Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.03.2004, Az. VII ZB 27/03

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 4166

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[X.][X.]/03
vom 11. März 2004 in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

ZPO § 91 Abs. 2 Satz 1 Die Reisekosten eines beim [X.] nicht zugelassenen und weder am Ge-richtsort noch am Geschäfts- oder Wohnort der [X.] ansässigen Prozeßbe-vollmächtigten zur Terminswahrnehmung sind jedenfalls insoweit zu erstatten, als sie sich im Rahmen der erstattungsfähigen Reisekosten halten, die angefallen wären, wenn die [X.] einen [X.]n entweder am Gerichtsort oder an ih-rem Geschäfts- oder Wohnort beauftragt hätte. [X.], Beschluß vom 11. März 2004 - [X.] - OLG München

LG München I

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 11. März 2004 durch [X.] und [X.], [X.], Prof. Dr. [X.] und [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der [X.]n wird der Beschluß des 11. Zivilsenats des [X.] vom 6. Juni 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zu-rückverwiesen. [X.]: 506,04 •

Gründe: [X.] Die [X.] hat unter anderem die jetzt noch streitigen Reisekosten ih-rer [X.]n zu zwei Terminen vor dem [X.] zur Kostenfestsetzung angemeldet. Die Klage ist gegen die [X.] unter [X.] Anschrift in [X.] gerichtet; dort hat die [X.] nach ihrem Vortrag eine Betriebsstätte. Die [X.]n der [X.]n sind in [X.] ansässig. - 3 - Das [X.] hat die Festsetzung dieser Kosten abgelehnt. Das [X.] hat die sofortige Beschwerde der [X.]. Dagegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbe-schwerde der [X.]n. I[X.] 1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, Reisekosten auswärtiger, am Gerichtsort weder zugelassener noch ansässiger [X.]r seien grundsätzlich nicht zu erstatten, wenn die [X.]n ihre Kanzlei nicht in der Nähe der [X.] hätten. Davon sei hier auszugehen, weil die [X.] in größerer Entfernung von dem Kanzleisitz der [X.] ansässig sei. In Betracht komme dann nur ein Anspruch auf Erstattung der Kosten [X.] fiktiven Informationsreise, sofern eine persönliche Information erforderlich gewesen sei. Das sei nicht anzunehmen. 2. Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. a) Die unterlegene [X.] hat die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO). [X.] sind Reisekosten zur Terminswahrnehmung eines [X.], der weder bei dem [X.] zugelassen noch am Gerichtsort [X.] ist, insoweit zu erstatten, als dessen Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war (§ 91 Abs. 2 Satz 1 zweiter Halbsatz ZPO). Ob diese Notwendigkeit gegeben war, bemißt sich da-nach, was eine vernünftige und kostenorientierte [X.] als sachdienlich anse-- 4 - hen durfte ([X.]/[X.], ZPO, 24. Aufl. § 91 [X.]. 12; [X.], ZPO, 2. Aufl., § 91 [X.]. 17). Eine nicht am Gerichtsort ansässige [X.] ist in diesem Rahmen kosten-rechtlich nicht darauf angewiesen, einen Rechtsanwalt am Ort des [X.] mit ihrer Prozeßvertretung zu beauftragen. Vielmehr kann sie grundsätz-lich die Kosten ihres [X.]n auch dann erstattet verlangen, wenn dieser bei dem [X.] nicht zugelassen und am Gerichtsort auch nicht ansässig ist. Das hat der [X.] wiederholt entschieden für den Fall, daß die [X.] einen in ihrer Nähe ansässigen Rechtsanwalt [X.] hat ([X.], Beschluß vom 16. Oktober 2002 - [X.]I ZB 30/02 - NJW 2003, 898, 900; [X.], Beschluß vom 11. November 2003 - [X.]/03 - [X.]/[X.] 2004, 11). Ein tragender Grund hierfür ist zunächst die Annahme, daß ein [X.] mündliches Gespräch erforderlich und gewünscht ist. Damit hat es nicht sein Bewenden. Ebenso gewichtig ist, daß eine [X.] ein berechtigtes Interesse haben kann, sich durch den Rechtsanwalt ihres Vertrauens auch vor auswärtigen Gerichten vertreten zu lassen. Dieser weitere Gesichtspunkt ist ein entscheidender Grund gewesen für die Änderung des [X.] in § 78 ZPO (vgl. BT-Drucks. 12/4993, [X.] und 53). Das [X.] hat seinerseits im Streit um die Singular- oder Simultanzulassung von Rechtsanwälten das besondere [X.] zwischen Anwalt und Mandant, das auf [X.] im konkre-ten Fall oder auch auf langjähriger Beratung und erfolgreicher begleitender Zu-sammenarbeit gründen könne, als einen rechtlich anzuerkennenden Vorteil aus der Sicht des Mandanten gewürdigt ([X.], Urteil vom 13. Dezember 2000 - 1 BvR 335/97 - [X.]E 103, 1, 16). Nichts anderes kann bei der Entschei-dung gelten, inwieweit die Kosten des beim [X.] nicht zugelassenen und am Gerichtsort nicht ansässigen [X.]n zu erstatten sind. - 5 - Hier ist ebenso wie dem Bedarf an persönlichem Kontakt auch dem [X.] zwischen der [X.] und dem von ihr ausgewählten Rechtsanwalt Rechnung zu tragen. Zu berücksichtigen ist im übrigen, daß einem Zivilprozeß in vielen Fällen vorgerichtliche Auseinandersetzungen vorausgehen. Auch von einer kostenbe-wußten [X.] kann selbst im Interesse der erstattungspflichtigen Gegenpartei nicht erwartet werden, auf den mit der Sache bereits vertrauten Rechtsanwalt zu verzichten und einen neuen [X.]n am Gerichtsort zu [X.] ([X.], Beschluß vom 16. Oktober 2002 aaO). b) Nach diesen Grundsätzen sind die den [X.]n der [X.]n entstandenen Reisekosten in die Kostenfestsetzung einzubeziehen (zu einem vergleichbaren Sachverhalt siehe auch [X.], Beschluß vom 18. [X.] 2003 Œ I ZB 21/03, zur [X.] bestimmt). (1) Die [X.] war [X.] nicht darauf beschränkt, in M. ansässige [X.] zu beauftragen. Wie bereits das [X.] zutreffend erkannt hat, hätte sie ohne [X.]e Nachteile auch Rechts-anwälte aus [X.] auswählen können. Dann stand es der [X.]n erst recht frei, die in [X.] ansässigen Rechtsanwälte ihrer Wahl zu beauftragen. Deren Reisekosten nach M. mußten von vornherein geringer ausfallen als diejenigen von Kollegen aus dem viel weiter entfernten Ort, in welchem die [X.] ansässig ist. Ob direkte mündliche Gespräche zwischen der [X.]n und ihren Pro-zeßbevollmächtigten stattgefunden haben, ist nicht entscheidend. Die [X.] der Kosten von [X.]n, die in der Nähe der [X.] [X.] sind, rechtfertigt sich aus der Annahme, daß in der Regel ein persönliches mündliches Gespräch gesucht wird und erforderlich ist. Die Erstattung der von - 6 - der [X.]n geltend gemachten Reisekosten ihrer [X.]n wiederum rechtfertigt sich daraus, daß aus der Entfernung zum Gerichtsort nur geringere Kosten entstehen konnten, als es bei Rechtsanwälten aus [X.] gewesen wäre. (2) Nicht begründet ist die Befürchtung des [X.], am [X.] könne eine [X.] jeden beliebigen Rechtsanwalt in der [X.] mit nicht mehr hinnehmbaren Kostenfolgen auswählen. Die unterlegene [X.] muß die Kosten tragen, die aus dem Auseinanderfallen von Gerichtsort einerseits und Geschäfts- oder Wohnort einer [X.] ande-rerseits entstehen. Dementsprechend sind die Reisekosten eines an einem drit-ten Ort ansässigen [X.]n jedenfalls insoweit zu erstatten, als sie sich im Rahmen der Reisekosten halten, die angefallen wären, wenn die [X.] einen [X.]n entweder am Gerichtsort oder an ihrem Geschäfts- oder Wohnort beauftragt hätte. Ob ausnahmsweise auch darüber hinausgehende Kosten aus der Beauf-tragung eines an einem dritten Ort ansässigen [X.]n zu er-statten sein können, kann offenbleiben. Die [X.] hat mit Hinblick auf die Entfernung zum Gerichtsort nicht höhere, sondern niedrigere Reisekosten [X.] als sie bei [X.]n aus [X.]
angefallen wären. Reisekosten speziell aufgrund der Entfernung zwischen ihrer Betriebsstätte und dem Kanzleisitz ihrer [X.]n schließlich hat die [X.] nicht geltend gemacht. - 7 - II[X.] Das Beschwerdegericht hat von seinem Standpunkt aus folgerichtig [X.] Feststellungen zur Höhe der entstandenen Reisekosten einschließlich der Abwesenheitsgelder getroffen. Im Rechtsbeschwerdeverfahren können diese Feststellungen nicht nachgeholt werden (§ 577 Abs. 2 Satz 4 ZPO i.V. mit § 559 ZPO). Der angefochtene Beschluß ist deshalb aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit es die nötigen Feststellungen nachholen kann. Dressler [X.] [X.]

[X.]

Wiebel

Meta

VII ZB 27/03

11.03.2004

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.03.2004, Az. VII ZB 27/03 (REWIS RS 2004, 4166)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 4166

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1 BvR 335/97

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