder Betriebszugehörigkeit bzw. bei Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst auf die Dienst- und Beschäftigungszeit vor. Die Dauer der [X.] umfasst den [X.]raum, in dem jemand in einem bestimmten Beruf tätig gewesen ist. Die Betriebszugehörigkeit entsteht mit der Aufnahme des Arbeitnehmers in den Betrieb des Arbeitgebers. Durch § 8 [X.] sollen diejenigen [X.]soldaten, die im [X.] an ihren Wehrdienst als Arbeitnehmer tätig werden, für die Nachteile, die sich aus der durch den Wehrdienst bedingten späteren Begründung eines Arbeitsverhältnisses ergeben, einen Ausgleich erhalten. Weder der Wortlaut des § 8 [X.] noch die Gesetzessystematik lassen einen Bezug zu anderen als den dort genannten Größen der Berufs- und Betriebszugehörigkeit bzw. der Dienst- und Beschäftigungszeit erkennen. Bereits die gesonderte Erwähnung dieser Begriffe macht deutlich, dass sie nicht über ihren Wortsinn hinaus ausgelegt werden können. Es ist nach dem [X.] nicht erforderlich, den ehemaligen Soldaten in allen Punkten so zu behandeln, als ob er schon während der [X.] bei dem neuen Arbeitgeber beschäftigt worden wäre. § 8 [X.] stellt mit den Kriterien der Berufs- und Betriebszugehörigkeit sowie der Dienst- und Beschäftigungszeit auf einen reinen [X.]ablauf ab. Verlangt die Anspruchsnorm mehr als das bloße Zurücklegen bestimmter [X.]en, also wie vorliegend einschlägige Berufserfahrung, können die Anspruchsvoraussetzungen auch mit Hilfe des § 8 [X.] nicht erfüllt bzw. dadurch ersetzt werden. Als bloße Ergänzungsnorm schreibt § 8 [X.] den Tarifvertragsparteien nicht die Schaffung einer Anspruchsnorm vor, sondern setzt diese voraus (ausführlich hierzu [X.] 17. Januar 2019 - 6 [X.] 585/17 - Rn. 18 ff. [X.], [X.]E 165, 36).

b) § 8 [X.] fingiert danach die für eine [X.] nach § 18 Abs. 5 TV-BA erforderliche einschlägige Berufserfahrung nicht. Die Berücksichtigung solcher Erfahrung knüpft weder an die Dienst- noch an die Beschäftigungszeit iSd. TV-BA an. Sie setzt nicht nur eine bestimmte Länge der Berufs- oder Betriebszugehörigkeit voraus. Erforderlich ist vielmehr nach dem Sinn und Zweck der Anerkennung einschlägiger Berufserfahrung bei der Einstellung, dass der Arbeitnehmer in der durch die Merkmale der betreffenden Tätigkeitsebene näher bestimmten qualifizierten Art und Weise tatsächlich in Ausübung eines Berufs tätig war. Nur wenn die berufliche Vorbeschäftigung qualitativ im Wesentlichen die gesamte inhaltliche Breite der aktuellen Beschäftigung abdeckte und deshalb einschlägig ist, versetzt die in früheren Beschäftigungen erworbene Berufserfahrung den Arbeitnehmer in die Lage, ohne nennenswerte Einarbeitungszeit die Tätigkeit beim neuen Arbeitgeber auszuüben. Aus diesem Grund ist die von § 18 Abs. 5 TV-BA vorausgesetzte einschlägige Berufserfahrung auch unter Berücksichtigung der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 18 Abs. 5 TV-BA entgegen der Annahme des [X.] nicht gleichbedeutend mit der nach § 8 [X.] angeordneten Fiktion zurückgelegter Berufs- oder Betriebszugehörigkeitszeiten (vgl. zu § 16 Abs. 2 TV-TgDRV [X.] 17. Januar 2019 - 6 [X.] 585/17 - Rn. 22, [X.]E 165, 36). Zwar bringt eine länger andauernde [X.] - und soweit sich [X.]en der Betriebszugehörigkeit mit dieser decken, auch sie - im Allgemeinen eine größere Erfahrung mit sich. Ob dies zu einer Berücksichtigung dieser [X.]en bei der [X.] führt, hängt jedoch davon ab, ob der konkrete Tarifvertrag die bloße Berufs- bzw. Betriebszugehörigkeit honorieren will (vgl. [X.] 23. Mai 1984 - 4 [X.] 287/82 -). Etwas anderes folgt - entgegen der Auffassung des [X.] - auch nicht aus den Regelungen des § 8 [X.]. Die Norm dient nicht der Auslegung des § 18 Abs. 5 iVm. der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 18 Abs. 5 TV-BA, sondern setzt ihr Ergebnis für die Frage, ob und gegebenenfalls welche [X.]en zu berücksichtigen sind, voraus. Dafür spricht auch der Umstand, dass der Gesetzgeber die - gefestigte - Rechtsprechung des [X.] zum Verständnis des § 8 [X.] (st. Rspr. seit 1980, vgl. nur [X.] 10. September 1980 - 4 [X.] 719/78 -; 28. September 1983 - 4 [X.] 130/81 -) nicht aufgegriffen und in die Norm eingefügt hat.

II. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    VRin [X.] Spelge ist an der Beifügung ihrer Unterschrift verhindert.
[X.]    

        

    [X.]    

        

    Heinkel    

        

        

        

    Stein    

        

    W. Kreis    

                 

Meta

6 AZR 10/19

24.06.2020

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Köln, 20. Oktober 2017, Az: 17 Ca 3264/17, Urteil

§ 8 SVG, § 15 SBG, § 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.06.2020, Az. 6 AZR 10/19 (REWIS RS 2020, 446)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 446

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Bundesagentur für Arbeit - Stufenzuordnung


6 AZR 578/12 (Bundesarbeitsgericht)

Berücksichtigung früherer Tätigkeit für die Stufenzuordnung nach § 18 Abs. 3 TV-BA aF


6 AZR 585/17 (Bundesarbeitsgericht)

§ 8 SVG - keine Fiktion für Stufenzuordnung im TV-TgDRV


7 Sa 68/18 (Landesarbeitsgericht Köln)


5 Sa 344/17 (Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz)


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