Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.04.2011, Az. 3 AZR 350/09

3. Senat | REWIS RS 2011, 7367

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Gegenstand

Betriebliche Altersversorgung - Tarifauslegung - Invaliditätsrente


Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 26. Februar 2009 - 7 [X.]/08 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin für den [X.]raum vom 1. Februar 2005 bis zum 31. August 2005 eine Invaliditätsrente zusteht.

2

Die Klägerin ist 1953 geboren. Sie war seit dem 1. April 1970 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der [X.] (im Folgenden: [X.]), als [X.]ersicherungskauffrau beschäftigt. Aufgrund beiderseitiger Tarifbindung fand auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der „Tarifvertrag über die betriebliche [X.]ersorgungsordnung“ vom 1. April 1985 (im Folgenden: T[X.]O 85) Anwendung. Darin heißt es ua.:

        

„...   

        

§ 2 [X.]oraussetzungen und Leistungsarten

        

...     

        

5. Invaliditätsversorgung

                 

Der [X.]ersorgungsfall für eine Invaliditätsrente tritt ein, wenn ein Arbeitnehmer im Sinne der Bestimmungen der gesetzlichen Rentenversicherung berufsunfähig oder erwerbsunfähig ist und aus diesem Grunde das Arbeitsverhältnis beendet wird. Bei Arbeitnehmern, die nach Art. 2 § 1 An[X.]NG von der Rentenversicherungspflicht befreit wurden, ist die Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit durch einen vom Unternehmen zu bestimmenden Arzt zu bescheinigen. Stichtag für den Eintritt des [X.]ersorgungsfalles ist bei von der gesetzlichen Rentenversicherung befreiten Arbeitnehmern der Tag, an dem das Beschäftigungsverhältnis endet, bei den übrigen der vom gesetzlichen Rentenversicherungsträger genannte Tag des [X.]ersicherungsfalles bzw., wenn der Arbeitnehmer über diesen Stichtag hinaus seine Arbeit in der [X.] Unternehmensgruppe leistet und Gehalt bezieht, der Tag, an dem die Arbeitsausübung oder Gehaltszahlung endet.

                 

...     

        

§ 3 Anrechnungsfähige Dienstzeit

        

1.    

…       

                 

Keine anrechnungsfähigen Dienstzeiten sind:

                 

-       

[X.]en der Rentenzahlungen aufgrund dieser [X.]ersorgungszusage oder Zahlungen aufgrund einer anderen [X.]ersorgungsregelung der [X.] Unternehmensgruppe

                 

...     

        
        

§ 7 Zahlung der Renten

        

...     

        

2.1     

[X.] beginnt am [X.], der dem Tag des [X.]ersorgungsfalles folgt, frühestens jedoch nach Ablauf der Gehaltszahlungen einschließlich der nach der Tarifvereinbarung im Krankheits- oder Todesfall zu erbringenden Leistungen.

        

...“   

        

3

Ebenfalls aufgrund beiderseitiger Tarifbindung galt für das Arbeitsverhältnis der „Manteltarifvertrag für das private [X.]ersicherungsgewerbe“ vom 28. Juni 1996 (im Folgenden: MT[X.]), der auszugsweise wie folgt lautet:

        

„...   

        

§ 3 Arbeitsentgelt

        

...     

        

3.    

Angestellte, deren Monatsbezüge das höchste im Gehaltstarifvertrag geregelte Monatsgehalt zuzüglich [X.]erantwortungszulage - und, sofern die/der Angestellte Anspruch auf Schichtzulage hat, dieser Schichtzulage - nicht um mehr als 10 % übersteigen, erhalten im letzten Quartal des Kalenderjahres eine Sonderzahlung in Höhe von 80 % ihres Bruttomonatsgehalts. Durch Betriebsvereinbarung kann von diesem [X.] abgewichen werden. Maßgebend für die Höhe der Sonderzahlung ist das Monatsgehalt des Auszahlungsmonats einschließlich der tariflichen Zulagen. Dabei werden Änderungen der regelmäßigen Arbeitszeit der/des Angestellten im 2. [X.] (z. B. Übergang von [X.]ollzeit- auf Teilzeitbeschäftigung) anteilig berücksichtigt. Hat die/der Angestellte im Auszahlungszeitpunkt weder Anspruch auf Bezüge gemäß Ziff. 2 noch auf Leistungen gemäß § 10 Ziff. 1, so ist das zuletzt bezogene Gehalt maßgebend.

                 

Der Anspruch auf die Sonderzahlung entsteht nach Überführung eines etwaigen Probearbeitsverhältnisses in ein festes Arbeitsverhältnis, dann aber rückwirkend ab Beginn des Arbeitsverhältnisses.

                 

Für jeden Monat im 2. [X.], in dem die/der Angestellte nicht für wenigstens 15 Tage Anspruch auf Bezüge gemäß Ziff. 2 oder auf Leistungen gemäß § 10 Ziff. 1 bis 3 oder auf Leistungen für die [X.]en der Schutzfristen und Beschäftigungsverbote nach dem Mutterschutzgesetz hat, wird die Sonderzahlung um 1/6 gekürzt. Eine Kürzung unterbleibt, wenn die/der Angestellte nur deshalb keine Zahlungen gemäß § 10 Ziff. 2 und 3 erhält, weil das Krankengeld bereits 90 % der Gesamtnettobezüge ausmacht. Der für die Dauer des Mutterschaftsurlaubs anteilig gekürzte Betrag der Sonderzahlung wird der Angestellten nachgezahlt, wenn das Arbeitsverhältnis im [X.] an eine Elternzeit für mindestens 6 Monate fortgesetzt wird. [X.]räume, für die der Angestellten weder Bezüge gem. Ziff. 2 noch Leistungen gem. § 10 Ziff. 1 zustehen, bleiben dabei außer Betracht.

                 

Angestellte, deren Arbeitsverhältnis im Auszahlungszeitpunkt beendet ist, haben keinen Anspruch - auch nicht anteilig - auf die Sonderzahlung. Das Gleiche gilt für Angestellte, die in einem gekündigten Arbeitsverhältnis stehen, außer im Falle betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung. Pensionierung, auch wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, gilt nicht als Kündigung.

                 

...     

        

§ 10 Leistungen in besonderen Fällen

        

1.    

Bei durch Krankheit oder Unfall verursachter Arbeitsunfähigkeit erhalten die Angestellten ihre Bezüge für die Dauer von 6 Wochen.

        

2.    

[X.]om Beginn der 7. Woche an erhalten:

                 

a)    

krankenversicherungspflichtige Angestellte ei-nen Zuschuss zum Krankengeld.

                          

Der Zuschuss wird so berechnet, dass er zusammen mit dem Krankengeld 90 % der Gesamtnettobezüge beträgt. Maßgeblich für die Berechnung ist das volle, noch nicht um Sozialversicherungsbeiträge geminderte Krankengeld ([X.]).

                 

...     

                 

Die Krankenzulage und die [X.] werden jedoch nur insoweit gewährt, als sie nicht von den Sozialversicherungsträgern (z. [X.], [X.], [X.]) auf satzungsgemäße Leistungen angerechnet werden. Die Leistungen nach a) bis c) werden nur bei einer ununterbrochenen Unternehmenszugehörigkeit

                          

von mehr als 2 bis 5 Jahren bis zum Ablauf der 13. Woche,

                          

von mehr als 5 bis 10 Jahren bis zum Ablauf der 26. Woche,

                          

von mehr als 10 bis 15 Jahren bis zum Ablauf der 39. Woche,

                          

von mehr als 15 bis 20 Jahren bis zum Ablauf der 52. Woche,

                          

von mehr als 20 bis 25 Jahren bis zum Ablauf der 65. Woche,

                          

von mehr als 25 Jahren bis zum Ablauf der 78. Woche

                 

jeweils seit Beginn der Arbeitsunfähigkeit gewährt.

                 

...     

                 

Die Leistungen nach a) bis c) entfallen, sobald ein Anspruch auf Rente wegen Alters oder wegen Erwerbsminderung oder auf ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art geltend gemacht werden kann; die Angestellten sind verpflichtet, Rentenansprüche unverzüglich anzumelden. ...

        

§ 13 Erholungsurlaub

        

…       

        
        

9.    

Sonderzahlung

                 

Angestellte, deren Monatsbezüge das höchste im Gehaltstarifvertrag geregelte Monatsgehalt zuzüglich [X.]erantwortungszulage - und, sofern die/der Angestellte Anspruch auf Schichtzulage hat, dieser Schichtzulage - nicht um mehr als 10 % übersteigen, erhalten im 2. Quartal des Kalenderjahres eine Sonderzahlung in Höhe von 50 % ihres Bruttomonatsgehalts. Durch Betriebsvereinbarung kann von diesem [X.] abgewichen werden. Maßgebend für die Höhe der Sonderzahlung ist das Monatsgehalt des Auszahlungsmonats einschließlich der tariflichen Zulagen. Dabei werden Änderungen der regelmäßigen Arbeitszeit der/des Angestellten im 1. [X.] (z. B. Übergang von [X.]ollzeit- auf Teilzeitbeschäftigung) anteilig berücksichtigt. Hat die/der Angestellte im Auszahlungszeitraum weder Anspruch auf Bezüge gem. § 3 Ziff. 2 noch auf Leistungen gem. § 10 Ziff. 1, so ist das zuletzt bezogene Gehalt maßgebend.

                 

...     

                 

Für jeden Monat im 1. [X.], in dem die/der Angestellte nicht für wenigstens 15 Tage Anspruch auf Bezüge gem. § 3 Ziff. 2 oder auf Leistungen gem. § 10 Ziff. 1 bis 3 oder auf Leistungen für die [X.]en der Schutzfristen und Beschäftigungsverbote nach dem Mutterschutzgesetz hat, wird die Sonderzahlung um 1/8 gekürzt. Eine Kürzung unterbleibt, wenn die/der Angestellte nur deshalb keine Zahlungen gem. § 10 Ziff. 2 und 3 erhält, weil das Krankengeld bereits 90 % der Gesamtnettobezüge ausmacht. …

                 

Angestellte, deren Arbeitsverhältnis im Auszahlungszeitpunkt beendet ist, haben keinen Anspruch - auch nicht anteilig - auf die Sonderzahlung. Das Gleiche gilt für Angestellte, die in einem gekündigten Arbeitsverhältnis stehen, außer im Falle betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung. Pensionierung, auch wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, gilt nicht als Kündigung.

                 

...“   

4

Die Klägerin war seit Juni 2004 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. [X.]om 1. Januar 2005 bis zum 8. August 2005 bezog sie Krankengeld, das 90 % ihres Nettogehalts in diesem [X.]raum überstieg. In der [X.] vom 1. Februar bis zum 31. August 2005 zahlte die [X.] kein laufendes Gehalt. Ein Zuschuss zum Krankengeld wurde der Klägerin nicht gezahlt, jedoch erhielt sie mit der Abrechnung für April 2005 und mit der Abrechnung für November 2005 jeweils eine Sonderzahlung. Ab dem 9. August 2005 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld.

5

Die [X.] bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 16. Dezember 2005, der Klägerin am 23. Dezember 2005 zugegangen, eine Rente wegen voller Erwerbsminderung befristet bis zum 31. Januar 2008. Als Beginn der Rentenzahlung wurde der 1. Februar 2005 festgesetzt. Nach dem Bescheid sind die Anspruchsvoraussetzungen seit dem 11. Juni 2004 erfüllt. Die Klägerin beendete das Arbeitsverhältnis mit der [X.] zum 31. Dezember 2005.

6

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, nach dem T[X.]O 85 habe sie seit dem 1. Februar 2005 gegenüber der Beklagten Anspruch auf Zahlung einer Invaliditätsrente.

7

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass ihr gegen die Beklagte aus dem „Tarifvertrag über die betriebliche [X.]ersorgungsordnung“ vom 1. April 1985 ein Anspruch auf Invaliditätsrente seit dem 1. Februar 2005 zusteht.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

9

Sie hat die Ansicht vertreten, ein [X.]ersorgungsfall, der zur Rentenleistung verpflichte, liege erst dann vor, wenn das Arbeitsverhältnis beendet worden sei. Außerdem entstehe der Anspruch nach § 7 Ziff. 2.1 T[X.]O 85 frühestens nach Ablauf der Gehaltszahlung einschließlich der nach dem Tarifvertrag im Krankheitsfall zu erbringenden Leistungen. Die Urlaubs- und Weihnachtsgeldzahlungen seien solche Gehaltszahlungen. Zudem habe bis zum 8. August 2005 zumindest dem Grunde nach ein Anspruch auf Zuschuss zum Krankengeld bestanden, der einem Leistungsanspruch auf Invaliditätsrente entgegenstehe. Auch das Krankengeld, das sie durch Abführung der Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Krankenversicherung mitfinanziert habe, sei als Leistung im Krankheitsfall anzusehen und stehe deshalb dem Anspruch auf betriebliche Invaliditätsrente entgegen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat die Berufung, die sich lediglich gegen die Feststellung der [X.]erpflichtung zur Zahlung einer Invaliditätsrente für die [X.] vom 1. Februar 2005 bis zum 31. August 2005 bezog, zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte für den noch streitbefangenen [X.]raum weiterhin das Ziel der Klageabweisung. Die Klägerin begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Zu Recht hat das [X.] die Berufung der [X.] zurückgewiesen. Die Klage ist zulässig und für den streitbefangenen [X.]raum begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Invaliditätsrente auch für die [X.] vom 1. Februar 2005 bis zum 31. August 2005.

I. Die Klage ist zulässig. Sie richtet sich entsprechend § 256 Abs. 1 ZPO auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien für den streitbefangenen [X.]raum, nämlich der [X.]erpflichtung der [X.] zur Rentenzahlung. Da die Beklagte diese [X.]erpflichtung bestreitet, hat die Klägerin ein Interesse an alsbaldiger Feststellung. Die Klägerin kann nicht auf den [X.]orrang der Leistungsklage verwiesen werden. Ein Feststellungsinteresse ist gegeben, wenn auf diesem Wege eine sachgemäße einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen ([X.] 18. November 2003 - 3 [X.] - zu A der Gründe mwN). Diese [X.]oraussetzungen sind hier erfüllt.

II. Die Klage ist begründet. Der Klägerin steht die geltend gemachte Invaliditätsrente auch für den [X.]raum vom 1. Februar 2005 bis zum 31. August 2005 zu. Das folgt aus § 2 Ziff. 5 i[X.]m. § 7 Ziff. 2.1 [X.], [X.] beiderseitiger Tarifbindung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet (§ 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 T[X.]G). Nach den Feststellungen des [X.]s ist die Klägerin aus dem Arbeitsverhältnis zur Rechtsvorgängerin der [X.], der [X.], ausgeschieden, weil sie erwerbsunfähig iSd. Bestimmungen über die gesetzliche Rentenversicherung ist (§ 2 Ziff. 5 Satz 1 [X.]). Der [X.]ersorgungsfall nach § 2 Ziff. 5 Satz 3 [X.] ist vor dem 1. Februar 2005 eingetreten und die [X.]oraussetzungen für die Zahlung nach § 7 Ziff. 2.1 [X.] liegen vor.

1. Der für die Invaliditätsrente maßgebliche [X.]ersorgungsfall iSv. § 2 Ziff. 5 [X.] ist bei der Klägerin am 11. Juni 2004 eingetreten.

Nach § 2 Ziff. 5 Satz 3 [X.] ist „Stichtag für den Eintritt des [X.]ersorgungsfalles“ bei Arbeitnehmern, die - wie die Klägerin - nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind, der vom gesetzlichen Rentenversicherungsträger genannte Tag des [X.]ersicherungsfalles unabhängig davon, ob das Arbeitsverhältnis zu diesem [X.]punkt beendet ist. Der Stichtag wird lediglich dann hinausgeschoben, wenn der Arbeitnehmer über den Stichtag hinaus seine Arbeit leistet „und“ Gehalt bezieht. Dann kommt es darauf an, wann die Arbeitsausübung „oder“ die Gehaltszahlung endet (vgl. [X.] 18. September 2007 - 3 [X.] - Rn. 13 ff., [X.] 2008, 156). Hier hat die [X.] festgestellt, dass die Anspruchsvoraussetzungen für die Zahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung seit dem 11. Juni 2004 vorlagen. Dies ist der Tag des [X.]ersicherungsfalles iSv. § 2 Ziff. 5 Satz 3 [X.]. Zu diesem [X.]punkt hat die Klägerin keine Arbeitsleistungen für die [X.] mehr erbracht, so dass der Stichtag nicht nach § 2 Ziff. 5 Satz 3 [X.] hinausgeschoben wurde.

2. Die Pflicht zur Zahlung der Rente entstand nicht nach § 7 Ziff. 2.1 T[X.]O 85 erst zu einem späteren [X.]punkt. Nach dieser Bestimmung beginnt die Rentenzahlung am 1. des Monats, der dem Tag des [X.]ersorgungsfalles folgt. Etwas anderes gilt nur, soweit noch eine „Gehaltszahlung“ einschließlich der „nach der Tarifvereinbarung im Krankheits- oder Todesfall zu erbringenden Leistungen“ erfolgt. Während des streitbefangenen [X.]raums hat die Klägerin keine Leistungen mehr erhalten, die eine Zahlungspflicht der [X.] ausschließen würden.

a) Die Klägerin hat nach dem 1. Februar 2005 kein „Gehalt“ iSd. Bestimmung bezogen.

aa) Am 1. Februar 2005 war die Klägerin bereits länger als sechs Wochen ununterbrochen arbeitsunfähig erkrankt, so dass ein Anspruch auf Fortzahlung ihres Arbeitsentgelts im Krankheitsfall (§ 3 Abs. 1 EFZG) nicht mehr bestand. Das von der Krankenkasse bezogene Krankengeld stellt keine Gehaltszahlung im Sinne der tariflichen Regelung dar. Unter Gehalt wird im arbeitsrechtlichen Sprachgebrauch das Entgelt für die geleistete Arbeit, dh. eine Leistung durch den Arbeitgeber verstanden. Krankengeldzahlungen sind keine Gehaltsleistungen, sondern Entgeltersatzleistungen, die an die Stelle des Gehalts treten und von dem arbeitsrechtlichen Anspruch gegen den Arbeitgeber zu unterscheiden sind. In diesem Sinne ist auch der Begriff des Gehalts in § 7 Ziff. 2.1 [X.] zu verstehen. Wenn die Tarifvertragsparteien einen in der Rechtssprache üblichen Begriff verwenden, ist mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, dass sie ihn in diesem Sinne gebrauchen ([X.] 14. März 1984 - 4 [X.] - [X.] 1975 §§ 22, 23 Nr. 87). Hierfür spricht im Streitfall auch, dass die Tarifvertragsparteien gerade die tariflichen Leistungen im Krankheitsfall ausdrücklich hervorgehoben haben. Dadurch wird deutlich, dass sie allein auf Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber abgestellt haben. Zu derartigen Ansprüchen zählt der in öffentlich-rechtlichen Bestimmungen (§§ 44 ff. SGB [X.]) geregelte Krankengeldanspruch gegenüber dem Krankenversicherungsträger nicht.

bb) Auch die der Klägerin im April 2005 und im November 2005 gemäß § 3 Ziff. 3 und § 13 Ziff. 9 MT[X.] gewährten Sonderzahlungen sind keine Gehaltszahlungen iSv. § 7 Ziff. 2.1 [X.]. Sie haben nicht ausschließlich Entgeltcharakter. Mit ihnen soll vielmehr auch die bisherige und die künftige Betriebstreue honoriert werden. Dies ergibt sich aus § 3 Ziff. 3 Abs. 4 und § 13 Ziff. 9 Abs. 4 MT[X.], wonach Angestellte, deren Arbeitsverhältnis im Auszahlungszeitpunkt beendet ist, keinen - auch keinen anteiligen - Anspruch auf die Sonderzahlung haben. Das Gleiche gilt - von Ausnahmen abgesehen - für Arbeitnehmer, die in einem gekündigten Arbeitsverhältnis stehen. Derartige Stichtagsregelungen sind typisch für Gratifikationen, die den Zweck verfolgen, zumindest auch die zukünftige Betriebstreue des Arbeitnehmers zu honorieren (vgl. etwa [X.] 10. Dezember 2008 - 10 [X.] BGB § 611 Gratifikation Nr. 280).

Diese Auslegung des Begriffs der Gehaltszahlung in § 7 Ziff. 2.1 [X.] entspricht auch Sinn und Zweck der Regelung. Diese dient dazu, den [X.]ersorgungsbedarf, der durch Invalidität verursacht wird, angemessen abzudecken. Das Bedürfnis nach Absicherung entsteht für den [X.] zu dem [X.]punkt, in dem andere regelmäßige Leistungen ausbleiben (vgl. [X.] 18. September 2007 - 3 [X.] - [X.] 2008, 156). Allein die Gewährung von zwei Sonderzahlungen im April und November eines Jahres iHv. 50 % und 80 % eines Gehalts ist nicht geeignet, den [X.]ersorgungsbedarf abzudecken.

b) Die Beklagte hat der Klägerin in der [X.] vom 1. Februar 2005 bis zum 31. August 2005 auch keine nach der Tarifvereinbarung im Krankheitsfall „zu erbringenden Leistungen“ iSv. § 7 Ziff. 2.1 [X.] mehr gewährt.

aa) Allerdings wären sowohl der Zuschuss zum Krankengeld nach § 10 Ziff. 2 MT[X.] als auch die im April 2005 und die im November 2005 gewährten Sonderzahlungen derartige Leistungen. Hinsichtlich der Sonderzahlungen ergibt sich dies daraus, dass deren Kürzung nach § 13 Ziff. 9 und § 3 Ziff. 3 MT[X.] für [X.]räume vorgesehen ist, während derer der Arbeitnehmer, wenn er - wie die Klägerin - keinen Anspruch auf Entgeltzahlung oder -fortzahlung mehr hat, keinen Zuschuss zum Krankengeld mehr erhält. Die Sonderzahlungen sind also zumindest auch davon abhängig, dass dem Grunde nach ein Anspruch auf Zuschuss zum Krankengeld besteht.

bb) Der Beginn der Rentenzahlung wird nach § 7 Ziff. 2.1 [X.] jedoch nur dann auf einen späteren [X.]punkt hinausgeschoben, wenn der Anspruch auf Zuschuss zum Krankengeld - und daran zumindest anteilig anknüpfend ggf. auch auf die Sonderzahlungen - tatsächlich besteht. Es kommt nicht darauf an, ob derartige Leistungen faktisch gewährt werden. Das folgt daraus, dass die [X.]orschrift auf die „zu erbringenden“ und nicht auf die erbrachten Leistungen abstellt.

cc) Für den streitbefangenen [X.]raum hatte die Klägerin jedoch dem Grunde nach keinen Anspruch auf Zuschuss zum Krankengeld und damit auch nicht auf die davon abhängigen Sonderzahlungen. Das folgt aus § 10 Ziff. 2 MT[X.].

(1) Nach dieser [X.]orschrift entfällt der Anspruch auf Zuschuss zum Krankengeld, sobald ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung geltend gemacht werden kann. Die Angestellten sind verpflichtet, Rentenansprüche unverzüglich anzumelden.

Entgegen der von der [X.] in der mündlichen [X.]erhandlung vor dem Senat geäußerten Ansicht kann ein Rentenanspruch in diesem Sinne nicht erst zu dem [X.]punkt „geltend gemacht“ werden, zu dem der [X.] bereits erlassen ist. [X.]ielmehr bestimmt § 34 Abs. 1 SGB [X.]I, dass [X.]ersicherte Anspruch auf Rente haben, wenn die für die jeweilige Rente erforderliche Wartezeit erfüllt ist und die jeweiligen besonderen versicherungsrechtlichen und persönlichen [X.]oraussetzungen vorliegen.

Ein Zahlungsanspruch kann jedoch lediglich in Abhängigkeit von der Antragstellung bei der gesetzlichen Rentenversicherung iSd. Tarifregelung „geltend“ gemacht werden. Denn nach § 99 Abs. 1 SGB [X.]I wird die Rente aus eigener [X.]ersicherung von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf dieses Monats beantragt wird, bei späterer Beantragung von dem Kalendermonat an, in dem sie beantragt wird. Deshalb sieht § 10 Ziff. 2 MT[X.] die [X.]erpflichtung der Angestellten vor, Rentenansprüche unverzüglich anzumelden. Dies dient der Begrenzung der [X.]erpflichtung der [X.] zur Zahlung von Krankengeldzuschüssen.

(2) Die Klägerin erhielt für den streitbefangenen [X.]raum eine Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Sie hat daher diesen Anspruch iSv. § 10 Ziff. 2 MT[X.] geltend gemacht. Deshalb hatte sie keinen Anspruch auf Zuschuss zum Krankengeld und die daran geknüpften [X.] mehr, der der [X.]erpflichtung der [X.] zur Zahlung der Betriebsrente entgegenstehen könnte.

III. [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Zwanziger    

        

    Schlewing    

        

        

        

        

    Schmidt    

        

    Wischnath    

                 

Meta

3 AZR 350/09

19.04.2011

Bundesarbeitsgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Hamburg, 26. August 2008, Az: 1 Ca 458/06, Urteil

§ 1 TVG, § 1 BetrAVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.04.2011, Az. 3 AZR 350/09 (REWIS RS 2011, 7367)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7367

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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